Urteil des LG Essen vom 27.04.2010

LG Essen (kläger, höhe, geschäftsführung ohne auftrag, mängelrüge, akte, zahlung, anwaltskosten, abnahme, aufwand, essen)

Landgericht Essen, 12 O 393/08
Datum:
27.04.2010
Gericht:
Landgericht Essen
Spruchkörper:
12. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 O 393/08
Normen:
§§ 631, 280 BGB
Sachgebiet:
Bürgerliches Recht Zivilrecht
Leitsätze:
Restwerklohn für Malerarbeiten, Kostenvoranschlag, Eigenleistungen
des Geschädigten
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger
5.150,00 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit dem 10.04.2008 und weitere 89,00 € nebst Zinsen in
Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.08.2009
zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewien.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des
beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Gegenstand der Klage ist ein Anspruch auf Restwerklohn für Malerarbeiten in Höhe von
5.150,00 € (netto) und die Erstattung vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten in
Höhe von 459,40 € (netto), sowie ein Erstattungsanspruch in Höhe von 105,91 € (brutto)
für die Wahrnehmung eines Ortstermins.
2
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
3
Auf der Grundlage eines Kostenvoranschlages des Klägers vom 13.08.2007 (Blatt 22
4
der Akte) beauftragte die Beklagte ihn als Nachunternehmer mit Malerarbeiten an der
Sprinkleranlage im Außenbereich des I Baumarktes in N durch Schreiben vom
30.08.2007 (Blatt 23 der Akte).
Die Parteien vereinbarten einen Pauschalpreis von 9.000,00 € (netto). Während der
Ausführung der Arbeiten erweiterten die Parteien den Auftrag um Arbeiten an der
Sprinkleranlage im rückwärtigen Bereich des Baumarktes zu einem weiteren
Pauschalfestpreis von 1.300,00 € (netto).
5
Der Kläger stellte seine Leistungen unter dem 08.10.2007 mit 10.300,00 € in Rechnung
(Blatt 28 der Akte).
6
Mit Schreiben vom 11.10.2007 (Anlage B 4) zeigte die Beklagte dem Kläger Mängel an
und forderte ihn zu Stellungnahme auf.
7
Der Kläger seinerseits ließ die Beklagte durch die Kreishandwerkerschaft N mehrfach
zur Zahlung auffordern, worauf der Kläger am 25.01.2008 die Hälfte der
Werklohnforderung zahlte.
8
Durch Schreiben der Kreishandwerkerschaft N vom 26.03.2008 ließ der Kläger den
Restwerklohn mit Frist zum 09.04.2008 erneut anmahnen.
9
Am 24.04.2008 hat der Kläger durch die Kreishandwerkerschaft N den
Mahnbescheidsantrag gestellt. Der daraufhin erlassene Mahnbescheid ist der Beklagten
am 02.05.2008 zugestellt worden.
10
Weil keine Zahlung erfolgte, schaltete der Kläger seinen Prozessbevollmächtigten ein,
der die Zahlung mit Schriftsatz vom 18.06.2008 (Blatt 25 der Akte) erneut anmahnte,
zugleich die durch die Mahnung entstandenen Anwaltskosten berechnete und die
Abnahme der Werkleistungen des Klägers forderte.
11
Nach Abgabe des Rechtsstreits an das Landgericht Essen als Streitgericht, setzte die
Beklagte dem Kläger ein mit Schreiben vom 17.07.2009 (Blatt 122 der Akte) eine
Nachfrist zur Mängelbeseitigung bis zum 07.08.2009.
12
Der Kläger überprüfte daraufhin seine Werkleistungen vor Ort und stellte der Beklagten
seinen Aufwand am 16.08.2009 mit 105,91 € einschließlich 19 % Mehrwertsteuer in
Rechnung.
13
Der Kläger sieht in der Teilzahlung die konkludent erklärte Abnahme seiner
Werkleistung und verweist wegen der Verweigerung der Beklagten auf die
Abnahmefiktion des § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB. Im Übrigen sei seine Leistung
einwandfrei und deswegen abnahmefähig. Der Werklohnanspruch sei also fällig.
14
Der Kläger beantragt,
15
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von
5.609,40 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz auf einen Betrag in Höhe von 5.150,00 € seit dem
10.04.2008 sowie in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
auf einen Betrag in Höhe von 459,40 € seit dem 04.07.2008 und weitere
16
105,91 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
17
die Klage abzuweisen.
18
Sie bestreitet die Abnahmefähigkeit der Leistungen des Klägers.
19
Diese seien mangelhaft. Die Rohrleitungen der Sprinkleranlage seien vor der
Beschichtung nicht entrostet und nicht in dem vereinbarten Farbton gestrichen worden.
Deshalb sei die Beklagte nicht zur Abnahme verpflichtet. Die Abnahmefiktion könne
nicht eingetreten sein. Die Klageforderung sei nicht fällig.
20
Allein deshalb, aber auch aus Rechtsgründen sei der Überprüfungsaufwand des
Klägers ebenso wenig zu erstatten wie die vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten.
21
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des
Sachverständigen Maler- und Lakierermeisters E. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 13.01.2010 Bezug genommen.
22
Entscheidungsgründe:
23
Die Klage ist im Wesentlichen begründet.
24
In der Hauptsache hat der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf den restlichen
Werklohn in unstreitiger Höhe von 5.150,00 € aus § 631 BGB.
