Urteil des LG Duisburg vom 31.07.2008

LG Duisburg: werbung, ware, verbraucher, ausnahme, anzeige, preisnachlass, laden, rabatt, transparenzgebot, sicherheitsleistung

Landgericht Duisburg, 21 O 1/08
Datum:
31.07.2008
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
1. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
21 O 1/08
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der zu-
künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
250.000,00 €, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden
kann, der Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu
vollziehen an der Geschäftsführerin, es zu unterlassen, im Wettbewerb
handelnd, für Postermöbel mit Preisnachlässen zu werben, wobei von
diesen Preisnachlässen pauschal ausgenommen wird „in Anzeigen und
Prospekten beworbene Ware“.
Die Beklagte wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin 189,00 € nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
16.10.2007 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen, soweit sie nicht
zurückgenommen worden ist.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 3/5 und die
Beklagte 2/5.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, und zwar für die Klägerin gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,00 €, für die Beklagte ohne
Sicherheitsleistung. Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 1.000,00 €
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung in gleicher
Höhe Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d :
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Die Klägerin ist die . Die Beklagte betreibt ein Einrichtungshaus in . Sie veröffentlichte
am 25.08.2007 eine Werbung in der WAZ-NRZ. Darin warb sie für Posteraktionstage
und u.a. mit Rabatt von 25 % auf alle Polstermöbel, grafisch groß in der linken oberen
Ecke der Anzeige dargestellt. Diese Aussage ist mit einem Sternchen versehen, das
grafisch klein am rechten Rand der Anzeige wie folgt erklärt wird:"Gültig nur bei
Neuaufträgen, nicht bei in Anzeigen und Prospekten beworbener Ware sowie bereits
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Neuaufträgen, nicht bei in Anzeigen und Prospekten beworbener Ware sowie bereits
reduzierte Artikel" (siehe Anlage K 1).
Die Klägerin mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 04.09.2007 wegen dieser
Werbung ab und forderte eine Unterlassung der Werbemaßnahme. Die Beklagte gab
darauf hin mit Schreiben vom 14.09.2007 eine eingeschränkte strafbewehrte
Unterlassungserklärung ab, die sich nur auf die Positionierung und grafische
Ausgestaltung der Sternchenauflösung beschränkt. Die Unterlassungserklärung wurde
von der Klägerin insoweit angenommen.
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Die Klägerin forderte mit Schreiben vom 05.10.2007 eine Unterlassungserklärung auch
bezüglich des Inhalts bzw. der Verwendung der Sternchenauflösung. Diese Erklärung
wurde von der Beklagten nicht abgegeben.
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Diesen Anspruch verfolgt die Klägerin letztlich mit der Klage weiter. Sie vertritt die
Ansicht, dass die Werbung wettbewerbswidrig sei, da die Bedingungen für die
Inanspruchnahme des Rabatts nicht klar und eindeutig angegeben seien. Den
Verkehrskreisen sei nicht klar, welchen Umfang die Ausnahme von der ursprünglich
pauschal angekündigten Preisreduzierung habe. Es sei nicht erkennbar, auf welche
Prospekte und Anzeigen sich die Ausnahmen vom Preisnachlass bezögen. Außerdem
sei dem Verbraucher nicht bekannt, in welchen Anzeigen jemals welche Ware von der
Beklagten beworben worden sei. Damit sei auch nicht erkennbar, welches Möbelstück
jetzt nun tatsächlich reduziert und welches von der Reduzierung ausgenommen sei. Die
Aufklärung darüber im Ladenlokal sei nicht ausreichend und zu spät, da der Kunde
dann bereits angelockt worden sei. Somit verstoße die Anzeige der Beklagten gegen
das Transparenzgebot aus § 4 Nr. 4 UWG. Die Abmahnkosten betrügen 189,00 €, mit
deren Zahlung sich die Beklagte seit dem 16.10.2002 in Verzug befinde.
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Die Klägerin nimmt die Klage insoweit zurück, als mit ihr die Abfassung der
Sternchenauflösung in minimaler Schriftgröße vor unterschiedlich farbigem Hintergrund
untersagt werden sollte und beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, bei Meidung eines vom Gericht für jeden
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Fall der zukünftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu
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250.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, der
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Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollziehen an der
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Geschäftsführerin, es zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd, für
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Polstermöbel mit Preisnachlassen zu werben, wobei von diesen Preisnachlässen
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pauschal ausgenommen werden "in Anzeigen und Prospekten beworbene
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Ware, sowie bereits reduzierte Artikel";
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ferner die Beklagte zu verurteilen, an
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die Klägerin 189,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
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Basiszins seit dem 16.10.2007 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass der Inhalt der Sternchenauflösung nicht
wettbewerbswidrig sei, da die Formulierung deutlich sei und die Grenzen klar erkennen
lasse. Für den durchschnittlichen Verbraucher sei klar erkennbar, dass auf bereits
reduzierte Ware nicht noch ein Rabatt gewährt werden könne. Einer näheren
Information bedürfe es nicht, da die Ware dann im Ladenlokal entsprechend
gekennzeichnet sei. Dadurch sei eindeutig festgelegt, welche Ware von dem
Preisnachlass nicht erfasst werde. Es bedürfe keiner weitergehenden Information
darüber, um welche Waren in den aktuellen Prospekten und Anzeigen es sich handele.
