Urteil des LG Frankfurt am Main vom 18.03.2008

LG Frankfurt: inhaber, einstellung der zahlungen, treu und glauben, argentinien, iwf, republik, nominalwert, nummer, depot, umschuldung

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Gericht:
LG Frankfurt 21.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-21 O 495/06,
2/21 O 495/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 8 Abschn 2 Buchst b S 1
IMFAbk, § 793 BGB
Verpflichtungen aus Argentinienanleihe 1996: Einwand des
Staatsnotstands
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Euro 19.441,86 zu zahlen, Zug um
Zug gegen Aushändigung
– der im Depot des Klägers bei der I AG mit der Nummer ... verwahrten
Inhaber-Jahreszinsscheinen Nr. 6 bis 8 für die Jahre 2002 bis 2004 im Nominalwert
von DM 30.475 zu der 11 ¼ % Inhaber-Teilschuldverschreibung Republik
Argentinien 1996/2006 WKN 131 950 (Nominalwert DM 90.000) und
– der im Depot des Klägers bei der I AG mit der Nummer ... verwahrten
Inhaber-Jahreszinsscheinen Nr. 6 bis 8 für die Jahre 2002 bis 2004 im Nominalwert
von DM 7.650 zu der 8,5% Inhaberschuldverschreibungen Republik Argentinien
1996/2005 WKN 135 475 (Nominalwert DM 30.000).
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Zinsen aus von dieser begebenen
Staatsanleihen in Anspruch.
Die Beklagte emittierte im Jahr 1996 Inhaber-Teilschuldverschreibungen in
unterschiedlicher Stückelung.
Unter anderem waren dies folgende Inhaber-Teilschuldverschreibungen:
– die 11 ¼ % Inhaber-Teilschuldverschreibung Republik Argentinien 1996/2006
WKN 131 950 über insgesamt 750 Millionen DM, diese zahlbar jeweils zum 10. April
eines jeden Jahres, endfällig im Jahr 2006 und
– die 8,5% Inhaberschuldverschreibung Republik Argentinien 1996/2005 zur
WKN 135 475 über insgesamt 1 Milliarde DM zu 8,5% Zinsen, diese zahlbar jeweils
zum 23. Februar eines jeden Jahres, endfällig im Jahr 2005.
Am 12.12.2001 rief die Beklagte aufgrund einer seit mehreren Jahren anhaltenden
wirtschaftlichen Krise mit dem Gesetz Nummer 25.561 den nationalen Notstand
"auf sozialem, wirtschaftlichem, administrativem, finanziellem und
währungspolitischem Gebiet" aus. In Umsetzung einer hierzu ergangenen
Verordnung setzte die Beklagte ihren Auslandsschuldendienst, unter anderem für
die hier in Frage stehenden Anleihen seit dem Jahr 2002 aus. Das Gesetz wurde
zunächst bis zum 31.12.2006 und dann darüber hinaus verlängert. Die Beklagte
hat ferner den Anleihegläubigern ein bis zum 25.02.2005 befristetes
Umtauschangebot unterbreitet, in dessen Umsetzung Altgläubiger mit einem
Anlagevolumen von ca. 62,2 Milliarden US-$ auf knapp drei Viertel ihrer
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Anlagevolumen von ca. 62,2 Milliarden US-$ auf knapp drei Viertel ihrer
Forderungen verzichtet haben.
In einer Rede vor dem Kongress erklärte der damalige Staatspräsident der
Beklagten im Frühjahr 2005 die Zahlungsunfähigkeit seines Landes für
überwunden (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 06.03.2005).
Zum Jahreswechsel 2005/2006 zahlte die Beklagte vor Ablauf der Fälligkeit ihre
beim Internationalen Währungsfonds bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von
ca. 9,9 Milliarden US-$ zurück.
In einer weiteren Rede im Juni 2006 erklärte der damalige Staatspräsident
Kirchner, es sei gelungen, Argentinien aus der schweren Krise herauszuführen, die
Schulden beim IWF zurückzuführen, den privaten Besitzern von Staatsanleihen
einen "historischen" Abschlag abzutrotzen und die Wirtschaft wieder auf
Wachstumskurs zu bringen (F. A. Z vom 20.06.2006).
