Urteil des LG Düsseldorf vom 28.10.2003

LG Düsseldorf: gebrauchsmuster, stand der technik, eigenes verschulden, rechnungslegung, zivilprozessordnung, spielzeug, gerichtsakte, auskunftserteilung, zusammenwirken, bestandteil

Landgericht Düsseldorf, 4a O 382/02
Datum:
28.10.2003
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
4a. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4a O 382/02
Tenor:
I.
Die Beklagten werden verurteilt,
1.
es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht
festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, - ersatzweise
Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle
wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, zu
vollziehen an dem Beklagten zu 2., zu unterlassen,
Spielfahrzeuge mit einer verschwenkbaren Ladeschaufel
in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen
oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder
zu besitzen,
bei denen die Ladeschaufel derart an einem hochschwenkbaren Ge-
stänge angeordnet ist, dass der vordere Abschnitt des Gestänges ein
Schwenklager für die Ladeschaufel aufweist, dass ein Ladeschaufel-
Schwenkgestänge mit seinem vorderen Ende über ein Schwenklager
mit der Ladeschaufel und mit seinem hinteren Ende mit dem Mittelab-
schnitt eines Schwenkhebels verbunden ist, wobei der Schwenkhebel in
seinem unteren Abschnitt an dem Gestänge derart schwenkbar ge-lagert
ist, dass er unter Überwindung eines Totpunktes in eine erste hintere
Endlage schwenkbar ist, in der die Ladeschaufel in ihrer Öff-nung nach
oben und in eine zweite vordere Endlage verschwenkbar ist, in der die
Ladeschaufel mit ihrer Öffnung nach unten verschwenkt ist;
2.
der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang sie die zu
1. bezeichneten Handlungen seit dem 30. Mai 1998 begangen ha-ben,
und zwar unter Angabe
a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse sowie der
Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und an-derer
Vorbesitzer,
b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -
zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Na-men und
Anschriften der Abnehmer,
c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -
zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und
Anschriften der Angebotsempfänger,
d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren
Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungs-gebiet,
e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Ge-
stehungskosten und des erzielten Gewinns, der nicht durch Ab-zug von
Fixkosten und variablen Gemeinkosten gemindert ist, es sei denn, diese
könnten ausnahmsweise den zu 1. bezeich-neten Erzeugnissen
unmittelbar zugeordnet werden.
II.
Es wird festgestellt,
dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Kläge-rin
allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I.1. bezeichneten, seit
dem 30. Mai 1998 begangenen Handlungen entstanden ist und noch
entstehen wird.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamt-
schuldner auferlegt.
IV.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 250.000,- Euro
vorläufig vollstreckbar.
Die Sicherheit kann auch durch die unbedingte Bürgschaft einer in der
Europäischen Union ansässigen, als Zoll- und Steuerbürgin zugelas-
senen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin des am 10. Januar 1998
angemeldeten deutschen Gebrauchsmusters #### (Anlage A1,
nachfolgend: Klagegebrauchsmuster), das am 19. März 1998 eingetragen
und dessen Eintragung am 30. April 1998 veröffentlicht worden ist.
2
Das Klagegebrauchsmuster steht in Kraft.
3
Es betrifft ein Spielfahrzeug mit einer Ladeschaufel.
4
Wegen Verletzung des Klagegebrauchsmusters nimmt die Klägerin die
Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Rechnungslegung und
Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch.
