Urteil des LG Frankfurt am Main vom 30.09.2008

LG Frankfurt: einstweilige verfügung, künstler, störer, geschäftsführer, internet, urheberrechtsverletzung, hauptsache, abgabe, öffentlich, adresse

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Gericht:
LG Frankfurt 18.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-18 O 123/08,
2/18 O 123/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 15 Abs 2 Nr 2 UrhG, § 19a
UrhG, § 73 UrhG, §§ 73ff UrhG,
§ 85 UrhG
Urheberrechtsverletzung: Betreiber eines eDonkey-Servers
als Störer
Tenor
Die einstweilige Verfügung vom 9.4.2008 wird - soweit sie sich gegen den
Antragsgegner zu 2) richtet - bestätigt.
Die Antragsgegner tragen die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Die Antragstellerin ist einer der führenden deutschen Tonträgerhersteller.
Die Antragsgegnerin zu 1) betrieb unter dem Hostnamen ... der IP-Adresse im
Internet einen sogenannten eDonkey-Server, welcher Bestandteil des Filesharing-
Systems eDonkey2000 ist.
Diese auch "Tauschbörse" genannte Einrichtung funktioniert auf folgende Weise:
Das eDonkey2000-Protokoll kann über verschiedene Programme (sog. Client-
Software), z. B. eMule oder eDonkey2000, genutzt werden. Der Nutzer wählt sich
hierüber bei einem der zahlreichen eDonkey-Server ein; die Software übermittelt
anschließend eine Liste von allen Dateien, welche der Nutzer auf seinem Rechner
zur Verbreitung freigegeben hat, an diesen Server. Dort wird eine Auflistung aller
angemeldeten Teilnehmer mit den jeweils zur Verfügung stehenden Dateien
verwaltet. Jeder Nutzer kann an einen eDonkey-Server eine Suchanfrage richten;
hierbei kann er auswählen, ob nur am selben Server (sog. lokale Suche) oder
vielmehr an sämtlichen Servern (sog. globale Suche) nach einer aufgelisteten
Datei gesucht werden soll. Wird eine den Suchbegriffen entsprechende Datei in der
Auflistung gefunden, meldet der entsprechende Server zurück, welcher andere
Teilnehmer diese zum Herunterladen freigegeben hat. Die Dateiübertragung
selbst erfolgt dann nicht mehr über den Server, sondern unmittelbar zwischen den
beiden beteiligten Teilnehmern (Peer2Peer). Die entsprechenden Dateien befinden
sich also zu keinem Zeitpunkt auf dem eDonkey-Server.
Der eDonkey-Serverbetreiber kann für seinen Server vielfältige Konfigurationen
vornehmen und hat umfassenden Zugriff auf die Informationen, die den
Serverbetrieb und die Interaktionen mit den verbundenen Clients betreffen.
Die Suche nach einer Datei kann auch über das sog. Kademlia Protokoll erfolgen;
hierbei erfolgt die Suche völlig ohne Hilfe durch einen Server. Dies setzt jedoch
voraus, dass das KAD-Netzwerk bei dem jeweiligen Clientprogramm aktiviert
worden ist.
Der Antragsgegner zu 2) ist als administrativer und technischer Verantwortlicher
der von der Antragstellerin zu 1) betriebenen Webseite eingetragen und war bis
zur Löschung Antragstellerin zu 1) am 20.8.2008 alleiniger Geschäftsführer der
Antragstellerin zu 1) in Großbritannien und auch bis zur Aufgabe der
Zeigniederlassung in H. deren Geschäftsführer.
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Am 28.08.2007 wurde festgestellt, dass das Album "..." des Künstlers aus dem
Repertoire der Antragstellerin über den eDonkeyServer "..." öffentlich zugänglich
gemacht wurde. Die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner gaben eine
Unterlassungserklärung für diese Aufnahmen ab und teilten mit, dass die
Antragsgegner nunmehr versuchen würden, technische Maßnahmen zur Filterung
einzusetzen.
