Urteil des LG Frankfurt am Main vom 02.12.2008

LG Frankfurt: wohnfläche, firma, widerklage, mietvertrag, vermieter, minderungsrecht, galerie, hessen, aufrechnung, wohnungsbau

1
2
Gericht:
LG Frankfurt 17.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2/17 S 144/07, 2-
17 S 144/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 536 Abs 1 S 1 BGB, § 812
Abs 1 S 1 Alt 1 BGB, § 2
WoFlV, § 4 WoFlV, § 42 S 1
BauO HE
Wohnraummiete: Wohnflächenberechnung bei
bauordnungswidriger Wohnnutzung und Mietminderung bei
Flächenabweichung über 10%
Tenor
Das Urteil des Amtsgerichts Königstein i. Ts. vom 30.11.2007, Az.: 23 C
637/07-14, wird abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Auf die Widerklage hin werden der Kläger und die Widerbeklagte als
Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagte 5.575,38 Euro nebst
Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
seit dem 09.06.2007 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger und die
Drittwiderbeklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Der Kläger und die Drittwiderbeklagte als Vermieter schlossen am 5/11.02.2004
mit der Beklagten als Mieterin einen Wohnraummietvertrag über die
Dachgeschoss-Galerie-Wohnung Nr. 4.5 im Hause ... in .... Wegen des genauen
Inhalts des Mietvertrages (nachfolgend MV) wird auf Bl. 12 ff. d. A. verwiesen. Die
Beklagte hat die Mietwohnung vor Abschluss des Mietvertrages besichtigt und von
den Vermietern die Grundrisspläne (Bl. 28/29 d. A.) ausgehändigt bekommen. Das
Mietverhältnis begann am 01.05.2004 (§ 2 Ziffer 1 MV). In § 1 Ziffer 1 dieses MV
wurde bezüglich der Mieträume eine "Größe von ca. 88 m²" angegeben. Diese
Angabe zur Größe der Mieträume enthielten bereits die Chiffre-Annoncen der
Vermieter vom Oktober 2003 und Januar 2004: "3½-Zi.-DG-Galerie-Wohnung, ca.
88 m²" (Bl. 30 d. A.). In § 4 Ziffer 1 MV wurde für die Mieträume ein monatlicher
Mietzins von 800,– Euro und in § 5 Ziffer 1, bb MV wurde für die Neben- und
Betriebskosten ein monatlicher Vorauszahlungsbetrag i. H. v. 200,– Euro
vereinbart.
Die vom Bauherrn der Wohnung am 20.03.1991 erstellte Berechnung der
Wohnfläche weist als Nettowohnfläche 68,21 m² auf (Bl. 27 d. A.). Bei dieser
Flächenberechnung blieb der Galeriebereich der Wohnung, der unter
Berücksichtigung der Schräge mit insgesamt 14,92 m² berechnet wurde, außer
Ansatz. Die Summe der Wohnfläche wurde – unter Einbeziehung der Hälfte der
Grundfläche des Balkons (8,52 m²) mit 4,26 m² – mit insgesamt 72,47 m²
berechnet. Diese Art der Berechnung, der Nichtansatz der Galerieflächen
(Nutzflächen), lag sämtlichen Berechnungen der Dachgeschosswohnungen des
Hauses A C zu Grunde, im Gegensatz zu den Normalgeschosswohnungen, bei
denen keine Flächen (Nutzflächen) außer Ansatz blieben (Bl. 97 d. A.). Die
gesamte Wohn- und Nutzfläche beträgt nach der Berechnung des Bauherrn, bei
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
gesamte Wohn- und Nutzfläche beträgt nach der Berechnung des Bauherrn, bei
Einbeziehung der Hälfte der Fläche des Balkons und bei voller Einbeziehung der
Grundfläche des Galeriegeschosses insgesamt 87,39 m².
Die Vermieter legten bei den Positionen der vorgenommenen
Nebenkostenabrechnungen, die als Abrechnungsfaktor u. a. die Wohnungsgröße
enthielten (Heiz- und Warmwasserkosten), 68,20 m², die Nettowohnfläche gemäß
der Berechnung des Bauherrn vom 20.03.1991 zugrunde.