5
Der Schutzanspruch 1 des Klagegebrauchsmusters lautet wie folgt:
6
Spielfahrzeug mit einer schwenkbaren Ladeschaufel,
dadurch
gekennzeichnet
hochschwenkbaren Gestänge (7) angeordnet ist, dass der vordere
Abschnitt (10) des Gestänges (7) ein Schwenklager (8) für die
Ladeschaufel (5) aufweist, dass ein Ladeschaufel-Schwenkgestänge
(12) mit seinem vorderen Ende über ein Schwenklager (11) mit der
Ladeschaufel (5) und mit seinem hinteren Ende mit dem Mittelabschnitt
(16) eines Schwenkhebels (15) verbunden ist, wobei der Schwenkhebel
(15) in seinem unteren Abschnitt (18) an dem Gestänge (7) derart
schwenkbar gelagert ist, dass er unter Überwindung eines Totpunktes in
eine erste hintere Endlage schwenkbar ist, in der die Ladeschaufel (5)
mit ihrer Öffnung (34) nach oben und in eine zweite vordere Endlage
verschwenkbar ist, in der die Ladeschaufel (5) mit ihrer Öffnung (34)
nach unten verschwenkt ist.
7
Die nachfolgend verkleinert wiedergegebene Zeichnung stammt aus der
Klagegebrauchsmusterschrift und dient zur Erläuterung der Erfindung
anhand eines Ausführungsbeispiels. Sie zeigt eine Seitenansicht des
vorderen Fahrzeugteils mit der Ladeschaufel in verschiedenen
Schwenkpositionen.
8
Die Beklagte zu 1., deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2. ist, bietet an
"Bz"
optional mit einem Frontlader ausgerüstet sind. Die Klägerin hat ein
Exemplar eines solchen Spielzeugtraktors als Anlage A7 zur Gerichtsakte
gereicht, auf das Bezug genommen wird. Auf zwei von der Klägerin
vorgelegten Lichtbildern (Anlagen A8 und A9) ist der Frontlader des
Spielzeugtraktors wie folgt abgebildet:
9
Die Klägerin sieht in dieser von ihr angegriffenen Ausführungsform eine
unberechtigte Benutzung des Klagegebrauchsmusters.
10
Die Klägerin beantragt,
11
zu erkennen, wie geschehen.
12
Die Beklagten beantragen,
13
die Klage abzuweisen.
14
Sie bestreiten den Verletzungsvorwurf und wenden zudem ein, die Lehre
des Klagegebrauchsmusters sei gegenüber dem deutschen
Gebrauchsmuster #### (Anlage E1) und dem deutschen Gebrauchsmuster
#### (Anlage E2) nicht neu, jedenfalls beruhe sie nicht auf einem
erfinderischen Schritt.
15
Die Klägerin tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.
16
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen
Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zur Gerichtsakte gereichten
Anlagen verwiesen.
17
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
18
Die Klage hat Erfolg.
19
Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung,
Auskunftserteilung, Rechnungslegung und Schadensersatz nach den
Paragraphen 11 Absatz 1, 12a, 24 Absatz 1 und 2, 24b Absatz 1 und 2 des
Gebrauchsmustergesetzes und den Paragraphen 242, 259, 421 des
deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches zu, weil der Gegenstand des
Klagegebrauchsmusters schutzfähig ist und die Beklagten mit der
angegriffenen Ausführungsform die Lehre des Klagegebrauchsmusters
unberechtigt benutzen.
20
I.
21
Das Klagegebrauchsmuster betrifft ein Spielzeugfahrzeug mit einer
verschwenkbaren Ladeschaufel.
22
Wie das Klagegebrauchsmuster in seinem allgemeinen Beschreibungsteil
einleitend ausführt, geben derartige, beispielsweise in Form eines Traktors
mit Ladeschaufel ausgebildete Spielzeugfahrzeuge neben der
grundsätzlichen Spielmöglichkeit durch den Ladevorgang für Schüttgüter
einen zusätzlichen Spielanreiz.
23
Dem Klagegebrauchsmuster liegt daher das technische Problem (die
Aufgabe) zugrunde, ein Spielfahrzeug der in Betracht stehenden Art so
auszugestalten, dass es vom äußeren Erscheinungsbild realen derartigen
24
Fahrzeugen möglichst nahekommt, die Ladeschaufel gleichwohl aber bei
stabiler Ausgestaltung einfach betätigt und gehandhabt werden kann.
Zur Lösung des Problems schlägt das Klagegebrauchsmuster in seinem
Schutzanspruch 1 ein Spielzeugfahrzeug mit folgenden Merkmalen vor:
25
1.