Am 26.09.2007 wurden die Antragsgegner erneut wegen der unerlaubten
öffentlichen Verfügbarmachung von 100 Aufnahmen einer anderen
Tonträgerherstellerin über die bekannten eDonkey-Server "..." und "..." zur
Unterlassung aufgefordert. Die Prozessbevollmächtigten der Antragsgegner gaben
auch insoweit eine Unterlassungserklärung für die beanstandeten
Musikaufnahmen ab und teilten mit, dass die Antragsgegner eine Filterung
eingerichtet hatten.
Im Zeitraum vom 23.3.2008 bis zum 9.3.2008 stellte die ... fest - so behauptet die
Antragstellerin -, dass über den eDonkey-Server mit dem Hostnamen ... und der
IP-Adresse ... insgesamt 72 weitere Titel verschiedener Künstler öffentlich
zugänglich gemacht worden seien. Wegen der einzelnen Künstler und Titel wird auf
Seite 5 und 6 der Antragsschrift vom 2.4.2008 Bezug (sog. Liste 13) Bezug
genommen.
Die Antragsgegner wurden zur entsprechenden Unterlassung der
Zugänglichmachung sowie Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung
in Bezug auf Musikaufnahmen der auf Seite 5 und 6 der Antragschrift genannten
Künstler aufgefordert, an denen die Antragsteller sich der ausschließlichen
Vervielfältigungsrechte und Verbreitungsrechte sowie der Rechte zur öffentlichen
Zugänglichmachung berühmt. Die Verfahrensbevollmächtigten gaben für Ihre
Mandanten jeweils nur eine Unterlassungserklärung ab, die sich auf die
Musikaufnahme der Liste 13 bezog.
Mit Schreiben vom 14.3.2008 setzte die Antragstellerin der Antragsgegnerin eine
letzte Frist zur Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung auch bezüglich der
Titel der in Liste 13 genannten Künstler, bezüglich deren noch keine
Rechtsverletzung festgestellt worden ist. Es handelte sich dabei um das auf der
Anlage Ast 1 niedergelegte Repertoire ohne die Titel der Liste 13.
Diese Frist verstrich fruchtlos.
Die Antragsgegnerin behauptet, die Mitarbeiter der Firma ... hätten die von den
Antragsstellerin betriebenen eDonkey Server in der Zeit vom 23-2.2008 bis zum
9.3.2008 vermittelten Angebote überprüft, wobei die Suche mittels lokalen
Suchfunktion nur auf dem streitgegenständlichen Server mit der IP-Adresse erfolgt
sei.
Sie behauptet, Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte (§§ 16, 17, 19a
UrhG)des Tonträgerherstellers für die streitgegenständlichen auf der Liste Ast 1
aufgeführten Aufnahmen zu sein.
Ihrer Ansicht nach haften die Antragsgegner als Mittäter bzw. Teilnehmer jedenfalls
aber als Störer einer Verletzung des Urheberrechts auf Unterlassung der
öffentlichen Zugänglichmachung.
Auf Antrag der Antragstellerin hat das erkennende Gericht am 9.4.2008 eine
einstweilige Verfügung erlassen, durch welche den Antragsgegnern im Wege der
einstweiligen Verfügung bei Meidung von Ordnungsgeld bis zu 250,000,00 Euro,
ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten
untersagt worden ist, die in der Anlage Ast 1 zur Antragsschrift voqm.4.1008
aufgeführten geschützten Musikaufnahmen im Internet öffentlich zugänglich zu
machen.
Die Antragsgegner haben hiergegen mit Schriftsatz vom 11.06.2008 Widerspruch
eingelegt.
Nachdem die Antragsgegnerin zu 1) am 20.8.2008 im englischen Handelsregister
gelöscht worden ist, hat die Antragstellerin das Eilverfahren im Hinblick auf die
Antragsgegnerin zu 1) für erledigt erklärt. Der Antragsgegner zu 2) hat sich der
Erledigungserklärung angeschlossen.
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Die Antragstellerin beantragt nunmehr sinngemäß,
die einstweilige Verfügung in Bezug auf den Antragsgegner zu 2) zu
bestätigen.
