Urteil des LG Flensburg vom 14.03.2017

LG Flensburg: fahrzeug, rabatt, verzicht, abtretung, trennung, zivilprozessrecht, ratenzahlung, lebensgemeinschaft, anfang, versicherungsvertrag

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Gericht:
LG Flensburg 1.
Zivilkammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
1 T 30/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 1353 Abs 1 BGB
Getrenntleben der Ehegatten: Pflicht zur Übertragung des
Schadensfreiheitsrabatts in der Kraftfahrzeugversicherung
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des
Amtsgerichts Flensburg vom 16.03.2006 geändert.
Der Antragstellerin wird unter Beiordnung von Rechtsanw. Z. in F.
Prozesskostenhilfe ohne Anordnung einer Ratenzahlung bewilligt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Prozesskostenhilfe
versagenden Beschluss des Amtsgerichts Flensburg vom 16.03.2006 hat Erfolg.
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Erfolgsaussicht (§ 114
ZPO).
Die Antragstellerin hat nach ihrem tatsächlichen Vorbringen, ihr sei innerhalb der
Ehe seit 1990 ein Zweitwagen zugeordnet gewesen und lediglich über den
Antragsgegner versichert worden, einen Anspruch auf Übertragung des
Schadensfreiheitsrabattes für den Zweitwagen gemäß § 1353 Abs. 1 BGB.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein solcher Anspruch sich auch aus § 667
BGB ergeben kann (so LG Köln, NJW 1977, Seite 1969); denn jedenfalls folgt die
Übertragungspflicht aus der ehelichen Lebensgemeinschaft. Danach kommt im
Falle der Trennung ein Schadensfreiheitsrabatt demjenigen Ehegatten zu, dem
das Fahrzeug im Laufe der Ehe zugeordnet war. Dass nach § 1353 Abs. 1 BGB
Pflichten der einzelnen Ehegatten auch bezüglich vermögensrechtlicher
Angelegenheiten bestehen, ist allgemein anerkannt. Eine Pflicht zur Abtretung des
Schadensfreiheitsrabattes ergibt sich für den Antragsgegner daraus, dass er es
nach dem Vorbringen der Antragstellerin im Laufe der Ehe im Rahmen der
ehelichen Verhältnisse übernommen hat, das ihr zugeordnete Fahrzeug auf seinen
Namen zu versichern. Damit war weder ein Anspruch des Antragsgegners auf
Erhalt des Schadensfreiheitsrabattes noch ein Verzicht der Antragstellerin auf
diesen verbunden. Vielmehr geht in solchen Fällen derjenige Ehegatte, der das von
ihm geführte Fahrzeug als das "seine" betrachten darf, von Anfang an davon aus,
dass der mit diesem Fahrzeug erzielte Schadensfreiheitsrabatt intern ihm zusteht
und lediglich formell dem anderen Ehegatten, weil dieser nach außen hin den
Versicherungsvertrag abgeschlossen hat (Wacke, in MünchKomm, Auflage 2000, §
1353 Rdnr. 28; Wever, FamRZ 2003, Seite 760, 761; LG Freiburg, FamRZ 1991,
1447; AG Euskirchen, FamRZ 1999, 380; AG Reutlingen, NJW-RR 2004, 601, 602).
Allerdings wird die Auffassung vertreten, dieser familienrechtliche Anspruch stehe
unter dem Vorbehalt, dass der in Anspruch genommene Ehegatte keinen Nachteil
erleiden dürfe (Wacke, a.a.O.; AG Reutlingen a. a. O.). Hiervon ist jedoch im
Verhältnis der Parteien nicht auszugehen. Der Antragsgegner behält seinen
Schadensfreiheitsrabatt für das für von ihm genutzte Fahrzeug in derselben Höhe.
Auf seinen ältesten Sohn, der jetzt 18 Jahre alt ist, kann er den
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Auf seinen ältesten Sohn, der jetzt 18 Jahre alt ist, kann er den
Schadensfreiheitsrabatt ohnehin nicht übertragen, weil nach den Bedingungen
aller Versicherungen Voraussetzung einer Übertragung ist, dass derjenige, auf den
der Rabatt übertragen werden soll, in dem Zeitraum, für den der Rabatt Gültigkeit
hat, das Fahrzeug überwiegend gefahren hat. Letzteres ist aber hinsichtlich des
Sohnes von vornherein nicht der Fall. Die Übertragung eines
Schadensfreiheitsrabattes einer Kraftfahrzeugversicherung auf eine andere Person
als diejenige, die sich den Rabatt selbst "erfahren" hat, mit unzutreffenden
Angaben ist ohnehin gemäß § 138 Abs. 1 BGB und entsprechend § 399 BGB
unwirksam (LG Traunstein, NJW 2004, Seite 1463, 1464).
Im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage kommt es
nicht darauf an, ob die z. T. abweichenden tatsächlichen Behauptungen des
Antragsgegners, ein zweites Fahrzeug sei erst 1999 als Firmenwagen angemeldet,
1995/1996 durch einen geerbten Mitsubishi und 1999 durch den VW Passat ersetzt
worden, wobei die Antragstellerin das zweite Fahrzeug nicht ausschließlich genutzt
habe, rechtlich erheblich sind. Denn im Bewilligungsverfahren über
Prozesskostenhilfe ist ohnehin nur auf die tatsächlichen Behauptungen der
antragstellenden Partei abzustellen.
Auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe liegen vor. Zwar
ist das Amtsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Antragstellerin über
ein Bausparkonto in Höhe von derzeit 3.100,00 € und C.-Anteile im Wert von
2.750,00 € verfügt. Sie hat allerdings versichert, dass das Bausparkonto zurzeit
nicht verfügbar ist und den positiven C.-Anteilen im übrigen Schulden von 5.000,00
€ gegenüber stehen. Unter diesen Umständen ist sie als vermögenslos
anzusehen. Sie wird allerdings bei einer Verwertung des Hauses der Ehegatten
nachträglich zur Finanzierung der Prozesskosten herangezogen werden müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus der Nr. 1811 des Kostenverzeichnisses und §
127 Abs. 4 ZPO.