Die Beklagte zahlte die Betriebskostennachforderung für 2005 unter Hinweis auf
eine schadhafte Dachisolierung i. H. v. 285,81 Euro teilweise nicht und für 2006
ohne Begründung insgesamt nicht. Seit Januar 2007 kürzte die Beklagte die
Mietzinszahlungen in unterschiedlicher Höhe, ab Juni 2007 monatlich jeweils
gleichbleibend i. H. v. 175,60 Euro. Zur Begründung führte die Beklagte zunächst
Isolierungs-/Dämmungs- und Beheizbarkeitsprobleme an und zuletzt vor allem die
Abweichung der Wohnraumfläche (Bl. 76 ff. d. A.).
Anfang Mai beauftragte die Beklagte die Firma ... (nachfolgen Firma ...) mit der
Berechnung der Wohnfläche. Diese ermittelte eine Wohnfläche von 72,55 m² und
für den Bereich der Galerie eine Grundfläche von insgesamt 23,58 m², unter
Berücksichtigung der Schräge berechnet mit 11,79 m², wovon 7,64 m² auf den
Flächenanteil mit einer Deckenhöhe über 2,20 Meter entfallen (Bl. 75 d. A.).
Bezüglich der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 69 ff. d. A. verwiesen.
Daraufhin stützte die Beklagte mit Schreiben des Mietervereins vom 30.05.2007
(Bl. 85 f. d. A.) ihre Mietminderung unter Bezugnahme auf die Berechnungen der
Firma ... auf die Wohnflächenabweichung.
Die Drittwiderbeklagte hat sämtliche Ansprüche aus dem Mietvertrag an den
Kläger abgetreten.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger aus eigenem und abgetretenem Recht die
Nachzahlungsbeträge gemäß Betriebskostenabrechnung für 2005 i. H. v. 285,81
Euro und für 2006 i. H. v. 584,69 Euro, insgesamt i. H. v. 870,50 Euro sowie die
Zahlung der Mietzinsrückstände für die Zeit vom Januar bis November 2007 i. H. v.
1.975,42 Euro (160,– + 160,– + 275,20 + 144,– + 182,62 + 175,60 + 175,60 +
175,60 + 175,60), demnach einen Gesamtbetrag i. H. v. 2.845,92 Euro nebst
Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten (Bl. 206 d. A.).
Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagten ständen keine Minderungsrechte zu,
insbesondere nicht, soweit die Mietzinszahlungen wegen fehlerhafter qm-Angaben
vorgenommen wurden. Er ist der Auffassung, die Angabe von ca. 88 m²
Wohnfläche im MV sei zutreffend, da die Galeriefläche – wie vom Bauherrn
berechnet – zur Wohnungsfläche hinzuzurechnen sei, demnach die
Wohnungsfläche tatsächlich 87,39 m² betrage. Sie halten die Berechnung der
Firma ..., auf die sich die Beklagte stützt, für fehlerhaft, da dort die Fläche für den
Galeriebereich vollständig aus der Wohnflächenberechnung herausfalle, dies
widerspreche nach der Berechnung nach § 4 der Wohnflächenverordnung. Denn
danach sind Flächen von Raumteilen, die eine lichte Höhe von mindestens 2 m
aufweisen, bei der Wohnflächenermittlung voll anzurechnen (§ 4 Ziffer 1 WoFlV).
Demnach wäre vorliegend, selbst wenn man die Berechnungen der Beklagten (...)
zugrundelegte, bereits bei der Anrechnung der dort berechneten Fläche mit einer
lichten Höhe von mindestens 2,2 m (7,64 m²), die von der Rechtssprechung des
Bundesgerichtshofes festgelegte Abweichungsmarge von 10% unterschritten
(72,47 m² + 7,64 m² = 80,01 m²; die Abweichung von 7,99 m² entspricht 9,08 %),
dies erst Recht, wenn man die Galeriefläche, soweit diese mindestens 2 m lichte
Höhe aufweist, hinzuziehen würde.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
an den Kläger 2.845,92 Euro nebst Zinsen i. H. v. 9,39% p. a.
aus einem Betrag von 160,– Euro vom 05.01 bis 05.02.2007,
aus 320,– Euro vom 06.02 bis 05.03.2007,
aus 595,20 Euro vom 06.03 bis 04.04.2007
sowie Zinsen in Höhe von jeweils 9,71% p. a.