26
Es handelt sich um ein Spielfahrzeug mit einer verschwenkbaren
Ladeschaufel;
27
2.
28
die Ladeschaufel ist an einem hochschwenkbaren Gestänge (7)
angeordnet;
29
3.
30
der vordere Abschnitt (10) des hochschwenkbaren Gestänges (7) weist
ein Schwenklager (8) für die Ladeschaufel (5) auf;
31
4.
32
ein Ladeschaufel-Schwenkgestänge (12) ist
33
a)
34
mit seinem vorderen Ende über ein Schwenklager (11) mit der
Ladeschaufel (5) verbunden und
35
b)
36
mit seinem hinteren Ende mit dem Mittelabschnitt (16) eines
Schwenkhebels (15) verbunden;
37
5.
38
der Schwenkhebel (15) ist mit seinem unteren Abschnitt (18) an dem
hochschwenkbaren Gestänge (7) schwenkbar gelagert, und zwar
derartig,
39
a)
40
dass er unter Überwindung eines Totpunkts in eine erste hintere
Endlage schwenkbar ist, in der die Ladeschaufel (5) mit ihrer Öffnung
(34) nach oben verschwenkt ist, und
41
b)
42
dass er in eine zweite vordere Endlage verschwenkbar ist, in der die
Ladeschaufel (5) mit ihrer Öffnung (34) nach unten verschwenkt ist.
43
Diese Ausgestaltung - so das Klagegebrauchsmuster in seiner allgemeinen
Beschreibung weiter - eröffnet dem Kind sehr interessante
Spielmöglichkeiten, indem die Ladeschaufel endlagenstabil gemacht wird
und insbesondere im hochgeschwenkten Zustand mit dem darin
befindlichen Schüttgut mit dem Fahrzeug gefahren werden kann, ohne dass
die Ladeschaufel gesondert gehalten werden muss.
44
II.
45
Das Klagegebrauchsmuster, dessen gewerbliche Anwendbarkeit zwischen
den Parteien zutreffend außer Streit steht, erfüllt die in den Paragraphen 1
und 3 des Gebrauchsmustergesetzes niedergelegten Voraussetzungen des
Gebrauchsmusterschutzes.
46
1.
47
Der Gegenstand des Klagegebrauchsmusters ist in der Gesamtheit seiner
Merkmale weder durch das deutsche Gebrauchsmuster #### (Anlage E1)
noch durch das deutsche Gebrauchsmuster #### (Anlage E2) bekannt und
daher als neu anzusehen.
48
a)
49
Das deutsche Gebrauchsmuster #### offenbart einen Spielzeug-
Schaufellader mit einer kippbaren, als Schürfkübel (3) bezeichneten
Ladeschaufel. Um den Schürfkübel und dessen Hebewerk zu bewegen,
verfügt der Schaufellader über eine Parallelogramm-Führung, die aus
Hebearmen (5‘, 5‘‘), Steuerarmen (11‘, 11‘‘) und Parallellenkern (14‘, 14‘‘)
besteht. Zum Anheben des Schürfkübels dient eine über einen Hebel (24)
zu betätigende Arretierkulisse (16), an der sich ein Arretierwinkel (17)
befindet, der mit einer Arretiernase (15) am Hebearm (5) zusammenwirkt.
Wird die Arretierkulisse (16) über den mit ihr verbundenen Hebel (24)
betätigt, gleitet zunächst der Arretierwinkel (17) mit seiner schrägen Kante
an der Arretiernase (15) entlang, wodurch der Schürfkübel (3) gehoben wird.
Nach einer Über-Totpunkt-Stellung rastet die Arretiernase (15) an der
steilen Kante des Arretierwinkels (17) federnd ein. Dadurch wird eine feste
Arretierung des Hebearms erzielt. Zum Verschwenken des Schürfkübels (3)
dient ein Kipphebel (25), der mit einem Steuerarm (11) fest, vorzugsweise
einstückig verbunden ist.
