Urteil des LG Bonn vom 17.01.2008

LG Bonn: ordentliche kündigung, befristeter vertrag, restriktive auslegung, dienstverhältnis, geschäftsführer, beweisführungslast, dienstvertrag, klageerweiterung, ausnahme, streichung

Landgericht Bonn, 12 O 116/07
Datum:
17.01.2008
Gericht:
Landgericht Bonn
Spruchkörper:
2. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
12 O 116/07
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
1.
Die Klage wird abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung oder
Hinterlegung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages
vorläufig vollstreckbar.
T A T B E S T A N D:
1
Die Parteien streiten im wesentlichen darüber, ob der Kläger gegenüber einer ihm
seitens der Beklagten im Juni 2007 ausgesprochenen ordentlichen Kündigung zum
31.12.2007 einen Ausschluß des Rechtes der Beklagten zur ordentlichen Kündigung
einwenden kann.
2
Die Beklagte wurde 1989 durch die D und die M als GmbH gegründet. Hinsichtlich des
ursprünglichen Gesellschaftsvertrages wird auf Blatt 153 bis 160 der Akten verwiesen
und hinsichtlich der letzten Fassung des Gesellschaftsvertrages vom 12.05.2003 auf die
Anlage K2. Der ursprüngliche Gesellschaftsvertrag sah in § 6 Abs. 3 vor, dass die
Bestellung eines Geschäftsführers "nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes
widerrufen werden" kann. Dieser Passus ist im Jahre 1994 unstreitig gestrichen worden.
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Der ursprüngliche Vertrag der Beklagten mit dem Kläger vom 18.12.1989 (Anlage K7)
war ein befristeter Vertrag, das heißt, es sah eine Vertragsdauer vom 01.01.1990 bis
30.12.1994 vor, das heißt, die Frage einer ordentlichen Kündbarkeit stellte sich bei
diesem Vertrag nicht. Die Konstruktion des befristeten Vertrages wurde auch 1991
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beibehalten (Anlage K9), als eine Vertragsverlängerung bis Dezember 1996 vereinbart
wurde. Beide Verträge enthalten eine Verweisung auf den
Bundesangestelltentarifvertrag, wie auch der Vertrag vom 20.07.1995 (Anlage K10), auf
dessen § 2 der Kläger seine Auffassung zum Ausschluß der ordentlichen Kündbarkeit
maßgeblich stützt. Diese letzte Fassung des Dienstvertrages – in den Verträgen ist
jeweils von "Arbeitsvertrag" die Rede – ist von Beklagtenseite durch den seinerzeigen
Kuratoriumsvorsitzenden, den Zeugen Dr. T unterschrieben worden. Nach § 1 des
Vertrages vom 20.07.1995 wird eine weitere Verlängerung des bisherigen
Vertragsverhältnisses bis zum 31.12.2001 vereinbart und für den Zeitraum danach
(erstmals) den Übergang in ein Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit, sofern nicht die
Gesellschafterversammlung bis spätestens 31.12.1999 einen Beschluss über die
Nichtfortsetzung fasst, was unstreitig nicht geschehen ist. § 2 des Vertrages vom
20.07.1995 lautet wie folgt:
"1.
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Das Anstellungsverhältnis bestimmt sich, soweit in diesem Vertrag nichts
abweichendes bestimmt ist, nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) vom
23.02.1961 und den diesen ergänzenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen
Fassung.
6
2
7
Die §§ 17, 35 und 43 BAT finden keine Anwendung. Überstunden sind durch die
Vergütung abgegolten."
8
Der Kläger vertritt die Auffassung – dies stellt den Kern des Rechtsstreits dar – und
behauptet hierzu, dies sei seinerzeit auch übereinstimmend so gewollt gewesen, dass
mit der Verweisung auf den Bundesangestelltentarifvertrag gerade auch dessen § 53
Abs. 3 BAT Geltung erlangen sollte, der nach 15-jähriger "Betriebszugehörigkeit" sowie
einem Mindestlebensalter von 40 Jahren den Ausschluß der ordentlichen Kündbarkeit
seitens des Dienstherrn vorsieht. Der Kläger war bei Vertragsabschluß bereits älter als
40 Jahre (geboren am 07.01.1952), eine 15-jährige "Betriebszugehörigkeit" erlangte er
ab Januar 2005, das heißt, nach seiner Sicht ist ab Januar 2005 das Recht der
Beklagten zur ordentlichen Kündigung des Dienstvertrages nicht (mehr) gegeben.
