Urteil des LG Bielefeld vom 18.10.2010

LG Bielefeld (wiedereinsetzung in den vorigen stand, notar, beschwerde, antrag, darlehen, darlehensnehmer, urkunde, frist, wiedereinsetzung, ausfertigung)

Landgericht Bielefeld, 23 T 676/10
Datum:
18.10.2010
Gericht:
Landgericht Bielefeld
Spruchkörper:
23. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
23 T 676/10
Tenor:
Die Beschwerde wird als unzulässig verworfen.
Gebühren sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erheben.
G R Ü N D E
1
Die Beteiligte hat mit Herrn G. N. aus C. am 23.02.2000 einen Darlehensvertrag zum
Erwerb einer Immobilie in C. geschlossen und ihm ein Darlehen über 102.258,38 €
gewährt. Als Sicherheit für das Darlehen wurde ein erstrangiger Grundschuldteilbetrag
in Darlehenshöhe an der Immobilie vereinbart. Ein entsprechender
Grundschuldsicherungsvertrag wurde am 09.03.2000 mit den Eigentümern
geschlossen.
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Auf dieser Grundlage wurde am 20.07.2000 eine Grundschuld über insgesamt
166.169,86 € in das Grundbuch von C., Blatt xxx, Abteilung III Nr. 11 zu Gunsten der
Volksbank I. eG. bestellt, weil diese die Finanzierung des Restkaufpreises übernommen
hatte. Durch die Bestellung der Grundschuld zu Gunsten des Verbundpartners der
Beteiligten, der Volksbank I., sollten den Darlehensnehmern zusätzliche Kosten erspart
werden.
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Da das Darlehen nicht mehr ordnungsgemäß bedient wurde, beabsichtigt die Beteiligte
eine Vollstreckung gegen den Darlehensnehmer und Grundstückseigentümer. Deshalb
wurde ein erstrangiger Grundschuldteilbetrag von 102.258,58 € am 07.05.2010 von der
Volksbank I. eG unter Übergabe des Grundschuldbriefes an die Beteiligte abgetreten.
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Mit Schreiben vom 16.06.2010 beantragte die Beteiligte bei dem Notar L., als Verwahrer
der Urkunde des Notars I., die Umschreibung der Vollstreckungsklausel aus der
vollstreckbaren Grundschuldbestellungsurkunde vom 20.07.2000 (UR-Nr. 386/2000
Notar I.), hinsichtlich des an die Beteiligten abgetretenen dinglichen und persönlichen
Anspruchs gegen die Darlehensnehmer und Grundstückseigentümer D. und G. N..
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Der Notar hat die Klauselumschreibung unter Hinweis auf ein Urteil des
Bundesgerichtshofs vom 30.03.2010 (AZ: XI ZR 200/09) mit Bescheid vom 02.08.2010,
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der der Beteiligten am 04.08.2010 zugegangen ist, abgelehnt.
Hiergegen richtet sich nunmehr ihre Beschwerde, mit der sie ihren Antrag auf
Klauselumschreibung weiter verfolgt.
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Die Beschwerde ist nach § 54 Abs. 1 BeurkG statthaft, das Rechtsmittel ist jedoch nicht
frist- und formgerecht eingelegt worden. Denn nach § 54 Abs. 2 BeurkG gelten für das
Beschwerdeverfahren die Vorschriften des FamFG.
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Nach § 63 Abs. 1 FamFG ist die Beschwerde binnen einer Frist von einem Monat,
beginnend mit der Bekanntgabe der Entscheidung des Notars, einzulegen. Da die
Beschwerde der Beteiligten am 04.08.2010 zugegangen ist, lief die Beschwerdefrist am
04. September 2010 ab, sodass die am 20.09.2010 erhobene Beschwerde verspätet
war. Im Übrigen war die Beschwerde nach § 64 Abs. 1 FamFG bei der Instanz
einzulegen, deren Entscheidung angefochten wird.
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Vorliegend war die Beschwerde bei dem Notar L. einzulegen, weil dieser im
vorliegenden Verfahren nicht Beteiligter, sondern wie ein Vollstreckungsgericht Instanz
für die Erteilung einer Rechtsnachfolgeklausel ist.
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Die Beteiligte und der Notar werden aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der
Beteiligten auf einen entsprechenden Antrag hin wegen der erfolgten Fristversäumung
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist, weil der Bescheid des Notars
eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung nach § 39 FamFG enthält, bei der die
Vorschriften der § 63, 64 FamFG nicht beachtet worden sind.
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Mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung könnte die Beschwerde dann auch formgerecht
beim Notar nochmals eingelegt werden. Der Beteiligten steht es andererseits aber auch
offen, den Klauselumschreibungsantrag noch mal zu wiederholen.
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Für das weitere Verfahren weist das Beschwerdegericht insbesondere den Notar auf
Folgendes hin:
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Die Beschwerde ist begründet. Die Ablehnung einer Rechtsnachfolgeklausel für die
Beteiligte auf ihren Antrag vom 16.06.2010 ist zu Unrecht erfolgt.
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Der Notar hat bei Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung im Grunde die gleichen
Aufgaben, wie der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bei der Erteilung der
Rechtsnachfolgeklausel nach § 727 Abs. 1 ZPO. Er hat nur die formellen
Voraussetzungen für die Klauselerteilung zu prüfen, das heißt, das Vorliegen eines
Antrags, eines wirksamen Vollstreckungstitels und seiner Vollstreckungsreife sowie den
Nachwies der Rechtsnachfolge durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde.
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Diese Voraussetzungen liegen entsprechend den von der Beteiligten mit Schreiben vom
16.06.2010 übersandten Unterlagen vor.
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Grundsätzlich nicht zu prüfen hat der Notar die Frage, ob der der Vollstreckung zu
Grunde liegende materielle Anspruch besteht oder ob Einwendungen dagegen
bestehen (BayObLG DNotZ 1998, 194).
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Es ist allerdings anerkannt, dass nach dem allgemeinen Legalitätsprinzip der Notar
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ausnahmsweise die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung ablehnen kann, wenn
durch öffentliche bzw. öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen oder für ihn sonst
offenkundig ist, dass der materielle Anspruch nicht oder nicht mehr besteht.
Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor. Im vorliegenden Fall ergibt sich für
den Notar keine Veranlassung, zu prüfen, ob durch die Teilabtretung der Grundschuld
den Schuldnern die Einreden aus dem Sicherungsvertrag nach § 1192 Abs. 1a BGB
erhalten geblieben sind. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 30.03.2010,
die einen Forderungsverkauf einer dinglich gesicherten Kreditforderung eines
Kreditinstituts an einen Finanzinvestor betrifft, ist auf den vorliegenden Fall nicht
anwendbar. Denn die Beteiligte macht eigene, originäre Ansprüche aus dem mit den
Schuldnern geschlossenen Darlehensvertrag geltend.
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Auch der Sicherungsvertrag ist in der Grundschuldzweckerklärung vom 09.03.2000
unmittelbar zwischen der Beteiligten und den Schuldnern geschlossen worden. Für die
Bedenken des Notars, die Einreden aus dem Sicherungsvertrag könnten zu Gunsten
der Schuldner nicht mehr bestehen, ergeben sich keine Anhaltspunkte.
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Sofern der Notar dem erneuten Begehren der Beteiligten auf Erteilung der
Rechtsnachfolgeklausel nicht nachkommen sollte, wird das Beschwerdegericht ihn
deshalb auf eine erneute Beschwerde der Beteiligten anweisen, aus den Gründen
dieses Beschlusses die Rechtsnachfolgeklausel zu erteilen.
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