Der Antragsgegner zu 2) beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten
Antrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegner bestreiten ihre Passivlegitimation und legen dar, dass die
Niederlassung der Antragstellerin zu 1) in H. bereits seit dem 28.2.2008
aufgehoben sei.
Die Antragsgegner bestreiten die Rechteinhaberschaft der Antragstellerin,
jedenfalls soweit die hier maßgebliche Nutzung der öffentlichen
Zugänglichmachung betroffen ist.
Die Antragsgegner tragen vor, es sei "unklar", ob es sich bei den
heruntergeladenen Dateien um funktionsfähige Kopien der streitgegenständlichen
Musikstücke handele und ob dieses auch unter Nutzung des Servers der
Antragsgegner erfolgte. Nach Ansicht der Antragsgegner scheide neben der Täter-
/Teilnehmerhaftung auch eine Verantwortlichkeit als Störer aus, da es bereits an
einem kausalen Beitrag zum öffentlichen Zugänglichmachen nach § 19a UrhG
fehle.
Zudem verweisen die Antragsgegner darauf, sie hätten unmittelbar nach
Abmahnung durch die Antragstellerin ein Webinterface installiert, durch welches es
auch der Antragstellerin ermöglich worden sei, komfortabel und nahezu ohne
Kosten eine umfassende Filterung der Indexe auf dem Server zu veranlassen.
Die Antragsgegner sind der Ansicht, dass die Untersagungsverfügung keine
Schutzwirkung entfalte, denn sämtliche geschützten Dateien könnten nach wie vor
über ein Vielzahl zumeist im Ausland stationierter Server und die KAD-Funktion
aufgefunden und heruntergeladen werden.
Die Antragsgegner behaupten in diesem Zusammenhang schließlich, dass bei
Abschaltung aller eDonkey-Server noch immer alle in dem eDonkey-Netzwerk
vorhandenen Dateien über das KAD-Netzwerk (d. h. über das serverlose Kademlia-
Protokoll) auffindbar und herunterladbar seien.
Im Übrigen sei - so meinen die Antragsteller - die Breitstellung eines eDonkey
Servers ein neutrales Angebot.
Bezüglich des weiteren Parteivortrages wird auf den Inhalt der vorbereitend
eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die einstweilige Verfugung war - soweit sich der Rechtsstreit nicht durch die
übereinstimmende Erledigungserklärung der Parteien in der Hauptsache erledigt
hat, d. h. in Bezug auf den Antragsgegner zu 2) - zu bestätigen.
Der auf Erlass der einstweiligen Verfügung gerichtete Antrag gegen die
Antragsgegner war zum Zeitpunkt des Erlasses der einstweiligen Verfügung
zulässig und begründet; und wurde nur im Hinblick auf den Verlust der
Parteifähigkeit der Antragsgegnerin zu 1) während des laufenden Rechtsstreits
unzulässig. Anders als die Antragsgegner vortragen, lief der gegen die
Antragsgegnerin zu 1) gerichtete Antrag auch nicht "ins Leere". Daran ändert auch
der von den Antragsgegnern vorgetragene Umstand nichts, dass die
Antragstellerin zu 1) angeblich bereits vor Antragstellung ihre Zweigniederlassung
in Hamburg aufgegeben hat. Prozesspartei ist nicht die Niederlassung, sondern
der Träger des Unternehmens (vgl. Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 21
Rn 5; Vollkommer in Zöller, Zivilprozessordnung, 26. Aufl., § 50 Rn 26a).
Vorliegend war Prozesspartei damit die zum Zeitpunkt der Antragsstellung und
des Erlasses der einstweiligen Verfügung noch nicht gelöschte Webby United
Limited; diese war zum Zeitpunkt der Antragstellung und des Erlasses der
einstweiligen Verfügung jedenfalls noch existent.
Der erforderliche Verfügungsanspruch war zu bejahen.
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Die Antragstellerin hat diejenigen Tatsachen glaubhaft gemacht, welche einen
Unterlassungsanspruch gegen die Antragsgegner aus § 97 Abs. 1 i. V. m. § 15
Abs. 2 Nr. 2, 19a UrhG begründen.
