Urteil des LG Düsseldorf vom 01.02.2005

LG Düsseldorf: geschäftsführer, erwerb, börse, unternehmen, firma, vermögensverwalter, papiere, verjährung, geschäftsbeziehung, vermögensverwaltungsvertrag

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Landgericht Düsseldorf, 7 O 164/03
01.02.2005
Landgericht Düsseldorf
7. Zivilkammer
Urteil
7 O 164/03
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 49.428,83 EUR nebst Zinsen
in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 26.6.2003 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 84 % und der
Beklagte 16 %.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils
zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Pflichtverletzungen im
Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrages.
Die Klägerin ist eine selbständige Versicherungsmaklerin. Sie schloss mit der X am
30.09.1998 einen Vermögensverwaltungsvertrag ab (Bl. 17 ff GA), der später auf die
Beklagte, die X, übertragen wurde.
In dem Vertrag verpflichtete sich die Beklagte, das Vermögen der Klägerin nach der
gemeinsam besprochenen Anlagepolitik nach freiem Ermessen zu verwalten. In dem
Erhebungsbogen zum individuellen Anlageverhalten (Bl. 20 GA) hatte die Klägerin ihre
Risikobereitschaft als "renditeorientiert" angegeben (Risikoklasse C). Die Beklagte war
ferner berechtigt, 100% des betreuten Vermögens in Aktien anzulegen und Nebenwerte zu
erwerben (Bl. 21 GA).
In dem Verwaltervertrag war außerdem vereinbart, dass eine Kontoüberziehung mangels
anderweitiger Abreden nur insoweit gestattet sei, als diese durch abrechnungstechnisch
bedingte, zeitliche Buchungsunterschiede entstanden sei.
Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte die Klägerin bereits ein Wertpapierdepot mit
Aktien mit einem Wert von 260.564,32 DM.
Die Klägerin schloss mit der X einen Konto-/Depotvertrag unter Einschluss eines
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Vermögensverwalters ab (Bl. 22 GA). Über dieses Konto sollte die Beklagte die
Aktienkäufe abwickeln.
Ferner nahm die Klägerin bei der X ein Effektendarlehen mit einem Kreditrahmen von bis
zu 100.000,00 DM zum Erwerb von Wertpapieren auf (Bl. 25 GA). Der Kreditrahmen war
begrenzt durch den Beleihungswert von 50% der in dem Depot befindlichen Wertpapiere.
Die Klägerin durfte demnach ihr Konto bis zum hälftigen Kurswert der Wertpapiere, die der
X als Sicherheit verpfändet wurden, überziehen. Die X behielt sich vor, einzelne
Wertpapiere von der Beleihbarkeit auszuschließen.
Die Höchstgrenze wurde am 01.12.1999 auf Antrag der Klägerin auf 200.000,00 DM erhöht.
Die Beklagte erwarb in der Folgezeit für die Klägerin Aktien, zunächst hauptsächlich Aktien
der X. Dabei handelt es sich um ein Unternehmen, das sich an anderen Unternehmen,
insbesondere aus Staaten des ehemaligen Ostblocks, beteiligt. Der Geschäftsführer der
Beklagten ist an der X mit der Mehrheit der Anteile beteiligt. Dies wusste die Klägerin nicht.
Die Beklagte erwarb für die Klägerin außerdem Aktien solcher Unternehmen, an denen
wiederum die X beteiligt ist bzw. war.
Am 01.02.2001 teilte die X mit, dass die Papiere der X von der Beleihbarkeit
ausgeschlossen seien und forderte die Klägerin auf, den Kredit wegen der damit
geänderten Beleihungsgrenzen zurückzuführen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich
10.000,00 X Aktien mit einem Wert von 25,00 EUR je Aktie (= 250.000,00 EUR) in ihrem
Depot. Das Konto wies einen Sollsaldo von 208.830,97 DM auf (Bl. 130 GA).
