Urteil des LG Frankfurt am Main vom 02.04.2003

LG Frankfurt Main: verkäuferin, abweichende meinung, wirtschaftliche einheit, wirtschaftliche identität, rückerstattung, anschrift, geschäftsführer, interessenkonflikt, gesellschaftsvermögen, einfluss

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Gericht:
OLG Frankfurt 19.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
19 U 196/02
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 652 BGB
(Maklerprovisionsanspruch: Echte und unechte
Verflechtung zwischen Makler und Verkäufer)
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 21. Zivilkammer des Landgerichts
Frankfurt am Main vom 04.10.2002 – Az. 2/21 O 99/02 Landgericht Frankfurt am
Main – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Rückerstattung von im Jahre 1993 gezahlter
Maklerprovision für den Nachweis der Gelegenheit zum Erwerb von zwei
Eigentumswohnungen in H. in Anspruch.
Verkäuferin der Wohnungen war die Firma K.-Bau GmbH, deren
Gesellschaftsanteile zu 50 % von J., einem ihrer beiden Geschäftsführer gehalten
wurden. J. ist auch mit 2 % als Kommanditist am Gesellschaftsvermögen der
Beklagten beteiligt. Er betreibt außerdem die Firma J. Immobilien mit Sitz in R., ...
Straße 105. Unter dieser Anschrift ist auch die Verkäuferin ansässig. Diese
Anschrift wurde 1993 auch auf den Geschäfts-Briefbögen der Beklagten als
„Beratungsbüro S.“ angegeben.
Nach Abschluss des notariellen Kaufvertrages vom 05.11.1993 mit der Firma K.-
Bau GmbH zahlte der Kläger auf die Rechnung der Beklagten vom selben Tage in
Höhe von 25.530,-- DM zunächst 20.000,-- DM, später – nach einem Streit über
die Frage der Verflechtung der Beklagten mit der Verkäuferin – weitere 3.731,--
DM. Der Restbetrag wurde von der Beklagten nicht geltend gemacht.
Nach dem durch Urteil des Senats vom 16.03.2001 in dem Rechtsstreit 19 U
218/00 (Bl. 24 f. d.A.) dem dortigen Käufer einer anderen Wohnung, deren
Verkäuferin ebenfalls die K.-Bau GmbH war, ein Anspruch auf Rückerstattung der
gezahlten Maklerprovision gegen die Beklagte zugebilligt worden war, weil letztere
nach Meinung des Senats wegen institutioneller Verflechtung mit der Verkäuferin
als Makler ungeeignet gewesen sei, macht der Kläger mit seiner im März 2002
eingegangen Klage gegen die Beklagte Rückerstattungsansprüche geltend.
- Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf das
angegriffene Urteil des Landgerichts vom 04.10.2002 verwiesen. –
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 04.10.2002 abgewiesen, da es
eine institutionelle Verflechtung der Beklagten mit der Verkäuferin nicht als
gegeben erachtet hat.
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Gegen dieses ihm am 07.10.2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.11.2002
Berufung eingelegt und diese am 09.12.2002, einem Montag, begründet.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Beklagte zur Zahlung
von 12.133,47 EUR zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 1 DÜG
seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens im Übrigen
wird ergänzend auf den vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Berufung des Klägers ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch
keinen Erfolg.
Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Rückerstattung der bereits im
Jahre 1993 gezahlten Maklerprovision hängt allein davon ab, ob die Beklagte bei
Erbringung ihrer Maklerleistungen für den Kläger im Zusammenhang mit dem
Verkauf der zwei Eigentumswohnungen in H. mit der Verkäuferin dieser
Wohnungen, der Firma K.-Bau GmbH, so verflochten war, dass sie ihre Rolle als
Maklerin d.h. als zwischen den Parteien des Hauptvertrages stehende Dritte, nicht
ausüben konnte. Denn in diesem Falle steht dem Makler gegen seinen
Auftraggeber kein Vergütungsanspruch zu, eine bereits gezahlte Maklerprovision
ist gemäß § 812 BGB zurückzuerstatten.
