Urteil des LG Duisburg vom 23.12.2008

LG Duisburg: erneuerbare energien, gebäude, vergütung, dach, akte, schutzfunktion, eigenschaft, ausnahme, ankauf, anwaltskosten

Landgericht Duisburg, 1 O 85/08
Datum:
23.12.2008
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
1. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 O 85/08
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt,
1. an den Kläger 8.246,48 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 05.12.2007 zu zahlen.
2. an den Kläger außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von
603,70 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basis-
zinssatz seit dem 10.04.2008 zu zahlen.
Wegen der weitergehenden Zinsforderungen wird die Klage
abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des
jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger für die Einspeisung von Strom aus einer
Photovoltaikanlage in das Netz der Beklagten eine Vergütung in Höhe von 0,492 € je
Kilowattstunde nach § 11 Abs. 2 des Erneuerbare – Energien – Gesetzes ( EEG)
beanspruchen kann. Die Rechnung des Klägers für 2007 in Höhe von 8.246,48 € wird
mit der Klage eingefordert.
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Der Kläger erwarb 2004 in Meckenheim käuflich einen Gartenbaubetrieb. Dieser
verfügte über zwei aus Holz konstruierte Schattenhallen. Derartige Hallen sind für die
Aufzucht von Pflanzen bestimmt, welche lichtempfindlich sind und deshalb vor zu
intensiver Sonneneinstrahlung geschützt werden müssen. Dazu haben sie eine
Tragkonstruktion für den Sonnenschutz. Eine Dichtigkeit gegen Niederschläge besteht
nicht. Das Regenwasser wird vielmehr für die Bewässerung genutzt. Der Kläger hielt die
vorgefundene Holzkonstruktion für baufällig. Er erhielt auf seinen Antrag am 28.09.2006
eine Baugenehmigung für die Errichtung einer neuen Schattenhalle, bei welcher die
Sonnenschutzdecke von einer Stahlkonstruktion getragen wird. Darauf realisierte der
Kläger pro Schattenhalle Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von je 29,16 kW.
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Der Kläger nahm die Anlagen am 07.08.2007 in Betrieb und meldete sie bei der
Beklagten als Netzbetreiber an. Für Stromlieferungen in der Zeit vom 07.08. bis zum
07.11.2007 berechnete der Kläger unter dem 12.11.2007 für eingespeiste 14085 kW/h
Strom mit einem Preis von 0,492 € je Kilowattstunde eine Vergütung von 6.929,82 €,
zuzüglich 1.316,66 € Mehrwertsteuer, insgesamt 8.246,48 €. Er setzte dazu eine
Zahlungsfrist bis zum 04.12.2007.
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Der Kläger beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.246,48 € zzgl. Zinsen in Höhe von 8 % über
dem Basiszinssatz seit 05.12.2007 zu zahlen.
2. die Beklagte zu verurteilen, außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von
603,70 € zzgl. Zinsen i. H. v. 8 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
(09.04.2008) zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte trägt vor, die Photovoltaikanlage des Klägers sei nicht an oder auf einem
Gebäude angebracht. Die Schattenhallen verfügten nämlich nicht über ein Dach. Das
über den Hallen angebracht Schattiergewebe könne nicht als Dach angesehen werden.
Die darüber angebrachten Module der Stromerzeugungsanlage hätten deshalb selbst
die Funktion eines Daches. Da zwischen den Modulen jeweils ein Abstand von etwa
zwei Zentimetern sei, fehle eine geschlossene Dachfläche. Schon die Voraussetzungen
für eine förderungswürdige Anlage nach § 11 Abs. 2 EEG seien damit nicht erfüllt.
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Darüber hinaus falle die Anlage auch nach § 11 Abs. 3 EEG nicht unter die
förderungswürdigen Anlagen. Die neuen Hallen mit der Stahlkonstruktion seien
vorrangig zum Zweck der Stromerzeugung errichtet worden. Für die Baumschule des
Klägers sei diese aufwendige Konstruktion nicht nötig gewesen. Zum Schutz der
Pflanzen habe wie in der Zeit davor die Fernhaltung des Sonnenlichts durch
Schattiergewebe ausgereicht, zu dessen Befestigung keine Stahlkonstruktion
erforderlich sei.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen
Akteninhalt verwiesen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist bis auf einen Teil der Zinsforderung begründet.
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Dem Kläger steht für den aus seiner Photovoltaikanlage in das Netz der Beklagten
eingespeisten Strom die in § 11 Abs. 2, Nr. 1. EEG festgelegte Vergütung zu, die für das
Jahr 2007 aufgrund der jährlichen Absenkung gemäß § 11 Abs. 5 EEG unstreitig 0,492
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€ je Kilowattstunde beträgt.
