Urteil des LG Frankfurt am Main vom 29.01.2009

LG Frankfurt: grobes verschulden, darstellung des sachverhaltes, minderung, hotel, lift, verjährungsfrist, mangel, kategorie, anwaltskosten, form

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Gericht:
LG Frankfurt 24.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2-24 S 84/08, 2/24
S 84/08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 309 Nr 7 Buchst a BGB, §
309 Nr 7 Buchst b BGB, § 651c
Abs 1 BGB, § 651d Abs 1 BGB,
§ 651f Abs 1 BGB
Pauschalreisevertrag: Wirksamkeit einer
Verjährungsklausel; Ersatzfähigkeit der vorgerichtlichen
Anwaltskosten
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an jeden der Kläger jeweils 159,12 Euro nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem
25.01.2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben zu tragen die
Beklagte 41 % und die Kläger 59 %.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gem. §§ 313 a, 540 Abs. 2 ZPO
abgesehen.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden.
Sie hat in der Sache nur in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe Erfolg.
Den Klägern steht gegen die Beklagte jeweils ein Anspruch auf Minderung des
Reisepreises gem. §§ 651 d Abs. 1, c Abs. 1 BGB in Höhe von 159,12 Euro zu.
Das Amtsgericht hat die auf Minderung des Reisepreises von jeweils 864,00 Euro
um 45%, das heißt auf Zahlung von jeweils 388,80 Euro gerichtete Klage beider
Kläger abgewiesen mit der Begründung, reisevertragliche Ansprüche seien
jedenfalls verjährt.
Die Berufung rügt zu Recht, dass die geltend gemachten Minderungsansprüche
nicht verjährt seien.
Ob die Reise- und Zahlungsbedingungen der Beklagten im vorliegenden Fall
wirksam gem. § 305 Abs. 2 BGB in den Reisevertrag einbezogen worden sind, kann
dahinstehen.
Denn die Klausel Ziff. 10.7. der Reise- und Zahlungsbedingungen, die eine
Verkürzung vertraglicher Ansprüche des Reisenden auf 1 Jahr vorsieht, ist wegen
Verstoßes gegen die Klauselverbote des § 309 Ziff. 7 a und 7 b BGB unwirksam:
Nach diesen Bestimmungen kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die
Verschuldenshaftung für Körper- und Gesundheitsschäden nicht, für sonstige
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Verschuldenshaftung für Körper- und Gesundheitsschäden nicht, für sonstige
Schäden nur für den Fall einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder begrenzt
werden. Eine Begrenzung der Haftung im Sinne des § 309 Ziff. 7 a und 7 b BGB ist
auch die zeitliche Begrenzung der Durchsetzbarkeit entsprechender
Schadensersatzansprüche durch Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen
(BGH, NJW 2007, 674 (675 f.).
Hiergegen verstößt die o. g. Klausel der Beklagten, der zufolge "vertragliche
Ansprüche des Reisenden" – ohne Ausnahme – in einem Jahr verjähren. Denn sie
erfasst auch vertragliche Schadensersatzansprüche des Reisenden gem. § 651 f
Abs. 1 BGB, die auf Ersatz eines Köper- oder Gesundheitsschadens wegen eines
vom Reiseveranstalter zu vertretenden Mangels gerichtet oder auf grobes
Verschulden des Reiseveranstalters oder seiner Erfüllungsgehilfen gestützt sind.
Die verbotswidrige Begrenzung der Haftung für die in § 309 Ziff. 7 a und 7 b BGB
aufgeführten Fälle hat zur Folge, dass die Klausel 10.7. generell unwirksam ist.
Verstößt eine Formularbestimmung gegen ein Klauselverbot, so kann sie nur unter
der Voraussetzung teilweise aufrechterhalten bleiben, dass sie sich nach ihrem
Wortlaut aus sich heraus verständlich und sinnvoll in einen inhaltlich zulässigen
und einen unzulässigen Regelungsteil trennen lässt (BGH, a. a. O., (675)).
