Urteil des LG Dortmund vom 23.06.2005

LG Dortmund: wirtschaftliche leistungsfähigkeit, verlängerung der frist, schiedsgericht, beitrittserklärung, mitgliedschaft, satzung, erlass, wirtschaftsprüfer, lizenzvertrag, geschäftsbetrieb

Landgericht Dortmund, 13 O 62/05 Kart.
Datum:
23.06.2005
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
II. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 O 62/05 Kart.
Tenor:
Der Antrag vom 15.06.2005 auf Erlass einer einstweiligen Verfü-gung
wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Verfügungskläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d
1
Der Verfügungsbeklagte, der Zusammenschluss der lizenzierten Vereine und/oder ihrer
wirtschaftlichen Träger der Handballbundesligen, ist Mitglied des Deutschen
Handballbundes e. V.. Seine Aufgabe ist, die ihm zur Nutzung exklusiv überlassenen
Vereinseinrichtungen Bundesliga und 2. Bundesliga zu betreiben und die für die
Teilnahme am Spielbetrieb der Bundesligen erforderlichen Lizenzen zu erteilen.
2
Die Lizenzerteilung wird geregelt durch die Satzung des Verfügungsbeklagten sowie
hierzu eigens erlassene Richtlinien. Diese lauten auszugsweise wie folgt:
3
"Richtlinien zur Erteilung von Lizenzen am Spielbetrieb der Bundesligen Männer
4
Präambel
5
(1) Die vorliegende Richtlinie regelt in Durchführung der Be-
6
stimmung des § 13 Nr. 3 der Satzung des DHB die Grundsätze, das
Verfahren, die Inhalte und den Rechtsweg für die Erteilung von Lizenzen, die
für eine Mitgliedschaft im Ligaverband gemäß § 6 Abs. 2 c) Nr. 28 der Satzung
des DHB Voraussetzung sind.
7
(2) Grundvoraussetzung für jede Lizenzerteilung ist die
8
positive Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Entscheidung
darüber erfolgt nach dem in dieser Richtlinie bestimmten Verfahren unter
9
Zugrundelegung der in der Anlage 4 dargestellten "Kriterien für die
Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit". Die nachfolgenden
Regelungen dieser Richtlinie betreffen das Antrags- und Prüfungsverfahren,
die Inhalte, die Entscheidungskriterien und die Konsequenzen im Ergebnis
der Prüfung sowie den Rechtsweg. Die allgemeingültige und einheitliche
Anwendung der Regelungen soll die Voraussetzung dafür schaffen, dass
innerhalb des eigenständigen Ligaverbandes alle Mitglieder
- nach einheitlichen Regularien beurteilt werden,
10
- Tatsachen und Unterlagen nach einheitlichen
11
Maßstäben ausgewertet werden,
12
- ein fairer Wettbewerb gesichert wird,
13
- eine positive öffentliche Wahrnehmung unterstützt
14
und erreicht wird,
15
- durch eine betriebswirtschaftlich begründete Unter-
16
nehmensführung wirtschaftlicher Schaden für Körperschaften und
Personen verhindert wird.
17
§ 1
18
Antragsberechtigung
19
(1) Antragsberechtigt sind Vereine und Spielgemeinschaften
20
(nachfolgend als Verein bezeichnet) von Lizenzligen oder ihre wirtschaftlichen
Träger, sofern sie sich sportlich für die Teilnahme an einer Lizenzliga
(1. Bundesliga und 2. Bundesliga) qualifiziert haben. Das gilt auch nach
einem Zwangsabstieg infolge einer Insolvenz (vgl. § 7 Abs. 3). Weiterhin
antragsberechtigt sind Aufsteiger aus den Regionalligen in die 2. Bundesliga.
21
Ein wirtschaftlicher Träger (vgl. auch § 8) kann eine Mitgliedschaft im
jeweiligen Ligaverband nur erwerben und damit die Lizenz erhalten, wenn ein
Verein an ihm mindestens 51 % der Stimmrechte besitzt und er zum Zeitpunkt,
in dem er erstmals eine Lizenz beantragt, sportlich für die Teilnahme an der
Lizenzliga qualifiziert ist bzw. seine Qualifikation zum Zeitpunkt der
Antragsstellung zur erwarten ist (Aufsteiger aus der Regionalligen). Vgl.
Hinweise zur Bearbeitung der Lizenzanträge Nr. 7.