Der Kläger hat eine Depotbestätigung der I AG vom 29.02.2008 über sein Depot
mit der Nummer ... vorgelegt.
Er behauptet, er sei Inhaber der folgenden Inhaber-Schuld- und -
Teilschuldverschreibungen nebst Zinscoupons:
– der 11 ¼ % Inhaber-Teilschuldverschreibung Republik Argentinien 1996/2006
WKN 131 950 mit einem Nominalwert in Höhe von 90.000,– DM sowie der
zugehörigen Zinsscheine Nr. 6 bis 8 und
– der 8,5 % Inhaberschuldverschreibung Republik Argentinien 1996/2005 WKN
135 475 mit einem Nominalwert in Höhe von 30.000,– DM sowie der zugehörigen
Zinsscheine Nr. 6 bis 8
und macht hieraus nur die Zinsen für 2002 bis 2004 geltend.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger Euro 19.441,86 Zug um Zug gegen
Übertragung der Zinsscheine Nr. 6 bis 8 zu den im Depot Nummer ... der I AG
befindlichen Inhaberschuldverschreibungen der 11 ¼ % Anleihe 1996/2006 der
Beklagten mit der WKN 131 950 sowie der 8 ½ % Anleihe 1996/2005 der Beklagten
mit der WKN 135 485 in ein von der Beklagten zu benennendes Depot.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
Sie bestreitet die Inhaberschaft des Klägers. Sie ist der Ansicht, die Klage sei im
Hinblick auf die Regel des Artikel VIII Abschnitt 2(b) Satz 1 des IWF-
Übereinkommens unzulässig. Der Klageantrag sei zu unbestimmt Der Klagbarkeit
des Anspruchs stehe zudem das Notstandsgesetz der Beklagten entgegen. Der
Notstand dauere nach wie vor an, eine Missachtung des Gesetzes stelle sich als
völkerrechtswidriger Eingriff in die Hoheitsrechte der Beklagten dar. Jedenfalls sei
die Notlage der Beklagten im Rahmen eines völker- und zivilrechtlichen Notstands
zu berücksichtigen. Sie macht die Einrede nach § 797 BGB und Verjährung
geltend. Zahlung könne nur über die C Banking AG erfolgen. Die Klage verstoße
gegen Treu und Glauben im Hinblick auf die Nichtteilnahme an der Umschuldung.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der Inhaber-
Teilschuldverschreibungen zur WKN 131 950 und 135 475. Zum Ergebnis der
Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.03.2008 verwiesen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet. Denn der Kläger kann von der Beklagten die
Zahlung in ausgeurteilter Höhe verlangen.
Gemäß § 11 der Anleihebedingungen findet deutsches Recht Anwendung.
I.
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Die Klage ist zulässig. Ihr steht insbesondere nicht Artikel VIII Abschnitt 2(b) Satz 1
des IWF-Übereinkommens entgegen.
1.
Die Kammer hat bereits mit Urteil vom 14.03.2003 (2-21 O 294/02, WM 2003, 783
ff) entschieden, dass diese Regelung auf Schuldverschreibungen der hier
fraglichen Art keine Anwendung findet. Die von der Beklagten begebenen Anleihen
sind nämlich nicht den Devisenkontrakten im Sinne des IWF-Übereinkommens,
sondern vielmehr dem Kapitalverkehr zuzuordnen, weil sie hauptsächlich der
Übertragung von Kapital und nicht lediglich dem laufenden Zahlungsverkehr
dienen. Dies gilt im Hinblick auf die langfristige Bindung der Anlagebeträge auch
für die hieraus fließenden Zinszahlungen (Urteil der Kammer, aaO).
Das Oberlandesgericht hat mit seinem Urteil vom 27.06.2006 (8 U 110/03) in
einem Parallelverfahren diese Auffassung bestätigt, so dass die Kammer keine
Veranlassung sieht, von ihrer bisherigen Auffassung abzuweichen.
2.
Der Klageantrag ist auch hinreichend bestimmt.