50
Entgegen dem Merkmal 4.b) des Klagegebrauchsmusters ist der als
Kipphebel (25) bezeichnete Schwenkhebel nicht mit einem in der Vertikalen
mittleren Abschnitt an den als Parallellenker (14) bezeichneten
Schwenkhebel angelenkt. Wie sich aus dem Merkmal 5 des
Klagegebrauchsmusters ergibt, nach dem der Schwenkhebel in einem
weiteren, nämlich unteren Abschnitt an dem hochschwenkbaren Gestänge
gelagert ist, liegt den in den Merkmalen 4b) und 5. bezeichneten
Abschnitten des Schwenkhebels eine vertikale Betrachtung zugrunde. Über
unterschiedlich vertikale Abschnitte verfügt der Kipphebel (25) bei dem
deutschen Gebrauchsmuster #### nicht. Er ist stangenförmig ausgebildet
51
und horizontal verlaufend angeordnet.
Der Kipphebel (25) ist nicht unmittelbar, sondern über einen an ihm
angelenkten Steuerarm (11) nicht mit dem als Hebearm (5) bezeichneten
schwenkbaren Gestänge verbunden. Selbst wenn man - wie die Beklagten -
den Steuerarm (11) als Bestandteil des Kipphebels (25) erachtet, ist dieses
zusammengesetzte Bauteil nicht in einem unteren Abschnitt, sondern in
einer Mittellage an dem Hebearm (5) angelenkt. Der untere Abschnitt des
Steuerarms greift mit einem Steuerzapfen (21) in den länglichen Schlitz (20)
eines Schlitzarmes (19) hinein, der einer in der Arretierkulisse (16)
verschiebbaren Steuerstange (18) zugehörig ist.
52
Dafür, dass es zum Schwenken des Kipphebels in eine erste hintere
Endlage, in welcher der Schürfkübel mit seiner Öffnung nach oben
verschwenkt ist, der Überwindung eines Totpunktes bedarf, findet sich in
dem entgegengehaltenen Gebrauchsmuster kein Hinweis. Vielmehr führt
das Gebrauchsmuster zu seinem in der Figur 4 wiedergegebenen
Ausführungsbeispiel aus, dass beim Anheben der Vorrichtung die flache
Kante des Arretierwinkels (17) im Zusammenwirken mit der Arretiernase
(15) des Hebearmes einerseits und der Steuerstange (18) mit dem
Schlitzarm (19) und dem Steuerzapfen (21) ein weiteres Verschwenken des
Schürfkübels nach dem Erreichen einer Stellung, in der die Oberkante des
Schürfkübels etwa waagerecht steht, verhindert, so dass der Schürfkübel in
der angehobenen Stellung waagerecht verbleibt und nicht nach hinten
überkippt (Anlage E1, Seite 6, Zeile 25 bis Seite 7, Zeile 2).
53
Durch das deutsche Gebrauchsmuster #### werden die Merkmale 4.b), 5.
und 5.a) des Klagegebrauchsmusters nicht vorweggenommen.
54
b)
55
Das deutsche Gebrauchsmuster #### zeigt einen Spielzeug-Schaufellader
mit einer Schaufel (4), die über ein Gestänge (3) heb- und senkbar ist. Das
Gestänge setzt sich aus einem jeweils doppelarmig ausgebildeten Hub- (8)
und Halteteil (9) zusammen. Die beiden Arme des Hubteils sind an zwei mit
Seitenabstand an der Unterseite der Schaufel angeordnete Führungsstücke
(13) schwenkbeweglich angelenkt. Zur Lagerung der Arme des Halteteils
weisen die beiden Führungsstücke jeweils einen Führungsschlitz (15) auf,
an denen sie durch nach außen gerichtete Lageransätze (16) verschiebbar
geführt sind. Im Bereich ihrer oberen Enden verfügen die Führungsschlitze
über eine elastisch verformbare, ihren Querschnitt vermindernde Rastsperre
(17). Der oberhalb der Rastsperre verbleibende Raum ist so bemessen,
dass die Lageransätze hierin mit möglichst wenig Spiel gerade noch Platz
finden.