Daran fehlt es hier. Die Klausel enthält eine Regelung, mit der für sämtliche
vertraglichen Ansprüche des Reisenden (nur nicht für Schadensersatzansprüche
aus unerlaubter Handlung wegen Körperverletzung oder Tötung) die Verjährung
auf 1 Jahr abgekürzt wird. Um zu einem inhaltlich zulässigen Klauselinhalt zu
gelangen, müsste die Klausel um eine Ausnahmeregelung für die Verjährung der
in § 309 Nr. 7 Buchst. a und b aufgeführten Schadensersatzansprüche ergänzt
werden. Die Klausel enthält indessen nur eine Ausnahmeregelung für deliktische
Schadensersatzansprüche, aber nicht für vertragliche Schadensersatzansprüche
wegen Körperverletzung gem. § 651 f Abs. 1 BGB und für
Schadensersatzansprüche gem. § 651 f Abs. 1 BGB wegen sonstiger Schäden, die
auf grobes Verschulden des Reiseveranstalters oder seiner Erfüllungsgehilfen
gestützt sind.
Wegen des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion durch inhaltliche
Veränderung einer unzulässigen Klausel kann die Klausel auch nicht in einem
einschränkenden Sinne dahin ausgelegt werden, dass die in § 309 Ziff. 7 a und 7 b
BGB aufgeführten Ansprüche von der Abkürzung der Verjährung unberührt bleiben
sollten (vgl. BGH, a. a. O.).
Aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel konnte die gesetzlich vorgesehene
Verjährungsfrist von 2 Jahren (§ 651 g Abs. 2 BGB) nicht wirksam auf 1 Jahr
abgekürzt werden (vgl. Urteil der Kammer vom 26.06.08, Az.: 2-24 S 173/07).
Da die Reise am 16.09.06 endete, ist die Verjährung durch die am 31.12.07
erhobene Klage noch innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist des § 651 g Abs.
2 BGB gehemmt worden.
Im Übrigen hat das Amtsgericht zu Unrecht einen weiteren Hemmungszeitraum in
der Zeit vom 15.01. bis 15.04.07 nicht berücksichtigt, so dass die Ansprüche der
Kläger auch bei Zugrundelegung einer auf ein Jahr abgekürzten Verjährungsfrist
nicht verjährt sind.
Denn die Beklagte hat sich aufgrund des Schreibens des Prozessbevollmächtigten
der Kläger vom 09.01.07, bei ihr eingegangen am 15.01.07, zu weiteren
Verhandlungen bereit erklärt, die erst mit dem Schreiben vom 15.04.07
abgeschlossen worden sind.
Die Kläger können eine Minderung des Reisepreises jedoch nur für folgende
Mängel geltend machen:
Dass es das im Prospekt zugesagte Cafe nicht gegeben hat, begründet eine
Minderung von 3 %; das ergibt pro Person eine Minderung von 25,92 Euro.
Da ein Speisesaal vorhanden war, gab es auch das zugesagte Restaurant. Bei
allein buchbarer All Inclusive-Verpflegung konnte der Kläger nicht erwarten, dass
das zugesagte Restaurant etwas anderes als der Speisesaal sein würde, in dem
die zugesagte Verpflegung einzunehmen ist.
Für den Umstand, dass es keine Animation gegeben hat, obwohl diese im
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Für den Umstand, dass es keine Animation gegeben hat, obwohl diese im
Prospekt ausdrücklich für die Zeit bis zum 24.09. zugesagt worden ist, ist eine
Minderung in Höhe von 5 % angemessen, aber auch ausreichend, pro Person
somit in Höhe von 43,20 Euro.
Dass es kein Mittagsbuffet gegeben hat, sondern lediglich die Möglichkeit, sich
selber Lunchpakete zu bereiten, ist als Mangel zu werten, da es laut
Prospektbeschreibung mittags ein Sandwichbuffet mit Suppen und Früchten der
Saison geben sollte. Hierfür erscheint eine Minderung von 5 % angemessen, pro
Person somit von 43,20 Euro.
