Urteil des LG Frankfurt am Main vom 23.11.2004

LG Frankfurt Main: rechtskräftiges urteil, testierfähigkeit, einstweilige verfügung, letztwillige verfügung, vorweggenommene beweiswürdigung, wahrscheinlichkeit, nachlassgericht, holz, bedürfnis

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Gericht:
OLG Frankfurt 20.
Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
20 W 91/04
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 1960 BGB
(Anordnung und Aufrechterhaltung von
Nachlasspflegschaft: Überzeugungsbildung des
Nachlassgerichts bzw. des Beschwerdegerichts hinsichtlich
der Existenz – unbekannter – Erben)
Tenor
Die weitere Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 25.000,-- EUR.
Gründe
Die am ...08.2002 verstorbene Erblasserin errichtete am 14.08.2002 ein notarielles
Testament zu Urkundenrolle-Nr. .../2002 ... des Notars E F in O1 (Bl. 7 f der
Testamentsakten), mit dem sie die Beteiligte zu 1) zur Alleinerbin einsetzte. Die
Beteiligten zu 2) und 3) sind die gesetzlichen Erben; der Beteiligte zu 2) hat die
Erteilung eines Erbscheins beantragt. Der Beteiligte zu 2) bezweifelt die
Testierfähigkeit der Erblasserin zum Zeitpunkt der Errichtung des notariellen
Testaments, wobei wegen der Einzelheiten auf den Schriftsatz vom 09.09.2002
nebst Anlagen (Bl. 1 f d.A.) verwiesen wird.
Die Antragstellerin – die Beteiligte zu 1) – hat vor dem Landgericht Frankfurt am
Main, Az.: 2-07 0 283/02, gegen den Beteiligten zu 2) Klage auf Feststellung ihres
Erbrechts erhoben, über die noch nicht entschieden ist.
Mit Beschluss vom 16.09.2002 hat das Nachlassgericht die Nachlasspflegschaft
angeordnet und den Beteiligten zu 4) zum Nachlasspfleger bestellt. Die dagegen
gerichtete Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht mit Beschluss vom
29.10.2002 im Verfahren mit dem Aktenzeichen 2/9 T 536/02 (Bl. 46 ff d. A.) mit
der Begründung zurückgewiesen, die Anordnung der Nachlasspflegschaft sei zu
Recht gemäß § 1960 Abs. 1, 2 BGB zur Sicherung des Nachlasses für die
unbekannten Erben angeordnet worden. „Unbekannt“ im Sinne der Vorschrift
seien die Erben auch dann, wenn sie aus rechtlichen Gründen nicht ohne
umfangreiche Ermittlungen vom Nachlassgericht festgestellt werden könnten, was
aufgrund des detaillierten und durch eidesstattliche Versicherungen
untermauerten Vortrags des Beteiligten zu 2), der zumindest zu Zweifeln an der
Testierfähigkeit der Erblasserin Anlass geboten habe, der Fall gewesen sei.
Nach Einreichung von Stellungnahmen des beurkundenden Notars F vom
23.10.2002 (Bl. 53 d. A.) und des Hausarztes G H vom 07.11.2002 (Bl. 58 d. A.)
hat die Antragstellerin am 23.12.2002 beantragt, die Nachlasspflegschaft
aufzuheben. Diesen Antrag hat das Amtsgericht durch Beschluss vom 21.01.2003
(Bl. 105 d. A.) zurückgewiesen.
Durch Verfügung vom 21.03.2003 (Bl. 328 d. A.) hat das Amtsgericht das
Erbscheinsverfahren entsprechend § 148 ZPO bis zur Erledigung des Rechtsstreits
vor dem Landgericht Frankfurt am Main, Az.: 2-07 0 283/02, wegen Feststellung
des Erbrechts ausgesetzt.