Auf Nachfrage teilte die Beklagte der Klägerin mit, sie solle dem Schreiben der X keine
Beachtung schenken. Nachdem die Klägerin mehrmals zur Rückführung des
Kreditrahmens wegen der fehlenden Beleihbarkeit der X Aktien aufgefordert worden war,
kündigte die Beklagte an, sie werde sich um eine andere Bank bemühen, die das Depot
weiterführen werde.
Mit Schreiben vom 04.03.2002 (Bl. 38 GA) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass es für
eine ausgewogene Depotstruktur besser sei, einen Teil der X Aktien zu verkaufen, überließ
den Zeitpunkt der Umstrukturierung aber der Beklagten.
Im Frühjahr 2002 begann die Beklagte damit, Aktien der Firma X zu erwerben. Zuvor war
die Beklagte von der X übernommen worden. Der Geschäftsführer der Beklagten ist auch
bei dieser Firma Hauptanteilseigner.
Die X schloss mit Schreiben vom 28.05.2002 auch die Aktien dieses Unternehmens von
der Beleihbarkeit aus. In dem Depot waren zu diesem Zeitpunkt 10.627 Börse-Inside-Aktien
zu einem Kurs von 16,00 EUR.
Die Bank kündigte die Geschäftsbeziehung mit der Beklagten und infolgedessen auch das
Wertpapierdepot der Klägerin zum 30.06.2002. Die von der Beklagten versprochene
Übertragung des Depots auf die DZ-Bank konnte nicht realisiert werden.
Zum 30.06.2002 befanden sich in dem Depot Aktien im Wert von insgesamt 419.627,60
EUR (X: 173.010,00 EUR; X: 199.787,60 EUR). Zugleich bestanden
Kreditverbindlichkeiten gegenüber der DAB in Höhe von 86.902,50 EUR. Wegen der
Einzelheiten wird auf den Depotauszug Bl. 45 verwiesen.
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Da dieser Kredit nicht getilgt wurde, verwertete die X das Depot zwangsweise, indem sie
einzelne Aktien verkaufte.
Zum 30.09.2002 kündigte die Klägerin die Geschäftsbeziehung mit der Beklagten.
Während der Geschäftsbeziehung hatte die Klägerin ca. 266.000,00 DM dem Depot
"entnommen". In diesen "Entnahmen" waren Honorare für die Beklagte in Höhe von
78.233,28 DM, sowie ca. 24.000,00 DM Zinsen und Gebühren für den Effektenkredit
enthalten.
Heute hat die Klägerin noch folgende Stratega Ost und Börse Inside Aktien in ihrem Depot:
Kurs Wert
X
3.225 Stück
2,70 EUR 8.707,50 EUR
X
2.200 Stück
0,36 EUR 792 EUR
Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte habe ihre Pflichten aus dem
Vermögensverwaltungsvertrag verletzt. Eine Pflichtverletzung liege schon darin, dass die
Beklagte ständig Aktien auf Kredit gekauft habe, was nach dem Verwaltervertrag nicht
gestattet gewesen sei.
Sie hätte das Risiko eines Verlustes durch eine breitere Streuung der Anlagen minimieren
müssen und sich nicht zunächst auf die Aktien der X konzentrieren dürfen. Diese Aktien
hätte sie ohnehin nicht kaufen dürfen, da es sich dabei um Hochrisikopapiere handele, die
nicht mehr der Risikoklasse C unterfielen. Dies ergebe sich auch aus dem Lagebericht für
das Geschäftsjahr 2000 (Bl. 128 GA), in dem die Geschäftsleitung selbst ein Engagement
in X als "hoch spekulativ" bezeichnet.
Zudem habe die Beklagte bzw. ihr Geschäftsführer mit dem Erwerb der Aktien eigene
Interessen verfolgt.
Auch Aktien der Firma X seien hochspekulativ. Diese Aktien hätte die Beklagte ebenfalls
nicht erwerben dürfen, nachdem die diese Firma die Beklagte übernommen hatte.
Insbesondere hätte die Beklagte die Klägerin darüber aufklären müssen, dass die Börse X
die Beklagte übernommen hatte.
