Urteil des LG Dortmund vom 28.10.2010

LG Dortmund (kläger, gutachten, notwendigkeit, verdacht, erstattung, magnetresonanztomographie, untersuchung, behandlung, bestand, mrt)

Landgericht Dortmund, 2 S 28/09
Datum:
28.10.2010
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 S 28/09
Vorinstanz:
Amtsgericht Dortmund, 425 C 2764/09
Leitsätze:
Eine MRT-Untersuchung der Prostata stellt keine medizinisch
notwendige Heilbehandlung dar, wenn sie bei leicht erhöhtem PSA-Wert
statt einer Biopsie zum Nachweis oder Ausschluss eines
Prostatakarzinoms durchgeführt wird.
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 07. Juli 2009 verkündete
Urteil des Amtsgerichts Dortmund abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 902,21 €
der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e :
1
I.
2
Der Kläger hat die Beklagte und Berufungsklägerin aus einer unter Geltung der MB/KK
bestehenden Krankheitskostenversicherung auf Erstattung von Kosten in Anspruch
genommen, die er bei bestehendem Verdacht auf ein Prostatakarzinom für ein MRT der
Prostata aufgewendet hat. Die Beklagte hat die medizinische Notwendigkeit dieser
Diagnostik bestritten. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines radiologischen
Gutachtens der Klage stattgegeben mit der Begründung, die Magnetresonanz-
Tomographie sei beim Kläger medizinisch indiziert gewesen. Gegen dieses Urteil hat
die Beklagte fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie unter Abänderung des
angefochtenen Urteils weiterhin Klageabweisung begehrt. Der Kläger verteidigt das
angefochtene Urteil und begehrt Zurückweisung der Berufung.
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Das Gericht hat ein urologisches Gutachten zur Frage der medizinischen Notwendigkeit
einer Magnetresonanz-Tomographie bei zuvor festgestelltem erhöhten PSA-Wert mit
Verdacht auf ein Prostatakarzinom eingeholt. Wegen des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen M vom 29.06.2010
Bezug genommen.
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II.
5
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.
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Nach dem vom Gericht eingeholten urologischen Sachverständigengutachten bestand
für die beim Kläger vorgenommene Magnetresonanz-Tomographie aus der
maßgebenden Sicht ex ante keine medizinische Notwendigkeit, weil von vornherein
feststand, dass das gewählte diagnostische Verfahren kein verlässliches Ergebnis im
Hinblick auf eine weitere Behandlung der Prostata des Klägers erbringen konnte. Der
Sachverständige hat dazu in seinem schriftlichen Gutachten überzeugend ausgeführt,
dass die Problematik aller bildgebenden Verfahren, die bei einer Prostata- diagnostik
eingesetzt werden, darauf beruht, dass die Diagnostik in relativ hohen Prozentsätzen
sowohl falsch positive wie auch falsch negative Befunde liefert. Dies bedeutet, dass die
in der Bildgebung als tumorsuspekt eingestuften Prostataveränderungen auch durch
gutartige Veränderungen verursacht werden und umgekehrt hinter der in der Bildgebung
als Normalbefund beschriebenen Areale sich Karzinomherde verbergen können. Auch
wenn die Magnetresonanztomographie die höchste Genauigkeit im Vergleich zu
anderen z.B. ultraschallgestützten oder radiologischen Verfahren bietet, ist die
Unsicherheit auch dieses diagnostischen Verfahrens zu groß, als dass sie eine (den
Kläger belastendere) Biopsie ersetzen könnte, die nach Ausführungen des
Sachverständigen einzig ein Prostatakarzinom durch eine nachfolgende feingewebliche
Untersuchung nachweisen kann. Allenfalls bei persistierendem Karzinomverdacht und
nach mehrfachen Biopsien können bildgebende Verfahren wie z.B. die
Magnetresonanztomographie zur Diagnostik eingesetzt werden. Dies entspräche den
europäischen und deutschen Leitlinien für Urologie
,
Magnetresonanz-Tomographie nur bei bereits histologisch (feingeweblich)
nachgewiesenem Prostatakrebs vorsehen.
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Nach diesem in jeder Hinsicht überzeugenden Gutachten bestand für die beim Kläger
nach Feststellung eines leicht erhöhten PSA-Wertes durchgeführte Magnetresonanz-
Tomographie keine medizinische Notwendigkeit, da von vornherein feststand, dass
diese Diagnostik keine zuverlässigen Erkenntnisse im Hinblick auf eine (mögliche)
weitere Behandlung der Prostata des Klägers erbringen konnte.
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Die Klage auf Erstattung der für die Magnetresonanz-Tomographie aufgewendeten
Kosten war mithin abzuweisen, da die zwischen den Parteien vereinbarten
Versicherungsbedingungen Kostenerstattung nur für eine medizinisch notwendige
Heilbehandlung, zu der auch die Diagnostik zählt, vorsehen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10 und 713 ZPO.
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Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst.
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