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Mit Schriftsatz vom 27.03.2003 (Bl. 330 ff d. A.) hat die Antragstellerin beim
Nachlassgericht angeregt, nochmals zu prüfen, ob die Nachlasspflegschaft
aufzuheben sei. Auf Nachfrage des Amtsgerichts hat sie mit Schriftsatz vom
08.05.2003 (Bl. 345 ff d. A.) mitteilen lassen, dass hierin weder ein Rechtsmittel
noch ein Antrag zu sehen sei. Nachdem die Antragstellerin mit Schriftsatz vom
04.07.2003 (Bl. 359 ff d. A.) eine eidesstattliche Versicherung einer Ärztin I J vom
25.10.2002 eingereicht hatte und mit Schriftsatz vom 19.09.2003 (Bl. 381 ff d. A.)
mitgeteilt hatte, dass in einem einstweiligen Verfügungsverfahren des
Landgerichts Frankfurt am Main im Verfahren 2/18 0 360/02 eine vorhergehend
erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben worden sei, hat sie wiederum
angeregt, die Nachlasspflegschaft unverzüglich aufzuheben.
Mit Schriftsatz vom 28.10.2003 (Bl. 398 ff d. A.) hat sie beantragt, die
Nachlasspflegschaft aufzuheben. Diesen Antrag hat das Amtsgericht durch
Beschluss vom 30.10.2003 (Bl. 405 ff d. A.), auf den Bezug genommen wird,
zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 04.11.2003 (Bl. 417 ff d. A.)
Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren Aufhebungsantrag mit der Begründung
aufrecht erhält, angesichts der nunmehr vorliegenden schriftlichen Erklärungen
des beurkundenden Notars vom 23.10.2002 und des Hausarztes vom 07.11.2002
sowie der eidesstattlichen Versicherung der Zeugin J vom 25.10.2002 könne ein
ernsthafter Zweifel an der Testierfähigkeit der Erblasserin zum 14.08.2002 nicht
mehr bestehen.
Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Verfügung vom 21.11.2003 nicht
abgeholfen. Das Landgericht hat die Akten des Landgerichts Frankfurt am Main,
Az.: 2-07 0 283/02 und 2/18 0 360/02 zu Informationszwecken beigezogen. Durch
den angefochtenen Beschluss, auf den gleichfalls Bezug genommen wird, hat es
sodann die Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen
ausgeführt, dass der Antragstellerin zwar zuzugeben sei, dass nach derzeitiger
Aktenlage eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Testierfähigkeit der Erblasserin
spreche. Dies ändere aber nichts daran, dass nach wie vor ein Zweifelsfall vorliege,
der in dem der Amtsermittlung unterliegenden Nachlassverfahren weitere
Aufklärung notwendig mache. Auch nach heutigem Kenntnisstand könne nicht mit
der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass die
Rechtsnachfolge nach der Erblasserin geklärt sei.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 01.03.2004
(Bl. 438 ff d. A.), auf den letztendlich verwiesen wird, weitere Beschwerde eingelegt
mit dem Antrag, die mit Beschluss vom 16.09.2002 angeordnete
Nachlasspflegschaft aufzuheben. Mit Schriftsatz vom 07.10.2004 (Bl. 458 ff d. A.)
hat die Antragstellerin die weitere Beschwerde ergänzend begründet. Der
Beteiligte zu 2) ist der weiteren Beschwerde entgegen getreten.
Die weitere Beschwerde ist gemäß § 29 Abs. 1 FGG formgerecht eingelegt und
auch ansonsten zulässig. Insbesondere ist die Beteiligte zu 1) zur Anfechtung
befugt, weil sie für sich die Rechtsstellung als Erbin in Anspruch nimmt, in der sie
durch die angefochtene Maßnahme beeinträchtigt wird, §§ 20 Abs. 1, 29 Abs. 4
FGG (vgl. OLG Köln FamRZ 1989, 547 m. w. N.).
In der Sache bleibt das Rechtsmittel jedoch ohne Erfolg. Der angefochtene
Beschluss des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des Rechts, auf die
hin er durch den Senat lediglich zu überprüfen ist, §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO.
Es ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanzen die
Voraussetzungen des § 1960 BGB nach wie vor für erfüllt angesehen und die mit
Beschluss vom 16.09.2002 angeordnete Nachlasspflegschaft nicht aufgehoben
haben.
Wenn die Voraussetzungen des § 1960 BGB erfüllt sind, hat das Nachlassgericht
grundsätzlich von Amts wegen für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen.