Entscheidend sei einzig und allein, dass die entsprechenden Waren im Geschäftslokal
als solche gekennzeichnet seien. Das sei bei der Beklagten der Fall, da die als "in
Anzeigen und Prospekten beworbene Ware" bezeichneten Artikel im Geschäftslokal der
Beklagten durch entsprechende Schilder ohne weiteres erkennbar seien. Gleiches gelte
für reduzierte Artikel, die im Geschäftslokal ebenfalls leicht erkennbar seien. Die
Tatsache, dass der Verbraucher diese Informationen erst im Ladenlokal erhalte, sei
unerheblich, da man durch die Anzeige die Ware im voraus sowieso noch nicht
konkretisieren könne, dies geschehe regelmäßig vielmehr im Laden selbst. Der
Standpunkt der Klägerin, dass schon bei der Anzeige selbst klar erkennbar sein müsse,
welche Ware vom Rabatt ausgenommen werde, stehe im Widerspruch zum
Gesetzestext sowie zu Sinn und Zweck der Regelung in § 4 Nr. 4 UWG. Eine
allgemeine Beschränkung in der Werbung sei ausreichend, die dann wie hier im Laden
hinreichend konkretisiert werde. Ein Abstellen auf die bloße Anlockwirkung sei der
falsche Ansatz, da es auf den Zeitpunkt der konkreten Kaufentscheidung im Laden
selbst ankomme.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt
der Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage, gegen deren Zulässigkeit keine Bedenken bestehen, ist, soweit sie nicht
zurückgenommen worden ist, zum Teil begründet.
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Die Klägerin, deren Aktivlegitimation nicht in Streit steht, kann von der Beklagten
Unterlassung der Werbung in der dem Entscheidungstenor zu entnehmenden Umfang
verlangen. Der Anspruch besteht nur insoweit, als es um die Werbung für Polstermöbel
mit Preisnachlässen geht, von denen in Anzeigen und Prospekten beworbene Ware
ausgenommen wird. Dagegen besteht der Anspruch insoweit nicht, als es um die
Werbung für einen pauschalen Preisnachlass mit Ausnahme bereits reduzierter Artikel
geht.
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Die Anspruchsgrundlage besteht in der Regelung in den §§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, 3, 4 Nr. 4
UWG. Danach ist eine Werbung für Preisnachlässe wettbewerbswidrig, wenn sich die
Bedingungen für die Inanspruchnahme der Preisnachlässe ihr nicht klar und eindeutig
entnehmen lassen.
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Soweit die Kammer die Klage abgewiesen hat, vermag sie einen relevanten Verstoß
nicht zu erkennen. Die Einschränkung eines pauschalen Preisnachlasses auf
bestimmte Artikel "ausgenommenen bereits reduzierte Ware" wird in Rechtsprechung
und Kommentierung als ausreichend, als hinreichend klar und eindeutig, angesehen
(vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Auflage, § 4 Rn. 4.11 m.w.N.). Das in der
Vorschrift normierte Transparenzgebot dient dem Zweck, hinreichende Informationen für
Verbraucher und sonstige Markteilnehmer über die Bedingungen von
Verkaufsmaßnahmen zu gewährleisten. Die Werbung mit der dargestellten Ausnahme
verstößt jedenfalls nicht in wettbewerbsrechtlich erheblicher Weise gegen dieses
Transparenzgebot. Die angesprochenen Verbraucherkreise, zu denen auch die
erkennenden Richter gehören, nehmen es hin, dass beworbene Preisnachlässe sich
nicht auf bereits im Preis herabgesetzte Waren beziehen. Diese Einschränkung ist
ihnen in vielfacher Weise aus der Werbung bekannt.