Aus den im Tenor der angefochtenen einstweiligen Verfügung in Bezug
genommenen Liste Ast 1 und den dort aufgezählten Musikstücken handelt es sich
um Werke der Musik im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UrhG.
Soweit der Antragsgegner in dem im Termin der mündlichen Verhandlung vom
26.8.2008 übergebenen Schriftsatz bestritten hat, dass die Antragstellerin
Inhaberin des Rechtes zur öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19a UrhG an
den streitgegenständlichen Werken ist, hat die Antragstellerin die
Rechteinhaberschaft durch eidesstattliche Versicherung ihres Vizepräsidenten ...
vom 1.9.2008 (Blatt 223 dA) glaubhaft gemacht; welche auch in beglaubigter
deutscher Übersetzung vorgelegt worden ist (Blatt 214 dA). Nach dieser
eidesstattlichen Versicherung des ... vom 1.9.2008 wurde der Antragstellerin für
das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland die exklusiven Verwertungsrechte an
den Musikstücken der Anlage Ast 1 übertragen, einschließlich des Rechts der
öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19 a UrhG. Die Kammer geht davon aus,
dass diese eidesstattlichen Versicherung auch verwertbar war, nachdem die
Kammer im Hinblick auf den neuen überraschenden Vortrag der Antragsgegner
durch den erst im Termin am 26.8.2008 übergebenen Schriftsatz vom 25.8.2008
einen neuen Termin bestimmt hat und diese eidesstattliche Versicherung vor
diesem neuen Termin vorgelegen hat. Alternativ zu dem von der Kammer
beschrittenen Weg der Terminsverlegung wäre zu erwägen gewesen, den neuen
überraschenden Vortrag der Antragsgegner wegen schuldhafter Verspätung oder
Rechtsmissbrauchgesichtspunkten zurück zuweisen, so dass die Antragsgegner
mit ihrem gegenteiligen Vortrag ohnehin ausgeschlossen gewesen wären.
Der Antragsgegner zu 2) haftet auch für die Verletzung dieses Rechts durch
Zurverfügungstellen der Musikstücke innerhalb des Peer2Peer-Netzwerkes
eDonkey.
Im Zurverfügungstellen der Auflistung aller freigegebenen Dateien der jeweils am
Server der Antragsgegnerin zu 1) angemeldeten Nutzer ist eine öffentliche
Zugänglichmachung dieser Daten im Sinne des § 19a UrhG gegeben. Im
konkreten Fall gilt dies für die streitgegenständlichen Musikstücke der Liste 13.
Die Antragstellerin hat in diesem Zusammenhang glaubhaft gemacht, dass ein
Mitarbeiter der Firma ... in der Zeit vom 23.3.2008 bis zum 9.3.2008 festgestellt
hat, dass über den konkreten Server der Antragsgegnerin zu 1)
streitgegenständlichen Werke der Liste 13 aufgefunden werden konnten. Dies
beruht auf der eidesstattlichen Versicherung des Herrn ... vom 2.4.2008 (Ast 5;
Anlagenordner).
Gegen diese Beurteilung spricht nicht, dass sich die streitgegenständlichen Werke
zu keinem Zeitpunkt auf dem Server der Antragsgegnerin zu 1) befunden haben. §
19a UrhG setzt nämlich nicht voraus, dass das urheberrechtlich geschützte Werk
in digitaler Form im Herrschaftsbereich des Anspruchsgegners abgespeichert wird.
Unschädlich ist auch, dass für den Zugriff der Öffentlichkeit auch ein Beitrag
mindestens eines anderen Nutzers, der die Datei auf seinem Rechner freigibt,
erforderlich ist. Dieser ist dann zwar gegebenenfalls selbst als Täter oder
Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung ebenfalls haftbar; dieses schließt eine
Störerverantwortlichkeit anderer Beteiligter aber nicht aus.
