Urteil des LG Dortmund vom 03.11.2010

LG Dortmund (kläger, versicherte person, arbeitsunfähigkeit, berufliche tätigkeit, gutachten, höhe, klageschrift, bezug, anlage, tätigkeit)

Landgericht Dortmund, 2 O 264/08
Datum:
03.11.2010
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
2. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 O 264/08
Schlagworte:
Krankentagegeldversicherung, vollständige Arbeitsunfähigkeit
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden nach einem Streitwert in Höhe von
5.610,00 € dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d
1
Der Kläger nimmt die Beklagte aus einer bei dieser genommenen
Krankentagegeldversicherung in Anspruch. Vereinbart war ein Krankentagegeld in
Höhe von 165,00 € ab dem 8. Tag der Arbeitsunfähigkeit. Dem Vertrag lagen die MB/KT
1994 zugrunde. Wegen der Einzelheiten des Versicherungsvertrages wird auf den
Nachtrag zum Versicherungsschein vom 19.11.2007 (Anlage 2 a zur Klageschrift,
Blatt 10 ff. d. A.) und die MB/KT 1994 (Anlage 1 zur Klageschrift, Blatt 6 ff. d. A.), Bezug
genommen.
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Der Kläger, welcher als selbständiger Gebrauchtwagenhändler tätig ist, befand sich in
der Zeit vom 18.10.2007 bis zum 03.12.2007 aufgrund eines LWS-Syndroms in der
ambulanten Behandlung von H. Dieser bescheinigte für den Zeitraum vom 24.10.2007
bis zum 03.12.2007 eine 100 %ige Arbeitsunfähigkeit. Wegen der Atteste des H vom
19.11.2007 und 30.05.2008 wird auf die Anlagen 3 und 4 zur Klageschrift, Blatt 12 f.
d. A., Bezug genommen.
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Der Orthopäde A bei dem der Kläger ebenfalls in Behandlung war, bescheinigte dem
Kläger eine "Dienstunfähigkeit" für die Zeit vom 26.11.2007 bis zum 04.12.2007
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(Anlagen 5 und 6 zur Klageschrift, Blatt 14 f. d. A.).
Der Kläger meldete bei der Beklagten Ansprüche wegen der Zahlung von
Krankentagegeld an. Diese ließ den Kläger durch H2 begutachten. Dieser kommt in
seinem Gutachten vom 12.11.2007 zu dem Ergebnis, dass "ab sofort Einsatzfähigkeit für
seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit" bestehe. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens
wird auf die Anlage 8 zur Klageschrift, Blatt 17 ff. d. A., Bezug genommen.
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Die Beklagte lehnte sodann Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung ab.
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Der Kläger behauptet Arbeitsunfähigkeit zu 100 % in seinem Beruf als selbständiger
Gebrauchtwagenhändler für die Zeit vom 24.10.2007 bis zum 04.12.2007. Er verlangt -
unter Berücksichtigung der bedungenen Karenztage - die Zahlung von Krankentagegeld
für den Zeitraum 01.11.2007 bis 04.12.2007 (34 Tage à 165,00 € = 5.610,00 €).
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Er beantragt daher,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.610,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-
Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.12.2007 zu zahlen,
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ferner,
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die Beklagte zu verurteilen, ihn von einer Kostenforderung der Rechtsanwälte X
pp., in Höhe von 546,69 € (außergerichtliche Rechtsanwaltskosten) freizustellen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie bestreitet unter Bezugnahme auf das Gutachten des H2 eine bedingungsgemäße
Arbeitsunfähigkeit. Insbesondere habe der Kläger leichtere körperliche Tätigkeiten
ausüben können.
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Das Gericht hat Beweis erhoben aufgrund des Beweisbeschlusses vom 05.06.2009,
Blatt 79 ff. d. A., durch Einholung eine schriftlichen Gutachtens.
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des
Sachverständigen L vom 12.04.2010 Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Klage ist insgesamt unbegründet.
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Der geltend gemachte Anspruch auf Krankentagegeld, § 1 VVG a. F., § 1 MB/KT 94,
besteht nicht. Denn eine bedingungsgemäße Arbeitsunfähigkeit für den
streitgegenständlichen Zeitraum lag nicht vor. Nach § 1 (3) MB/KT 94 liegt
Arbeitsunfähigkeit vor, wenn die versicherte Person ihre berufliche Tätigkeit nach
medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht
ausübt und auch keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Die Arbeitsunfähigkeit
muss also zu 100 % bestehen (BGH VersR 1993, 297; vgl. BGH NJW-RR 2007, 1624;
OLG Karlsruhe VersR 2000 1007; Beckmann/Matusche- Beckmann, VersR-Handbuch,
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2. Aufl., § 45, Rn. 96; Münchener Kommentar, VVG, 1. Aufl., § 192, Rn. 150). Diese
Voraussetzung kann nach dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen L
nicht festgestellt werden.
Die Anhörung des Klägers hat zunächst ergeben, dass die Tätigkeit als selbständiger
Gebrauchtwagenhändler sich im Wesentlichen wie folgt darstellte:
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a) Pkw-Fahrten im Umkreis von 100 km (hin und zurück)
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b) Fahrten von über 100 km innerhalb Deutschlands (hin und zurück)
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c) Autoaufbereitung (waschen von Pkws, Wartungsarbeiten, kleinere
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Reparaturen)
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d) Fahrten vom Wohnort zum Büro
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e) Bürotätigkeit im Umfange von ca. 8 bis 10 Stunden wöchentlich.
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Der Sachverständige hat sich in seinem Gutachten vom 12.04.2010 dazu erklärt, dass
die Tätigkeiten zu a) bis c) mit einer akuten Lumbago nicht möglich seien. Jedoch hat
der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt, dass dem Kläger Bürotätigkeiten im
Rahmen von 8 bis 10 Stunden wöchentlich möglich sind. Der Kläger ist insofern dem
überzeugenden Gutachten, dem das Gericht folgt, nicht entgegen getreten.
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Das Gericht verkennt dabei nicht, dass im Einzelfall die Berufung des Versicherers auf
Leistungsfreiheit bei einer nur ganz geringfügigen Restleistungsfähigkeit nach § 242
BGB rechtsmissbräuchlich sein kann, wenn der Versicherungsnehmer nur noch ganz
unbedeutende oder ungeordnete Hilfstätigkeiten geringen Ausmaßes verrichten kann,
mit denen keine Wertschöpfung verbunden ist (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1624;
Beckmann/Matusche- Beckmann a.a.O.; Münchener Kommentar, a.a.O. m.w.N.).
Solches hat der Kläger, der im Rahmen des § 242 BGB darlegungs- und beweisbelastet
ist, nicht vorgetragen. Vielmehr konnte er noch vertragliche Erklärungen abgeben und
entgegennehmen sowie die Abholung von PKW´s veranlassen, was aus seinem
Schriftsatz vom 10.08.2009 und den eingereichten Kaufverträgen folgt.
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Nach alledem war zu erkennen, wie geschehen.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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