Das Erfordernis eines bestimmten Antrags ist bei einer Zahlungsklage vor dem
Hintergrund eines vollstreckungsfähigen Inhalts des etwaigen Urteils zu sehen,
gegen den bei einer eindeutigen Bezifferung eines Geldbetrages keine Bedenken
ersichtlich sind. Der Antrag ist aber auch der Auslegung zugänglich, zumal die
nach § 253 ZPO erforderlichen Angaben zum Anspruchsgrund und dem
Verfahrensgegenstand schon dem Wortlaut nach erst aus der Klageschrift selbst
erwartet werden (vgl. (Baumbach-Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 253 ZPO, Anm. 31,
39). Der Bestimmtheit des Klageantrags steht nicht entgegen, dass der Kläger die
laufenden Nummern der Inhaber-Teilschuldverschreibungen im Klageantrag nicht
benennt. Er kann dies derzeit sogar nicht. Die Inhaber-Teilschuldverschreibungen
des Klägers werden für ihn von seiner Hausbank auf deren Girosammeldepot bei
der C Banking AG in F verwahrt. Gemäß § 6 Depotgesetz (DepotG) entsteht mit
dem Zeitpunkt des Eingangs der Wertpapiere beim Sammelverwahrer für den
bisherigen Eigentümer Miteigentum nach Bruchteilen am Sammelbestand. Gem. §
7 DepotG kann der Bruchteilseigentümer Wertpapiere in Höhe des eingelieferten
Nennbestands zurückfordern, nicht aber die von ihm eingelieferten Stücke.
Infolgedessen kann der Kläger laufende Nummern nicht angeben und kann dies
von ihm auch nicht verlangt werden.
II.
Die Klageforderung ist auch begründet.
1.
Der Kläger hat dargelegt und bewiesen, dass er Inhaber der fraglichen Zinsscheine
zu den Inhaber-Teilschuldverschreibungen ist.
Mit der Vorlage der der Depotbescheinigung der I AG vom 29.02.0208 hat der
Kläger nachgewiesen, dass er mittelbarer Besitzer dieser Urkunden ist. Diese ist
ausreichend zeitnah zum Termin ausgestellt. Die Beklagte hat dem nicht
substanziell entgegnet.
Gemäß § 1006 BGB ist somit für ihn unwiderlegt zu vermuten, dass er auch
Eigentümer und mithin berechtigter Inhaber der Inhaberschuldverschreibungen ist.
Gemäß § 793 BGB ist die Beklagte deshalb verpflichtet, die in den vorgelegten
Urkunden bezeichneten Zinsbeträge an den Kläger zu zahlen. Die
Inhaberteilschuldverschreibungen sind laut Anleihebedingungen mit den
Zinsscheinen versehen. Der Nachweis der Inhaberteilschuldverschreibungen
erfasst damit auch die Zinsscheine.
Diese Zahlungspflichten sind fällig. Die in den Urkunden und den
Anleihebedingungen bestimmten Fälligkeitszeitpunkte sind bereits überschritten.
Den Anleihebedingungen zufolge kann der Kläger aus den jeweiligen Urkunden die
von ihm bezifferten Zahlungen zu den berechneten Zeitpunkten verlangen, und
zwar gegen Aushändigung der Dokumente, bzw. Abtretung der
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zwar gegen Aushändigung der Dokumente, bzw. Abtretung der
Miteigentumsanteile, §§ 793, 797 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 2 bzw. 3 der
Bedingungen. Die Zinsscheine zu den Inhaber-Teilschuldverschreibungen sind
durch Zeitablauf fällig geworden.
2.
Die Beklagte kann sich der Forderung gegenüber auch nicht auf einen
völkerrechtlich beachtlichen Staatsnotstand berufen.
a)
Es ist dabei schon grundsätzlich fraglich, ob ein Rückgriff auf dieses Institut
ungeachtet der verfassungsrechtlichen Fragestellung nach seiner Existenz im
vorliegenden Fall überhaupt tragfähig wäre. Die Beklagte hat im Rahmen der
Anleihebedingungen ausdrücklich auf "derzeitige oder künftige Immunität (aus
hoheitlichen oder sonstigen Gründen)...." verzichtet. Ein solcher Verzicht ist, wie
die Kammer in früheren Urteilen ausgeführt hat, zulässig. Die Beklagte hat sich
damit aber auch aus freien Stücken in die Stellung eines gegenüber den
Anleihegläubigern gleichwertigen "Privatpartners" begeben, so dass sie sich auf
sämtliche Rechte, die sich aus der Souveränität eines Staates ergeben könnten,
auch nicht mehr berufen darf. Maßstab für anspruchshindernde Einwendungen
dürften daher bestenfalls die Aspekte sein, die auch einem privaten Schuldner zur
Seite stehen.
