Urteil des LG Bonn vom 29.07.1997

LG Bonn (versammlung, antrag, vereinbarung, estrich, einladung, begründung, boden, höhe, heizungsanlage, beschwerde)

Landgericht Bonn, 8 T 27/97
Datum:
29.07.1997
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
8. Zvilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
8 T 27/97
Vorinstanz:
Amtsgericht Bonn, 28 II 106/96 WEG
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des
Amtsgerichts Bonn - 28 II 106/96 WEG - vom 07.01.1997 wird
zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten werden der Antragstellerin auferlegt, eine
Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,-- DM
festgesetzt
G r ü n d e
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I.
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Die Beteiligten zu 1) und 2) bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft C-Straße in
C, deren Verwalterin die Beteiligte zu 3) ist. Mit ihrem Antrag begehrt die Antragstellerin
die Ungültigerklärung des in der Wohnungseigentümerversammlung vom 12.06.1996 zu
Top 10 gefassten Beschlusses, der wie folgt lautet:
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Es wurde der Antrag gestellt, die Wohnungseigentümer mögen beschließen:
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Die zur Fußbodenheizung gehörenden Einrichtungen, wie Verteiler, Rohrleitungen und
Estrich werden zum Gemeinschaftseigentum erklärt. Diese Regelung soll ab
Beschlussfassung gelten.
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ABSTIMMUNG: per Handzeichen
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ABSTIMMUNGSEGEBNIS: 2.131,112 Zehntausendstel ME JA
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407,478 Zehntausendstel ME NEIN
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0 Zehntausendstel ME ENTHALTUNG
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BESCHLUSSERGEBNIS: Antrag angenommen
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Zu der Eigentümerversammlung vom 12.06.1996 hatte die Verwalterin
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durch Schreiben vom 24.05.1996 eingeladen. In dem Einladungsschreiben heißt es
unter anderem:
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Die Versammlung ist beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte der grundbuchlich
eingetragenen Miteigentumsanteile im Versammlungsraum vertreten sind. Sollte die
hiermit einberufene Versammlung nicht beschlussfähig werden, beginnt gemäß
Vereinbarung bzw. Beschluss 30 Minuten später eine zweite Versammlung, die nach §
25 Abs. 4 WEG ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile auf jeden Fall
beschlussfähig ist!
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Unter Top 2 a heißt es in dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 12.06.1996:
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FESTSTELLUNG DER BESCHLUSSFÄHIGKEIT UND ANWESENHEIT
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Der Versammlungsleiter stellte fest, dass die Versammlung mit insgesamt 2.538,59
Tausendstel anwesenden bzw. vertretenden Miteigentumsanteile nicht beschlussfähig
war und schloss die Versammlung unter dem Hinweis, dass gemäß Einladung und
Beschluss 30 Minuten später die Wiederhol-Versammlung beginnt, die dann ohne
Rücksicht auf die Anwesenden bzw. vertretenen Miteigentumsanteile beschlussfähig ist.
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DER VERSAMMLUNGSLEITER ERÖFFNETE UM 18.30 UHR DIE
WIEDERHOLVERSAMMLUNG.
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In einer vorhergehenden Wohnungseigentümerversammlung vom 20.05.1992 war unter
Top 9 folgender Beschluss gefasst worden:
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WIEDERHOLVERSAMMLUNG (ORGA)
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Es wurde folgender Antrag gestellt: Die Eigentümergemeinschaft verzichtet in Zukunft
auf eine erneute Ladungsfrist für den Fall, dass die 1. Versammlung nicht
beschlussfähig ist. In diesem Fall kann die 2. Versammlung (Wiederholversammlung)
bereits 30 Minuten nach der für die Erstversammlung bestimmten Zeit eröffnet werden.
Die 2. Versammlung ist ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile sofort
beschlussfähig. Darauf ist in der Einladung zur Erst-Versammlung hinzuweisen.
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ABSTIMMUNG: per Handzeichen
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ABSTIMMUNGSERGEBNIS: 7.001.87
Miteigentumsanteile JA
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0 Miteigentumsanteile NEIN
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0 Miteigentumsanteile ENTHALTUNG
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BESCHLUSSERGEBNIS: Damit ist der Antrag einstimmig angenommen
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Die Wohnungseigentumsanlage besteht aus 19 Einheiten, die alle mit
Fußbodenheizung beheizt werden. Die Gewerbeeinheit im Erdgeschoß hat
darüberhinaus zusätzlich Radiatoren. Die Heizschlangen für die einzelnen Wohnungen
sind im jeweiligen Fußboden eingelassen, d.h. unter dem jeweiligen Fußbodenbelag im
schwimmenden Estrich verlegt.