Dem steht auch nicht der Einwand der Antragsgegner entgegen, dass sämtliche
geschützten Dateien auch durch die KAD-Funktion aufgefunden und
heruntergeladen werden können und dass es den von den Antragsgegnern
betriebenen Server dazu nicht brauche. Selbst wenn - wie der Antragsgegner
vorträgt - durch die KAD-Funktion die Dateien aufgefunden und heruntergeladen
werden könnten, reicht es aus, dass durch den Einsatz des von der Antragstellerin
zu 1) betriebenen Servers, dieses einfacher und problemloser erfolgen kann.
Entsprechend der eidesstattlichen Versicherung vom 22.8.2008 des ... (Anlage Ast
25, Anlagenordner) ist glaubhaft gemacht, dass ein Großteil der Nutzer des
eDonkey-Netzwerkes die von den Antragsgegnern beschriebene KAD-Funktion, die
fortgeschrittene Computerkenntnisse erfordere, gerade nicht nutzen.
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Für diese Rechtsverletzung traf zunächst auch die Antragsgegnerin zu 1) - solange
sie als Partei bestand - die rechtliche Verantwortung.
Wer in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines
geschützten Gutes beiträgt, der kann grundsätzlich als Störer für eine
Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Die
Antragsgegnerin zu 1) hat durch Bereitstellung ihres Servers die Möglichkeit
eröffnet, die Musikstücke der Liste 13 der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen.
Sie hat die Infrastruktur bereit gestellt, mit deren Hilfe die eigentlichen Täter der
Urheberrechtsverletzung ihre Tat ausgeführt haben.
Auch der Antragsgegner zu 2) als damaliger Geschäftsführer der Antragsgegnerin
zu 1) ist für die Urheberverstöße persönlich verantwortlich.
Denn auch der gesetzliche Vertreter einer GmbH haftet als Störer, wenn sein
Verhalten für die Rechtsverletzung ursächlich ist (BGH, GRUR 1986, 248, 250 -
Sporthosen). So liegt der Fall hier. Haftungsrechtlich auf Unterlassung in Anspruch
genommen werden kann derjenige, der in irgendeiner Weise willentlich und
adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Guts beiträgt. Hierfür ist
ausreichend, dass die Herbeiführung der Störung gefördert wird (OLGR Düsseldorf
2006, 652 zur Persönlichkeitsverletzung im Internet). Dies trifft auf den
Geschäftsführer der Serverbetreiberin zu. Der Antragsgegner zu 2) hat in seiner
sog. "eidesstattlichen Versicherung" (Anlage AG 7 zum Schriftsatz vom 11.6.2008
im Anlagenband) selbst eingeräumt, dass er in eigener Person die technische
Administration des Servers selbst gemacht hat und mit der Funktionsweise des
eDonkey-Netzwerks gut vertraut war. Er hat weiter ausgeführt, dass er die
Betreuung des Servers im Nebenerwerb ausführt und dass der Serverbetrieb sich
durch Textwerbung finanziert, was derzeit aber nicht mehr kostendeckend sei.
Auch wenn der Antragsgegner zu 2) die vorgelegte "eidesstattlichen Versicherung"
nur in Kopie und nicht als unterschriebenes Original vorgelegt hat, ist doch
erkennbar, dass sich die Antragsgegner auf den dortigen Inhalt berufen, da sie
diese Erklärung ihrem Schriftsatz beigefügt haben.
Weil die Störerhaftung aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die
nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die
Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang
bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen
nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.1996 - I
ZR 129/94, GRUR 1997,313, 315 f. = WRP 1997, 325 - Architektenwettbewerb; Urt.
v. 30.6.1994 - I ZR40/92, GRUR 1994, 841, 842 f. = WRP 1994, 739 - Suchwort; Urt.
v. 15.10.1998 - I ZR 120/96, GRUR 1999, 418, 419 f. = WRP 1999, 211 -
Möbelklassiker; BGHZ 148,13,17 f - ambiente.de, BGHZ 158, 236 - Internet-
Versteigerung).