22
(2) Vereine und ihre wirtschaftlichen Träger können nicht
23
nebeneinander eine Lizenz besitzen.
24
(3) Für antragstellende Vereine gelten neben den
25
gesetzlichen gültigen Rechtnungslegungsvorschriften die Anforderung dieser
Richtlinie betreffend die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in vollem Umfang.
26
27
(4) Spielgemeinschaften müssen im Innenverhältnis eine
28
Regelung über die einheitliche Stimmrechtsausübung betreffend den eigenen
wirtschaftlichen Träger und die Mitgliedschaft im Ligaverband treffen.
29
§ 2
30
Antragsumfang und Antragsfrist
31
(1) Die Teilnahme am Spielbetrieb des Ligaverbandes setzt
32
eine Mitgliedschaft voraus, die durch Erteilung der Lizenz erlangt wird. Die
Lizenz wird auf Antrag des Bewerbers von dem zur Lizenzerteilung
zuständigen Vorstand des Ligaverbandes erteilt.
33
(2) Der Antrag auf Erteilung der Lizenz ist jährlich neu zu er-
34
stellen und für die kommende Spielzeit von dem Antragssteller bis spätestens
01.02. des Kalenderjahres (Ausschlussfrist), in dem die Spielzeit für die die
Lizenz beantragt wird, beginnt, beim zuständigen Vorstand des
Ligaverbandes einzureichen.
35
Die verspätete Einreichung des Antrages einschließlich der gemäß Ziff. 3
erforderlichen Unterlagen (soweit in Ziff 4 keine anderen Fristen genannt sind)
führt zum Verlust des Anspruchs auf die Teilnahme am Spielbetrieb des
Ligaverbandes.
36
Eine Verlängerung der Frist zum 01.02. des Kalenderjahres ist vor diesem
Termin beim zuständigen Ligavorstand zu beantragen, die dieser im Einzelfall
lediglich für die Vorlage gemäß Abs. 3 erforderlichen Anlagen (insbesondere
Anlage 04), nicht jedoch für den Antrags selbst gewähren kann.
37
(3) Dem Antrag gemäß § 2 Ziff. 2 sind folgende Anlagen bei-
38
zufügen:
39
01. Rechtliche Grundlagen des Vereins (Vordruck)
40
02. Lizenzvertrag zweifach (Vordruck)
41
03. Schiedsvertrag zweifach (Vordruck)
42
04. Hallenabnahme einschließlich Nachmeldung bau-
43
licher Veränderungen (Kopie)
44
05. Meldung zur Teilnahme am Spielbetrieb (Vordruck)
45
06. Bankbürgschaft
46
Bundesliga € 50.000,00
47
2. Bundesliga € 20.000,00
48
07. Haushaltsplanung für das folgende Spieljahr be-
49
bestehend aus Umsatz-, Kosten- und Ergebnisplanung sowie
Finanzplanung.
50
(sämtliche Unterlagen sind in 4facher Ausfertigung einzureichen)
51
071. Umsatz-, Kosten- und Ergebnisplanung (Anlage 1)
52
072. Finanzplanung (Anlage 2)
53
Dem Lizenzierungsorgan wird das Recht eingeräumt, weitere Unterlagen
(u. a. vom Wirtschaftsprüfer/Steuerberater bescheinigte Bruttolohnsumme
und bescheinigte feststehende Werbeeinnahmen) zur Bewertung des
vorgelegten Haushaltsplanes anzufordern und einzusehen.
54
Antragsteller, die ihre Tätigkeit mit einem "neuen" wirtschaftlichen Träger
fortsetzen wollen, müssen Planungsunterlagen ein Urteil über die
Plausibilität und Tragfähigkeit der Planung von einem Wirtschaftsprüfer
beifügen. Die Auftragserteilung an den Wirtschaftsprüfermuss den
Hinweisen zur Bearbeitung der Lizenzanträge unter Nr. 1 – Prüfung von
Unternehmensplanungen – entsprechen.
55
08. Daten zur Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähig-
56
keit (Jahresabschlüsse etc.) (sämtliche Unterlagen sind in 4facher
Ausfertigung einzureichen)
57
081. Bewerber für die 1. Bundesliga
58
(.....)
59
082. Bewerber für die 2. Bundesliga
60
(.....)
61
10. Beitrittserklärung des wirtschaftlichen Träger
62
(Vordruck)
63
(.....)