Jedenfalls hat das BVerfG mit seiner Entscheidung vom 8.05.2007 (WM 2007,
1315) festgestellt, dass es keine allgemeine Regel des Völkerrechts gibt, die
einem Staat gegenüber Privatpersonen das Recht einräumte, die Erfüllung privat-
rechtlicher Zahlungsansprüche mit dem Hinweis auf einen Staatsnotstand zu
verweigern.
b)
Im Übrigen liegt ein solcher Staatsnotstand auch zur Überzeugung der Kammer
jedenfalls jetzt nicht mehr vor.
Trotz der mehrfachen Verlängerung des Notstandsgesetzes sind die der
wirtschaftlichen Berichterstattung sowie den Äußerungen der offiziellen
Repräsentanten der Beklagten zu entnehmenden Anzeichen unmissverständlich.
Bereits im März 2005 hat der Staatspräsident der Beklagten die
Zahlungsunfähigkeit seines Landes "für überwunden" erklärt. Ein Kredit des IWF in
fast zweistelliger Milliardenhöhe ist vor Eintritt der Fälligkeit zurückgeführt worden.
Der Präsident des Landes hat in einer weiteren Rede im Juni 2006 nochmals
betont, dass es gelungen sei, "Argentinien aus der schweren Krise herauszuführen
... und die Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Der Hinweis darauf,
dass man privaten Besitzern von Staatsanleihen einen historischen Abschlag
"abgetrotzt" habe, nährt auch nicht zwangsläufig die Vermutung, die Einstellung
der Zahlungen sei mit einer andauernden wirtschaftlichen Notsituation zu
begründen. Wie gerichtsbekannt ist, hat die Beklagte unterdessen auch eine neue
Anleihe aufgelegt, deren Kapitaldienst regelmäßig bedient wird. Den Äußerungen
ihres Präsidenten zufolge sind von Zahlungen der Beklagten auch nur jene
Gläubiger ausgeschlossen, die dem Umtausch der alten Anleihen bei
gleichzeitigem Verzicht auf einen Großteil der Forderung nicht zugestimmt haben.
Eine nachvollziehbare Begründung dafür, dass die verschiedenen Gläubiger trotz
der angeblich fortdauernden Krise unterschiedlich behandelt werden, hat die
Beklagte nicht geliefert. Für die Annahme, dass die Beklagte nach wie vor durch
den Schuldendienst in ihrer Existenz bedroht sein sollte, liegen deshalb, gerade
auch unter Berücksichtigung der eindeutigen Erklärungen ihrer Vertreter, keinerlei
Anzeichen mehr vor.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat diese Bewertung in dem oben
zitierten Urteil unter Hinweis auf die verschiedenen Presseverlautbarungen sowie
außerdem eine Entscheidung des Schiedsgerichts der Weltbank in der Sache CMS
Gas Transmission Company vs. Republic of Argentina (Urteil des OLG, aaO, Seite
14 f) gleichermaßen vorgenommen und das Bestehen eines Staatsnotstands
verneint. Es bestätigt diese Ansicht seither regelmäßig in seinen
Berufungsentscheidungen. Die Revision wurde durch den BGH zurückgewiesen. Die
Kammer schließt sich den aus den Verlautbarungen gezogenen
Schlussfolgerungen ausdrücklich an.
