Urteil des LG Bonn vom 02.04.2017

LG Bonn (verzinsung, wiederkehrende leistung, zahlung, enteignungsentschädigung, widerklage, zwangsvollstreckung, posten, teilzahlung, höhe, zpo)

Landgericht Bonn, 1 O 448/76
Datum:
08.03.1977
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
1. Zivilkammer des Landgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
1 O 448/76
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil # U ##/## OLG L vom
##.##.#### ist unzulässig.
Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, den Beklagten 199, 09
DM zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d:
1
Durch das im Urteilstenor genannte Urteil des Oberlandesgerichts L ist die in der
Klageschrift wiedergegebene Enteignungsentschädigung festgesetzt worden in Form
bestimmter Geldbeträge und Verzinsung für bestimmte Zeiträume sowie der laufenden
Verzinsung eines Betrages von 23.364,84 DM mit 5 % ab 30.9.1974.
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Die Klägerin hat diese Beträge und die Verzinsung am 5.3.1975 gezahlt mit Ausnahme
von 5 % Zinsen von 17.250,32 DM für die Zeit vom 15.9.1969 bis 14.9.1974, welche
4.279,28 DM betragen. Dieser Betrag ist am 10.2.1976 gezahlt worden.
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Die Beklagten haben 5 % Zinsen von diesem Betrag vom 5.3.1975 bis 10.2.1976 =
199,09 DM verlangt und deswegen die Zwangsvollstreckung aus dem oben genannten
Urteil angedroht.
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Die Klägerin macht geltend, sie habe den Titel erfüllt. Da es sich bei der
Enteignungsentschädigung um einen einheitlichen Anspruch handele, sei eine
Anrechnung ihrer Teilzahlung vom 5.3.1974 auf Kosten, Zinsen und Hauptschuld nach
§ 367 BGB entgegen der Ansicht der Beklagten nicht möglich. Diese Zahlung sei also
gemäß § 366 Abs. 2 BGB auf die lästigere Schuld, also auf die Verzinsung
anzurechnen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Oberlandesgerichts L vom ##.##.#### -# U
##/##- für unzulässig zu erklären.
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Die Beklagten beantragen
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Klageabweisung.
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Sie haben hilfsweise Widerklage erhoben mit dem Antrag,
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die Klägerin zur Zahlung von 199,09 DM an die Beklagten zu verurteilen.
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Sie meinen, es handele sich um echte Zinsen, wie schon die Formulierung des
Urteilstenors zeige. Anderenfalls müsse der Verzinsungsbetrag von 4.279,21 DM als
Hauptforderung verzinst werden, mit deren Erfüllung die Klägerin in Verzug gewesen
sei. Sie, die Beklagten, hätten deshalb Bankkredit zu mehr als 5 % Zinsen
aufgenommen.
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Die Klägerin beantragt
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Abweisung der Widerklage.
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Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und im
übrigen auf die beigezogenen Akten # U ##/## OLG L = # O ##/## LG C verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist aus § 767 ZPO begründet.
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Die Klägerin hat den durch Urteil des Oberlandesgerichts titulierten Anspruch der
Beklagten auf Enteignungsentschädigung durch ihre unstreitigen Zahlungen vom
5.3.1975 und 10.2.1976 von zusammen 30.451,97 DM erfüllt, wie ihre unbestrittene
Rechnung in der Klageschrift zeigt.
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Die Anrechnung der Teilzahlung vom 5.3.1975 durch die Beklagten auf Kosten, Zinsen
und Hauptleistung ist nicht zutreffend. Denn es handelt sich bei der im Urteil
angeordneten Verzinsung der genannten Beträge nicht um Zinsen und bei der
ausgesprochenen Verpflichtung zum Ersatz von im
Entschädigungsfeststellungsverfahren entstandenen Rechtsanwaltskosten nicht um
Kosten im Sinne des § 367 BGB. Vielmehr stellen alle angeordneten Zahlungen,
gleichgültig ob in Form eines bezifferten Betrages, einer Verzinsung oder des in Frage
stehenden Kostenersatzes, zusammen die Enteignungsentschädigung dar, die ihre
Rechtsnatur nach einen einheitlichen Anspruch beinhaltet. Die gemäß § 36 des
Preußischen Enteignungsgesetzes vorgesehene Verzinsung ist keine wiederkehrende
Leistung im Sinne des § 367 BGB, sondern die besondere Art der
Entschädigungsbemessung. Die Erstattung der Anwaltskosten betrifft einen
Folgeschaden der Enteignung und ist Teil der einheitlichen Entschädigung. Beide sind
Rechnungsposten.
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Aus der Einheitlichkeit des Entschädigungsanspruches und dementsprechend der
Schuld der Klägerin folgt gemäß § 366 Abs. 2 BGB, da eine Bestimmung der zu
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tilgenden Rechnungsposten bei der Zahlung unstreitig nicht erfolgt ist, alle Posten fällig
waren und den Beklagten die gleiche Sicherheit boten, dass zunächst die laufende
Zinsverpflichtung in Höhe von 5 % von 23.364,84 DM ab 30.9.1974 bis zur Zahlung am
5.3.1975 ganz und danach die übrigen Rechnungsposten verhältnismäßig getilgt
worden sind. Der verbleibende Restbetrag von unstreitig 4.279,28 DM ist am 10.2.1976
gezahlt worden. Da es sich bei den einzelnen Posten der titulierten
Enteignungsentschädigung nur bei der vorgenannten Verzinsung ab 30.9.1974 um eine
laufende Zinspflicht, im übrigen aber um bezifferte Beträge und nur um Zinsen für fest
begrenzte Zeiträume handelte, diese Zinsbeträge also bei einer späteren Zahlung nicht
größer wurden, hat sich die titulierte Restschuld der Klägerin bis zu der Restzahlung am
10.2.1976 nicht mehr vergrößert. Mit dieser Zahlung war die Verpflichtung aus dem Titel
erfüllt mit der Folge, daß eine Zwangsvollstreckung daraus unzulässig ist.
Die hilfsweise erhobene Widerklage auf Verzinsung des nach der Teilzahlung vom
5.3.1975 offen gebliebenen Restbetrages von 4.279,28 DM bis zu der am 10.2.1976
erfolgten restlichen Zahlung ist zulässig und begründet aus §§ 288, 286 BGB.
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Die Voraussetzungen hierfür, nämlich Zahlungsverzug der Klägerin ab 5.3.1975 und
dadurch bedingter Schaden der Beklagten durch notwendige Kreditaufnahme zu
mindestens 5 % Zinsen, sind ebensowenig bestritten, wie die Höhe des Zinsbetrages.
Soweit in dem am 5.3.1975 offen gebliebenen Rest Zinsbeträge enthalten waren, steht §
289 BGB der Widerklage nicht entgegen, weil es sich nicht um Zinsen im Sinne dieser
Vorschrift handelt, sondern um Posten der einheitlichen Enteignungsentschädigung.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 709 Ziff. 4 ZPO.
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Streitwert: 398,18 DM
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