64
(4) Folgende Anlagen sind gemeinsam mit dem Lizenzantrag
65
zum
66
01.02.
67
einzureichen:
68
-01- Rechtliche Grundlagen des Vereins (Vordruck)
69
-02- Lizenzvertrag zweifach (Vordruck)
70
-03- Schiedsvertrag zweifach (Vordruck)
71
-04- Hallenabnahmen einschließlich Nachmeldung bau-
72
licher Veränderungen
73
-05- Meldung zur Teilnahme am Spielbetrieb (Vordruck)
74
- Jahresabschluss zum 30.06. des Vorjahres
75
-10- Beitrittserklärung ...
76
Folge Anlagen sind bis zum
77
10.03.
78
vorzulegen:
79
Anlage 06 Bankbürgschaft
80
Anlage 07 Haushaltsplan mit Bestandteilen (Anlagen 1
81
und 2)
82
Anlage 08 Jahresabschlüsse, Teilabschlüsse, Verm
83
mögensbilanzen, Planungsrechnungen und Planbilanzen (soweit
nicht bereits am 01.12. bzw. 01.03. vorgelegt)
84
Anlage 09 Soll-Ist-Abgleich
85
Anlage 11 Bericht über die wirtschaftliche Leistungs-
86
fähigkeit mit allen Bestandteilen
87
Anlage 12 Bescheinigung des Finanzamtes
88
§ 4
89
Prüfung des Antrages
90
(1) Nach Eingang der Unterlagen beim zuständigen
91
Ligavorstand und Prüfung auf deren Vollständigkeit werden die Unterlagen
zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit 3fach sofort an den Vorsitzenden des
Gutachterausschusses weitergeleitet.
92
Ein vom zuständigen Ligavorstand beauftragter externer Wirtschaftsprüfer
bzw. Steuerberater (i.d.R. Vorsitzender des Gutachterausschusses oder sein
Vertreter), der nicht Mitglied eines Antragsstellers sein darf, wertet die Daten
aus und erstellt einen Prüfvermerk unter Beachtung der Maßstäbe dieser
Richtlinien und der berufsrechtlichen Grundsätze. Enthält dieser
Prüfungsvermerk die uneingeschränkte Empfehlung zur Lizenzerteilung, ist
eine Vorlage beim Gutachterausschuss nicht erforderlich. Die
Antragsunterlagen, die keine uneingeschränkte Empfehlung zur
Lizenzerteilung erhalten, sind dem Gutachterausschuss zur Überprüfung
vorzulegen.
93
Der Gutachterausschuss entscheidet mit der Mehrheit seiner Stimmen. Bei
Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
94
(2) Die Entscheidung des Gutachterausschusses ist in jedem
95
Fall ausführlich zu begründen. Wenn sie ablehnenden Inhalts ist oder die
Erteilung der Lizenz Auflagen und/oder Bedingungen zum Gegenstand hat,
sind die Gründe detailliert darzulegen. Auf Wunsch des zuständigen
Vorstandes des Ligaverbandes hat der Gutachtersauschuss durch seinen
Vorsitzenden oder einen Vertreter die Entscheidung des
Gutachterausschusses im Rahmen der Lizenzsitzung mündlich zu erläutern.
Die Beurteilung des Gutachterausschlusses zur wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit der Antragssteller ist für die Lizenzentscheidung durch den
Ligavorstand verbindlich.
96
(3) Die Prüfung der übrigen Voraussetzungen neben der wirt-
97
schaftlichen Leistungsfähigkeit obliegt dem zuständigen Ligavorstand.
98
(4) Die Mitgliedschaft des Gutachterausschusses und die Mit-
99
glieder des Ligavorstandes sind gegenüber Dritten über die ihnen in
Zusammenhang mit dem Lizenzverfahren bekannt gewordenen Tatsachen,
insbesondere aber den Tatsachen, welche die wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit bedingen, zur Verschwiegenheit verpflichtet.
100
(.....)