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Die Antragstellerin hat die Auffassung vertreten, der angefochtene Beschluss sei
ungültig. Zum einen sei er wegen Verstoßes gegen § 23 Abs. 2 WEG ungültig, weil sich
der einzelne Wohnungseigentümer wegen der sofortigen Abhaltung der Wiederhol-
Versammlung am gleichen Tag ohne nochmalige Einberufung nicht auf die
Eigentümerversammlung habe vorbereiten können.
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Im übrigen hat sie die Auffassung vertreten, die im Bereich des Fußbodens unter dem
jeweils im Sondereigentum stehenden Wohnungen verlegten Heizschlangen seien
Sondereigentum der jeweiligen Wohnungseigentümer. Dies sei schon deshalb der Fall,
weil die Heizungen durch den jeweiligen Nutzer der Eigentumswohnung selbständig
ab- bzw. wieder angeschaltet werden könnten, ohne dass dies zu einer
Beeinträchtigung der Gesamtanlage führe. Auch eine Änderung der Heizungsart im
Beiheizen durch Radiatoren sei grundsätzlich möglich. Daher bestehe gemäß § 5 Abs.
1 WEG Sondereigentum an den Heizschlangen im Fußbodenbereich der jeweiligen
Eigentumswohnungen. Für eine abweichende Regelung gemäß § 5 Abs. 3 WEG weise
der angefochtene Beschluss nicht die vorgeschriebene Allstimmigkeit für eine
Vereinbarung aus und sei außerdem nicht im Grundbuch eingetragen. Die Abänderung
der Heizungsart z. B. in Radiatoren-Beheizung könne für den einzelnen
Wohnungseigentümer z.B. dann notwendig werden, wenn er eine bestimmte
Fußbodenbelagsart wähle, die sich mit Fußbodenheizung nicht vertrage, wie dies etwa
bei Parkettfußboden der Fall sei.
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Die Antragstellerin hat beantragt,
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den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 12.06.1996 zu Top 10
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(Beschlussfassung über Fußbodenheizung) für ungültig zu erklären.
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Die Antragsgegner haben beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Sie haben die Auffassung vertreten, die gesamte Heizungsanlage einschließlich der
Heizschlangen unter den jeweiligen Sondereigentumseinheiten stehe im
Gemeinschaftseigentum, da diese wesentliche Bestandteile des im
Gemeinschaftseigentum stehenden Gebäudes geworden seien. Darüberhinaus
eigenmächtigen dürfe ein einzelner Wohnungseigentümer keine Änderungen an den
Heizschlangen unter dem Fußboden seiner Wohnung vornehmen, diese insbesondere
weder ändern noch erweitern, da dies die Gesamtanlage schädigen könne. Außerdem
biete der angefochtene Beschluss für alle Eigentümer den Vorteil, dass etwaige
Schäden an den Heizschlangen durch die Verwaltung abzuwickeln wären und ggfls. ein
Versicherungsfall der Gemeinschaft darstellten. Der angefochtene Beschluss begründe
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keine neue Rechtslage, sondern sei nur deklaratorischer Natur.
Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 07.01.1997 den Antrag der Antragstellerin
zurückgewiesen.
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Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, der angefochtene Beschluss sei nicht
bereits deshalb ungültig, weil die Eigentümerversammlung vom 12.06.1996 nicht
gemäß § 25 Abs. 3 und 4 WEG beschlussfähig gewesen sei.
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Dabei hat das Amtsgericht die Eventualeinladung für den Fall, dass die Versammlung in
der Ersteinladung beschlussunfähig sein sollte, für gültig erachtet. Wegen der
Begründung wird auf den Inhalt des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.
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Desweiteren hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Heizschlangen der
Fußbodenheizung, die im Estrich verlegt sind, zum Gemeinschaftseigentum gehören mit
der Folge, dass der angefochtene Beschluss lediglich klarstellende Bedeutung habe.
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Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde.
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Sie wiederholt im wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag und meint, der Beschluss
gemäß Top 10 der Eigentümerversammlung vom 12.06.1996 verstoße gegen die
Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung.
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Insbesondere vertritt die Antragstellerin die Auffassung, entgegen der Meinung des
Amtsgerichts befänden sich die Heizschlangen der Fußbodenheizung nicht im
Gemeinschaftseigentum, sondern im Sondereigentum der jeweiligen Eigentümer. Dies
insbesondere deshalb, weil der "schwimmend" verlegte Heizestrich so gestaltet sei,
dass er theoretisch aus den Wohnräumen entfernt werden könne, ohne eine
konstruktive Beeinträchtigung des Bestandes, der Sicherheit und der
Gebrauchsfähigkeit des Gebäudes zu verursachen.
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II.
