Urteil des LG Dortmund vom 14.03.2017

LG Dortmund (gericht erster instanz, parkplatz, verhältnis zu, höhe, ausfahrt, antrag, akte, markierung, akten, stadt)

Landgericht Dortmund, 15 S 82/79
Datum:
06.09.1979
Gericht:
Landgericht Dortmund
Spruchkörper:
15. Ferienzivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 S 82/79
Vorinstanz:
Amtsgericht Hamm, 15 C 680/77
Tenor:
Unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts
Hamm vom 15.3.1979 werden die Beklagten
verurteilt, an die Klägerin als Gesamt-
Schuldner 438,89 DM ( i. W. vierhundert-
achtunddreißig 89/100 Deutsche Mark)
nebst 4 v. H. Zinsen seit dem 1. März 1977
zu zahIen.
Die Kosten des 1. Rechtszuges tragen
die Klägerin zu 2/3 und die Beklagten
zu 1/3.
Die Kosten der Berufung tragen die
Klägerin zu 1/3 und die Beklagten zu 2/3.
Tatbestand:
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Die Parteien streiten wegen der Folgen eines Verkehrs-
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Unfalls, der sich am 5.2.1977 gegen 16.15 Uhr auf dem
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Parkplatz des M - Einkaufs-Zentrums in I ereignet
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hat.
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Die Klägerin befuhr am Unfalltag mit ihrem PKW den oben
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genannten Parkplatz und beabsichtigte, diesen zu ver-
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lassen. Zu diesem Zweck begab sie sich mit ihrem PKW/
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nachdem sie den inne gehabten Einstellplatz verlassen
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hatte, auf den in nördlicher Richtung verlaufenden
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Fahrstreifen, welcher beidseitig von Einstellplätzen
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eingegrenzt ist. Der von der Klägerin befahrene Fahrstreifen
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mündet in die den ganzen Parkplatz des M-Einkaufs-
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Zentrums umführende Ein- und Ausfahrt. Zum gleichen
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Zeitpunkt befuhr die Beklagten zu 1. mit dem PKW des
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Beklagten zu 2. die Ein- bzw. Ausfahrt des Parkplatzes
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in ostwärtiger Richtung. An der Einmündung des von der
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Klägerin befahrenen Fahrstreifens in die Parkplatzein-
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und ausfahrt kam es zu einem Zusammenstoß beider Fahrzeuge.
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Die Klägerin verlangt nun den Ersatz des Ihr unfallbedingt
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entstandenen Schadens in Höhe von insgesamt 1400, 90 DM.
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Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte zu 1. sei in ihr
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bereits stehendes Fahrzeug hineingefahren. Dabei habe die
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Beklagte zu 1. ihr Fahrzeug mit überhöhter Geschwindigkeit
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geführt.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, als Gesamtschuldner
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an sie 1700, 90 DM nebst 4 % Zinsen von 839,40 DM
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seit dem 1.4.1979 zuzüglich 4 % Zinsen von
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561, 50 DM seit Zustellung der Klageschrift zu
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zahlen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagten haben behauptet, die Klägerin habe unmittel-
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bar nach dem Unfall gegenüber dem herbeigerufenen Polizei-
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beamten angegeben, daß sie einem ihr vorausfahrenden PKW
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ohne anzuhalten gefolgt sei. Die Beklagten haben die An-
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sicht vertreten, die von der Beklagten zu 1. befahrene
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Straße sei bevorrechtigt, da diese eindeutig Straßencharakter
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habe.
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Das Gericht erster Instanz hat über den Unfallhergang Beweis
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erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das
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Sitzungsprotokoll des Amtsgerichts Hamm vom 4.4.1978 -Bl. 34
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und 35 der Akten- verwiesen.
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Sodann hat es der Klage mit Urteil vom 15.4.1979 in Höhe von
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658, 34 DM stattgegeben. Das Gericht erster Instanz hat die
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Ansicht vertreten, beide Parteien treffe ein Verursachungs-
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beitrag in Höhe von 50 %.
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Gegen dieses am 2.4.1979 zugestellte Urteil haben die Beklagen
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am 27.4.1979 Berufung eingelegt und sie am 17.5.1979 begründet.
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Die Beklagten sind der Ansicht, es könne nicht generell gesagt
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werden, welche Vorfahrtsregel auf einem Parkplatz gelte. Die
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Entscheidung dieser Frage richte sich vielmehr nach den jeweili-
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gen Gegebenheiten des Einzelfalles. Da die Zu- und Abfahrt
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zu bzw. von den einzelnen Stellplätzen des M - Einkaufs-
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Zentrums nur über die von der Beklagten zu 2. befahrenen Straße
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möglich sei, müsse davon ausgegangen werden, daß die Beklagte
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zu 2. vorfahrtberechtigt gewesen sei.
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Die Beklagten beantragen,
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nach ihrem In erster Instanz gestellten Antrag
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zu erkennen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Klägerin ist der Ansicht, zwischen den Parteien habe
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eine Verständigungspflicht, gegen die von beiden Seiten
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gleich schwer verstoßen worden sei, bestanden.
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Das Berufungsgericht hat die Akte 30/8-4265/77 des Ober-
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stadtdirektors der Stadt I zu Informationszwecken bei-
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gezogen. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird
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auf den vorgetragenen Inhalt Ihrer Schriftsätze erster und
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zweiter Instanz verwiesen.