101
§ 8
102
Dritte als wirtschaftlicher Träger
103
Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb eines Vereins kann auf einen Dritten als
104
wirtschaftlichen träger übertragen werden, wenn der Verein mit mehr als 25 % der
Stimmenanteile an dem wirtschaftlichen Träger bzw. dessen
vertretungsberechtigtem Organ beteiligt ist. Im Falle der Übertragung des
Geschäftsbetriebes auf einen Dritten als wirtschaftlichen Träger unterliegt der
wirtschaftliche Träger dem Lizenzierungsverfahren und insbesondere der
Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ebenso wie der Verein. Sofern
nicht der Verein, sondern der wirtschaftliche Träger die Erteilung der Linzenz und
damit die Mitgliedschaft im Ligaverband beantragt, muss der Verein mindestens
51 % der Stimmrechte an dem wirtschaftlichen Träger bzw. dessen
vertretungsberechtigten Organ besitzen.
(.....)
105
§ 13
106
Streitigkeiten
107
(1) Für die Entscheidung über alle Streitigkeiten aus dem
108
Lizenzierungsverfahren oder der Verhängung von Vertragsstrafen, die sich
zwischen dem Ligaverband und dem für ihn handelnden Organ auf der einen
Seite und dem Lizenzbewerber oder anderen durch die Entscheidung
beschwerten Dritten ergeben, ist unter Ausschluss des ordentlichen
Rechtsweges das ständige Schiedsgericht (§ 2 Ziffer 3 Anlage 03) zuständig.
Das ständige Schiedsgericht entscheidet auch darüber, on eine Streitigkeit
aus diesen Richtlinien vorliegt. Die Zuständigkeit des Bundessport- und
Bundesgerichtes bleiben unberührt.
109
(2) Außerdem ist ein Lizenzbewerber (verein oder wirtschaft-
110
licher Träger) immer dann vor dem Schiedsgericht antrags- und klagebefugt,
wenn seine Zugehörigkeit zu einer Spielklasse von der Bestandskraft der
lizenzversagenden Lizenzentscheidung des Ligavorstandes bezüglich eines
anderen Lizenzbewerbers abhängig ist.
111
(3) Die Anrufung des Schiedsgerichtes durch nicht unmittel-
112
bar vom streitigen Lizenzierungsverfahren betroffene Vereine ist zulässig.
113
In den vorgenannten Fällen ist die Klage sowohl gegen den Ligaverband als
auch den Verein zu richten, der die streitige Lizenz erhalten hat. Das
Schiedsgericht ist in diesem Verfahren auch dazu berechtigt, die
Lizenzerteilung mit bindender Wirkung für den betroffenen Verein aufzuheben.
114
Die Klage ist innerhalb einer Frist von einer Woche seit der offiziellen
Mittelung der Lizenzvergabe an die Vereine zu erheben (Ausschlussfrist).
115
(4) Schadensersatzansprüche gegen den Ligaverband auf-
116
grund der Lizenzerteilung, Lizenzversagung, etwaiger Auflagen oder
Bedingungen sowie der Verhängung von Vertragsstrafen sind
117
ausgeschlossen, es sei denn, ein Verein oder Spieler weist nach, dass die
Schädigung rechtswidrig vorsätzlich bzw. grob fahrlässig durch ein Organ des
Ligaverbandes erfolgt ist, sämtliche Rechtsbehelfe zur Abhilfe des Schadens
ergriffen worden sind und der Geschädigte nicht anderweitig Schadensersatz
erlangen kann. Der Haftungsausschluss gilt auch, wenn vorgenannte
Entscheidungen gegenüber einem anderen Verein ergangen sind.
(.....)"
118
Zum weiteren Inhalt der Richtlinien und zum Inhalt der Satzung des
Verfügungsbeklagten wird auf Blatt 55 bis 89 d. A. Bezug genommen.
119
Der Verfügungskläger ist ein eingetragener Verein, der sich mit der
1. Handballmannschaft im Spieljahr 2004/2005 in der 2. Handballbundesliga betätigte
und mit dem #. Tabellenplatz abschloss. Er reichte am 01.02.2005 für die aus ihm und
dem Verein TuS T2 seit Juli 2000 bestehende Spielgemeinschaft den Antrag auf
Lizenzerteilung für die Spielsaison 2005/2006 ein. Dem Antrag waren beigefügt
Beitrittserklärung der T GmbH als wirtschaftlicher Träger des wirtschaftlichen
Geschäftsbetriebs Bundesligahandball. Zum weiteren Inhalt der eingereichten
Unterlagen wird auf Blatt 90 bis 107 d. A. verwiesen.