Die Beklagte habe auch deshalb pflichtwidrig gehandelt, weil sie nicht ihre Weisungen
befolgt habe. So habe sie mit dem Schreiben vom 04.03.2002 eindeutig die Weisung
gegeben, X Aktien zu verkaufen, was die Beklagte nicht getan habe. Außerdem habe sie
am 23.03.2001 eine Verkaufsanweisung für 200.000,00 DM gegeben (Bl. 55 GA), dieser
Auftrag sei aber nicht ausgeführt worden.
Insbesondere sei ihr aber vorzuwerfen, dass sie nicht unmittelbar die X Aktien verkauft
habe, nachdem die X am 01.02.2001 bzw. 28.05.2002 diese Aktien von der Beleihbarkeit
ausgeschlossen hatte.
Hätte die Beklagte die Aktien unmittelbar danach verkauft, als die X die Aktien von der
Beleihbarkeit ausgeschlossen hatte, hätte sie mit den X Aktien einen Überschuss von
143.226,42 EUR und mit den X Aktien einen Überschuss von 170.032,00 EUR erzielt, so
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dass ihr aus den unterlassenen Verkäufen ein Schaden von 313.258,42 EUR entstanden
sei.
Alternativ berechnet die Beklagte ihren Schaden wie folgt (vgl. Bl. 228 f GA): Die Beklagte
habe X Aktien für insgesamt 189.143,93 EUR gekauft und für 127.173,84 EUR verkauft.
Jetzt habe sie noch Aktien im Wert von 8.707,50 EUR im Depot, so dass der Schaden
53.262,59 EUR betrage.
Die Börse X habe die Beklagte für 106.130,17 EUR gekauft und für 56.355,98 EUR
verkauft. Jetzt habe sie noch Aktien im Wert von 792 EUR im Depot, so dass ihr ein
Schaden von 48.982,19 EUR entstanden sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 318.188,90 EUR nebst 5 % Zinsen über dem
Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise:
die Beklagte zu verurteilen, an sie Zug um Zug gegen Übertragung von 30 X. Aktien
sowie 310 X Aktien folgende Wertpapiere zu übereignen: 8.127 X Aktien, 44.062 XAktien,
2.666 X Aktien, 1.000 X-Aktien, 20.769 X Aktien.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, es sei von Anfang an vereinbart gewesen, dass sie Aktien auch
auf Kredit erwerben solle. Nur zu diesem Zweck habe die Klägerin den Effektenkredit
aufgenommen. Sie habe die Inanspruchnahme des Kredits zu keinem Zeitpunkt
beanstandet.
Die von ihr erworbenen Aktien unterfielen der von ihr gewünschten Risikoklasse C. Ein
Totalverlust sei bei jeder Anlage in Aktien möglich.
Die Klägerin sei in einem Gespräch am 11./12.07.2002 in Dresden darüber aufgeklärt
worden, dass die X alle Geschäftsanteile der Beklagten übernommen habe. Dort habe sie
den Ankauf der Börse-Aktien ausdrücklich genehmigt. Ferner sei vereinbart worden, dass
die Verkäufe der Depotwerte behutsam und nach Einschätzung der Beklagten erfolgen
sollten, wie es auch die Klägerin in ihrem Schreiben vom 04.03.2002 zum Ausdruck
gebracht habe. Auf keinen Fall habe die Beklagte die Papiere einfach verkaufen sollen,
nachdem die X die Beleihbarkeit ausgeschlossen habe. Vielmehr habe sie im
Einvernehmen mit der Klägerin das Wertpapierdepot auf eine andere Bank übertragen
sollen. Die Verbindung mit dem Bankhaus X sei aber nicht zustande gekommen, weil die
Klägerin nicht die erforderlichen Unterlagen beigebracht habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt
Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen X. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift
vom 15.6.2004, Bl. 198 ff GA.
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Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur in Höhe des aus dem Tenor ersichtlichen Umfangs begründet und war im
Übrigen abzuweisen.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz wegen
Pflichtverletzung des Vermögensverwaltungsvertrages.