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
32
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
aus einem Betrag von 1.635,20 Euro vom 05.04 bis 29.04.2007,
aus 739,20 Euro vom 30.04 bis 04.05.2007,
aus 1.779,20 Euro vom 05.05 bis 15.05.2007,
aus 2.649,70 Euro vom 16.05 bis 30.05.2007,
aus 1.792,32 Euro vom 31.05 bis 05.06.2007,
aus 2.832,32 Euro vom 06.06 bis 27.06.2007,
aus 1.667,92 Euro vom 28.06 bis 04.07.2007,
aus 2.007,92 Euro vom 05.07 bis 15.07.2007,
aus 2.143,53 Euro vom 18.07 bis 03.08.2007,
aus 3.183,52 Euro vom 04.08 bis 26.08.2007,
aus 2.319,12 Euro vom 27.08 bis 05.09.2007,
aus 3.359,12 Euro vom 06.09 bis 09.09.2007,
aus 2.494,72 Euro vom 10.09 bis 27.09.2007,
aus 1.630,32 Euro vom 28.09 bis 04.10.2007,
aus 2.670,32 Euro vom 05.10 bis 30.10.2007,
aus 1.805,92 Euro vom 31.10 bis 05.11.2007,
aus 2.845,92 Euro seit dem 06.11.2007
sowie einen Betrag i. H. v. 436,96 Euro vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
seit dem 20.06.2007 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen
und widerklagend,
den Kläger und die Drittwiderbeklagte als Gesamtschuldner zu verurteilen, an
sie 5.575,38 Euro nebst
fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 09.06.2007 zu
zahlen.
Die Beklagte macht in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes
mit ihrer Widerklage einen Minderungs- und Rückzahlungsanspruch wegen
Abweichung um mehr als 10% von der vereinbarten Wohnfläche zu ihren Lasten
geltend. Ihre Widerklageforderung berechnet sie unter Bezugnahme auf die
Wohnflächenberechnung der Firma ... mit 17,56 % des Bruttomietbetrages
(1.000,– Euro) für die Monate Mai 2004 bis einschließlich Mai 2007 (37 x 175,60 =
6.497,20). Von diesem Betrag zieht sie die bereits vorgenommenen
Mietzinskürzungen für die Monate Januar bis einschließlich Mai 2007 i. H. v. 921,82
Euro ab.
Die Beklagte ist der Auffassung, die Berechnung der Firma ... sei zutreffend, da die
Flächen für den Galeriebereich gemäß § 41 Abs. 2 HBO bei der
Wohnflächenermittlung herausfallen, da die Raumteile, welche die lichte Höhe von
2,20 m überschreiten, weniger als die Hälfte der Grundfläche dieses Bereiches
ausmachen. Da das Galeriegeschoss demnach kein Aufenthaltsraum gemäß § 42
Satz 1 HBO ist, sei diese Fläche insgesamt bei der Wohnflächenermittlung nicht zu
berücksichtigen.
Mit Schreiben des Mieterschutzvereins vom 30.05.2007 (Bl. 85 f. d. A.) forderte die
Beklagte den Prozessbevollmächtigten des Klägers auf, den wegen der
Wohnraumminderfläche errechneten Minderungsbetrag rückwirkend am Mai 2004
i. H. v. 6.610,32 Euro bis zum 08.06.2007 an sie zu zahlen.
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
56
57
58
Die Nebenkostenabrechnungen für 2005 und 2006 bestreitet sie dem Grunde und
der Höhe nach, insbesondere den Verteilerschlüssel
Miteigentumsanteile/tatsächliche Wohnfläche. Die Hausmeisterkosten der
Nebenkostennachforderungen für 2005 (466,35: Bl. 32 d. A.) und für 2006 (440,06
+ 15,39 = 455,45: Bl. 36/37 d. A.) bestreitet sie dem Grunde und der Höhe nach
und fordert die Vorlage des Hausmeistervertrages nebst Leistungsverzeichnis.
Ferner erklärt sie gegenüber der klägerischen Forderung die Aufrechnung mit den
Kosten, die sie für das ...-Gutachten i. H. v. 369,50 Euro, und mit dem Entgelt, das
sie für den Architekten ... i. H. v. 172,50 Euro aufgewandt hat.
Der Kläger und die Drittwiderbeklagte haben beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Das Amtsgericht hat durch das angefochtene Urteil vom 30.11.2007, auf dessen
Gründe im Übrigen Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 ZPO), der Klage in vollem
Umfange stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Das Amtsgericht vertritt
die Auffassung, dass es vorliegend dahingestellt bleiben kann, wie die
Galeriefläche in Einzelnen zu berechnen sei, da die Wohnung nicht "kleiner, als
vertraglich versprochen" sei. Denn der Mietvertrag spreche nicht von einer
Wohnfläche, sondern von einer ungefähren Größe der Wohnung. Zudem habe sich
die Beklagte die Wohnung vor Vertragsschluss angesehen, ihr seien die Grundrisse
der Wohnung nebst Angaben zur lichten Höhe der Galeriefläche ausgehändigt
worden, aus denen sie die tatsächlichen Verhältnisse der Wohnung habe
entnehmen können.
