Urteil des LG Duisburg vom 25.03.2009

LG Duisburg: zahlungsunfähigkeit, akte, zahlungsmittel, mangel, anteil, verrechnung, aussetzung, glaubhaftmachung, datum, vollziehung

Landgericht Duisburg, 7 T 256/08
Datum:
25.03.2009
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
7. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 T 256/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Duisburg, 61 IN 175/06
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Duisburg vom 13. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
Die Schuldnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Antrag der Schuldnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für
das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe:
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I.
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Das beantragte am 28. September 2006 wegen bestehender Steuerrückstände die
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Am 24. Januar
2007 traf das Amtsgericht Anordnungen zur Aufklärung des Sachverhaltes. Am 28.
Februar 2007 traf das Amtsgericht zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse und zur
Aufklärung des Sachverhaltes Anordnungen gemäß §§ 21, 22 InsO. Zum vorläufigen
Insolvenzverwalter bestellte es den Rechtsanwalt
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aus . Am 28. Dezember 2007 ging das Schlussgutachten des vorläufigen
Insolvenzverwalters beim Amtsgericht ein. Dieser gelangte zu dem Fazit, dass bei der
Schuldnerin der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit vorliege und die Vorschriften
über das Regelinsolvenzverfahren einschlägig seien. Mit Beschluss vom 13. Oktober
2008 hat das Amtsgericht das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet
und Rechtsanwalt zum Insolvenzverwalter ernannt. Gegen diesen ihr am 18. Oktober
2008 zugestellten Beschluss hat die Schuldnerin am 29. Oktober 2008 sofortige
Beschwerde eingelegt. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht
abgeholfen und diese mit Beschluss vom 6. November 2008 dem Landgericht Duisburg
zur Entscheidung vorgelegt. Am 19. Dezember 2008 wurde das Verfahren auf die
Kammer übertragen.
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II.
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Die gemäß § 34 II InsO statthafte und auch sonst zulässige – insbesondere fristgerecht
eingelegte – sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat in der Sache keinen Erfolg,
weshalb sie zurückzuweisen ist.
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Entgegen der Rechtsansicht der Schuldnerin ist der Antrag des Eröffnungsantragstellers
gemäß § 14 I InsO zulässig. Denn dieser hat ein rechtliches Interesse an der Eröffnung
des Insolvenzverfahrens und hat seine Forderungen und den Eröffnungsgrund glaubhaft
gemacht. Zwar ist für die Glaubhaftmachung der Forderungen nicht ausreichend, dass
das amtlich erklärt, dass die Forderung besteht und einen Insolvenzantrag stellt ( so
noch OLG Köln, NZI 2000, 78; OLG Zweibrücken, NZI 2001, 30; OLG Dresden, ZInsO
2000, 560 ). Es ist aber im vorliegenden Fall auch nicht vonnöten, dass das die den
geforderten Beträgen zugrundeliegenden Steuerbescheide zur Akte reicht ( so BGH,
MDR 2006, 332 ). Denn das antragstellende hat einen amtlichen Erhebungsausdruck
zur Akte gereicht, aus welchem hervorgeht, für welchen Zeitraum und in welcher Höhe
rückständige Steuern geschuldet werden. Auch wurden die geforderten
Säumniszuschläge gesondert kenntlich gemacht. Zudem ist dem Amtsgericht
zuzugeben, dass die Schuldnerin die Existenz der festgesetzten Steuern letztlich gar
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nicht substantiiert bestritten hat und sich lediglich auf Erlassanträge und
Gegenansprüche beruft, über die weder die Finanzbehörden noch das Finanzgericht
bislang mit Bestandskraft entschieden haben. Auch eine Aussetzung der Vollziehung
oder eine Verrechnung der Beträge hat die Schuldnerin nicht substantiiert dargelegt.
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Nach den Ausführungen des damals noch vorläufigen Insolvenzverwalters in seinem
Schlussgutachten vom 21. Dezember 2007 ist die Schuldnerin auch als
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zahlungsunfähig gemäß § 17 II InsO anzusehen. Denn sie ist nicht in der Lage, die
fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist Geldilliquidität. Bei ihr
liegt ein mangels vorhandener Zahlungsmittel dauerndes Unvermögen vor, ihre
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fälligen Geldschulden zu berichtigen. Denn dies ist bereits dann zu bejahen, wenn
feststeht, dass der Schuldner seine wesentlichen Verbindlichkeiten in den nächsten drei
Wochen nicht wird erfüllen können.
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Vorliegend gilt im Einzelnen:
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Der Insolvenzverwalter hat ausgeführt, dass eine fällige Forderung der von rund
1.020.000,- Euro, eine fällige Forderung der in Höhe von 599.360,55 Euro sowie fällige
Forderungen der in Höhe von rund 110.000,- Euro bestehen. Diesen Verbindlichkeiten
steht nach seinen Ausführungen nur ein geringfügiges liquides oder kurzfristig
liquidierbares Vermögen der Schuldnerin gegenüber. Die Nichtzahlung beruht daher auf
einem objektiven Mangel an auszugebenden Zahlungsmitteln. Dass die Schuldnerin
hinsichtlich der Forderungen des teilweise zudem zahlungsunwillig ist, ändert an dem
Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit nichts. Eine Zahlungsunfähigkeit ist auch nicht
etwa deshalb zu verneinen, da jedem Schuldner über den Fälligkeitstermin hinaus noch
der Zeitraum zu belassen ist, den eine kreditfähige Person benötigt, um sich die
erforderlichen Mittel zu beschaffen. Ein solcher Zeitraum ist nämlich nach
höchstrichterlicher Rechtsprechung höchstens mit drei Wochen zu veranschlagen ( vgl.
BGHZ 149, 108 ). Dieser Zeitraum ist vorliegend deutlich überschritten worden, ohne
dass die Schuldnerin weitere liquide Mittel hätte beschaffen können. Ob Zahlungen
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eines Schuldners nur kurzfristig ausgeblieben sind und daher nur eine
Zahlungsstockung vorgelegen hat, ist rückblickend aus der Sicht des Insolvenzgerichts
im Zeitpunkt der Entscheidung über die Verfahrenseröffnung allein aufgrund der
objektiven Umstände zu beurteilen ( vgl. BGH, ZinsO 2005, 808 ) und vorliegend zu
verneinen.
Der nicht erfüllbare Teil der Schulden ist auch nicht etwa insgesamt unwesentlich. Als
unwesentlich ist nämlich nur ein Anteil von weniger als 10 % anzusehen ( vgl. BGH,
aaO ). Vorliegend aber ist der nicht erfüllbare Teil der fälligen
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Verbindlichkeiten der Schuldnerin deutlich höher.
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Nach alledem steht der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht entgegen, dass die
Schuldnerin – worauf sie ausführlich hingewiesen hat - über Vermögenswerte verfügt,
die sie nicht kurzfristig in liquide Mittel umwandeln kann.
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Wegen fehlender Erfolgsaussicht war schließlich der Antrag der Schuldnerin auf
Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 4 InsO, 97 I ZPO.
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