Urteil des LG Duisburg vom 05.06.2007

LG Duisburg: wirtschaftliche tätigkeit, gefährdung, verfügung, auskunft, pauschal, zusage, entschuldigung, periode, gestatten, auflage

Landgericht Duisburg, 7 T 57/07
Datum:
05.06.2007
Gericht:
Landgericht Duisburg
Spruchkörper:
7. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 T 57/07
Vorinstanz:
Amtsgericht Duisburg, 61 IN 106/02
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Schuldners gegen den Beschluss des
Amtsgericht Duisburg vom 07. März 2007 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Schuldner
auferlegt.
Wert des Beschwerdeverfahrens: 103.298,85 €.
G r ü n d e :
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I.
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Mit Antrag vom 29.07.2002 (GA 19) beantragte der Schuldner im vorliegenden
Insolvenzverfahren die Erteilung der Restschuldbefreiung.
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Mit Beschluss vom 15.08.2002 (GA 28) wurde sodann das Insolvenzverfahren über das
Vermögen des Schuldners eröffnet. Zum Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt X
bestimmt.
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Im Schlussbericht vom 22.10.2003 (GA 111) verwies der Insolvenzverwalter darauf,
dass der Schuldner, der im Jahr 2003 von April bis Dezember 2003 als Bodenverleger
tätig war, auch auf mehrfache Aufforderung keine Angaben zu seinen Einkünften
gemacht habe. Erst auf eine gerichtliche Auflage vom 05.01.2004 (GA 137), mit der dem
Schuldner die Vorführung angedroht wurde, teilte dieser dem Insolvenzverwalter am
18.01.2004 mit, welche Einkünfte er im Jahr 2003 erzielt hatte.
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Im Jahr 2004 nahm der Schuldner eine gewerbliche Tätigkeit im Bereich der
Bodenverlegung auf. Nachdem der Schuldner zunächst monatliche
Einzelauswertungen vorlegte, verständigten sich dieser und der Insolvenzverwalter
darauf, dass jeweils eine Quartalsabrechnung erfolgen solle und dass der Schuldner
entsprechend pfändbares Einkommen an ihn abzuführen habe (GA 184). Auch auf
mehrfache Aufforderung des Insolvenzverwalters (GA 185 f.) kam der Schuldner seinen
Zahlungsverpflichtungen nicht nach. Auch legte er, nachdem er sich gegen die
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Berechnungen wandte, auf Aufforderung keinerlei Belege vor, obwohl er dies etwa nach
Rücksprache mit der zuständigen Rechtspflegerin etwa am 29.09.2004 persönlich
zusagte (GA 189). Erst am 10.01.2005 legte der Schuldner Belege über seine weitere
wirtschaftliche Tätigkeit vor und begründete mit Schriftsatz vom 26.06.2006 im
Versagungsantragsverfahren vollständig, warum pfändbares Einkommen des
Schuldners, das dieser abzuführen habe, nicht vorhanden sei.
Im Schlusstermin vom 17.November 2005 (GA 322) beantragte die Beteiligte zu 1. die
Versagung der Restschuldbefreiung. Den Antrag begründete sie zunächst damit, dass
der Schuldner für die Jahr 2000 und 2001 keine Steuererklärungen erstellt habe, was
den Tatbestand des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfülle. Zudem sei dieser auch seinen
Mitwirkungspflichten im Sinne des § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO bei der Mitteilung des
pfändbaren Einkommens nicht hinreichend nachgekommen.
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Im Versagungsantragsverfahren verwies der Schuldner insbesondere darauf, dass er
seinen Zahlungsverpflichtungen, soweit pfändbares Einkommen vorhanden gewesen
sei, stets nachgekommen sei. Entgegen der Annahme des Insolvenzverwalters habe
sich auch aus der gewerblichen Tätigkeit kein pfändbares Einkommen ergeben.
Schließlich stelle auch das Nichteinreichen von Steuererklärungen keinen Grund dar,
der nach der Rechtsprechung als Versagungsgrund nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO zu
würdigen sei.
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Mit dem angefochtenen Beschluss vom 07. März 2007 (GA 428) hat das Amtsgericht die
Versagung der Restschuldbefreiung ausgesprochen. Das Gesamtverhalten des
Schuldners lasse nur den Schluss zu, dass er seinen Mitwirkungspflichten im Sinne des
§ 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO nicht nachgekommen sei. So habe der Schuldner zum Teil über
Monate trotz mehrfacher Aufforderung, zum Teil auch erst nach Androhung von
Zwangsmitteln, Angaben zu seinen Einkünften aus nicht selbständiger Tätigkeit für
2003 gemacht. Auch die Angaben zu seiner gewerblichen Tätigkeit seien erst nach
Monaten und mehrfachen Aufforderungen nachvollziehbar und belegt vorgetragen
worden.
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Dass hierdurch wegen des Nichtvorliegens weiterer pfändbarer Beträge keine
Schädigung der Gläubiger eingetreten sei, sei unerheblich, weil das Verhalten des
Schuldners jedenfalls geeignet gewesen sei, die Gläubigerinteressen nachhaltig zu
gefährden.