Dem Makler steht eine Provision grundsätzlich nur zu, wenn sowohl er als auch der
Vertragspartner seines Kunden die Fähigkeit zu einer selbständigen,
unabhängigen Willensbildung haben. Dies gilt in gleichem Maße für den
Vermittlungs- wie auch für den Nachweismakler (BGH NJW 1985, S. 2473;
Münchner Kommentar/Roth, BGB, 3. Aufl., § 652 Rn. 105). Unterschieden wird
insoweit zwischen echter und unechter Verflechtung zwischen Makler und
Vertragsgegner des Maklerkunden. Von echten Verflechtungen wird gesprochen,
wenn der „Makler“ an der Hauptvertragspartei rechtlich und wirtschaftlich in
erheblichem Maße beteiligt ist. Im Hinblick auf die hier in Rede stehende
Beteiligung nicht der Verkäuferin, sondern ihres Gesellschafters und
Geschäftsführers, J., mit einer nur 2 %igen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen
der beklagten KG, seiner Stellung als Kommanditist, der – unstreitig – in keiner
Weise auf die Geschäftsführung der Beklagten Einfluss nimmt, erübrigt sich ein
weiteres Eingehen auf diesen Punkt.
Es liegt aber auch kein Fall unechter Verflechtung vor. Soweit der Senat in seinem
Urteil vom 16.03.2001 eine abweichende Meinung vertreten hat, hält er hieran –
wie die nachfolgenden Erwägungen ergeben – nicht fest.
Als ein Fall wirtschaftlicher Verflechtung des Maklers mit dem Vertragsgegner
seines Auftraggebers ist die Bindung des Maklers an den Vertragsgegner
einzustufen, die sich nicht aus wirtschaftlicher Identität, sondern aus der
Verpflichtung des Maklers auf das Interesse des Vertragsgegners ergibt
(Staudinger/Reuter, BGB, 12. Aufl., § 652 BGB Rn. 137 m.w.N.). Unter diesem
Gesichtspunkt hat die Rechtsprechung in folgenden Fällen einen
Provisionsanspruch versagt: Einem persönlich haftenden und
vertretungsberechtigten Gesellschafter einer Makler-OHG, der zugleich
Geschäftsführer der als Vertragsgegner des Auftraggebers auftretenden GmbH
war (BGH LM § 652 Nr. 54), einer Makler-GmbH, weil diese von der gleichen Person
beherrscht war wie die als Treuhänder des Vertragsgegners am Vertragsschluss
beteiligte GmbH (BGH NJW 1985 S. 2473), wenn eine natürliche Person die
Tätigkeit sowohl der Makler-Firma wie des Verkäufers entscheidend beeinflussen
kann (OLG Stuttgart NJW 1973 S. 1975). Diesen Fällen ist der vorliegende jedoch
nicht vergleichbar. Denn J. hat zwar als einer von zwei Geschäftsführern, der
zudem noch die Hälfte des Gesellschaftskapitals hielt, bestimmenden Einfluss auf
die Firma K.-Bau-GmbH, nicht jedoch auf die Willensbildung der Beklagten, da er
an letzterer nur als Kommanditist und auch nur mit einem Anteil von 2 % beteiligt
ist. Als Fallgruppe der unechten Verflechtung wird auch die des institutionalisierten
Interessenkonflikts angesehen. In diesen Fällen steht im Vordergrund, dass der
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Interessenkonflikts angesehen. In diesen Fällen steht im Vordergrund, dass der
Makler mit der Gegenseite zwar keine wirtschaftliche Einheit bildet, die jeweilige
Willensbildung auch unabhängig voneinander geschieht, der Makler sich jedoch in
einem generalisierbaren Interessenkonflikt befindet, der ihn zur sachgerechten
Wahrnehmung der Interessen seines Kunden als ungeeignet erscheinen lässt.
Derjenige soll nicht Makler sein können, der zu dem Vertragsgegner seines
Kunden in einer solchen Beziehung steht, dass er sich im Streitfall typischerweise
auf die Seite des Vertragsgegners stellen wird (Münchner Kommentar/Roth a.a.O.
§ 652 Rn. 108 m.w.N.).
Dieser Interessenkonflikt wird vor allem dann vorliegen, wenn der Makler am
Gewinn des Vertragsgegners beteiligt ist (BGH NJW 1981 S. 2293 f., 2294). Eine
solche unmittelbare Beteiligung der Beklagten am Gewinn der Verkäufer-GmbH ist
nicht anzunehmen. Erzielt die K.-Bau GmbH aus Verkäufen von
Immobilienobjekten Gewinne, so fließen diese ihren Gesellschaftern, also Herrn J.