Im Übrigen stehe der Beklagten kein darüber hinausgehendes Minderungsrecht
zu. Bezüglich der monierten Beheizbarkeit der Zimmer sei der Vortrag nicht
ausreichend substantiiert, da nicht dargelegt worden sei, wann konkret welche
Temperaturen gemessen worden sein sollen. Auch die Einwendungen gegenüber
den Nebenkostennachforderungen griffen nicht, da der Umlegungsschlüssel und
die Wohnflächengrößen, die der Heizkosten- und Warmwasserumlegung
zugrundegelegt wurden, keinen Bedenken begegneten. Die Einwände gegenüber
den Hausmeisterkosten seien nicht ausreichend substantiiert, hierfür sei es
erforderlich gewesen, dass die Beklagte zuvor Einsicht in die Belege genommen
hätte, deren Übersendung der Kläger nicht schuldete.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie hält weiterhin an ihren
Auffassungen, insbesondere im Hinblick auf die Berechnung der Wohnfläche
gemäß den Berechnungen der Firma ..., wie in erster Instanz fest und verfolgt ihre
Widerklage weiter.
Die Beklagte und Berufungsklägerin
beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des AG Königstein vom 30.11.2007 – 23 C
637/07-14 – die Klage abzuweisen und die Beklagten gemäß Widerklage vom
26.06.2007 als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Beklagte und
Berufungsklägerin Euro 5.575,38 nebst 5% Punkten über dem jeweiligen
Basiszinssatz seit 09.06.2007 zu zahlen.
Der Kläger und die Drittwiderbeklagte, die Berufungsbeklagten
beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Berufungsbeklagten halten das Urteil des Amtsgerichts in tatsächlicher und
rechtlicher Hinsicht für fehlerfrei. Sie halten insbesondere an ihrer Auffassung
bezüglich der Berechnung der Wohnfläche fest und akzeptieren die Berechnungen
des ...-Gutachtens nicht, als es die Flächen des Galeriegeschosses überhaupt
nicht berücksichtigt.
Die zulässige Berufung ist begründet.
Dem Kläger stehen keine Ansprüche der Beklagten gegenüber zu. Dagegen hat
die Beklagte gegenüber dem Kläger und der Drittwiderbeklagten einen
Rückzahlungsanspruch (§ 812 BGB) im Umfange der Widerklage nebst Zinsen als
59
60
61
62
63
Rückzahlungsanspruch (§ 812 BGB) im Umfange der Widerklage nebst Zinsen als
Verzugsschaden.
Weist eine Mietwohnung eine tatsächliche Wohnfläche auf, die 10% unter der im
Mietvertrag angegebenen Fläche liegt, stellt dieser Umstand einen Mangel der
Mietsache dar i. S. d. § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, der den Mieter zur Minderung
des berechtigt, und bezüglich bereits überzahlter Mietzinsen steht ihm ein
Rückforderungsanspruch (§ 812 Abs. 1 BGB) zu. Insoweit bedarf es keiner
Darlegung seitens des Mieters, dass aufgrund der Flächendifferenz zu seinen
Lasten die Tauglichkeit der Wohnung für den vertragsgemäßen Gebrauch
gemindert ist. Vielmehr spricht bei einem erheblichen Flächenmangel die
tatsächliche Vermutung für eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit
(BGH, NZM 04, 453 f.; 454 ff.; 456; NZM 07, 595 sowie abweichend LG Krefeld
NZM 08, 800 ff.). Zwar mag es sein, dass für den Mieter in erster Linie der bei
einer Besichtigung gewonnene Eindruck von der Wohnung, ihres Zuschnitts und
der Zimmeraufteilung maßgeblich ist. Jedoch kommt der Wohnungsgröße,
demnach der Wohnfläche, eine wesentliche Bedeutung zu, da diese in aller Regel
den Vergleichmaßstab für die Entscheidung des Mieters bildet, sowohl im Hinblick
auf die Anmietung als auch für die Betriebskostenverteilung (BGH, a. a. O.). Eine
Abweichung im Flächenmaß soll nach der Rechtsprechung des BGH jedoch nur
dann als erheblich anzusehen sein, wenn die tatsächliche Fläche um mehr als 10%
hinter der vertraglich vereinbarten Größe zurückbleibt (BGH, a. a. O.). Hierbei
kommt ca. Angaben bei der Wohnflächenangabe im Mietvertrag keine Bedeutung
zu, insoweit soll keine Maßtoleranz gelten (BGH, NZM 04, 456).