Die Parteien haben einen Vermögensverwaltungsvertrag abgeschlossen. Die Verwaltung
von Vermögen ist eine Dienstleistung, bei dem ein Kreditinstitut oder ein privater
Vermögensverwalter ihm anvertrautes Vermögen durch eigene Verwaltungsleistung
mehren soll. Verletzt der Vermögensverwalter eine ihm obliegende Pflicht, hat er dem
Vertragspartner den Grundsätzen der positiven Forderungsverletzung den kausal auf
dieser Pflichtverletzung beruhenden Schaden zu ersetzen. Die Pflichten des
Vermögensverwalters sind in § 32 WpHG näher konkretisiert.
Einem Wertpapierdienstleistungsunternehmen ist es gemäß § 32 Abs. 1 Nr. 2 WpHG
verboten, Kunden den Ankauf oder Verkauf von Wertpapieren zu dem Zweck zu
empfehlen, für Eigengeschäfte des Wertpapierdienstleistungsunternehmens oder eines mit
ihm verbundenen Unternehmens Preise in eine bestimmte Richtung zu lenken und gemäß
§ 32 Abs. 2 Nr. 1 WphG ist es den Geschäftsführern verboten, Kunden den An- oder
Verkauf von Wertpapieren zu dem Zweck zu empfehlen, für sich oder Dritte Preise von
Wertpapieren in eine bestimmte Richtung zu lenken.
Einem Vermögensverwalter ist es untersagt, für das von ihm verwaltete Vermögen
Wertpapiere zu dem Zweck zu kaufen oder verkaufen, um den Kurs eines Wertpapiers zu
pflegen (Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl. § 28 Rn 29).
Gegen diese Verbote hat die Beklagte verstoßen, indem sie zunächst Aktien der X für die
Klägerin kaufte, an der der Geschäftsführer der Beklagten mit einem wesentlichen Anteil
beteiligt war. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Vortrag der Klägerin auf Bl. 99 GA,
der Geschäftsführer der Beklagten habe mit seinen Aktien auf der Hauptversammlung der X
jeweils alleine die Mehrheit, nicht unsubstantiiert. Die Angabe der Anzahl der einzelnen
Aktien kann von der Klägerin nicht erwartet werden. Die Beklagte hat die Beteiligung ihres
Geschäftsführers an der X nicht bestritten. Sie hätte die Möglichkeit gehabt, die
Beteiligungsverhältnisse aufzuklären. Dies kann von der außenstehenden Klägerin nicht
erwartet werden und ist auch nicht erforderlich, um das eigene Interesse der Beklagten und
deren Geschäftsführer an der X zu belegen.
Dann kaufte die Beklagte Aktien der X. Da das Unternehmen die Beklagte zuvor
übernommen hatte, handelte die Beklagte offensichtlich im eigenen Interesse.
Der Kauf der X Aktien ist auch nicht durch Einwilligung der Beklagten gedeckt. Die
Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Beklagte die Klägerin nicht von der
Firmenübernahme unterrichtet hatte.
Bereits am 30.1.2002 übernahm die X die Beklagte. Vom 28.3.2002 bis 24.5 2002 kaufte
die Beklagte für die Klägerin die Aktien, ohne sie zuvor von der Übernahme zu informieren.
Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass sie die Klägerin am 12.7.2002 über die Übernahme
aufgeklärt hat und diese den Kauf der unter Verstoß gegen § 32 WpHG erworbenen Aktien
genehmigt hat. Zwar bestätigte der Zeuge X den Vortrag der Beklagten. Seine Aussage
war jedoch nicht glaubhaft. Der Zeuge sagte aus, er sei während des Gespräches in den
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Räumlichkeiten anwesen gewesen, weil er selbst Gespräche geführt habe. Es erscheint
daher unwahrscheinlich, dass er dabei auch die Einzelheiten des Gespräches zwischen
dem Geschäftsführer der Beklagten und der Klägerin mitbekommen hat. Außerdem wirkte
seine Aussage nicht überzeugend. Er erklärte, der Geschäftsführer der Beklagten habe die
Klägerin über die Risiken der Aktien der X aufgeklärt, ohne dies genauer zu präzisieren.