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Dagegen liegt ein relevanter Verstoß vor, soweit in der beanstandeten Werbung auf die
Ausnahme des Preisnachlasses für "in Anzeigen und Prospekte beworbene Ware"
verwiesen wird. Diese Beschränkung verstößt gegen das Erfordernis, dass die Werbung
klar und eindeutig sein muss und den Verbraucher nicht im Unklaren lassen darf. Der
durchschnittlich informierte Verbraucher hat aber bei der Vielzahl von
Reklameprospekten und – anzeigen in der Regel keinen Überblick darüber, was wo und
wie schon einmal beworben wurde und was nicht. So kann es auch sein, dass nicht alle
eventuell geschalteten Anzeigen dem Verbraucher schon einmal vorlagen, die
Vollständigkeit bzw. der Umfang der Anzeigenkampagne ist dem durchschnittlichen
Verbraucher unbekannt. Ihm kann nicht klar sein, worauf sich der Zusatz in der Werbung
der Beklagten bezieht. Zudem wird nicht klar, ob die Ausnahme von der Gewährung des
Preisnachlasses nur für Anzeigen der Beklagten oder auch dann gelten soll, wenn die
Ware vom Hersteller direkt beworben wird. Hinzu kommt die Unklarheit über den
zeitlichen Rahmen der Werbung in Prospekten. So ist nicht klar, ob nur die Werbung in
tagesaktuellen Anzeigen gemeint ist oder auch in Prospekten aus vergangenen Tagen.
Wenn Werbung aus vergangenen Tagen mit einbezogen werden sollte, ist nicht klar, für
welchen zurückliegenden Zeitraum das gelten soll. Insgesamt ist es für den Verbraucher
nicht ersichtlich, welche Ware schon einmal beworben worden ist. Deshalb ist auch
nicht klar, unter welchen Bedingungen der angekündigte pauschale Preisnachlass in
Anspruch genommen werden kann. Die Interpretation des Inhalts der
Sternchenauflösung in der Werbung der Beklagten ist damit für den Verbraucher nicht
klar und eindeutig erkennbar. Es genügt nicht, dass der Verbraucher die konkreten
Preisreduzierungen erst im Ladenlokal der Beklagten erfährt. Eine dortige
Kennzeichnung der Ware, die von der Rabattaktion ausgeschlossen ist, ist zu spät. Der
Verbraucher kann sich vorher kein genaues Bild vom tatsächlichen Umfang der
Preisreduzierung machen. Die vollständigen Angaben zu den erforderlichen
Bedingungen sind vielmehr bereits zum Zeitpunkt der Durchführung der
Werbemaßnahme zur Verfügung zu stellen. Durch die Aktion wird ein Anlockeffekt
erzielt. Er ist ein Ziel von Werbekampagnen mit der Folge der Gefahr von Verlegenheits-
oder Anschlusskäufen, wenn der Verbraucher den Laden erst einmal aufgesucht hat.
Das gilt insbesondere in Fällen wie hier, in denen die Ware in der Werbung nicht näher
konkretisiert wird. Dabei ist unerheblich, dass die Anzeige die Produktpalette der
Beklagten vollständig wiedergibt und der Verbraucher sowieso die Ware erst im Laden
sieht, da er für den Entschluss, gerade das Geschäft der Beklagten überhaupt
aufzusuchen, vollständig über die Bedingungen der Rabattaktion informiert sein muss.
Das Transparenzgebot gilt auch bezüglich der Faktoren, die die Entscheidung
beeinflussen können, ob das Geschäftslokal des Werbenden aufgesucht wird. Der
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daraus resultierende Informationsbedarf ist um so höher, wenn die konkreten Waren aus
der Werbung nicht ersichtlich sind.
Es liegt eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung vor. Erheblichkeit ist zu bejahen,
wenn die Werbung eine besondere Anreizwirkung entfaltet. Polstermöbel sind in der
Regel teure Einrichtungsgegenstände, so dass ein Rabatt von 25 % eine besondere
Anlockwirkung hat (vgl. die von der Klägerin vorgelegte Entscheidung OLG Karlsruhe
vom 24.10.2007, Az. 6 U 68/07 m.w.N.).
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Der Unterschied zu der Werbung mit einem pauschalen Preisnachlass unter Ausnahme
bereits reduzierter Artikel liegt darin, dass die Unklarheit aus der Werbung in der Form,
wie sie mit der vorliegenden Entscheidung untersagt wird, weit größer ist, weil sie sich
auf den Zeitraum sowie Art und Umfang der Ausnahmen von der pauschalen
Preisreduzierung bezieht. Darauf kann sich der Verbraucher viel weniger einstellen als
auf die Ausnahme der Rabattgewährung für bereits reduzierte Ware, mit der der
Verbraucher in der Regel ohnehin rechnen wird – "was im Preis schon reduziert ist, wird
nicht noch einmal billiger gemacht." Deshalb spielt auch der Hinweis der Beklagten
keine Rolle, in ihrem Geschäft sei jeweils bei der Preisauszeichnung der angebotenen
Möbel vermerkt, soweit die Ausnahme für bereits in Anzeigen und Prospekten
beworbene Ware gelten solle.
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Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von 189,00 € ergibt
sich aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Der Zinsanspruch ist insoweit aus dem Gesichtspunkt
des Verzuges gerechtfertigt.
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Die weiteren Entscheidungen beruhen auf §§ 92, 269 Abs. 3, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
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