Zwar fehlt für den frei finanzierten Wohnungsbau eine verbindliche Regelung des
Begriffs Wohnraum und der Berechnung der entsprechenden Wohnraumfläche,
daher ist grundsätzlich die zwischen den Parteien vereinbarte
Berechnungsmethode maßgeblich. Mangels einer Vereinbarung kann jedoch auf
die ortsübliche Berechnungsmethode zurückgegriffen werden. Fehlen jedoch
derartige Anhaltspunkte für eine Berechnungsmethode, ist für Mietverträge ab
dem 01.01.2004 die Wohnflächenverordnung, die für den preisgebundenen
Wohnungsmarkt entwickelt wurde, grundsätzlich auch im frei finanzierten
Wohnungsbau anzuwenden, da auch in diesem Bereich ein erhebliches Interesse
an einem allgemein anerkannten Berechnungsmaßstab besteht.
Mangels eines Anhaltspunktes für einen vereinbarten Berechnungsmaßstab und
mangels eines Anhaltspunktes für eine, wie auch immer geartete ortübliche
Berechnungsmethode, ist vorliegend davon auszugehen, dass die Parteien
bezogen auf das vorliegend zu Beginn des Jahres 2004 geschlossenen
Mietverhältnis stillschweigend die Berechnung nach der Wohnflächenverordnung
(WoFlV vom 25.11.2003, BGBl. I S. 2346, vgl. auch BGH, NZM 07, 595 ff.)
vereinbart haben.
Die Wohnflächenverordnung als Berechnungsmaßstab zugrundegelegt, kommt es
vorliegend maßgeblich darauf an, wie die Berechnung auf dieser Grundlage
vorzunehmen ist. Geht man bei der Berechnung der Fläche ausschließlich von § 4
WoFlV aus, wären Flächen in Räumen mit Schrägdächern ab einer lichten Höhe von
mindestens zwei Metern vollständig zu berücksichtigen. Betrachtet man die
Gesamtkonzeption der WoFlV, so ist bei der Berechnung der Wohnfläche zunächst
die grundsätzliche Anrechenbarkeit der zu berücksichtigenden Flächen gemäß § 2
WoFlV zu beachten. Danach gehören die Grundflächen derjenigen Wohnräume
nicht zur Wohnfläche, die nicht den an ihre Nutzung zu stellenden Anforderungen
des Bauordnungsrechts der Länder genügen. Zieht man das für den
streitgegenständlichen Fall maßgebliche Bauordnungsrecht des Landes Hessen
heran, sind Dachgeschosse nach § 42 Satz 1 HBO nicht zur Wohnfläche zu
rechnen, sofern diese zu weniger als der Hälfte der Grundfläche eine über 2,20 m
bestehende lichte Höhe aufweisen, da sie als Aufenthaltsraum nicht in Betracht
kommen.
Die Kammer vertritt, in Ansehung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der
Rechtsordnung und in Anlehnung an Heix (Wohnflächenberechnung, 3. Aufl., § 2
WoFlV Anm. 12) die Auffassung, dass Räume, deren Nutzung zu
Dauerwohnzwecken nach den Vorschriften der Bauordnung materiell unzulässig
sind, ihren Charakter nicht verändern, wenn sie baurechtswidrig als Wohnräume
benutzt werden. Jedenfalls sollen sie nicht als Wohnfläche berücksichtigt werden.
Nur bei dieser Auffassung lassen sich Divergenzen vermeiden, die dazu führen,
dass bei einem Mietvertrag unterschiedliche Berechnungsmaßstäbe im Hinblick
auf die Berechnung der Heizkosten, im Bereich des Baurechts und im Bereich des
Mietrechts angewendet werden.
64
65
66
67
68
69
70
71
72
73
74
75
Wendet man vorliegend die WoFlVO im oben dargelegter Weise an, fällt die
Galeriefläche aus der Berechnung der Wohnfläche heraus, da weniger als die
Hälfte der Fläche eine lichte Höhe von 2,2 m aufweist. Nach dieser Berechnung ist
die Wohnfläche entsprechend der Berechnung der Firma ... mit 72,55 m²
anzunehmen und liegt eine Abweichung gegenüber der vertraglichen Vereinbarung
von 17,56 % vor.