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Daran kann auch die derzeitige finanzielle Situation der Beklagten – wie zuletzt
vorgetragen – nichts ändern. Eine Unterdeckung allein rechtfertigt einen Notstand
bereits nicht. Die unter Verweis auf Untersuchungen des IWF vorgetragene
Einschätzung, dass eine Verschuldungsrelation über 50% für ein Schwellenland wie
die Beklagte zu hoch sei und erniedrigt werden müsse, belegt ebenfalls nicht, dass
die Beklagte den aus den Inhaber-Teilschuldverschreibungen folgenden
Schuldendienst überhaupt nicht erbringen könnte. Diese Einschätzung stellt nur
einen kleinen Ausschnitt aus dem gesamten Bild dar, das Berichte und
Mitteilungen über die Beklagte derzeit zeigen. Zu Recht hat das Oberlandesgericht
darauf verwiesen, dass die Beklagte durch die Vielzahl von Maßnahmen und
Ereignissen ihre wirtschaftliche und finanzielle Handlungsfähigkeit wieder
gewonnen hat, die ein Staat im Notstand gerade nicht hat.
c)
Aus den dargelegten Gründen ist es der Beklagten auch verwehrt, sich auf die
Grundsätze eines allgemeinen zivilrechtlichen Notstands zu berufen. Auch dieser
setzt eine "unmittelbare Gefahrenlage" voraus, an der es, wie oben ausgeführt,
jedenfalls fehlt. Zudem wäre insoweit auch fraglich, ob diese Gefahrenlage generell
nicht eine Situation darstellt, die eventuelle Vollstreckungshandlungen, nicht aber
eine Entscheidung über die Zahlungsverpflichtung selbst tangieren kann.
3.
Zug um Zug Verurteilung wegen § 797 BGB war wie beantragt auszusprechen. Die
Verurteilung erfolgt Zug um Zug unter Feststellung des Annahmeverzuges. Das
OLG Frankfurt am Main hat entschieden, dass es die Entscheidungen der Kammer
ohne Zug um Zug Verurteilung und Feststellung des Annahmeverzuges abändert,
weil sich die Beklagte durch den Zahlungsverzug bereits mit Klageerhebung im
Annahmeverzug befinde. Im Hinblick darauf ändert das Gericht seine
Rechtsprechung.
Anhaltspunkte für Verjährung der Ansprüche sind nicht ersichtlich und von der
Beklagten nicht schlüssig dargelegt.
Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger handele treuwidrig, weil er sich nicht
an der Umschuldung beteiligt habe, dringt sie damit nicht durch. Selbst wenn
insolvenzrechtliche Regelungen und Grundsätze auf die Beklagte als Staat
anwendbar wären, so handeln Gläubiger, die einem außergerichtlichen
Sanierungsvergleich nicht zugestimmt haben, grundsätzlich nicht
rechtsmissbräuchlich, wenn sie ihre Ansprüche gegen den Schuldner in vollem
Umfang geltend machen (BGH NJW 1992, 967). Die zwischen der Beklagten und
den umschuldungsbereiten Gläubigern getroffene Vereinbarung zur Umschuldung
bindet nur die Gläubiger, die diese geschlossen haben. Zwar wird vertreten, dass
alle Gläubiger eine Gefahrengemeinschaft bildeten, woraus sich dann einheitliche
Rechtsfolgen für alle Gläubiger ableiten lassen. Eine solche Gefahrengemeinschaft
setzt zunächst aber eine Insolvenzeröffnung voraus, die es hier nicht gibt.
Außerhalb der gesetzlich vorgesehen "Zwangsvergleiche" kann durch die
Rechtsprechung eine solche Rechtsfortbildung nicht erfolgen (BGH aaO). Auch der
Sache nach kann eine Treuwidrigkeit der Geltendmachung der Ansprüche nicht
festgestellt werden, da die für eine Gemeinschaft aller Insolvenzgläubiger
erforderliche "gemeinsame Beschlussfassung und Verwaltung" nicht gegeben ist.
Die Anlagegläubiger der Beklagten haben keinerlei gesetzlich geregelte
Einflussmöglichkeiten auf die Bedingungen der Umschuldung gehabt, was eine
Erstreckung der Umschuldungswirkungen auch auf sie eventuell rechtfertigen
könnte.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Danach hat die Beklagte die
Kosten zu tragen, da sie unterlegen ist.
IV.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.