Deshalb muss die Frage, ob der Erbe „unbekannt“ ist, vom Standpunkt des
Nachlassgerichts bei der Entscheidung über die Anordnung der
Sicherungsmaßnahmen aus geprüft werden. Wenn gegen seine Entscheidung
Beschwerde erhoben wird, tritt an die Stelle der Beurteilung des Nachlassgerichts
die tatrichterliche Prüfung der Beschwerdekammer (vgl. OLG Köln FamRZ 1989,
547; FamRZ 1989, 435; Kammergericht ZEV 1998, 260; BayObLG FamRZ 1996,
308; Damrau/Boecken, Erbrecht Handkommentar, § 1960 Rz. 8;
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308; Damrau/Boecken, Erbrecht Handkommentar, § 1960 Rz. 8;
Staudinger/Marotzke, BGB, Stand September 1999, § 1960 Rz. 9;
MünchKomm/Leipold, BGB, 4. Aufl., § 1960 Rz. 9, jeweils m. w. N.). Dem Nachlass-
bzw. dem Beschwerdegericht ist der Erbe unbekannt, wenn mehrere Personen als
Erbe in Betracht kommen und sich der Tatrichter nicht ohne umfängliche
Ermittlungen davon überzeugen kann, wer von ihnen Erbe geworden ist. So liegt es
auch, wenn ein oder mehrere Erbprätendenten durch letztwillige Verfügung des
Erblassers zu Erben eingesetzt sind und erhebliche, nicht sogleich zu entkräftende
Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers bei Errichtung der letztwilligen
Verfügung und damit an der Wirksamkeit der Erbeinsetzung bestehen (vgl. OLG
Köln FamRZ 1989, 547; BayObLG FamRZ 1996, 308; Kammergericht ZEV 1998,
260; Palandt/Edenhofer, BGB, 63. Aufl., § 1960 Rz. 7; MünchKomm/Leipold, a.a.O.,
§ 1960 Rz. 12, 14; Staudinger/Marotzke, a.a.O., § 1960 Rz. 8, jeweils m. w. N.).
Bei der Frage, ob der Erbe bekannt ist, ist allerdings nicht erst letzte Gewissheit
erforderlich, sondern es ist schon eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine
bestimmte Person Erbe geworden ist, ausreichend, um den Erben als im Sinne von
§ 1960 BGB bekannt anzusehen (OLG Köln FamRZ 1989, 435; Kammergericht ZEV
1998, 260; Palandt/Edenhofer, a.a.O., § 1960 Rz. 8; MünchKomm/Leipold, a.a.O., §
1960 Rz. 10; Staudinger/Marotzke, a.a.O., § 1960 Rz. 10, jeweils m. w. N.). Dabei
kann auch nicht schon deshalb von einer Ungewissheit der Erben ausgegangen
werden, weil Klage auf Feststellung des Erbrechts erhoben worden ist. Das
Nachlassgericht wäre zwar für und gegen die Beteiligten durch ein rechtskräftiges
Urteil des Zivilgerichts gebunden, hat aber, so lange kein rechtskräftiges Urteil
vorliegt, die bei Anordnung bzw. Aufhebung der Nachlasspflegschaft zu erörternde
Vorfrage, ob es einen Beteiligten als Erben ansehen will, nach eigener
Überzeugung zu entscheiden (BayObLG NJW-RR 2002, 1518 unter Hinweis auf
BayObLGZ 1960, 405). In diesem Zusammenhang ist mithin weiter unerheblich,
dass noch kein Erbschein vorliegt; es genügt – wie bereits erwähnt – wenn sich aus
den klaren tatsächlichen Verhältnissen die Person des berufenen Erben ergibt (vgl.
Senat NJW-RR 1994, 75 m. w. N.; so auch Staudinger/Marotzke, a.a.O., § 1960 Rz.
11). Etwas anderes könnte sich im Hinblick auf die Vermutung des § 2365 BGB
gegebenenfalls nur dann ergeben, wenn bereits ein Erbschein vorliegen würde (vgl.
Damrau/Boecken, a.a.O., § 1960 Rz. 9; BayObLG NJW-RR 2002, 1518 m. w. N.).
Dies kann jedoch dahinstehen, da letzteres hier nicht der Fall ist; das
Erbscheinsverfahren ist entsprechend § 148 ZPO ausgesetzt.