120
Im Jahr 2005 beantragten Sozialversicherungskassen die Eröffnung des
Insolvenzverfahrens über das Vermögen der T GmbH. Mit Beschluss des Amtsgerichts
Offenbach vom 07.04.2005 wurde das vorläufige Insolvenzverfahren eröffnet. Der
Spielbetrieb wurde fortgesetzt. Der Insolvenzverwalter teilte dies der
Verfügungsbeklagten mit Schreiben vom 11.04.2005 mit, ebenso die Absicht, den
Spielbetrieb mit einem neuen wirtschaftlichen Träger fortzusetzen, der gegebenenfalls
auch der Verfügungskläger mit seiner Abteilung "wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb" sein
könne. Der Verfügungskläger übersandte mit Schreiben vom 18.04.2005 verschiedene
Unterlagen. Der Verfügungsbeklagte ließ mit Schreiben vom 28.04.2005 mitteilen, dass
eine Lizenzerteilung auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen nicht erfolgen könne
und für die weitere Entscheidungsfindung bis zum 04.05.2005 weitere Unterlagen
vorzulegen seien. Der Verfügungskläger ließ mit Anwaltsschreiben vom 05.05.2005
Unterlagen vorlegen und mitteilen, dass nach dem heutigen Stand der
Entscheidungsgremien davon auszugehen sei, dass er selbst mit seiner Abteilung
wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb für die kommende Saison als wirtschaftlicher Träger
fungieren werde, da die bisherige Spielgemeinschaft zum 30.06.2005 im beiderseitigen
Einvernehmen aufgelöst und der Bundesligaspielbetrieb wie zuvor unter seinem Namen
aufgenommen werden solle. Der Verfügungsbeklagte ließ mit Schreiben vom
17.05.2005 zur Vorlage weiterer Unterlagen bis zum 19.05.2005 auffordern. Der
Verfügungskläger legte weitere Unterlagen vor. Zum Inhalt der vorgenannten Schreiben
wird auf Blatt 117 bis 131 d. A. Bezug genommen.
121
Der Vorstand des Verfügungsbeklagten beschloss am 24.05.2005, den Lizenzantrag
des Verfügungsklägers abzulehnen. Der Verfügungsbeklagte teilte dies dem
Verfügungskläger mit Schreiben vom 25.05.2005 mit und gab zur Begründung an, dass
die einzureichenden Unterlagen zur Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit
nicht fristgerecht eingereicht worden seien. Der Verfügungskläger legte gegen die
Entscheidung des Ligavorstandes des Verfügungsbeklagten Beschwerde ein. Der
Verfügungsbeklagte half der Beschwerde nicht ab und legte die Angelegenheit dem
Schiedsgericht vor. Zum Inhalt der vorgenannten Schreiben wird auf Blatt 133 bis 144
122
d. A. Bezug genommen.
Das Schiedsgericht bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 14.07.2005.
123
Der Verfügungskläger begehrt mit seinem am 15.06.2005 eingegangenen Antrag die
vorläufige Zulassung zum Spielbetrieb der 2. Handballbundesliga für die Saison
2005/2006. Er hält die ablehnende Lizenzentscheidung für einen Verstoß gegen den
aus § 242 BGB folgenden, das Vereinsverhältnis prägenden
Gleichbehandlungsgrundsatz und einen Verstoß gegen § 20 Abs. 1 GWB. Eine
Diskriminierung liege vor, weil die Voraussetzung zur Erteilung der Lizenz vorlägen. Er
habe den wirtschaftlichen Träger nicht gewechselt, sondern auf dessen Beitritt
verzichtet. Im Übrigen gehöre die Beitrittserklärung zu den Unterlagen, für die eine
Fristverlängerung gewährt werden könne. Die Entscheidung des Verfügungsbeklagten
sei weder denknotwendig noch ergebe sie sich aus dem Wortlaut der
124
Lizenzierungsrichtlinien, die nur für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder
der Stellung eines Eigenantrags den Lizenzentzug vorsehen. Im Falle eines
eingeleiteten Insolvenzverfahrens dürfte es selbstverständlich sein, dass der "alte"
wirtschaftliche Träger für die kommende Spielsaison regelmäßig nicht mehr in Betracht
kommt und deshalb als "Beitretender" zurückgezogen werde. Die ablehnende
Entscheidung sei, da rechtswidrig oder zumindest nicht vorhersehbar, eine
Ungleichbehandlung zu seinen Lasten. Die nicht transparente Handhabung der Frage
der Verfristung sei in keiner Weise vorhersehbar gewesen. Er habe vielmehr darauf
vertrauen können und müssen, bei fristgerechter Einreichung der angeforderten
Unterlagen die Lizenz zu erhalten. Dem Verfügungsbeklagten sei die Unklarheit und
Unberechenbarkeit der bisherigen Regelung auch bewusst geworden, wie seine
Anträge zur Änderung der Lizenzierungsrichtlinien bei der anstehenden
Mitgliederversammlung vom 25.06.2005 zeigten.