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1995 wurde desweiteren zwischen den Parteien vereinbart, dass der Kläger zusätzlich
zu seiner Geschäftsführung ab Januar 1996 Nachfolger des bis dahin amtierenden
Intendanten Prof. I wird und hierfür eine monatliche Zusatzvergütung von 1.500,00 DM
(= 766,94 €) erhält, solange die Beklagte nicht einen anderen Intendanten bestellt, was
unstreitig im Juli 2007 geschehen ist, weshalb die Beklagte seit Juli 2007 dem Kläger
diese Zusatzvergütung nicht mehr zahlt. Dies ist unter anderem Gegenstand der
Klageerweiterung vom 23.10.2007.
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Unstreitig ist, dass das Dienstverhältnis des Klägers zur Beklagten ab Januar 2002 nicht
mehr wie zuvor befristet war. Am 27.06.2007 sprach die Beklagte gegenüber dem
Kläger die ordentliche Kündigung des Dienstvertrages zum 31.12.2007 aus. Die
Kündigungserklärung ging dem Kläger am 28.06.2007 zu. Widersprochen hat er der
Kündigungserklärung durch Anwaltsschreiben vom 09.07.2007, der Beklagten
zugegangen nicht vor dem 10.07.2007; anlässlich dieses Widerspruches ist vorsorglich
auch die ordnungsgemäße Bevollmächtigung bei dem Ausspruch der ordentlichen
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Kündigung bestritten worden.
Dem Ausspruch der ordentlichen Kündigung zum 31.12.2007, deren Rechtmäßigkeit
den Kern des Rechtsstreits darstellt, war vorangegangen ein Bericht des
Bundesrechnungshofes vom Mai 2007. Ob darin erhobene Vorwürfe auch den Kläger
betreffen und/oder dem Kläger zurechenbar sind, ist nicht Gegenstand des vorliegenden
Prozesses, da die Beklagte eine außerordentliche Kündigung, die aus Sicht des
Klägers ohnehin nicht begründet gewesen wäre, nicht ausgesprochen hat und bis zum
Schluß der mündlichen Verhandlung auch etwaige Schadensersatzansprüche nicht
zum Prozessstoff gemacht worden sind, von der Beklagten vielmehr im
Verhandlungstermin nur allgemein unter Ankündigung eines weiteren Rechtstreits
thematisiert wurden.
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Der Kläger behauptet, der Ausschluß der ordentlichen Kündbarkeit nach § 53 Abs. 3
BAT sei anlässlich der Letztfassung des Dienstvertrages im Juli 1995 von den
Vertragsparteien ausdrücklich so gewollt gewesen, was er, der Kläger – so meint er –
indes nicht nachzuweisen habe, da die unstreitige Verweisung auf den
Bundesangestelltentarifvertrag unter Ausklammerung lediglich der §§ 17, 35 und 43
BAT dergestalt sei, dass die Beweisführungslast zur Nichtanwendung des § 53 Abs. 3
BAT bei der Beklagten liege. Es könne auch nicht angehen – so meint der Kläger –
dass abweichend von den Zeitverträgen, die bis Dezember 2001 das Vertragsverhältnis
zwischen den Parteien kennzeichneten, durch den Übergang auf ein Dienstverhältnis
ohne zeitliche Befristung nunmehr eine weniger gesicherte Rechtssituation zu Lasten
des Klägers eingetreten sei. Wie sich aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes
vom 26.01.1998 (veröffentlicht unter anderem in NJW 1998, 1481f) ergebe, sei aus einer
Verweisung auf den Bundesangestelltentarifvertrag sehr wohl zu schließen, dass
gerade auch dessen § 53 Abs. 3 zur Anwendung gelange, mithin Ausschluß des
ordentlichen Kündigungsrechtes des Dienstherrn nach 15-jähriger
"Betriebszugehörigkeit", das heißt, hier spätestens ab Januar 2005.
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Der Kläger vertritt desweiteren die Auffassung, ihm sei zwar bewusst, als
Geschäftsführer einer GmbH jederzeit als Organ abberufen werden zu können, doch
habe er sehr wohl einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung (Klageantrag Ziffer 2), etwa
als Intendant. Es sei auch nicht rechtens – so meint der Kläger -, dass die
Intendantenzulage ab Juli 2007 nicht mehr ausgezahlt werde (Teil der
Klageerweiterung), das heißt, hier ergebe sich wie hinsichtlich der künftigen Zahlungen
ab Januar 2008 auch ein Zahlungsanspruch des Klägers (weiterer Teil der
Klageerweiterung).