Dabei ist weiter zu berücksichtigen, dass es dem Sinn und Zweck der
Nachlasspflegschaft als vorläufiger Sicherungsmaßnahme widerspräche, wenn
bereits vor ihrer Anordnung endgültig festgestellt werden müsste, ob die
Unsicherheiten über die Person des Erben zu beheben sind oder gar zu diesem
Zweck die für die Erbenermittlung erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden
müssten. Bei der Bestellung eines Nachlasspflegers handelt es sich um eine
vorläufige Maßnahme, die sich gerade durch die derzeit bestehende Ungewissheit
über die Person des wahren Erben rechtfertigt und die im Interesse der Erhaltung
des Nachlasses die Vertretung des Erben nur bis zu demjenigen Zeitpunkt regeln
soll, in dem die Person des wahren Erben feststeht. Nach dem Zweck des § 1960
BGB, dem Erben den Nachlass durch alsbald zu treffende Maßnahmen des
Nachlassgerichts zu sichern, sofern ein Bedürfnis für sie besteht, sind deshalb die
Ermittlungen des Tatrichters nur soweit zu erstrecken, dass sich beurteilen lässt,
ob der Erbe derzeit unbekannt ist. Von der Durchführung umfangreicher und
zeitraubender Untersuchungen zur Ermittlung des wahren Erben darf die
Anordnung fürsorglicher Maßnahmen gemäß § 1960 BGB nach diesem
Sicherungszweck der Vorschrift nicht abhängig gemacht werden (vgl. OLG Köln
FamRZ 1989, 547; BayObLG FamRZ 1996, 308; Staudinger/Marotzke, a.a.O., §
1960 Rz. 9).
Nach den vom Landgericht verfahrensfehlerfrei getroffenen und daher für den
Senat als Rechtsbeschwerdegericht bindenden tatsächlichen Feststellungen, §§ 27
Abs. 1 Satz 2 FGG, 559 Abs. 2 ZPO, liegen die geschilderten Voraussetzungen für
die Aufrechterhaltung der Nachlasspflegschaft noch vor.
Das Landgericht hat sich nicht mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit von
der Testierfähigkeit der Erblasserin im Zeitpunkt des notariellen Testamentes
überzeugen können mit der Folge, dass die Antragstellerin als Erbin anzusehen
wäre. Es hat vielmehr festgestellt, dass nach wie vor – wenn auch geringer
gewordener – Anlass zu Zweifeln an der Testierfähigkeit der Erblasserin bestehen.
Der Senat kann die Tatsachenfeststellungen und -würdigung des Landgerichts nur
auf Rechtsfehler überprüfen, d. h. nur darauf, ob der Tatrichter den
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auf Rechtsfehler überprüfen, d. h. nur darauf, ob der Tatrichter den
entscheidungserheblichen Sachverhalt ausreichend erforscht, bei der Erörterung
des Tatsachenstoffs alle wesentlichen Umstände berücksichtigt und hierbei weder
gegen gesetzliche Beweisregeln oder Verfahrensvorschriften noch gegen die
Denkgesetze oder feststehenden Erfahrungssätze verstoßen hat (vgl. OLG Köln
FamRZ 1989, 547; Keidel/Kuntze/Meyer-Holz, FGG, 15. Aufl., § 27 Rz. 42). Zu
prüfen ist auch, ob die Beweisanforderungen zu hoch angesetzt oder
vernachlässigt worden sind. Mit der weiteren Beschwerde kann aber nicht geltend
gemacht werden, dass die tatsächlichen Folgerungen des Tatrichters nicht die
einzig möglichen, d. h. nicht zwingend sind, oder dass eine andere
Schlussfolgerung ebenso nahe oder noch näher gelegen hätte (vgl.
Keidel/Kuntze/Meyer-Holz, a.a.O., § 27 Rz. 42; BGH FGPrax 2000, 130; BayObLG
FamRZ 1995, 1235; FamRZ 1988, 1099). Die angefochtene Entscheidung hält der
Überprüfung nach diesen Grundsätzen stand.