125
Der Verfügungskläger hält eine besondere Eilbedürftigkeit für gegeben, weil es für ihn
einen ganz erheblichen Unterschied mache, ob er eine Mannschaft für den Spielbetrieb
der 2. Bundesliga oder für die Regionalliga für die kommende Saison
zusammenzustellen habe. Er könne anders als sämtliche Konkurrenten derzeit weder
seinen Sponsoren noch seinen Spielern irgendwelche Zusagen über die auch nur
nähere Zukunft des Spielbetriebes machen. Ein Zuwarten auf eine Entscheidung im
Hauptsacheverfahren sei, da existenzgefährdend, ihm nicht zuzumuten.
126
Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sei nach § 1033 ZPO zulässig. Auch dass
die Parteien einen Lizenzvertrag getroffen haben, stehe dem nicht entgegen. Die
Schiedsvereinbarung sei möglicherweise schon deshalb nicht wirksam, weil sie eine
untrennbare Voraussetzung einer Lizenzerteilung überhaupt darstelle und es damit an
einer Freiwilligkeit der schiedsgerichtlichen Vereinbarung fehle.
127
Der Verfügungskläger beantragt,
128
dem Verfügungsbeklagten aufzugeben, ihn zum Spielbetrieb der
2. Handballbundesliga für die Saison 2005/2006 vorläufig zuzulassen.
129
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
130
den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
131
Der Verfügungsbeklagte beruft sich auf einen wirksamen Ausschluss des ordentlichen
Rechtsweges durch Schiedsvereinbarung. Es handele sich bei dem Schiedsgericht für
Lizenzligavereine (Männer) um ein echtes Schiedsgericht, das auch für Maßnahmen
des einstweiligen Rechtsschutzes vorrangig zuständig sei. Insoweit bestehe für einen
Antrag beim staatlichen Gericht kein Rechtsschutzbedürfnis bzw. es entfalle der
Verfügungsgrund. Allenfalls könne das ordentliche Gericht eine vorläufige Maßnahme
bis zur endgültigen Entscheidung des Schiedsgerichts anordnen. Die lizenzversagende
Entscheidung sei auch nicht rechtswidrig. Die Lizenzierungsrichtlinien unterschieden
klar zwischen Vereinen, die den Bundesligaspielbetrieb in eine Gesellschaft
ausgegliedert haben und solchen, die das nicht getan haben. Da die Beitrittserklärung
des wirtschaftlichen Trägers innerhalb der Ausschlussfrist zum 01.Februar vorzulegen
sei, ergebe sich zwingend, dass die Beitrittserklärung nicht mehr geändert werden kann,
da sie ansonsten als verfristet anzusehen wäre. Die mögliche Gewährung einer
Fristverlängerung sei nicht geschehen. Aus Gründen der Planungssicherheit nicht nur
für ihn, den Verfügungsbeklagten, sondern auch für die die Mitbewerber und Vereine
unterer Spielklassen müssten die Lizenzbewerber sich am 01. Februar eines Jahres klar
darüber sein, ob sie in der Lage sind, die folgende Spielzeit wirtschaftlich bewältigen zu
können. Deswegen könne die Bewerbung um eine Lizenz nicht nach Belieben geändert
werden. Ein Bewerber müsse sich vielmehr innerhalb der Ausschlussfrist erklären und
an dieser Erklärung und der damit verbundenen Behauptung wirtschaftlicher
Leistungsfähigkeit des benannten Trägers für das nachfolgende Spieljahr festhalten
lassen. Die Anforderung weiterer Unterlagen und die Äußerung des
Gutachterausschusses könnten keinen Vertrauenstatbestand schaffen. Die Beurteilung
des Gutachterausschusses sei nur für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verbindlich.