Demzufolge steht der Beklagten in dieser Höhe ein Minderungsrecht bezogen auf
die Bruttomiete von 1.000,– Euro, demnach monatlich i. H. v. 175,60 Euro zu.
Dieses Ergebnis ist vorliegend auch als sachgerecht anzusehen. Denn dem Kläger
war aufgrund der ihm vorliegenden Flächenberechnungen des Bauherrn, die
nahezu identisch mit den Berechnungen der Firma ... sind, klar, welche Maße die
von ihm erworbene Eigentumswohnung hat. Er musste keine kostenaufwendige
Vermessung der Mieträume durchführen. Er hat vielmehr in Kenntnis der
Berechnung, die höhere qm-Zahl gewählt, da sich mit einer größeren Wohnung
erfahrungsgemäß eine höhere Mietzinseinnahme erzielen lässt. Nur bei
einheitlicher und strikter Anwendung lässt sich die Intention der höchstrichterlichen
Rechtsprechung umsetzen, unkorrekte Flächenangaben zu unterbinden und einen
allgemeinen Vergleichsmaßstab im Bereich des Wohnraummietrechts zu
etablieren.
Danach ist die Klageforderung, soweit die Mietkürzungen i. H. v. 921,82 Euro für
die Monate Januar 2007 bis Mai 2007 gefordert werden, durch den von der
Beklagten vorgenommenen Abzug von dem berechneten Gesamtbetrag der
Rückforderungen, i. H. v. 6.497,20 Euro verrechnet worden und steht dem Kläger
nicht zu.
Der darüber hinaus geforderte Mietzinsbetrag i. H. v. 1.053,60 Euro, der in der
Summe den einbehaltenen Mietzinsen für die Monate Juni bis einschließlich
November 2007 von monatlich jeweils 175,60 Euro entspricht, steht dem Kläger
ebenfalls nicht zu, da die Beklagte insoweit zu Recht gemindert hat weil ihr
insoweit, wie oben ausgeführt, ein Minderungsrecht zusteht.
Die vom Kläger geltend gemachten Nachzahlungsbeträge, betreffend die
Nebenkosten für 2005 und 2006 i. H. v. insgesamt 870,50 Euro, waren ihm
gleichfalls nicht zuzusprechen, da der Beklagten insoweit ein
Zurückbehaltungsrecht mindestens in Höhe eines diese Forderung
übersteigenden Betrages (921,90) zusteht. Der Kläger hat trotz des Bestreitens
des Grundes und der Höhe der Hausmeistervergütung im Prozess, weder die
Verträge vorgelegt noch die Beträge erläutert.
Daher bedarf es keines Eingehens mehr auf die Aufrechnung der Beklagten
gegenüber der Forderung des Klägers mit ihren Aufwendungen für das ...-
Gutachten (369,50) und für den Architekten (172,50).
Da die Wohnraumfläche gemäß den oben ausgeführten Berechnungen um 17,56
% gegenüber der vertraglich vereinbarten Wohnfläche zu Lasten der Beklagten
abweicht, steht dieser für die Monate Mai 2004 bis einschließlich Main 2007,
bezogen auf eine Bruttomiete von 1.000,– Euro, jeweils ein Rückzahlungsbetrag i.
H. v. 175,60 Euro monatlich, abzüglich der bereits vorgenommenen Einbehalte,
den Vermietern gegenüber zu.
Da der Beklagten nach den oben gemachten Ausführungen mangels einer
Klageforderung ein Rückforderungsanspruch in voller Höhe zusteht, waren der
Kläger und die Widerbeklagte in voller Höhe zur Zahlung der Widerklageforderung
als Gesamtschuldner zu verurteilen.
Da die Beklagte den Kläger bereits mit Schreiben des Mieterschutzvereins vom
30.05.2007 aufgefordert hat, die überzahlten Mietzinsbeträge i. H. v. 6.610,32
Euro bis zum 08.06.2007 zurückzuzahlen, stehen ihr die geltend gemachten
Verzugszinsen als Verzugsschaden ab dem 09.06.2007 zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO analog.
Die Revision wird zugelassen, da die Berechnung der Wohnfläche gemäß der
Wohnflächenverordnung im Verhältnis zur Hessischen Bauordnung in der der
Kammer zugänglichen Rechtsprechung nicht geklärt erscheint und beide Parteien
damit grundsätzliche Fragen verbinden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.