Urteil des LG Düsseldorf vom 16.03.2001

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Landgericht Düsseldorf, 25T59_01
Datum:
16.03.2001
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
25T59_01
Tenor:
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der
Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Langenfeld
vom 18. September 2000 dahingehend abgeändert wird, dass die
angeblichen Rechte der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin,
insbesondere die Nutzungsrechte aus der Registrierung der hier von der
Drittschuldnerin erteilten Domain X nach Maßgabe des mit der
Drittschuldnerin geschlossenen Vertrages, sowie das Recht auf
Verlängerung der Domain-Registrierung, nur so lange gepfändet
werden, bis der Anspruch der Gläubigerin gedeckt ist.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Schuldnerin
auferlegt.
Die Gläubigerin hat am 18. September 2000 einen Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss gegen die Schuldnerin erwirkt, mit dem die angeblichen
Rechte der Schuldnerin, insbesondere Nutzungsrechte aus der Registrierung der ihr
von der X erteilten Domain X nach Maßgabe des mit der Drittschuldnerin
geschlossenen Vertrages sowie das Recht auf Verlängerung der Domainregistrierung,
gepfändet und der Gläubigerin zur Einziehung überwiesen worden sind. Der der
Pfändung zugrunde liegende Titel besteht in dem Vollstreckungsbescheid des
Amtsgerichts Stuttgart vom 21. Juli 2000 - Aktenzeichen 00-01684473-0-5, aus dem sich
eine Forderung der Gläubigerin in Höhe von 70.162,08 DM ergibt.
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Die Schuldnerin hat gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss Erinnerung
eingelegt, welcher die Gläubigerin entgegengetreten ist.
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Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht -Richter - Langenfeld die
Erinnerung zurückgewiesen. Der Amtsrichter hat ausgeführt, dass es sich bei der
gepfändeten Domain um ein anderes Vermögensrecht im Sinne des § 857 Abs. 1 ZPO
handele und die Schuldnerin durch die Vollstreckungsmaßnahme auch nicht in ihrem
Namensrecht verletzt werde.
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Gegen diese Entscheidung hat die Schuldnerin rechtzeitig sofortige Beschwerde
eingelegt.
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Die Gläubigerin beantragt, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss mit der
Maßgabe aufrechtzuerhalten, dass die Rechte der Schuldnerin aus der Registrierung
der ihr von der X erteilten Domain X so lange gepfändet werden, bis ihr Anspruch
gedeckt ist.
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Auf diesen Schriftsatz hat die Schuldnerin nicht reagiert.
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Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 793 Abs. 1, 577 Abs. 2 Satz 1 ZPO), in der
Sache jedoch nicht begründet.
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Entgegen der Auffassung der Schuldnerin handelt es sich bei der gepfändeten Domain
um ein anderes Vermögensrecht im Sinne von § 857 Abs. 1 ZPO.
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Pfändbar sind danach selbständige Vermögensrechte, d.h. geldwerte Rechte.
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Eine Internetdomain (Adresse zur Nutzung im Internet) ist veräußerlich und damit als
Vermögensrecht nach § 857 ZPO pfändbar (LG Essen JurBüro 2000, 213; Zöller-
Stöber, ZPO, 22. Aufl. § 857 Rn. 12 c; Schneider ZAP 14, 355).
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Zunächst wird dargestellt, worum es sich bei einer Internetdomain handelt.
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Das Internet besteht aus einem Netzwerk von Tausenden von unabhängigen
Netzwerken, die ihrerseits aus mehreren Millionen sogenannten Host-Computern
bestehen. Wenn zwei Computer miteinander kommunizieren wollen, so müssen sie den
jeweils anderen identifizieren können. Internetbenutzer, die eine Verbindung zwischen
den an das Internet angeschlossenen Computern aufbauen wollen, benötigen daher
eine eindeutige Zieladresse, um die Verbindung zum angerufenen Computer
herzustellen und die zur Verfügung gestellten Dienste abzurufen. Für die Computer
selbst wurde zur weltweiten eindeutigen Identifizierung im Internet eine numerische
Adresse eingeführt. Für die Menschen wurde ein System geschaffen, das es ermöglicht,
den an das Internet angeschlossenen Rechnern statt numerische Adressen, auch IP-
Adressen genannt, logische Namen zuzuordnen. Es entstand das sogenannte Domain-
Name-System, eine weltweit eindeutige und logische Namensstruktur, die jedem an das
Internet angeschlossenen Rechner einen hierarchisch strukturierten Namen zuweist.
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Mit der Eingabe eines Domain-Namens und dem Betätigen der Eingabetaste werden
die dem Domain-Namen zugehörige IP-Adresse durch einen Dekoder ermittelt und die
Verbindung zu dem angewählten Rechner hergestellt.
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Eine Internetdomain setzt sich dabei wenigstens aus einer TOP-Level-Domain und
einer Second-Level-Domain zusammen.
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Die deutsche Vergabestelle für Internetadressen, X, (hier: Drittschuldnerin), vergibt
Second-Level-Domains mit der TOP-Level-Domain "de".
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In fast allen europäischen Ländern gibt es nationale Vergabestellen, die jeweils unter
ihrer nationalen TOP-Level-Domain Second-Level-Domains vergeben. So lautet die
TOP-Level-Domain in z.B. Italien ,,.it", in Österreich ,,.at", in Spanien ".es".
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Die jeweilige TOP-Level-Domain wird ergänzt durch die Second-Level-Domain. Die
Second-Level-Domain kann grundsätzlich frei gewählt werden.
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Der Inhaber einer Internetdomain ist in der Lage, auf seinem Computer ein Programm
(Homepage) zu installieren, zu dem derjenige, der den Computer anwählt, Zugang
erhält. Eine Internet-Domain als Zugangsadresse hat demzufolge ggf. einen hohen
Werbe- und Marktwert.
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Internetdomains können gehandelt, vermietet und abgetreten werden. Gründe, die
gegen eine grundsätzliche Pfändbarkeit sprechen, sind nicht erkennbar.
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Entgegen dem vom Landgericht München (JurBüro 2000, 595, 596) entschiedenen Fall,
ist vorliegend auch keine Verletzung des Rechtes auf Namensschutz zu erkennen. In
dem von dem Landgericht München entschiedenen Fall bestand die Second-Level-
Domain aus dem Nachnamen des Inhabers der Schuldnerin.
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Bei der Second-Level-Domain X wird lediglich auf die Firma, nicht jedoch den
Geschäftsführer oder sonstige Beteiligte namentlich Bezug genommen.
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Aus § 12 BGB folgt, dass niemandem verwehrt werden kann, sich in redlicher Weise im
Privatleben seines bürgerlichen Namens zu bedienen. Der Geschäftsführer der
Schuldnerin sowie etwaige Gesellschafter sind jedoch nicht gehindert, im Privaten im
Internet tätig zu werden. Lediglich die auf die Firma bezogene Adressfunktion ist durch
die Second-Level-Domain X betroffen.
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Die Beschwerde war daher mit der Maßgabe des geänderten Antrages der Gläubigerin
zurückzuweisen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
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