So hat das Landgericht erkannt, dass – wie oben ausgeführt – für die Aufhebung
der Nachlasspflegschaft eine hohe Wahrscheinlichkeit erforderlich aber auch
ausreichend ist, mit der davon ausgegangen werden muss, dass die
Rechtsnachfolge nach der Erblasserin geklärt ist. Das Landgericht hat mithin die
Beweisanforderungen nicht zu hoch angesetzt. Die Gründe, die für die
tatrichterliche Würdigung leitend gewesen sind, sind nachvollziehbar dargelegt
worden. Das Landgericht hat den Akteninhalt, insbesondere die vorliegenden
eidesstattlichen Versicherungen sowie die Aussagen des beurkundenden Notars
und des Hausarztes, gegeneinander abgewogen. Es hat die auch die
Verfahrensakten Landgericht Frankfurt am Main, Az.: 2-07 0 283/02 und 2/18 0
360/02, zur Information beigezogen und verwertet. Das Landgericht hat in diesem
Zusammenhang zutreffend festgestellt und berücksichtigt, dass bei der
Beurteilung der Testierfähigkeit der Erblasserin den Aussagen des beurkundenden
Notars und des Hausarztes besondere Bedeutung zukommt (vgl. dazu auch
Staudinger/Baumann, BGB, Stand Mai 2003, § 2229 Rz. 47 m. w. N.). Die
eidesstattliche Versicherung der Zeugin J hat es zwar im Rahmen seiner
Würdigung nicht ausdrücklich nochmals erwähnt, aber erkennbar berücksichtigt
(vgl. Seiten 3, 4 des angefochtenen Beschlusses). Es kann nicht davon
ausgegangen werden, dass das Landgericht mit seiner Bewertung die
Urteilsfähigkeit oder gar die Redlichkeit des Notars oder der Ärzte in Frage gestellt
hätte, wie die weitere Beschwerde meint. Eine derartige Würdigung hat das
Landgericht gerade nicht vorgenommen. Es hat im Gegenteil ausgeführt, dass
danach eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für die Testierfähigkeit der Erblasserin
spreche. Es ist aber gerade nicht gänzlich ausgeschlossen, dass trotz der
Erklärung des Notars, des Hausarztes und der Zeugin J eine Testierunfähigkeit der
Erblasserin festgestellt werden könnte, wobei unerheblich erscheint, ob die
Erklärenden selber ihre Aussagen in irgend einer Weise relativiert haben. In diesem
Zusammenhang hat das Landgericht auch zutreffend erkannt, dass sich die Frage,
ob die Erblasserin im Zeitpunkt der Testamentserrichtung testierfähig war oder
nicht nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls in der Regel nur mit Hilfe eines
psychiatrischen Sachverständigen beantworten lässt (vgl. BayObLG FamRZ 1985,
742; NJW-RR 1999, 1311; FamRZ 2001, 55; OLG Celle NJW-RR 2003, 1093). Denn
die pauschale Behauptung eines Beteiligten, der Erblasser sei testierunfähig
gewesen, begründet zwar keine Ermittlungspflicht des Gerichts, wenn weitere
konkrete Anhaltspunkte für eine mangelnde Testierfähigkeit nicht vorhanden sind
(vgl. BayObLG NJW-RR 1999, 1311 unter Hinweis auf BayObLG FamRZ 1990, 1405;
FamRZ 1997, 1029; vgl. weiter Bonefeld/Kroiß, Der Erbprozess, Seite 740). Dass
solche konkreten Anhaltspunkte hier aber vorliegen, hat das Landgericht
verfahrensfehlerfrei festgestellt. Dass die vom Landgericht angenommenen
Hinweise auf deutliche geistige Ausfallerscheinungen der Erblasserin sowie auf
sonstige relevante Umstände, wie etwa der angeblich gescheiterte erste Versuch
einer notariellen Beurkundung, der durch eidesstattliche Versicherung
untermauert ist, von der Beteiligten zu 1) zum einen als unrichtig dargestellt und
zum anderen als vernachlässigenswert bewertet werden, stellt nach den obigen
Grundsätzen noch keinen Rechtsfehler dar. Die von der weiteren Beschwerde für
das Vorliegen der Testierfähigkeit reklamierten Erklärungen/Aussagen äußern sich
hierzu auch gar nicht umfassend.