56
Beim Überführen der Schaufel in die Schürf- bzw. Ladestellung rücken die
Lageransätze des Halteteils unter Überwindung der elastisch verformbaren
Rastsperre in den oberhalb der Rastsperre verbleibenden Abschnitt der
Führungsschlitze ein. In dieser Stellung ist das Halteteil arretiert. Es hält die
Schaufel in der Schürf- bzw. Ladestellung.
57
Wird das Gestänge zum Anheben der Schaufel über einen Handhebel (18),
der eine Verlängerung eines Armes des Hubteils bildet, betätigt, verändern
die Führungsschlitze ihre Richtung. Bei etwa horizontaler Stellung des Hub-
bzw. Halteteils steht der Führungsschlitz etwa senkrecht. Wird die Schaufel
weiter angehoben, ändert sich die Richtung des Führungsschlitzes
entsprechend und verläuft nun von rechts unten nach links oben. Hierdurch
verändert sich das ursprünglich im Schaufel-Gestänge-System vorhandene
stabile Gleichgewicht in ein labiles Gleichgewicht. Ein Kippen der Schaufel
wird allein noch durch die Rastsperre verhindert. In Abhängigkeit von ihrer
Elastizität und Größe lässt die Rastsperre die Lageransätze erst dann
durchtreten, wenn die im Kippsinn wirksame Kraftkomponente kurz vor oder
bei Erreichen der maximalen Hubhöhe sprunghaft ansteigt.
58
Entgegen dem Merkmal 4.b) des Klagegebrauchsmusters ist der als
Handhebel (18) bezeichnete Schwenkhebel nicht an einem Ladeschaufel-
Schwenkgestänge angelenkt. Bei dem Handhebel handelt es sich um eine
Verlängerung eines Arms von dem hochschwenkbaren Gestänges, das in
dem entgegengehaltenen Gebrauchsmuster als Hubteil (8) bezeichnet wird.
59
Mit diesem Hubteil ist der Handhebel nicht schwenkbar, sondern fest
angeformt verbunden.
60
Die Ladeschaufel wird nicht durch das Verschwenken des Handhebels in
eine zweite vordere Endlage, sondern dadurch mit ihrer Öffnung nach unten
verschwenkt, dass die Rastsperre der im Kippsinn auf der Schaufel
lastenden Kraftkomponente nicht mehr entgegenwirken zu vermag,
woraufhin die Lageransätze des Halteteils aus dem oberhalb der Rastsperre
gelegenen Abschnitt der Führungsschlitze herausgleiten.
61
Durch das deutsche Gebrauchsmuster #### werden die Merkmale 4.b), 5.
und 5.b) des Klagegebrauchsmusters nicht offenbart.
62
2.
63
Ausgehend von diesem entgegengehaltenen Stand der Technik beruht der
Gegenstand des Klagegebrauchsmusters auf einen erfinderischen Schritt.
64
Weder das deutsche Gebrauchsmuster #### und auch nicht das deutsche
Gebrauchsmuster #### lehrt dem Fachmann, zum Verschwenken der
Ladeschaufel einen Schwenkhebel zu benutzen, dessen Mittelabschnitt mit
dem hinteren Ende eines Ladeschaufel-Schwenkgestänges verbunden und
dessen unterer Abschnitt an einem hochschwenkbaren Gestänge derart
gelagert ist, dass der Schwenkhebel unter Überwindung eines Totpunkts in
eine erste hintere Endlage schwenkbar ist, in der die Ladeschaufel mit ihrer
Öffnung nach oben verschwenkt ist und dass er in eine zweite vordere
Endlage verschwenkbar ist, in der die Ladeschaufel mit ihrer Öffnung nach
unten verschwenkt ist.