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Entscheidungsgründe;
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Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts
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Hamm vom 15.4.1979 ist zwar zulässig, aber nur teilweise
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begründet.
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Die Zulässigkeit der Berufung ergibt sich aus § 511 a ZPO.
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Da die Beklagten entgegen ihrem in erster Instanz gestellten
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Antrag auf Klageabweisung durch das Urteil des Amtsgerichts
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Hamm zur Zahlung von 658, 34 DM verurteilt wurden, ist ins-
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besondere die für die Zulässigkeit des Rechtsmittels
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erforderliche Beschwerde in Höhe von mindestens 500,- DM
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gegeben.
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In sofern die Beklagten sich zur Begründung ihres Rechtsmittels
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darauf berufen haben, die Klägerin sei gegenüber der Beklagten
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vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Das Berufungsgericht
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ist der Ansicht, daß es sich bei dem von der Klägerin befahrenen
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Stichweg nicht um einen anderen Straßenteil im Sinne des
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10 StVO handelt. Nach dem Regelungsgehalt des § 10 StVO
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gehören nämlich zu den anderen Straßenteilen im Sinne der
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genannten Vorschrift nur solche Plätze und Wege, die
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sich in ihrer Zweckbestimmung eindeutig von der den fließenden
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Kraftfahrzeugverkehr dienenden Fahrbahn abgrenzen lassen.
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Von einer derartigen Unterschiedlichkeit der Zweckbestimmung
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kann aber bei dem von der Klägerin befahrenen Stichweg nicht
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ausgegangen werden. Zwar stimmt die Kammer der von den Be-
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klagten geäußerten Rechtsansicht insofern zu, als daß die von
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den ankommenden Parkplatzbenutzern befahrenen Stichwege primär
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der Suche nach einem Stellplatz dienen. Die Kammer hat aber
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auch berücksichtigt, daß diejenigen Autofahrer, die den Park
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platz verlassen wollen und sich zu diesem Zweck bereits auf
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einem der Stichwege befinden, bereits wieder am fließenden
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Verkehr teilnehmen, bzw. als solcher anzusehen sind.
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Ein anderes Ergebnis vermag auch die Meinung der Beklagten,
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ein reibungsloser Verkehrsablauf auf dem Parkplatz des M -
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Einkaufs-Zentrums erfordere die Überordnung des von der
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Beklagten zu 1. befahrenen Weges, nicht zu rechtfertigen.
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Die Überlassung eines Parkplatzes kann nämlich ebenso gut
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darauf beruhen, daß dem von den einzelnen Stichwegen abfließen-
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den Fahrzeugverkehr keine Möglichkeit gegeben wird, von den
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Parkbuchten auf die den Parkplatz umfassende Zu- und Abfahrt
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aufzufahren.
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Die Kammer geht des weiteren auch davon aus, daß die Regelung
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des § 8 Abs. 1 StVO nicht anwendbar ist. Es ist anerkannt, daß
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die Grundregel "rechts vor links" nur auf solchen Parkplätzen
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Anwendung finden kann, deren Fahrbahnen im wesentlichen gleich-
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artige Merkmale hinsichtlich Markierung, Breite und Verkehrs-
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führung aufweisen. Nach der von den Beklagten vorgelegten und
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von der Klägerin unwidersprochen gebliebenen Skizze kann von
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einer Gleichordnung der von den Parteien jeweils benutzten
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Fahrbahnen aber nicht die Rede sein. Dies wird ebenfalls
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durch die in der Bußgeldakte des Oberstadtdirektors der Stadt I
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auf Blatt 4 der Akte befindliche Skizze und die von dem Be-
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klagten zu den Akten gereichten Lichtbilder bestätigt. Auf
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Grund des den Parkplatz umschließenden Charakters der von
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der Beklagten zu 1. befahrenen Zu- und Abfahrt, sowie wegen
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der durch die Markierung der einzelnen Stellplätze geschaffenen
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systematischen Abgrenzung der jeweiligen Parkbuchten, geht
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die Kammer davon aus, daß eine Abstufung der einzelnen Stich-
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wege rein tatsächlicher Art im Verhältnis zu der dem Parkplatz,
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umfassenden Zu- und Abfahrt erfolgt ist. Dieser Abstufung führt
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allerdings, wie auch das Gericht erster Instanz richtig fest-
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gestellt hat, nicht zu einer Bevorrechtigung der von der Be-
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klagten zu 1. befahrenen Straße. Es verbleibt gleichwohl bei
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der Anwendung der allgemeinen Regelung des § 1 StVO. Das
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Berufungsgericht ist aber der Auffassung, daß sich die Ab-
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stufung rein tatsächlicher Art in dem unter Verstoß gegen
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§1 StVO begründeten Verursachungsbeitrag beider Parteien
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niederschlagen muß. Es hält deshalb eine Schadensquote von
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einem Drittel zu zwei Dritteln zum Nachteil der Klägerin
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für gerechtfertigt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 und 97 Abs. 1
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StPO. Da die Klägerin lediglich in Höhe von einem Drittel
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der Klageforderung obsiegt hat, trägt sie die Kosten des
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Rechtsstreits in erster Instanz zu zwei Dritteln. Insoweit
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die Beklagten auch in der Berufungsinstanz bei ihrem Antrag
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auf uneingeschränkte Klageabweisung geblieben sind, tragen
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sie die Kosten der Rechtsmittelinstanz zu 2/3.
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