14
Der Kläger beantragt:
15
1.
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Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Dienstverhältnis
nicht durch die Kündigung, datierend vom 25.06.2007/28.06.2007 zum 31.12.2007
sein Ende finden wird, sondern über diesen Termin hinaus fortbesteht.
17
2.
18
Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger zu den bisherigen vertraglichen
Bedingungen als Direktor und Intendant der E der D auch über den 31.12.2007
19
hinaus weiter zu beschäftigen.
3.
20
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.067,76 € brutto nebst Zinsen in Höhe
von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 766,94 € brutto seit
dem 01.08., 01.09., 01.10. und 01.11.2007 zu zahlen.
21
4.
22
Die Beklagte wird verurteilt, ab dem 01.11.2007 bis zum 31.12.2007 jeweils bis zum
15. eines Monats 766,94 € brutto monatlich zu zahlen sowie ab dem 01.01.2008
jeweils bis zum 15. eines Monats 8.276,34 € brutto zuzüglich 228,09 € Zuschuß
Krankenversicherung sowie 14,47 € Zuschuß Pflegeversicherung für die Dauer des
Rechtsstreits bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreits zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger könne keineswegs ein Recht auf Ausschluß
der ordentlichen Kündbarkeit für sich in Anspruch nehmen. Dies sei keineswegs so
gewollt gewesen, im Gegenteil ergebe sich aus der unstreitigen Streichung des § 6 Abs.
3 des ursprünglichen GmbH-Vertrages, dass mit dem erstmaligen Übergang in einen
unbefristeten Dienstvertrag gerade eine derartige Wirkung nicht eintreten sollte. Zudem
– so meint die Beklagte – ergebe sich bei Zugrundelegung der Sichtweise des Klägers
eine nicht hinnehmbare Diskrepanz zwischen Organstellung und dem von Klägerseite
zu unrecht reklamierten Ausschluß eines ordentlichen Kündigungsrechtes. Diesem
Wertungswiderspruch müsse durch eine restriktive Auslegung der Verweisung auf den
Bundesangestelltentarifvertrag Rechnung getragen werden. Die ordentliche Kündigung
zum 31.12.2007 sei mithin – unabhängig von etwaigen Vorwürfen – rechtens, wobei die
Beklagte bei Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß vertreten gewesen sei; die
Vertretungsrüge des Klägers sei verspätet erhoben worden und auch in der Sache nicht
berechtigt.
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Ein Beschäftigungsanspruch – so meint die Beklagte – stehe dem Kläger keinesfalls zu,
schon gar nicht ein Anspruch auf Wiederbestellung zum Intendanten. Im Hinblick auf die
unstreitige anderweitige Bestellung eines Intendanten im Juli 2007 stehe dem Kläger ab
Juli 2007 auch die "Intendantenzulage" nicht (mehr) zu.
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Hinsichtlich der Details des Vortrages der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen
ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen
einschließlich des nicht nachgelassenen Schriftsatzes vom 11.01.2008.
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Die Kammer hat im Termin vom 20.12.2007 eine Beweiserhebung beschlossen und
diese sogleich durch Vernehmung den beiderseits benannten Zeugen Dr. T
durchgeführt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Sitzungsniederschrift verwiesen.
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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:
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Die Klage ist nicht begründet, wobei die Kammer Wert auf die Klarstellung legt, dass mit
der Abweisung der Klage nicht einhergeht eine irgendwie geartete negative Bewertung
des Tätigwerdens des Klägers; die ihm gegenüber ausgesprochene ordentliche
Kündigung des Dienstverhältnisses ist von dem Vorliegen irgendwelcher
Kündigungsgründe nicht abhängig und hat zum 31.12.2007 das Vertragsverhältnis
zwischen den Parteien beendet. Im einzelnen gilt folgendes:
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Dem Feststellungsbegehren des Klägers – Zulässigkeitsbedenken hierzu sind weder
dargetan noch ersichtlich – war nicht stattzugeben, da entgegen der Annahme des
Klägers der Dienstvertrag zwischen den Parteien zum 31.12.2007 beendet ist. Der
unstreitigen ordentlichen Kündigung der Beklagten vom Juni 2007 stehen nicht etwa
formelle Mängel betreffend ordnungsgemäßer Vertretung entgegen: Die dahingehende
"vorsorgliche Rüge" ist schon deswegen nicht berechtigt, da sie verspätet ist und daher
von der Beklagten nach §§ 182 Abs. 3, 174 BGB zu recht zurückgewiesen wurde;
zwischen Erhalt der Kündigung und Ausspruch der Rüge liegen zumindest 12 Tage,
das heißt, eine unverzügliche Zurückweisung im Sinne der §§ 182, 111, 174 BGB liegt
nicht vor.