persönlich, nicht aber der Beklagten zu. Diese wiederum erhält im Verkaufsfalle
ihre Provision von den Käufern der Objekte. Mithin liegen hier zwar bei der
Verkäufer-GmbH und der Beklagten parallel laufende Interessen vor. Insoweit ist
die Bindung zwischen der Beklagten und der K.-Bau GmbH der zwischen einem
Makler, der in dauernder Geschäftsbeziehung zu einer Bauträgergesellschaft
steht, vergleichbar. Das Interesse des Maklers an der Erhaltung dieser
Geschäftsbeziehung birgt auch hier die Gefahr in sich, dass er seinem
Auftraggeber gegenüber nicht zu einer sachgerechten Interessenwahrnehmung
imstande ist. Nach Meinung des BGH (NJW 1981 S. 2293 f.) kann jedoch die
Rechtsprechung zur Verflechtung nicht auf die Fälle übertragen werden, bei denen
der Makler lediglich in einer persönlichen oder geschäftlichen Beziehung zu dem
Vertragspartner seines Auftraggebers steht. Nach Auffassung des BGH ist in
diesen Fällen nicht der gleiche Schutz wie in den Fällen der wirtschaftlichen
Verflechtung geboten (so auch Schwerdtner, Maklerrecht, 4. Aufl. 1999 S. 690,
691).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte auf ihrem
Geschäftspapier den Hinweis aufgedruckt hatte „Beratungsbüro S.“ und diesem
Hinweis die Anschrift beigefügt hatte, die identisch mit der der Verkäufer-GmbH
ist. Unstreitig ist inzwischen geworden, dass unter dieser Anschrift das Büro der
Einzelfirma J. Immobilien betrieben wird, der als Makler im vorliegenden Fall nicht
eingeschaltet war. Der Kläger will den Aufdruck jedoch offenbar als Zeichen dafür
verstanden wissen, dass Junker (im Gebiet Rodgau) für die Beklagte tätig war und
somit praktisch diese selbst und die Verkäuferin dieselben Geschäftsräume Seite
an Seite benutzten, so dass über die in der Person des Herrn J. bestehende
Klammer zwischen der Beklagten als Maklerin und der Verkäuferin eine
organisatorische Verflechtung anzunehmen ist, die unter Berücksichtigung der
gleichlaufenden Interessen zwischen Makler und Verkäufer-GmbH zur Annahme
einer Interessenbindung des Maklers an die Verkäuferin führt.
Der BGH hat in seinem o.a. Urteil vom 14.06.1981 (BGH NJW 1981 S. 2293 f.,
2294) in einem Falle, in dem der Makler dem Auftraggeber den Kaufvertrag über
ein Grundstück mit einer GmbH vermittelt hatte, deren Geschäftsführerin und
Alleingesellschafterin seine Lebensgefährtin war und sowohl die Verkäufer-GmbH
als auch die Maklerfirma ihren Sitz in der Wohnung dieses Paares hatte, nach
Verneinung einer wirtschaftlich und rechtlich erheblichen Verflechtung den
Umstand des gemeinsamen Geschäftssitzes nicht einmal der Erwähnung wert
befunden.
Auch aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten ist die Klage nicht begründet.
Eine Verwirkung des Provisionsanspruchs gemäß § 654 BGB ist nicht anzunehmen.
Denn ein treuwidriges Verhalten der Beklagten, das sie ihres
Maklerprovisionsanspruchs als unwürdig erscheinen lässt, ist nicht ersichtlich.
Auch aus dem Gesichtspunkt einer positiven Forderungsverletzung des
Maklervertrages ist dem Kläger kein Anspruch auf Rückerstattung der gezahlten
Maklerprovision zuzuerkennen. Da eine wirtschaftliche Identität zwischen
Verkäuferin und Maklerin nicht zu bejahen ist und eine Verpflichtung der Beklagten
auf das wirtschaftliche Interesse der Verkäufer-GmbH ebenfalls nicht vorliegt, auch
eine Beteiligung der Beklagten am Gewinn der Verkäufer-GmbH unmittelbar nicht
ersichtlich ist, oblag der Beklagten auch keine Pflicht zur Aufklärung des Klägers
darüber, dass ihr Kommanditist J. Geschäftsführer und Gesellschafter der
Verkäufer-GmbH war.
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Die Kosten des Berufungsverfahrens muss der Kläger tragen, weil sein
Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713
ZPO.
Da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat, sondern sich im
Schwerpunkt in der Würdigung von Tatsachenvortrag und vorgelegten Urkunden
erschöpft und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung keiner Entscheidung des Revisionsgerichts in dieser
Sache bedarf, war die Revision nicht zuzulassen (§§ 543 Abs. 2 ZPO, 26 Nr. 8
EGZPO).
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.