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Hiergegen wendet sich der Schuldner mit seiner sofortigen Beschwerde vom
15.03.2007 (GA 438). Er verweist insbesondere darauf, dass die Verstöße des
Schuldners in der "Frühzeit" des Insolvenzverfahrens nicht geeignet seien, die
Versagung der Restschuldbefreiung zu begründen. Das Insolvenzgericht habe auch
unberücksichtigt gelassen, dass es wegen der zunächst parallel laufenden
Insolvenzverfahren zum Teil zu Zuordnungs- und Zustellungsproblemen im Rahmen
des Schriftverkehrs gekommen sei. Zudem sei die steuerliche Problematik des
Neumasseerwerbs vom Insolvenzgericht nicht hinreichend gewürdigt. In diesem Bereich
habe auch seinerzeit erhebliche Rechtsunsicherheit bestanden, was aber nicht dem
Schuldner angelastet werden könne. Schließlich sei dem gewerblich tätigen Schuldner
auch im Rahmen der Wohlverhaltsphase zu gestatten, Schwankungen seines
Einkommens zum Ende der Periode auszugleichen.
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Mit Beschluss 30.04.2007 (GA 453) hat das Amtsgericht die Akten nach Ablehnung der
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Abhilfe zur Entscheidung vorgelegt.
II.
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Die gemäß § 296 Abs.3 InsO statthafte und im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde
des Schuldners hat in der Sache keinen Erfolg und ist deshalb zurückzuweisen. Das
Amtsgericht hat zu Recht auf Antrag der Beteiligten zu 1. die Versagung der
Restschuldbefreiung nach § 296 Abs. 1 InsO ausgesprochen, weil das Verhalten des
Schuldners im Insolvenzverfahren eine Verletzung von Mitwirkungspflichten nach § 290
Abs. 1 Nr. 5 InsO erfüllt.
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Zur Vermeidung von Wiederholungen wird zunächst auf die umfassenden und
zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug
genommen, die sich die Kammer in vollem Umfang zu Eigen macht.
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Die Einwendungen der Beschwerdebegründung stehen dem nicht entgegen:
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Grundsätzlich hat der Schuldner im Insolvenzverfahren umfassende Auskunfts- und
Mitwirkungspflichten. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass von einem Schuldner, der
von seinen Verbindlichkeiten befreit werden will, erwartet werden könne, dass er seine
Vermögensverhältnisse offen legt, alle vorhandenen Auskünfte erteilt und sich auf
Anordnungen des Insolvenzgerichts jederzeit zur Verfügung hält (vgl. Stephan in
Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, § 290 Rn. 71 mit weiteren Nachweisen).
Zutreffend ist deshalb das Amtsgericht davon ausgegangen, dass auch gerade das
Verhalten des Schuldners in den Jahren 2003 und 2004, nämlich insbesondere die
verspätete Angabe zu Einkünften des Schuldners als Verletzung von
Mitwirkungspflichten Berücksichtigung finden muss. Denn die spätere Erteilung von
Auskünften kann den einmal eingetretenen Verstoß gegen Mitwirkungspflichten nicht
rückwirkend "heilen".
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Der Annahme des Versagungsgrundes nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO steht auch nicht
entgegen, dass wegen des Fehlens von pfändbaren Einkünften des Schuldners eine
konkrete Schädigung der Gläubiger nicht eingetreten ist. Für den Versagungsgrund des
Nr. 5 ist es unerheblich, ob sich die Pflichtverletzung zum Nachteil des Gläubigers
ausgewirkt hat. Eine Gefährdung der Gläubigerrechte ist, anders als in Nr. 2 und Nr. 4,
kein Tatbestandsmerkmal. Die Auskunft und Mitwirkung des Schuldners ist ein
wesentliches Element zur Erreichung seiner Ziele des Insolvenzverfahrens. Ihre
Verletzung indiziert immer eine erhebliche Gefährdung der Gläubigeransprüche (vgl.
Münchener Kommentar a.a.O. Rn. 74 mit weiteren Nachweisen).
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Soweit der Schuldner pauschal geltend macht, es sei zunächst wegen der parallelen
Führung von zwei Insolvenzverfahren zu Verzögerungen gekommen, ist sein
Vorbringen ebenfalls unbeachtlich. Im Hinblick auf die konkreten Ausführungen des
Amtsgerichts wäre der Schuldner vielmehr gehalten gewesen, im Einzelnen darzutun,
wann er den jeweiligen Aufforderungen des Insolvenzverwalters konkret
nachgekommen sein will und wann diesen Sendungen – durch den Schuldner
unverschuldet – nicht rechtzeitig erreicht haben.
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Entsprechendes gilt, soweit der Schuldner geltend gemacht, dass die steuerrechtliche
Bewertung seiner neu aufgenommenen gewerblichen Tätigkeit letztlich schwierig zu
klären gewesen sei. Auch insoweit ergibt sich keine Entschuldigung dafür, warum der
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Schuldner trotz mehrfacher Aufforderung durch den Insolvenzverwalter und eigener
persönlicher Zusage beim Insolvenzgericht nicht zumindest Belege über seine
gewerbliche Tätigkeit eingereicht und vorläufige Auskünfte erteilt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, § 4 InsO.
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