Dann sei die Klägerin auch über die Übernahme der Beklagten durch die X aufgeklärt
worden. Die Klägerin habe darauf nicht erstaunt oder ablehnend reagiert. Diese
beschriebene Reaktion ist sehr ungewöhnlich, wenn der Geschäftsführer der Beklagten die
Klägerin ordnungsgemäß über die schlechte Geschäftslage und die drohende Insolvenz
der X aufgeklärt hätte.
Hinzu kommt, dass der Zeuge auch ein Hauptanteilseigner der X ist und daher ein eigenes
Interesse an dem Ausgang diese Prozesse hat.
Der Aussage des Zeugen steht zudem die Aussage der persönlich angehörten Klägerin
entgegen. Diese schilderte überzeugend, dass Anlass des Gespräches die fehlende
Beleihbarkeit der X Aktien und ihre Probleme mit der Rückzahlung des Kredits war. Wenn
ihr der Geschäftsführer der Beklagten in dieser Situation erzählt hätte, dass die Beklagte
von der X übernommen wurde und es der X finanziell schlecht geht, ist schwer vorstellbar,
dass die Klägerin den Kauf der X Aktien nachträglich genehmigte. Die Klägerin sagte
nachvollziehbar aus, eine solche Information hätte bei ihr Alarm ausgelöst.
Hinzu kommt, dass auch die Beklagte nicht behauptet, die Klägerin darüber aufgeklärt zu
haben, dass der Geschäftsführer der Klägerin einer der Hauptanteilseigner der X ist.
Jedenfalls über das eigene Interesse des Geschäftsführers der Beklagten an einer
Kurssteigerung der X hat die Beklagte die Klägerin nicht aufgeklärt.
Zu den Pflichten eines Vermögensverwalters gehört weiter das Gebot einer produktiven
Vermögensverwaltung, das Verbot der Spekulation und das Gebot der Risikoreduktion
durch Diversifikation (vgl. Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts, 2. Aufl., §
28 Rn 22). Ferner hat er die Weisungen des Auftraggebers zu beachten und muss die
Verwaltung anhand der vereinbarten Anlagerichtlinien ausüben.
Die Beklagte gegen das Gebot der Risikominimierung verstoßen, indem sie nahezu das
gesamte Vermögen auf zunächst einen und später zwei Aktientitel verteilte.
Keine Pflichtverletzung liegt jedoch darin, dass die Beklagte die Aktien auf Kredit gekauft
hat. Die Klägerin hat extra einen Kredit für den Erwerb von Aktien aufgenommen. Die
Beklagte, die mit der Verwaltung des Aktiendepots beauftragt war, sollte diesen Kredit auch
nutzen können. Die Klägerin hat den Kredit später sogar noch verdoppelt.
Darüber hinaus läge der Schaden dann allein in den Kosten für den Kredit, insbesondere
den Zinsen, wozu allerding nichts vorgetragen wurde.
Eine Pflichtverletzung liegt auch nicht darin, dass die Beklagte nicht unmittelbar die
Stratega-Aktien am 01.02.2001 und die X Aktien am 29.05.2002 verkauft hat, nachdem die
X diese Wertpapiere von der Beleihbarkeit für den Kredit ausgeschlossen hatte.
Ein Vermögensverwalter muss im Rahmen einer produktiven Verwaltung das Vermögen
zwar ständig überwachen und wenn sich dabei herausstellen sollte, dass sich einzelne
Wertpapiere nicht mehr optimal in die Zusammensetzung des Portefeuilles einfügen,
entsprechend reagieren (Assmann/Schütze, aaO. Rn 25). Allein aus der Tatsache, dass die
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X diese Wertpapiere von der Beleihbarkeit ausgeschlossen hat, ergibt sich aber nicht, dass
diese Aktien nicht mehr in die Anlagestrategie gepasst hätten. Die Reaktion der X mag
deshalb erfolgt sein, weil ihr die Aktien zu riskant erschienen. Der Erwerb auch riskanter
Papiere war von der Anlagestrategie aber umfasst. Die Klägerin hat auch keine Tatsachen
vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass bereits zu diesen Zeitpunkten ein massiver
Kursverlust voraussehbar war.
