Urteil des LG Duisburg vom 29.08.2008

LG Duisburg: nicht vermögensrechtliche streitigkeit, ehre, ausschluss, mitgliedschaft, satzung, presse, persönlichkeit, auflage, aussetzung, genossenschaftsanteil

Landgericht Duisburg, 13 S 129/08
Datum:
29.08.2008
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
13. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 S 129/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Duisburg, 53 C 2974/07
Tenor:
Die Berufung der Beklagten vom 15.05.2008 gegen das am 30.04.2008
verkündete Urteil des Amtsgericht Duisburg – 53 C 2974/07 - wird auf
ihre Kosten als unzulässig verworfen.Berufungsstreitwert: 600,- Euro
G r ü n d e :
1
I.
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Die Berufung der Beklagten ist unzulässig und deshalb aus den im Hinweisbeschluss
vom 01.07.2008 genannten Gründen gemäß § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO durch Beschluss zu
verwerfen.
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Die Stellungnahme der Beklagten vom 08.08.2008 enthält keine Gesichtspunkte, die zu
einer anderen Entscheidung führen. Der von ihr geltend gemachte Einwand, bei dem
vorliegenden Ausschluss aus der Genossenschaft handele es sich um eine nicht-
vermögensrechtliche Streitigkeit, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
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Grundsätzlich handelt es sich bei einer Klage auf Feststellung der Nichtbeendigung
einer Genossenschaftsmitgliedschaft um eine vermögensrechtliche Streitigkeit (vgl.
RGZ 163, 200, 202). Wenn es bei der Ausschließung aus der Genossenschaft nicht
ausschließlich um vermögensrechtliche Belange, sondern auch um die Ehre, Achtung
und Geltung der Persönlichkeit im Rahmen der Allgemeinheit geht, ist die Streitigkeit
nicht grundsätzlich als vermögensrechtlich einzustufen (vgl. RGZ 163, 200, 202;
Schaffland in Lang/Weidmüller, Genossenschaftsgesetz, 34. Aufl., § 68 Rdnr. 67).
Sofern die strittige Ausschließung zugleich die Ehre und das Ansehen der
Persönlichkeit des Mitgliedes betrifft und der personenrechtlichen Komponente des
Ausschlusses ausschließliche oder vornehmliche Bedeutung beizumessen ist, ist
ausnahmsweise von einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit auszugehen
(Schaffland in Lang/Weidmüller, Genossenschaftsgesetz, 34. Aufl., § 68 Rdnr. 67). Die
Frage, ob die personenrechtliche Seite hinter der vermögensrechtlichen Seite völlig in
den Hintergrund tritt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Die
personenrechtliche Seite ist insbesondere dann stark berührt, wenn der Ausschluss aus
der Genossenschaft damit begründet wird, dass der Genosse durch ehrenrühriges
Verhalten die Genossenschaft geschädigt habe (RGZ 163, 200, 202).
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Ein solches ehrenrühriges Verhalten, das zur Schädigung der Genossenschaft geführt
haben soll, ist für das Gericht nicht erkennbar. Der Ausschluss des Klägers aus der
Genossenschaft wurde vorliegend auf § 11 Abs. 1 a der Satzung des gestützt. Nach
dieser Regelung kann ein Mitglied aus der Genossenschaft ausgeschlossen werden,
wenn es durch ein genossenschaftswidriges Verhalten schuldhaft oder unzumutbar das
Ansehen oder die wirtschaftlichen Belange der Genossenschaft oder ihrer Mitglieder
schädigt oder zu schädigen versucht. Mit Schreiben des Vorstandes vom 07.05.2007
(Bl. 21 f. GA) wurde dem Kläger mitgeteilt, dass dieser sich durch die Einschaltung der
Presse zur Durchsetzung seiner privaten Interessen treuwidrig verhalten habe, indem er
sich negativ über die Genossenschaft geäußert habe. Wie bereits in dem
Hinweisbeschluss vom 01.07.2008 ausgeführt, enthält dieser Vorwurf keine
Herabwürdigung der persönlichen Ehre des Klägers. Dass darin kein ehrenrühriges
Verhalten zu sehen ist, wird auch aus einem Vergleich zu dem dem Reichsgericht zur
Entscheidung vorliegenden Fall deutlich. In dieser Entscheidung wurde dem
Genossenschaftsmitglied eigennütziges Verhalten, rechtswidrige Verfügung über
Genossenschaftswerte und Verschleierung des Vermögensstandes der Genossenschaft
vorgeworfen (vgl. RGZ 163, 200, 203). Ein solcher Vorwurf stellt einen erheblichen
Angriff auf die persönliche Ehre und das Ansehen eines Genossenschaftsmitglieds dar,
zumal die behaupteten Verfehlungen bei Beweisbarkeit strafrechtliche Konsequenzen
nach sich ziehen können. Soweit der Kläger sich negativ gegenüber der Presse oder
anderen Personen über die Leistungen der Genossenschaft im Zusammenhang mit der
Neubauplanung äußerte, erreichen diese Äußerungen indes keinen
strafrechtsrelevanten Bereich und sind mit den oben bezeichneten Vorwürfen nicht
annähernd zu vergleichen.
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Der Kläger verfolgte mit seiner Feststellungsklage ausschließlich wirtschaftliche Ziele,
denn es ging ihm lediglich darum, Mitglied der Genossenschaft zu bleiben, um deren
Vorteile genießen zu können. Dass der dem Ausschluss zugrunde liegende Vorwurf der
schuldhaften oder unzumutbaren Schädigung der Genossenschaft den Kläger so in
seiner personenrechtlichen Seite beeinträchtigt, dass die vermögensrechtliche Seite in
den Hintergrund tritt, kann nach dem oben gesagten nicht angenommen werden.
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Soweit die Beklagte vorträgt, auch bei Annahme einer vermögensrechtlichen Streitigkeit
sei der Streitwert gem. §§ 68 Abs. 1 GKG, 3 ZPO weit oberhalb von 600,- € anzusiedeln,
dringt sie damit nicht durch. Wie bereits in dem Hinweisbeschluss vom 01.07.2008
dargelegt, richtet sich der Streitwert einer Klage auf Feststellung der Nichtbeendigung
einer Genossenschaftsmitgliedschaft regelmäßig nach dem Genossenschaftsanteil des
Auszuschließenden (vgl. Schaffland in Lang/Weidmüller, Genossenschaftsgesetz, 34.
Aufl., § 68 Rdnr. 67; Meyer/Meulenbergh/Beuthien, Genossenschaftsgesetz, 12. Aufl., §
68 Rdnr. 21).
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Der Geschäftsanteil beträgt vorliegend gem. § 17 Abs. 1 der Satzung des 600,- €.
Soweit die Beklagte vorträgt, Streitwert sei der Wert des Anteils mit allen Vorteilen der
Mitgliedschaft (so Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage, 2007 § 48 GKG zu
Genossenschaft) führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Der Geschäftsanteil an einer
Genossenschaft bemisst sich gerade nach den Vorteilen, die mit einer
Genossenschaftsmitgliedschaft verbunden sind. Somit ist auch allein der Wert des
Geschäftsanteils für die Bewertung des Interesses an einer Mitgliedschaft maßgebend.
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Durch die Verwerfung der Berufung mangels Erreichens des Beschwerdewertes hat
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sich auch die sofortige Beschwerde vom 07.07.2008 gegen die Aussetzung des
Rügeverfahrens erledigt.
II.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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