Die Kläger können ferner wegen des Umstands, dass der Lift an einem Tag defekt
gewesen ist, eine Minderung des Reisepreises verlangen:
Zwar haben die Kläger vorgetragen, dass der Lift (während der gesamten
Reisezeit) defekt gewesen sei. Aus dem Anspruchsanmeldeschreiben vom
01.10.06 (Bl. 12 d. A.) ergibt sich indessen, dass dies nur am Ankunftstag der Fall
gewesen ist. Dort heißt es nämlich: "Der Lift war an unserem Ankunftstag –
unserer Zimmer befanden sich in der 1. Etage – defekt."
Da die Kläger somit nur einen Defekt des Liftes an einem Tag angemeldet haben,
kann auch nur dieser Umstand gem. § 651 g Abs. 1 BGB berücksichtigt werden.
Im Übrigen ist ihr Vortrag, dem sich eine Einschränkung auf einen Tag nicht
entnehmen lässt, durch das selbst vorgelegte Anspruchsanmeldeschreiben
hinsichtlich der Dauer des Defektes während der gesamten Urlaubszeit nicht mehr
ausreichend substantiiert.
Für den Umstand, dass der Lift lediglich an einem Tag defekt gewesen ist, ist eine
Minderung von 5 % des auf einen Tag entfallenden anteiligen Reisepreises (pro
Person 5 % von 72,00 Euro = 3,60 Euro) angemessen.
Der Vortrag der Kläger bezüglich des mangelhaften Zustands des Zimmer ist
insoweit substantiiert, als sie vorgetragen haben, der ehemals rote Teppichboden
in dem von ihnen bewohnten Zimmer sei abgenutzt, verblichen und verstaubt
gewesen, und habe diverse, teilweise handtellergroße Löcher aufgewiesen; an den
Übergängen des Zimmers sei er überhaupt nicht mehr vorhanden gewesen.
Substantiiert ist weiterhin der klägerische Vortrag, die Matratzen in dem von ihnen
bewohnten Zimmer hätten braune, undefinierbare Flecken und Löcher wie von
Mäusefraß aufgewiesen.
Den Klägern ist auch der Beweis für diese, von der Beklagten bestrittenen
Behauptungen gelungen:
Die Zeugen ..., ... und ... haben sämtlich den vom Kläger beschriebenen Zustand
des Teppichbodens und der Matratzen bestätigt, wobei sie selbst in dem Zimmer
der Kläger gewesen seien und die Matratzen auch ohne Bettbezug gesehen
hätten.
Diese Mängel des Zimmers rechtfertigten eine Minderung von 5 %, pro Person
somit in Höhe von 43,20 Euro.
Die darüber hinaus geltend gemachten Unterkunfts- und sonstigen Mängel
vermögen hingegen keine Minderung zu begründen:
Dass die Zimmer in "katastrophalem Zustand" gewesen sein sollen, ist eine
subjektive Einschätzung, die mangels objektiven Inhalts nicht überprüfbar ist.
Da Gardinen im Regelfall herunterhängen, ist nicht ersichtlich, inwiefern dies einen
Mangel begründen soll.
Inwiefern die Tagesdecke auf den Betten "schmierig" gewesen sein soll, ist nicht
näher dargelegt worden. Das Gleiche gilt für den Vortrag zu den fleckigen und
verschmutzten Fliesen im Badezimmer, da hier jegliche nähere Beschreibung auch
in Form von Fotos fehlt.
Inwiefern die Kleiderschränke zu klein gewesen sein sollen, wird nicht näher
vorgetragen. Dass die Kleiderschränke Haken anstatt einer Stange zum
Aufhängen der Bügel aufgewiesen haben, ist bei der gebuchten mittleren
Kategorie noch als Unannehmlichkeit zu werten.
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Inwiefern das Balkongeländer "baufällig" gewesen sein soll, wird ebenfalls nicht
näher ausgeführt.