Im übrigen war die Klägerin trotz des Schreibens der X mit dem Halten der Aktien und der
Übertragung des Depots auf eine andere Bank einverstanden, wie sich aus dem Schreiben
vom 04.03.2002 ergibt. Darin hat sie auch keine ausdrückliche Anweisung zum Verkauf der
Aktien gegeben, sondern die Beklagte nur angewiesen, durch Teilverkäufe das Depot
ausgewogener zu gestalten. Daraufhin hat diese dann auch einen Teil der Aktien verkauft.
Die Pflichtverletzungen der Beklagten liegen hauptsächlich darin, bei dem Erwerb der
Aktien für die Klägerin eigene Interessen verfolgt zu haben.
Die Klägerin kann als Schadensersatz verlangen, so gestellt zu werden, als hätte die
Beklagte die Aktien nicht erworben.
Allerdings erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung. Gemäß § 37 a WpHG verjährt
ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung einer Pflicht zur Information oder wegen
fehlerhafter Beratung im Zusammenhang mit einer Wertpapierdienstleistung in drei Jahren
von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Anspruch ist bereits zum
Zeitpunkt des Erwerbs der Aktien entstanden, nicht erst zum Zeitpunkt des Eintritts des
Kursverlustes (KG Berlin, NJW 2004, 2755 - 2757; LG Zweibrücken, BB 2004, 2373-2375).
Nach eigenem Vortrag der Klägerin erfolgte der Kauf der X Aktien in den Jahren 1999 und
2000. Die Klage ist am 26.4.2003 bei Gericht eingegangen. Dies hat zur Folge, dass
Schadensersatzansprüche aus allen Aktienkäufe, die vor dem 26.4.2000 getätigt worden
sind, bereits verjährt sind. Die Klägerin hat nach eigenem Vortrag lediglich 1.000 Stück der
Aktie X nach dem 26.4.2000 erworben, so dass Schadensersatzansprüche aus dem
Erwerb von 9.500 Stück X Aktien gemäß § 37 a WpHG verjährt sind. Die Klägerin hat für
die X Aktien keine Kauf- und Verkaufbestätigungen vorgelegt. Es kann daher nicht gesagt
werden, ob die 1.000 Aktien, für deren Erwerb Schadensersatzansprüche noch nicht
verjährt sind, im Laufe der Zeit verkauft wurden oder ob sie sich teilweise noch in dem
Depot befinden. Die Klägerin hatte für die 1.000 Aktien 27.746,64 EUR gezahlt. Geht man
zugunsten des Beklagten davon aus, dass die nach dem 26.4.2000 inzwischen verkauft
wurden und ordnet man sie den günstigsten Verkäufen zu, wären 300 Aktien zu 27,90
EUR, 500 zu 27,50 EUR und 200 zu 25,90 EUR verkauft worden. Das ergebe einen
Verkaufserlös von 27.300 EUR. Somit wäre der Klägerin durch den Erwerb dieser Aktien
lediglich ein Schaden in Höhe von 446,64 EUR entstanden.
Einen weitergehenden Schaden hat die Klägerin nicht dargelegt, so dass sie aus der
Pflichtverletzung hinsichtlich des Kaufes der X Aktien lediglich 446,64 EUR als
Schadensersatz geltend machen kann. Weitergehende Schadensersatzansprüche sind
verjährt.
Hinsichtlich der Aktien der X ist keine Verjährung eingetreten. Sämtliche Aktien wurden erst
im Jahr 2001 erworben.
Den Schaden aus dem Erwerb der Aktien der X hat die Klägerin durch Vorlage der Kauf-
und Verkaufbestätigungen hinreichend dargelegt und bewiesen. Bei einem Kaufpreis von
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106.130,17 EUR, einem Verkaufserlös von 56.355,98 EUR und einem Restbestand von
792 EUR ergibt sich ein Schaden von 48.982,19 EUR, der der Klägerin durch den Erwerb
der X Aktien entstanden ist.
Insgesamt hat die Klägerin einen Schaden in Höhe von 49.428,83 EUR schlüssig
dargelegt und bewiesen.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 S. 1 ZPO.
Streitwert: 318.188,90 EUR