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Auch inhaltlich begegnet die Kündigung zum 31.12.2007 entgegen der Annahme des
Klägers keinen Wirksamkeitsbedenken:
33
Dem Kläger ist nicht in seiner Annahme zu folgen, nicht er, sondern die Beklagte habe
nachzuweisen, dass ab Januar 2005 ein Ausschluß des Rechtes der Beklagten zur
ordentlichen Kündigung nicht eingetreten sei; die Beweisführungslast liegt vielmehr
beim Kläger, der im Ansatz auch nicht verkennt, dass er nach der zwischen den
Parteien gewählten Konstruktion eben anders als der Leiter des J der D nicht Beamter
ist, sondern Geschäftsführer einer GmbH, wobei auch der Kläger im Ansatz nicht in
Zweifel zieht, dass ein derartiger Geschäftsführer einer GmbH auch ohne Angabe und
Vorliegen irgendwelcher Gründe jederzeit als Geschäftsführer abberufen werden kann,
weshalb der "Beschäftigungsantrag" in Ziffer 2 der Klage nicht etwa auf
Wiederbestellung zum Geschäftsführer gerichtet ist. Wer die Beweisführungslast hat,
richtet sich nach dem Regel- Ausnahme-Verhältnis. Der Ausschluß der ordentlichen
Kündbarkeit eines Geschäftsführers einer GmbH ist zweifelsohne die Ausnahme und
nicht die Regel, wobei der Kläger selbst nicht geltend macht, im schriftlichen
Dienstvertrag sei ausdrücklich ein derartiger Ausschluß der ordentlichen Kündbarkeit
geregelt – dann freilich träte eine Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses ein -: Ein
Ausschluß eines ordentlichen Kündigungsrechtes des Dienstherren kann auch nach
Darstellung des Klägers nur in der allgemeinen Verweisung auf den
Bundesangestelltentarifvertrag in § 2 des Dienstvertrages gesehen werden und damit
der Anwendung des § 53 Abs. 3 BAT, der bei einem Mindestlebensalter von 40 Jahren
und einer "Betriebzugehörigkeit" von mindestens 15 Jahren den Ausschluß der
ordentlichen Kündbarkeit gegenüber den Dienstverpflichteten zu Lasten des
Dienstherren vorsieht. Damit beruft sich der Kläger aber lediglich auf einen Umstand,
der keineswegs die Stringenz einer ausdrücklichen schriftlichen Regelung enthält,
sondern hier durch zahlreiche andere Umstände zumindest relativiert, wenn nicht gar
widerlegt wird, worauf noch einzugehen sein wird. Jedenfalls gibt es keinen Grund für
die Annahme, mit dem Kläger die Beweisführungslast zur Frage "Aussschluß der
ordentlichen Kündbarkeit" nicht bei dem Kläger sondern bei der Beklagten zu sehen.
Der mithin dem Kläger obliegende Nachweis, die Vertragsschließenden hätten eben
dies seinerzeit gewollt, hat der Kläger nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme vom
20.12.2007 nicht zu führen vermocht, weshalb es auf die Vernehmung der insoweit
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gegenbeweislich von Beklagtenseite benannten Zeugen, insbesondere des Zeugen Dr.