25
Nach dem Gutachten des Sachverständigen E steht fest, dass der Kläger die ihm in
Auftrag gegebenen Malerarbeiten mangelfrei ausgeführt hat. Auch die Beklagte hat den
klaren Feststellungen des Sachverständigen nicht widersprochen.
26
Die von dem Kläger erbrachten Leistungen waren deshalb bei Fertigstellung
abnahmefähig. Der Werklohn war bei Rechnungsstellung am 08.10.2007 fällig.
27
Ein weiterer (primärer) vertraglicher Anspruch auf Zahlung von 105,91 € besteht nicht.
Zwar hat die Beklagte dem Kläger durch Schreiben vom 17.07.2009 zur
Mängelbeseitigung aufgefordert, worauf der Kläger seine Leistungen zur Prüfung dieser
Mängelrüge in Augenschein genommen hat. Die Parteien haben dafür aber keine
Entgeltlichkeit vereinbart, weder ausdrücklich noch konkludent. Durch die Aufforderung,
vermeintliche Mängel zu beseitigen, verspricht der Auftraggeber ohne weitere
Erklärungen nicht zugleich die Zahlung einer Vergütung für die Überprüfung der
Mängelrüge durch den Werkunternehmer. Das gilt auch nicht für den Fall, dass sich die
Mängelfreiheit des Werkes bei der Untersuchung durch den Werkunternehmer
herausstellt und später – wie hier – objektiv bestätigt wird. Bei dem
Überprüfungsaufwand handelt es sich um eine nichtgesondert zu vergütende
Nebenleistung des Werkunternehmers, die er zudem in überwiegend eigenem Interesse
erbracht haben dürfte, um seine Chancen in dem längst anhängigen Rechtsstreit
abzuschätzen und gegebenenfalls zu verbessern. Anderenfalls hätte es nahe gelegen,
die nun vergütet verlangte Überprüfung bereits auf die erste Mängelrüge am 11.10.2007
durchzuführen. Zur weiteren Begründung wird auf die Entscheidung des OLG Karlsruhe
28
in Baurecht 2003, Seite 1241 Bezug genommen.
Aus vorgenannten Gründen scheitert auch ein Anspruch des Klägers aus einer
Geschäftsführung ohne Auftrag.
29
Der Aufwand des Klägers ist allerdings im Wege eines Schadensersatzanspruches aus
§ 280 BGB zu erstatten. Die Mängelrüge der Beklagten war nicht gerechtfertigt, wie der
Sachverständige E festgestellt hat. Für den durch die unzutreffende Erklärung der
Beklagten dem Kläger entstandenen Schaden haftet die Beklagte. Diese hat sich auch
nicht entlastet. Denn sie darf sich nicht allein auf die Mängelrüge ihres (Haupt-
)Auftraggebers verlassen, sondern hat gegenüber dem Kläger die vertragliche
Nebenpflicht, die Mängelrüge selbst zu überprüfen. Hätte sie das getan, hätte sie deren
fehlende Berechtigung festgestellt.
30
Auch Eigenleistungen des Geschädigten begründen einen zu ersetzenden Schaden,
wenn sie – wie hier – einen wirtschaftlichen Wert darstellen. Allein die eigene
Sachkunde des Klägers hat es hier entbehrlich gemacht, einen Sachverständigen
gegen Entgelt mit der Prüfung zu beauftragen.
31
Den in Rechnungen gestellten zweistündigen Aufwand und den dafür in Ansatz
gebrachten Stundensatz hält das Gericht für angemessen gemäß § 287 ZPO.
32
Der Kläger kann allerdings nicht die Mehrwertsteuer aufschlagen, weil es sich bei
Schadensersatzleistungen regelmäßig nicht um Umsatzgeschäfte handelt.
33
Aus Verzugsgründen ist die Hauptforderung gemäß §§ 288 Abs. 2, 286 BGB gesetzlich
zu verzinsen. Der Verzug ist spätestens durch die Mahnung der Kreishandwerkerschaft
N vom 16.03.2008 am 10.04.2008 eingetreten.
34
Die für die Überprüfung der Mängel angefallenen Kosten sind antragsgemäß ab
Rechtshängigkeit gemäß § 291 BGB zu verzinsen. Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich
aus § 288 Abs. 1 BGB.
35
Einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten aus §§ 280 Abs. 2,
286 BGB hat der Kläger nicht. Als er das anwaltliche Schreiben vom 18.06.2008
veranlasst hat, war der Mahnbescheid bereits zugestellt (02.05.2008). Eine danach
ausgesprochene anwaltliche Mahnung war deshalb zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung nicht mehr geboten. Auch die in dem anwaltlichen Schreiben
ausgesprochene Aufforderung zur Abnahme war nach Einleitung des gerichtlichen
Verfahrens nicht mehr hilfreich, weil die prozessualen Chancen des Klägers sich
dadurch nicht verbesserten. Selbst unter Berücksichtigung der in Betracht kommenden
Abnahmefiktion aus § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB blieb der Kläger hinsichtlich der
Mangelhaftigkeit seiner Werkleistung in der Beweispflicht. Der anwaltliche Aufwand
stellt danach keinen adäquaten Verzugsschaden dar und ist nicht zu erstatten.
36
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 92 Abs. 1 Ziffer 1, 709
ZPO.
37
Die abgewiesenen Beträge sind verhältnismäßig gering, die Anwaltskosten sind zudem
streitwertunabhängige Nebenkosten und haben keine höheren Kosten veranlasst.
38