Durch den von BGHZ 158, 236 - Internet-Versteigerung - zur Frage von
Markenverletzungen aufgestellten Grundsätzen, muss ein Unternehmen bei
bekannten Schutzrechtsverletzungen Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu
weiteren Verletzungen kommt. Auf den vorliegenden Fall für die
Urheberrechtsverletzung übertragen bedeutet dies, dass die Antragsgegnerin zu
1) durch ihren handelnden Geschäftsführer dafür Sorge tragen musste, dass es
nicht zu weiteren ähnlich gelagerten Urheberrechtsverletzungen in Bezug auf
bereits bekannte von solchen Verletzungen betroffene Künstler kommt. Soweit
OLGR Düsseldorf 2006, 652 solche Prüfpflichten ablehnt, sind die dortigen
Grundsätze nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar, weil der dortige beklagte
Forumsbetreiber nicht von der Tätigkeit wirtschaftlich profitierte, während
vorliegend der Antragsgegner zu 2) in der 1. mündlichen Verhandlung erläuternd
dargelegt hat, dass sich die Antragsgegnerin zu 1) aus Werbeeinblendungen
finanziere. Im dortigen Fall war es im Übrigen angesichts der unübersehbaren
großen Möglichkeiten, Äußerungen ehrverletzend zu formulieren, auch praktisch
unmöglich, entsprechende Sperrungen vorzunehmen. Auch darin unterscheidet
sich der vorliegende Fall.
Vorliegend haben die Antragsgegner selbst geäußert, sie hätten unmittelbar nach
Abmahnung durch die Antragstellern! ein Webinterface installiert, durch welches es
auch der Antragstellerin ermöglicht worden sei, komfortabel und nahezu ohne
Kosten eine umfassende Filterung der Indexe auf dem Server zu veranlassen.
Mithin muss nach dem eigenen Vortrag der Antragsgegner davon ausgegangen
werden, dass es technisch ohne großen Aufwand möglich ist, das Repertoire der
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werden, dass es technisch ohne großen Aufwand möglich ist, das Repertoire der
Antragstellerin in Bezug auf die betroffenen Künstler vollständig zu sperren.
Dies ist dann auch den Störern selbst zumutbar. Hierin unterscheidet sich der
vorliegende Fall von dem vom OLG Düsseldorf am 20.5.2008 zu Az 1-20 U 196/07
entschiedenen (Anlage AG 1).
Nach diesen Grundsätzen traf den Antragsgegnern daher nicht nur die Pflicht, das
Repertoire der Liste I 3 unverzüglich zu sperren, sondern auch Vorsorge dafür zu
treffen, dass es bezüglich des auf der Anlage Ast. 1 aufgelisteten Repertoire der
dortigen Künstler nicht zu weiteren Rechtsverletzungen kommt.
Da die Antragsgegner nicht zur Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung in Bezug auf das Repertoire aus Anlage Ast 1 bereit
waren, ist die Wiederholungsgefahr, für die angesichts des frühren
Urheberverstoßes eine Vermutung streitet und die sich dabei nicht auf identische
Verletzungsform beschränkt, sondern im Kern gleichartige Verletzungsformen
umfasst (vgl. Wild in Schricker, Urheberrecht, 3. Aufl., § 97 Rn. 42 m. w. N.) nicht
ausgeräumt.
Es bestand auch ein Verfügungsgrund. Der Antragstellerin ist ein Abwarten bis zur
Entscheidung einer Hauptsache nicht zuzumuten.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a ZPO.
Im laufenden Rechtsstreit haben die Parteien zwar übereinstimmend die
Erledigung der Hauptsache im Hinblick auf die im August 2008 im englischen
Handelsregister erfolgte Löschung der Antragsgegnerin zu 1) erklärt. Ohne die im
laufenden Rechtsstreit eingetretene Erledigung, hätte die Antragstellerin jedoch -
wie sich aus dem vorgegangenen Ausführungen ergibt - auch im Verhältnis zur
Antragsgegnerin zu 1) obsiegt. Daher waren auch der Antragsgegnerin zu 1)
insoweit die Kosten gemäß § 91 a ZPO aufzuerlegen.
Streitwert: 500.000,-Euro.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.