C nicht ankommt:
Der beiderseits benannte Zeuge Dr. T, seinerzeit Kuratoriumsvorsitzender, hat
ausgesagt, die Frage des Ausschlusses der ordentlichen Kündbarkeit gegenüber dem
Kläger sei seinerzeit nicht thematisiert worden, eine dahingehende Zusage sei dem
Kläger nicht erteilt worden, allerdings auch nicht das Gegenteil. Allerdings hat der
Zeuge sich überaus positiv über den Kläger geäußert, wozu er gewiß seine Gründe
gehabt haben wird. Der Zeuge hat auch mehrfach zum Ausdruck gebracht, aus seiner
Sicht sei seinerzeit beim Abschluß des letzten Dienstvertrages am 20.07.1995 eine
Situation geschaffen worden, die es nach seiner Einschätzung mit sich brachte, dass
der Kläger die ihm übertragenen Leistungen solange durchführen kann, wie er das will
und wie ihm das möglich ist. Daraus folgt indes nicht, dass die Vertragsschließenden
vom 20.07.1995 einen Ausschluß des ordentlichen Kündigungsrechtes gegenüber dem
Kläger auch nur bedacht, geschweige denn übereinstimmend gewollt haben. Auch bei
Zugrundelegung der Sichtweise des Klägers wäre eine derartige Situation erst ca. 10
Jahre (!) später eingetreten, nämlich ab Januar 2005, da erst dann das Kriterium "15
Jahre Betriebszugehörigkeit" des § 53 Abs. 3 BAT erfüllt gewesen wäre, während das
weitere Kriterium (Lebensalter mindestens 40 Jahre) schon 1995 erfüllt war. Auch aus
der Sichtweise des Klägers ergibt sich mithin keineswegs, dass mit der vertraglichen
Regelung vom Juli 1995 der Kläger schon "beamtenähnlich" abgesichert war, auch
wenn dies der Zeuge Dr. T als wünschenswert erachtet hatte, etwa entsprechend der
Situation bei dem J der D. Auch bei Zugrundelegung der Sichtweise des Klägers ergab
erst ab Januar 2002 ein Übergang der Vertragsstruktur auf einen Dienstvertrag ohne
Befristung und sodann für nicht weniger als 3 Jahre, nämlich bis Januar 2005 eine
Situation, die mangels der Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 BAT und mangels
ausdrücklicher vertraglicher Regelung zum Eingreifen der dienstvertraglichen Regelung
des BGB geführt hätte, das heißt, zu einer ordentlichen Kündbarkeit mit einer
Kündigungsfrist von maximal 6 Wochen zum Ende eines Kalendervierteljahres, das
heißt, von einer gesicherten Stellung des Klägers konnte frühestens ab Januar 2005 die
Rede sein, weshalb die auf den ersten Blick einleuchtende Überlegung des Klägers
"wieso sollte der Kläger durch das Vertragswerk vom Juli 1995 weniger gesichert sein
als durch die Zeitverträge zuvor" bei näherer Überprüfung eben nicht stichhaltig ist.
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Dem Kläger ist ohne weiteres zuzugeben, dass seine Tätigkeit eine deutliche Nähe zum
öffentlichen Dienstrecht aufweist, es unterliegt auch keinem Zweifel, dass eine
"Verstetigung" des Tätigwerdens des Klägers auch von der Beklagten durchaus gewollt
war und ohne die Ereignisse ab Mai 2007 der Kläger voraussichtlich noch viele weitere
Jahre das fortgesetzt hätte, was er seit Januar 1990 (Geschäftsführung)
beziehungsweise Januar 1996 (Intendanz) ausgeübt hat. Dem Kläger ist auch durchaus
einzuräumen, dass etwa die dienstliche Beurteilung Anlage K13 für eine "Bindung auf
Dauer" spricht, doch folgt aus all dem noch nicht, dass zugunsten des Klägers und
zulasten der Beklagten ab Januar 2005 das Recht der Beklagten, durch ordentliche
Kündigung das Dienstvertragsverhältnis zu beenden, ausgeschlossen worden ist.
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Allein der pauschale Hinweis auf den Bundesangestelltentarifvertrag in § 2 des
Vertrages – wenn auch mit dem Zusatz, das drei dieser Vorschriften keine Anwendung
finden sollen – kann die vom Kläger für richtig gehaltenen Rechtsfolge nicht haben,
wobei es dem dritten Rechtszug vorbehalten bleiben mag festzustellen, ob die zum
Geschäftsführer eines eingetragenen Vereins ergangene Entscheidung des
Bundesgerichtshofes vom 26.01.1998 (NJW 1998, 1481 f) auf den vorliegenden Fall
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übertragbar ist oder nicht. Die Verweisung auf den Bundesangestelltentarifvertrag im
Vertrag vom 20.07.1995 stellt eine schlichte Wiederholung dessen dar, was in den