Die Prüfung der übrigen Voraussetzungen obliege allein dem Ligavorstand, der erst am
24.05.2005 in erster Instanz habe entscheiden können. Ein Verstoß gegen den
Gleichbehandlungsgrundsatz und gegen § 20 Abs. 1 GWB liege nicht vor. Aus der
Präambel der Lizenzierungsrichtlinien sei ersichtlich, dass alle Mitglieder nach
einheitlichen Regularien beurteilt würden und Tatsachen und Unterlagen nach
einheitlichen Maßstäben auszuwerten seien. Alle Vereine, denen die Lizenz
zugesprochen wurde, hätten an ihrer ursprünglichen Bewerbung festgehalten und
keinen Wechsel des wirtschaftlichen Trägers im Lizenzierungsverfahren vorgenommen.
132
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
133
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
134
Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war nicht zu entsprechen.
135
Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ist gegeben. Dies gilt auch, wenn das nach
§ 13 der Satzung des Verfügungsbeklagten zur Beschwerdeentscheidung berufene
Gericht nicht nur ein bloßes Vereinsgericht, sondern ein echtes, den Rechtsweg vor die
ordentlichen Gerichte ausschließendes Schiedsgericht im Sinne von §§ 1025 ff. ZPO ist.
Die sich in diesem Fall aus § 1033 ZPO ergebende Zuständigkeit der ordentlichen
Gerichte für Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes entfällt entgegen der
Auffassung des Verfügungsbeklagten auch dann nicht, wenn eine Eilzuständigkeit des
Schiedsgerichts vereinbart ist. Die Zuständigkeit des ordentlichen Gerichts ist auch nicht
darauf beschränkt, nur Maßnahmen bis zum Zeitpunkt der schiedsgerichtlichen
Entscheidung anzuordnen.
136
Ob ein Rechtsschutzbedürfnis besteht für eine Entscheidung des ordentlichen Gerichts
vor Entscheidung des Schieds- oder Vereinsgerichts kann dahinstehen, ebenso die
Frage, ob die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung gemäß §§ 935, 940 ZPO zu
fordernde Dringlichkeit gegeben ist. Die begehrte Regelung führt, auch wenn nur eine
vorläufige Teilnahme angeordnet wird, zu einer Anspruchsvorwegbefriedigung des
Verfügungsklägers. Eine solche ist selbst bei erheblichen, die Existenz gefährdenden
Nachteilen im Sinne der vorgenannten Vorschriften nur zulässig, wenn das Bestehen
eines Verfügungsanspruchs nicht nur möglich, sondern auch wahrscheinlich ist. Dies ist
nicht der Fall. Die Verweigerung der Lizenz ist vielmehr kartell- und vereinsrechtlich
nicht zu beanstanden.
137
Die Grundlage kartellrechtlicher Prüfung ist § 20 Abs. 1 GWB. Der Verfügungsbeklagte
ist Normadressat, da er als Betreiber der ihm zur Nutzung überlassenen Lizenzligen
eine Monopolstellung auf dem Gebiet des bezahlten Handballsports hat. Der
Verfügungskläger als Lizenzverein ist im Rahmen seiner Beteiligung am Profihandball
ein wirtschaftliches Unternehmen und auf Erteilung der Lizenz für den Spielbetrieb
angewiesen. Die Verweigerung der Lizenz durch den Verfügungsbeklagten stellt aber
keine unbillige Behinderung oder diskriminierende Ungleichbehandlung im Sinne der
vorgenannten Vorschrift dar.