65
Ohne Erfolg machen die Beklagten zu diesem technischen Prinzip geltend,
hierbei handele es sich um für den Fachmann allgemein bekanntes Wissen.
Denn sie haben nicht dargetan, woher dem Fachmann dieses Wissen
66
zugänglich ist und warum er dazu angeleitet sein soll, auf dieses Wissen bei
der Lösung der dem Klagegebrauchsmuster zugrundeliegenden Aufgabe
zurückzugreifen.
Die vom Klagegebrauchsmuster aufgezeigte Verwendung des
Schwenkhebels hat den erfindungsgemäßen Vorteil, dass sie ein Betätigen
von Ladeschaufeln an Spielfahrzeugen vereinfacht, indem sie auf
besondere Haltevorrichtungen, wie Arretiernasen und Rastsperren
verzichtet, gleichwohl aber eine sichere Festlegung der Ladeschaufel mit
ihrer Öffnung nach oben ermöglicht, was es dem spielenden Kind
ermöglicht, das Spielfahrzeug mit dem aufgenommenen Stückgut zu
verfahren, ohne dass die Ladeschaufel gesondert gehalten werden muss.
Hierdurch werden dem Kind zusätzliche Spielmöglichkeiten eröffnet.
67
III.
68
Eine Benutzung des Klagegebrauchsmusters haben die Beklagten zwar
bestritten, allerdings nicht erläutert, warum die angegriffene
Ausführungsform von der Lehre des Klagegebrauchsmusters keinen
Gebrauch machen soll.
69
Auch wenn die Beklagten das Klagevorbringen zum Verletzungstatbestand
nicht im Sinne des Paragraphen 138 Absatz 3 der deutschen
Zivilprozessordnung zugestanden haben sollten, ist ihr hiergegen
gerichtetes Bestreiten jedenfalls unspezifiziert und daher unter
Darlegungsgesichtspunkten unbeachtlich.
70
IV.
71
Aus der Verletzung des Klagegebrauchsmusters ergeben sich folgende
Rechtsfolgen:
72
1.
73
Da die Beklagten den Gegenstand des Klagegebrauchsmusters
rechtswidrig benutzt haben, sind sie der Klägerin zur Unterlassung
verpflichtet, Paragraph 24 Absatz 1 des Gebrauchsmustergesetzes.
74
2.
75
Außerdem kann die Klägerin von den Beklagten nach dem Paragraphen 24
Absatz 2 des Gebrauchsmustergesetzes und dem Paragraphen 421 des
deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches Schadensersatz verlangen. Denn
als Fachunternehmen hätten die Beklagten die Gebrauchsmusterverletzung
bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest
erkennen können, Paragraph 276 des deutschen Bürgerlichen
Gesetzbuches. Da es überdies hinreichend wahrscheinlich ist, dass der
Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein
Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert
werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden
Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im Einzelnen kennt, ist
76
ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der
Schadensersatzver-pflichtung anzuerkennen, Paragraph 256 der deutschen
Zivilprozessordnung.
3.
77
Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden
Schadensersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten ihr gegenüber zur
Rechnungslegung verpflichtet, Paragraphen 242, 259 des deutschen
Bürgerlichen Gesetzbuches. Denn die Klägerin sind auf die zuerkannten
Angaben angewiesen, über welche sie ohne eigenes Verschulden nicht
verfügt und die Beklagten werden durch die von ihnen verlangten Auskünfte
nicht unzumutbar belastet.
78
4.
79
Gemäß Paragraph 24b des Gebrauchsmustergesetzes haben die Beklagten
über den Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu
erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschriften geschuldeten Angaben sind
in der Urteilsformel zu I.2. mit den Angaben zusammengefasst, welche zum
Zwecke der Rechnungslegung vorzunehmen sind.
80
V.
81
Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 91 Absatz 1, 100
Absatz 4 der deutschen Zivilprozessordnung.
82
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den
Paragraphen 709, 108 der deutschen Zivilprozessordnung.
83
VI.
84
Der Streitwert wird auf 250.000,- Euro festgesetzt.
85