Die weitere Beschwerde kann sich auch nicht darauf berufen, dass das Landgericht
Frankfurt am Main im Zivilprozess (Az.: 2-07 0 283/02) nach Rechtsauffassung der
Beteiligten zu 1) nicht Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens
erheben werde, unabhängig von der Frage, ob das Landgericht Frankfurt am Main
– wie der Beteiligte zu 2) unwidersprochen vorgetragen hat – gerade dies
inzwischen angeordnet hat. Zu Recht hat das Landgericht im angefochtenen
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inzwischen angeordnet hat. Zu Recht hat das Landgericht im angefochtenen
Beschluss dies als eine vorweggenommene Beweiswürdigung oder eine
vorgezogene Anwendung der Grundsätze zur Feststellungslast bewertet. Wie oben
ausgeführt, hat das Landgericht seine Entscheidung von seinem Standpunkt aus
und nicht nach der Verfahrenslage im anhängigen Zivilprozess zu treffen. Dabei
hat das Landgericht als Beschwerdegericht – mit den oben im Einzelnen
aufgeführten Einschränkungen – im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu
entscheiden, mithin auch unter Anwendung des § 12 FGG (vgl. OLG Köln FamRZ
1989, 547). Davon ist das Landgericht hier auch zutreffend ausgegangen. Nach
welchen Verfahrensmaximen im parallelen Zivilprozess zu entscheiden ist, worauf
die weitere Beschwerde abstellt, kann demgegenüber dahinstehen. Ohnehin würde
sich die Frage nach der Feststellungslast erst dann stellen, wenn nach
Durchführung der erforderlichen Ermittlungen nicht behebbare Zweifel an der
Richtigkeit entscheidungserheblicher Tatsachen bestehen geblieben sind, die auch
im Rahmen der Beweiswürdigung nicht überwunden werden könnten (vgl.
Keidel/Kuntze/Schmidt, a.a.O., § 12 Rz. 213; BayObLG MittBayNot 1995, 56).
Deshalb ist auch das Urteil vom 18.09.2003 im einstweiligen Verfügungsverfahren
vor dem Landgericht Frankfurt am Main, Az.: 2/18 0 360/02, ohne maßgebliche
Bedeutung für das vorliegende Verfahren. Im dortigen Urteil ist überdies
festgehalten, dass ein non liquet zur Frage der Testierfähigkeit zu Lasten des
Verfügungsklägers, hier des Beteiligten zu 2), gehe (vgl. Seite 7 der
Entscheidung). Dies lässt für das vorliegende Verfahren keinerlei tragfähige
Rückschlüsse zu.
Soweit die weitere Beschwerde mit Schriftsatz vom 07.10.2004 weitere Urkunden
vorgelegt hat, die die Testierfähigkeit der Erblasserin im Zeitpunkt der
Testamentserrichtung belegen sollen, sind diese neuen Tatsachen im Verfahren
der weiteren Beschwerde nicht mehr zu berücksichtigen (vgl. BayObLG FamRZ
1996, 308; vgl. im Einzelnen auch Keidel/Kuntze/Meyer-Holz, a.a.O., § 27 Rz. 45 ff).
Sie wären auch nicht ohne weiteres geeignet, die Feststellungen des Landgerichts
zu entwerten, insbesondere die gegen eine Testierfähigkeit der Erblasserin
sprechenden Anhaltspunkte gänzlich zu entkräften.
Die Entscheidung darüber, ob im Übrigen noch ein Bedürfnis für
Sicherungsmaßnahmen nach § 1960 BGB gegeben ist, unterliegt dem
pflichtgemäßen Ermessen der Tatsacheninstanzen. Der Senat kann sie nur
eingeschränkt überprüfen (vgl. OLG Köln FamRZ 1989, 547). Konkrete
Einwendungen gegen dieses Bedürfnis sind von der Beteiligten zu 1) im
Antragsverfahren betreffend die Aufhebung der Nachlasspflegschaft und
insbesondere im Verfahren der weiteren Beschwerde nicht erhoben worden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Den
Gegenstandswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Senat
ausgehend von der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung durch das
Landgericht angenommen, §§ 131 Abs. 2, 30 KostO.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.