138
Ein Verstoß gegen die Lizenzrichtlinien liegt nicht vor. Diese sind, soweit sie
Zulassungsvoraussetzungen normieren, Wettbewerbsbeschränkungen, was aber
kartellrechtlich nicht zu beanstanden ist angesichts der in der Präambel genannten als
notwendig anzuerkennenden Zielsetzung der wirtschaftlichen Sicherung des Betriebs
der Lizenzligen durch ein geregeltes Prüfungs- und Zulassungsverfahren. Bei gebotener
verständiger Wertung der mit den Lizenzrichtlinien kartellrechtlich zulässigerweise
verfolgten Zielsetzung ergibt sich aus der Regelung in § 2 der Lizenzrichtlinien, dass die
Antragsteller binnen nicht verlängerbarer Frist für die Antragstellung auch die
grundlegenden Entscheidungen, wie die Teilnahme am Spielbetrieb wirtschaftlich
organisiert wird, zu treffen und gegenüber dem Prüfungsausschuss zu verlautbaren
haben. Ein Überprüfungsverfahren, das auf Auswertung betriebswirtschaftlich
aussagekräftiger Unterlagen angelegt ist, verliert jeglichen Sinn, wenn für die Auswahl
der Prüfunterlagen maßgebliche unternehmerische Grundentscheidungen, wozu auch
die Frage gehört, ob und gegebenenfalls mit welchem wirtschaftlichen Träger der
Spielbetrieb geführt werden soll, noch nach Beginn des Überprüfungsverfahrens
geändert werden können. Dies ist vielmehr denknotwendig ausgeschlossen. Danach ist
während laufenden Lizenzierungsverfahren ein Austausch des wirtschaftlichen Trägers
oder der Verzicht auf diesen nicht zulässig. Ein solches Verständnis der Regelung der
Lizenzrichtlinien ist, worauf der Verfügungsbeklagte zu Recht abstellt, zwingend und
bedarf keiner ausdrücklichen schriftlichen Formulierung. Die Regelung ist keineswegs
und auch nicht für den Verfügungskläger unklar und unberechenbar. Wenn der
Verfügungskläger dies anders sieht, stellt er eigene Interessen in unzulässiger Weise in
den Vordergrund und verkennt Sinn und Zweck eines auf tragfähige Prüfergebnisse
gerichteten Prüfungsverfahrens.
139
Dass der Verfügungsbeklagte aufgrund der Äußerungen seines Gutachterausschusses
vom Verfügungskläger weitere Unterlagen angefordert hat, macht die
Lizenzverweigerung nicht unbillig. Der Verfügungsbeklagte hat dabei gehandelt unter
Missachtung der Lizenzrichtlinien, insbesondere der in Ziffer 2 der Präambel
ausdrücklich erhobenen Forderung nach allgemein gültiger und einheitlicher
140
Anwendung der Regelungen auf alle Antragsteller. Da das Verhalten des
Verfügungsbeklagten auch für den Verfügungskläger als satzungswidrig zu erkennen
war, kann sich hieraus ein Vertrauenstatbestand zu Gunsten des Verfügungsklägers
nicht ergeben. Anders wäre dies nur, wenn durch das Verhalten des
Verfügungsbeklagten der Verfügungskläger von einer satzungskonformen
Antragstellung abgehalten worden wäre. Dies ist nicht der Fall. Die Entscheidung, den
Spielbetrieb nun selbst und nicht mehr mit einem wirtschaftlichen Träger zu führen, ist
nach dem 01.02.2005 getroffen und dem Verfügungsbeklagten erst im April 2005
mitgeteilt worden. Eine fristgerechte Neubeantragung war nicht mehr möglich. Der
Neuantrag war vielmehr verfristet und konnte aus den zuvor ausgeführten Gründen auch
nicht als bloße Modifikation des Ursprungsantrags gewertet werden. Diese sich aus der
verspäteten Grundentscheidung ergebenden Konsequenzen hat der Verfügungskläger
selbst zu vertreten. Unklarheit und Unberechenbarkeit der Regelung in § 2 der
Lizenzrichtlinien liegt wie ausgeführt, nicht vor.
Der Verfügungsbeklagte war auch nicht verpflichtet, ein Fehlverständnis der
Verfügungskläger durch nichtrichtlinienkonforme Handhabung der Vorschriften
auszugleichen. Ein solches Handeln wäre ein Verstoß gegen den aus § 242 BGB
folgenden, das Vereinsverhältnis prägenden Gleichbehandlungsgrundsatz und zudem
ein Kartellrechtsverstoß gemäß § 20 Abs. 1 GWB. Der Aspekt der größtmöglichen
Gleichbehandlung hat vereins- und kartellrechtliche überragende Bedeutung. Das
sehen auch die Parteien so, der Verfügungskläger jedoch nicht mit der gebotenen
Konsequenz, wie seine allein die eigenen Interessen in den Vordergrund stellende
Auffassung von der Zulässigkeit eines Wechsels der unternehmerischen
Grundlagenentscheidung zeigt.
141
Aus den vorgenannten Gründen ist eine kartellrechtlich unzulässige diskriminierende
Behandlung des Verfügungsklägers durch den Verfügungsbeklagten zu verneinen.
Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz vereinsrechtlicher Gleichbehandlung liegt nicht
vor.
142
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
143
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziffer 6 ZPO.
144