beiden vorangegangenen Verträgen auch geschehen ist, bei denen der Kläger selbst
nicht für sich in Anspruch nimmt, dass § 53 Abs. 3 BAT potentiell aktiviert wurde, eben
deswegen nicht, weil bei einem Zeitvertrag die Basis für eine Anwendung des
Ausschlusses der ordentlichen Kündbarkeit nicht gegeben ist. Der Hinweis auf das BAT
im Vertrag vom 20.07.1995 wird vom Kläger mithin überwertet. Hätten die
Vertragsschließenden in der Tat das gewollt, was der Kläger inzwischen für sich in
Anspruch nimmt, hätte nichts näher gelegen, als dies im Vertragstext sehr viel deutlicher
werden zu lassen. Im Gegenteil spricht die unstreitige Streichung des § 6 Abs. 3 des
ursprünglichen Gesellschaftervertrages der Beklagten vor Abschluß des Vertrages vom
20.07.1995 dafür, dass die vom Kläger nunmehr für richtig erachtete Rechtsfolge gerade
nicht eintreten sollte. Zwar betrifft der GmbH-Vertrag primär nur die Gesellschafter, zu
denen der Kläger nicht gehört, doch wird dem Kläger der GmbH-Vertrag nicht unbekannt
geblieben sein, auch wenn ihm dies – wie es in der Stellungnahme vom 18.1.2007 heißt
– "nicht mehr erinnerlich" gewesen sein mag, dass nämlich § 6 Abs. 3, der expressis
verbis vorsah, dass die Bestellung eines Geschäftsführers nur bei Vorliegen eines
wichtigen >Grundes widerrufen werden kann, im zeitlichen Kontext zur Fassung des
Vertrages vom 20.07.1995 ersatzlos gestrichen wurde, nachdem mit dem Übergang in
ein unbefristetes Dienstverhältnis – freilich erst nach Ablauf mehrere Jahre – überhaupt
erst eine Situation eintreten konnte, bei der § 6 Abs. 3 des ursprünglichen GmbH-
Vertrages (Schutzwirkung zugunsten des Klägers?) potentiell relevant hätte werden
können. Ob damit entsprechend der Darstellung der Beklagten nachgewiesen ist, dass
die Vertragsschließenden einen Ausschluß der ordentlichen Kündbarkeit gerade nicht
gewollt haben, kann dahinstehen, da der Kläger jedenfalls nicht den Nachweis hat
führen können, zu seinen Gunsten sei am 20.07.1995 vertraglich vereinbart worden,
dass mit Eintreten der Voraussetzungen des § 53 Abs. 3 BAT, das heißt, ab Januar
2005 Ausschluß der ordentlichen Kündbarkeit zu seinen Gunsten und zu Lasten der
Beklagten vorliegt. Der neue Sachvortrag des Klägers insbesondere auf Seite 12 des
Schriftsatzes vom 11.01.2008 war nicht – etwa über § 156 ZPO – zu berücksichtigen, da
er vor dem Haupttermin vom 20.12.2007 hätte gebracht werden können mit der Folge,
daß weitere Zeugen nach § 273 ZPO geladen worden wären.
Damit ist die Kernfrage zu Lasten des Klägers zu beantworten, das heißt, die ordentliche
Kündigung vom Juni 2007 ist unabhängig von dem Vorliegen irgendwelcher
Kündigungsgründe dergestalt wirksam, daß das Dienstverhältnis zwischen den Parteien
zum 31.12.2007 beendet ist.
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Damit war das Feststellungsbegehren (Klagantrag Ziffer 1) abzuweisen, ebenso das
Begehren auf "Weiterbeschäftigung", das heißt, auf etwaige Schlüssigkeitsbedenken
hierzu ist nicht näher einzugehen. Abzuweisen ist mithin auch das Zahlungsbegehren
für die Zeit ab Januar 2008, während das Zahlungsbegehren für die Zeit Juli bis
Dezember 2007 betreffend die Zulage von 766,94 € pro Monat abzuweisen war, da
anläßlich der Bestellung des Klägers zum Intendanten unstreitig vereinbart worden ist,
dass der Kläger die Zulage von 1.500,00 DM (766,94 €) nur und solange erhält, wie er
Intendant ist und kein anderer als Intendant bestellt worden ist; letzteres ist unstreitig im
Juli 2007 geschehen. Daß hier zugunsten des Klägers irgendwie geartete
Wirksamkeitsbedenken eingreifen könnten, die Beklagte gar ihr ausdrücklich
vorbehaltenes Recht in irgendeiner Form verwirkt haben könnte, vermag die Kammer
nicht zu erkennen, das heißt, auch hier war der Klage nicht stattzugeben.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO beziehungsweise § 709 ZPO (die
Grenze des § 708 Ziffer 11 ZPO ist überschritten).
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Der Gegenstandswert wird für die Zeit bis 24.10.2007 (Anhängigwerden der
Klageerweiterung) auf 239.040,00 € und für die Zeit danach auf Kostenstufe
41
290.000,00 €/320.000,00 € festgesetzt.
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