Dass der Balkon voller Zigarettenkippen und Brotkippen gewesen ist, ist in dem
Anspruchsanmeldeschreiben vom 01.10.06 nicht erwähnt, so dass die Kläger mit
der Geltendmachung dieses Mangels gem. § 651 g Abs. 1 BGB ausgeschlossen
sind.
Inwiefern (sonstige) Schäden am Zimmer und der Einrichtung vorgelegen haben
sollen, das Mobiliar zu gering, der Service wie schlechte Reinigung und
ungenügender Wäschewechsel unzureichend gewesen sein soll, ist ebenfalls nicht
näher dargelegt.
Soweit die Kläger rügen, es habe sich lediglich um ein 2-Sterne-Hotel gehandelt,
vermag dies keinen Mangel zu begründen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die
Beklagte in der Prospektbeschreibung als "landeseigene Kategorie" drei Sterne
angegeben hätte.
In der Prospektbeschreibung findet sich jedoch eine solche Angabe nicht.
Soweit die Kläger darauf abstellen möchten, dass die Beklagte das Hotel mit NNN
bewertet hat, verkennen sie, dass es sich insoweit im Unterschied zu der Angabe
der landeseigenen Kategorie lediglich um eine hauseigene Bewertung der
Beklagten handelt, die mit ersterer nicht übereinzustimmen braucht.
Allein der Vortrag, dass das Hotel nur noch 2 Sterne aufgewiesen hat, vermag
einen minderungsrelevanten Umstand somit nicht zu begründen.
Inwieweit der Umstand, dass die Hotelleitung nicht zu ermitteln gewesen sei, die
Kläger beeinträchtigt haben soll, ist nicht ersichtlich. Denn es ist nicht ersichtlich,
aus welchem Grund dies für die Kläger hätte wichtig sein sollen, da ihr
Vertragspartner und Rügeadressat gerade nicht die Hotelleitung, sondern die
Beklagte bzw. ihre Reiseleitung gewesen ist. Aus der fehlenden Ermittelbarkeit der
Hotelleitung lässt sich auch nicht folgern, dass das Hotel entgegen der
Prospektbeschreibung nicht gut geführt worden sei.
Dass auf die Anzeige der Mängel bei der von der Beklagten genannten Agentur
keine Reaktion erfolgt ist, hat nur zur Folge, dass die Kläger an der
Geltendmachung von Minderungsansprüchen nicht gem. § 651 d Abs. 2 BGB
gehindert sind, vermag aber keine eigenständige Beeinträchtigung zu begründen.
Dass funktionsfähige Sonnenschirme und -liegen "nahezu" vollständig gefehlt
haben sollen, lässt offen, inwiefern das die Kläger beeinträchtigt haben soll.
Jedenfalls scheint es zumindest einige wenige Sonnenschirme und -liegen gegeben
haben. Im Übrigen lässt sich dem klägerischen Vortrag nicht entnehmen, inwiefern
die Liegen und Schirme auf der Terrasse wegen Rissen und Defekten nicht nutzbar
gewesen sein sollen. Auch mangels Vorlage entsprechender Fotos ist der
diesbezügliche Vortrag zu unsubstantiiert.
Da der unbenutzbare Tennis-Hartplatz in dem Anspruchsanmeldeschreiben nicht
erwähnt worden ist, vermögen die Kläger hierauf keine Minderungsansprüche zu
stützen, § 651 g Abs. 1 BGB.
