Urteil des LG Düsseldorf vom 17.05.2002

LG Düsseldorf: firma, cmr, weltpostvertrag, agb, transportunternehmen, verschulden, paketpost, frachtführer, spediteur, abtretung

Landgericht Düsseldorf, 40 O 93/01
Datum:
17.05.2002
Gericht:
Landgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
40. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
40 O 93/01
Tenor:
In dem Rechtsstreit
hat die 10. Kammer für Handelssachen auf die mündliche Verhandlung
vom 26.10.2001 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am
Landgericht O und der Handelsrichter B und F
für R e c h t erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 81.540,60 nebst 5 %
Zinsen über dem Basissatz seit dem 09.03.2001 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von DM 100.000 ,- , die
auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen
Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden kann, vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin als alleiniger Transportversicherer der Firma G GmbH, C, nimmt die
Beklagte auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der durch den Verlust diverser
Paketsendungen von C nach Frankreich entstanden ist. In jedem Falle hatte die
Beklagte der Versicherungsnehmerin der Klägerin zwar Schadensersatz von 1000.- DM
zuzüglich Erstattung der Portokosten gewährt, den Ersatz des vollen Schadensersatzes
aber unter Hinweis auf die entsprechenden Haftungsbeschränkungen in ihren AGB und
dem Weltpostvertrag abgelehnt.
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Die Klägerin meint, auf die ihre AGB könne sich die Beklagte nicht berufen, zumal
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unklar sei, welche AGB der Beklagten überhaupt Gegenstand des jeweiligen Vertrages
seien.
Auch auf Haftungsbeschränkungen nach dem Weltpostvertrag könne sich die Beklagte
nicht berufen, weil sie nicht Postanstalt im Sinne des Weltpostvertrages sei, und im
übrigen der Weltpostvertrag nur die Haftung der nationalen Postanstalten untereinander
regele.
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Der Verlust der Paketsendungen sei auf mangelhafte Organisation bei der Beklagten
zurück zuführen.
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Die Klägerin stellt die dem Urteilstenor entsprechenden Anträge.
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Die Beklagte bittet um Klageabweisung.
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Sie bestreitet mit Nichtwissen, daß die Klägerin alleiniger Transportversicherer der
Firma G sei, daß sie der Firma G die behauptete Entschädigung von 81.540,60 DM
geleistet habe, daß die Firma G ihre vermeintlichen Ansprüche aus den einzelnen
Schadensfällen abgetreten habe, daß der Firma G der jeweilige Schaden in der geltend
gemachten Höhe entstanden sei.
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Sie beruft sich im übrigen auf ihre AGB und den Weltpostvertrag, wonach ihre Haftung
für Verlust auf 1000,- DM beschränkt sei und sie lediglich daneben das entrichtete Porto
zu erstatten habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Die Beklagte haftet der Klägerin aus abgetretenem bzw. gemäß § 67 VVG
übergegangenem Recht für den Verlust aus den im einzelnen genau dargelegten
Schadensfälle gemäß den Art. 23, Abs 1 und 2, 29 CMR.
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Die Beklagte haftet wie jedes andere privatrechtliche Transportunternehmen bei Verlust
für Transportgut im internationalen Güterverkehr mit Kraftfahrzeugen nach den
Bestimmungen der CMR. Soweit in Art. 1 Abs 4 Buchstabe a) CMR bestimmt ist, daß
dieses Übereinkommen nicht für Beförderungen, die nach den Bestimmungen
internationaler Postübereinkommen durchgeführt werden, gilt, bezieht sich diese
Bestimmung nur noch auf die Beförderung von Briefpost, da die Beklagte insoweit noch
nach § 51 PostG nationale Postanstalt ist. Im übrigen aber, jedenfalls im Bereich der
Paketpost, handelt es sich bei der Beklagten um ein privatrechtliches
Transportunternehmen, für das auch nicht die Bestimmungen des Weltpostvertrages
anzuwenden sind.
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Die Beklagte kann sich nicht auf die Haftungsbeschränkungen gemäß Art. 23 Abs 3
CMR berufen, denn es ist davon auszugehen, daß die Beklagte den jeweiligen
Schaden durch ein ihr zur Last fallendes Verschulden verursacht hat, das nach
deutschem Recht dem Vorsatz gleich steht (Art. 29 CMR).
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Es ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt, daß ein grobes
Organisationsverschulden dem Vorsatz gleich steht. Ebenso ist anerkannt, daß der
Anspruchsteller zwar ein solches Organisationsverschulden zu beweisen hat, daß aber
der Frachtführer oder Spediteur darlegen und gegebenenfalls unter Beweis stellen muß,
daß er alles zumutbare getan hat, um den Verlust von Transportgut zu verhindern.
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Die Beklagte hat von der Darlegung ihrer Organisationsanstrengungen vollständig
abgesehen, so daß es der Klägerin unmöglich war, den Nachweis eines
Organisationsverschuldens zu erbringen. Dies geht zu Lasten der Beklagten. Eines
Hinweises der Kammer auf die fehlenden Ausführungen zu den
Organisationsanstrengungen bedurfte es nicht, denn die Klägerin hatte bereits
entsprechende ausführliche Rechtsansichten geäußert.
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Die Höhe des der Firma G entstandenen Schadens hat die Klägerin ausreichend durch
Vorlage der jeweiligen Handelsrechnungen nachgewiesen.
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Dem Beweisantrag der Klägerin, daß sie alleiniger Transportversicherer der Firma G
sei, daß sie ihrer Versicherungsnehmerin den nunmehr geltend gemachten
Schadensbetrag gezahlt und daß diese ihre Ansprüche an sie abgetreten hat, ist die
Kammer nicht nachgegangenen, denn so wie es Behauptungen ins Blaue gibt, gibt es
auch ein Bestreiten mit Nichtwissen ins Blaue. Die Beklagte hat nicht den geringsten
Anlaß, daran zu zweifeln, daß die Klägerin alleiniger Transportversicherer der Firma G
ist, denn andernfalls würde die Klägerin als seriöses Versicherungsunternehmen keine
Ansprüche gegen die Beklagte stellen. Daß es zu den Versicherungsfällen gekommen
ist, ist schon dadurch bewiesen, daß die Beklagte im Rahmen des
Erstattungsverfahrens gegenüber der Versicherungsnehmerin auch keine Zweifel
angemeldet hat, sondern - wenn auch nur beschränkt - Ersatz geleistet hat. Eines
Nachweises der Abtretung von Ansprüchen der Versicherungsnehmerin bedurfte es
nicht, weil gemäß § 67 VVG die Ansprüche von Gesetzes wegen auf die Klägerin
übergegangen sind.
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Die Zinsforderung ist im zuerkannten Umfang aus dem Gesichtspunkt des Verzuges
gerechtfertigt. Soweit allerdings die Klägerin einen darüber hinausgehenden Zinssatz
fordert, war die Klage mangels Schlüssigkeit abzuweisen.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 92, Abs 2, 709, 108 ZPO.
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