Die grundlegende Voraussetzung der Anbringung der Stromerzeugungsanlage an oder
auf einem Gebäude gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EEG ist im Streitfall gegeben. Die
Schattierungshallen sind als Gebäude einzuordnen. Darauf deutet bereits der Umstand
hin, dass der Kläger für die Herstellung dieser Hallen eine Baugenehmigung erhalten
hat. Nach der Legaldefinition in § 11 Abs. 2, Satz 3 EEG fallen unter die Gebäude
selbstständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten
werden können und geeignet oder bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren
oder Sachen zu dienen. Es handelt sich bei den Hallenkonstruktionen unzweifelhaft um
selbstständig benutzbare bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden
können. Die Hallen sind auch überdeckt, was aus den von beiden Seiten zur Akte
gereichten Fotos (Blatt 17 – 24, 27 –30, 44 –47 d.A.) anschaulich belegt wird. Es ist
dabei unschädlich, dass diese Bedeckung im wesentlichen aus den Modulen der
Photovoltaikanlage besteht. Wie sich aus § 11 Abs. 2, Satz 2 EEG ergibt, kann die
Stromanlage selbst als Dach des Gebäudes dienen. Die Eigenschaft der Überdeckung
wird nicht dadurch aufgehoben, dass die Dachfläche unstrittig freie Stellen aufweist,
durch die Regenwasser hindurchfließt. Der optische Eindruck eines Abschlusses nach
oben wird dadurch nicht beeinträchtigt. Die Hallen dienen nicht dem Schutz von
Menschen oder Tieren. Ihre Schutzfunktion besteht vielmehr darin, die in der
Baumschule des Klägers aufgezogenen Pflanzen vor einer für sie nicht bekömmlichen
Sonneneinstrahlung zu schützen. Die Anlage dient damit dem Schutz von Sachen, zu
denen auch Kulturpflanzen gerechnet werden. Die Gebäudeeigenschaft ist nicht
deshalb aufgehoben, weil es in die Hallen hineinregnet. Diese Besonderheit entspricht
der bestimmungsgemäßen Nutzung der Beschattungshalle. Die Pflanzen darin sollen
mit Ausnahme der intensiven Sonneneinstrahlung der Witterung ausgesetzt werden,
weil sie nach dem Verkauf nicht in Räumen stehen werden.
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Die Vergütungspflicht der Beklagten ist nicht gemäß § 11 Abs. 3 EEG ausgeschlossen.
Die Beklagte hat ihre Darstellung nicht mit hinreichend konkreten Tatsachen unterlegt,
der Kläger habe die neuen Hallen in der gewählten Konstruktionsweise zu dem Zweck
errichtet, auf der Dachkonstruktion Photovoltaikanlagen zu installieren und den damit
produzierten Strom ins Netz einzuspeisen. Der Kläger hat 2004 den Gartenbaubetrieb
käuflich erworben und am 01.03.2005 auf dem Betriebsgelände eine Baumschule mit
einem veränderten Pflanzenspektrum eröffnet. Der Betrieb verfügte schon beim Ankauf
über zwei Schattenhallen, welche vom Kläger weiter genutzt wurden. Er trägt
nachvollziehbar vor, er habe während des Betriebes bemerkt, dass die Holzhallen
baufällig waren und für die von ihm darin gezogenen Pflanzen auch nicht über
genügend Höhe verfügten. Deshalb habe er 2006 unter teilweiser Verwendung der alten
Holzkonstruktion die neuen Hallen errichten lassen. Der wahrnehmbare
Lebenssachverhalt spricht dafür, dass die neue Konstruktion vorrangig für den
Gartenbaubetrieb des Klägers errichtet worden ist. Die zur Akte gereichten Fotos
belegen, dass die Hallen für die Pflanzenproduktion genutzt werden. Die
Stahlrohrkonstruktion bot bei der vorhandenen Notwendigkeit, neue Beschattungshallen
zu bauen, greifbare Vorteile. Sie hat eine deutlich längere Lebensdauer als neue
Holzkonstruktionen. Das ist bei der Beanspruchung durch gewollt in die Halle
hineinlaufendes Regenwasser von Gewicht. Die Beschattungselemente können bei den
neuen Hallen kostengünstig mit einer Tragseilkonstruktion angebracht werden.
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Die geforderten Verzugszinsen in gesetzlicher Höhe auf die Stromvergütungsforderung
stehen dem Kläger nach § 288 Abs. 1, Satz 1, Abs. 2 BGB zu.
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Er kann auch die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten verlangen. Da es sich
hierbei aus der Sicht des Klägers nicht um eine Entgeldforderung handelt, können die
Prozesszinsen darauf gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB nur in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlangt werden.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.
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Streitwert: 8.246,48 EUR.
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