Die geltend gemachten Anwaltskosten können die Kläger nicht gem. § 651 f Abs. 1
BGB verlangen, da ihr Anwalt gehalten gewesen wäre, sich einen unbedingten
Klageauftrag erteilen zu lassen:
Selbst wenn ihr Rechtsanwalt zunächst nur mit der außergerichtlichen
Geltendmachung der Ansprüche beauftragt worden und der Prozessauftrag nur
bedingt erteilt worden wäre, könnten die Kläger hier keinen Ersatzanspruch geltend
machen, da in diesem Fall auch ihrem Prozessbevollmächtigten kein
entsprechender Anspruch gegen sie zustünde.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Pflicht zur interessengemäßen Beratung
eines Mandanten bei der Auftragserteilung dem Anwalt gebietet, sich
grundsätzlich nur dann einen bedingten Klageauftrag erteilen zu lassen, wenn er
unter Würdigung aller Umstände Grund zu der Annahme hat, das eine
Klageerhebung nicht erforderlich sein werde, was eine umfassende Würdigung aller
Umstände des Einzelfalls erfordert. Es muss zu erwarten sein, dass der Versuch
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Umstände des Einzelfalls erfordert. Es muss zu erwarten sein, dass der Versuch
einer außergerichtlichen Regulierung mit Hilfe eines Anwalts Aussicht auf Erfolg
bietet. Gegebenenfalls ist es erforderlich, die (eingeschränkten) Erfolgsaussichten
des Versuchs einer außergerichtlichen Streitbeilegung mit dem Mandanten unter
Hinweis auf die möglicherweise anfallenden zusätzlichen Kosten zu erörtern (OLG
Hamm, Beschluss vom 31.10.2005, Az.: 24 W 23/05, juris Rn. 38).
Hat sich ein Rechtsanwalt unter Verstoß gegen diese Grundsätze einen bedingten
statt einem unbedingten Klageauftrag erteilen lassen, kann er von seinem
Mandanten die hierdurch entstanden Kosten nicht ersetzt verlangen.
Diese Auffassung steht im Einklang mit der sehr umfangreichen Rechtsprechung
bezüglich der Erstattungsfähigkeit von Inkassokosten (vgl. dazu Palandt/Heinrichs,
§ 286 BGB, Rdnr. 49 mit umfangreichen Nachw.). Die ganz h. M. in der
Rechtsprechung (vgl. die Nachw. bei Palandt/Heinrichs a. a. O.) verneint eine
Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten grundsätzlich dann, wenn der Schuldner
erkennbar zahlungsunwillig ist und daher voraussehbar ist, dass später ohnehin
ein Rechtsanwalt mit einer Klageerhebung beauftragt werden muss, bei dem ein
Mahnschreiben etc. der Vorbereitung des Rechtsstreits gem. § 19 Abs. 1 Ziff. 1
RVG dient und keine zusätzlichen Kosten verursacht. Insoweit wird die
Erstattungsfähigkeit der Inkassokosten unter Berücksichtigung der Obersätze des
RVG nur dann bejaht, wenn der Gläubiger aus besonderen Gründen darauf
vertrauen durfte, dass der Schuldner ohne gerichtliche Hilfe leisten wird, weil sein
Verhalten in diesem Fall demjenigen eines wirtschaftlich vernünftig denkenden
Geschädigten entspricht, der sich selbst vor Schaden bewahren will. Es ist nicht
ersichtlich, dass durch die Neuregelung der VV 2400 eine Änderung dieser
Rechtsprechung bezweckt und die Beauftragung von Inkassounternehmen zum
Nachteil der Anwaltschaft wirtschaftlich erleichtert werden sollte (OLG Hamm, a. a.
O., Rn. 40)
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wäre der Prozessbevollmächtigte der
Kläger gehalten gewesen, sich einen unbedingten Klageauftrag erteilen zu lassen,
nachdem die Beklagte nach mehrfachen Schreiben auch des Reisebüros
schließlich einen Reisegutschein über 350,00 Euro übersandt und mit Schreiben
vom 04.09.06 (Bl. 19 d. A.) eine andere Entscheidung als nicht möglich bezeichnet
hatte.
Für eine weitergehende Bereitschaft der Beklagten, sich über diesen Betrag hinaus
vergleichsweise vorgerichtlich zu einigen, bestanden zum Zeitpunkt der
Beauftragung des Prozessbevollmächtigten der Kläger keinerlei Anhaltspunkte.
Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung
zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, §
543 Abs. 2 ZPO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.