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Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, insbesondere innerhalb der 2-
Wochenfrist eingelegt, jedoch unbegründet.
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Zu Recht hat das Amtsgericht den angefochtenen Beschluss
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vom 12.06.1996 zu Top 10 nicht für ungültig erklärt. Dieser ist rechtmäßig.
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Der Beschluss ist nicht deshalb ungültig, weil die Eigentümerversammlung vom
12.06.1996, in der dieser, Beschluss gefasst worden ist, nicht gemäß § 25 Abs. 3 und 4
WEG beschlussfähig war.
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Zur Begründung kann, voll inhaltlich auf den angefochtenen Beschluss verwiesen
werden.
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Unstreitig war die notwendige Anwesenheit gemäß § 25 Abs. 3 WEG von mehr als der
Hälfte der Wohnungseigentümer nicht vorhanden, so dass der Versammlungsleiter die
Eigentümerversammlung zunächst wieder schloss. Die eine halbe Stunde später
eröffnete Wiederhol-Versammlung, bei der ebenfalls weniger als die Hälfte der
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Miteigentumsanteile vertreten war, war gemäß § 25 Abs. 4 WEG beschlussfähig und
ordnungsgemäß einberufen.
Zu Recht durfte der Verwalter in der Einladung zur Versammlung bereits zu einer
sogenannten "Eventual-Versammlung" einladen. Grundsätzlich ist zwar die sogenannte
Eventualeinberufung nicht zugleich mit der Einladung für die ordentliche Versammlung
zulässig, die Regelung des § 25 Abs. 4 WEG ist jedoch abdingbar, wenn der Hinweis
auf die ohne Rücksicht auf die Höhe der vertretenen Anteile gegebene
Beschlussfähigkeit entweder in der abbedingenden Vereinbarung oder in der jeweiligen
Einladung zur Eventualversammlung enthalten ist.
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In der Versammlung vom 20.05.1992 hatte die Eigentümerversammlung zu Top 9 einen
solchen Beschluss gefasst (vgl. BI. 44 d.A.). Dieser Antrag war einstimmig angenommen
worden. Es kann dahinstehen, ob zu dieser Vereinbarung grundsätzlich Einstimmigkeit
notwendig war, also die Zustimmung sämtlicher Miteigentümer im Sinne einer
Vereinbarung, da ein Verstoß dagegen nur zur Anfechtbarkeit dieses Beschlusses führt,
die nicht vorgenommen wurde (vgl. Henkel/Niederfür/Schulze, § 25 Rn. 3).
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Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin war die Angabe einer exakten
Uhrzeit für die Eventualversammlung nicht nötig. Da nämlich die Erstversammlung auf
18.00 Uhr terminiert und die zweite Versammlung auf 30 Minuten später angesetzt war,
stand fest, dass diese um 18.30 Uhr stattfinden würde. Die genaue Angabe der Uhrzeit
ist damit entbehrlich, da sich diese ohne weiteres aus der Einladung ergibt (vgl. dazu
Weidnauer WEG, 7. Aufl., § 25, Rn. 5).
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Formal war daher die Einberufung der Versammlung und die Durchführung der zweiten
Versammlung nicht zu beanstanden.
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2
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Auch in der Sache ist der Beschluss zu Recht erfolgt.
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Zu Recht hat das Amtsgericht angenommen, dass die Heizungsanlage kraft Gesetzes
zum Gemeinschaftseigentum gehört. Zur Fußbodenheizung gehören nicht nur die im
Estrich verlegten Heizschlangen, sondern sämtliche Rohre, Verbindungselemente,
Schalter etc. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin in der
Beschwerdebegründung gehört auch der schwimmende Estrich und die Isolierschichten
zwingend zum Gemeinschaftseigentum (vgl. Weidnauer WEG, 7. Aufi., § 5, Rn. 10 unter
Hinweis auf OLG München, Rechtspfleger 1985, 437). Damit aber gehören auch im
schwimmenden Estrich verlegte Heizungsanlagen zu den wesentlichen Bestandteilen
des. Gebäudes und damit grundsätzlich im gemeinschaftlichen Eigentum (vgl.
Weidnauer, WEG, 7. Aufi., § 5, Rn. 14 unter Bezugnahme auf OLG Zweibrücken, ZMR
1984, 33).
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Zwar sind per Vereinbarung Teile der Heizungsanlage grundsätzlich
sondereigentumsfähig, eine solche Vereinbarung ist vorliegend aber nicht getroffen
worden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entsprach billigem Ermessen, der
Antragstellerin die Gerichtskosten aufzuerlegen.
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Anhaltspunkte vom Grundsatz, dass jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst
zu tragen hat, abzuweichen, waren nicht vorhanden.
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