Urteil des LG Bielefeld vom 29.07.2010

LG Bielefeld (grundstück, zpo, verhandlung, zustand, aufrechnung, gutachten, höhe, sachmangel, fläche, gebäude)

Landgericht Bielefeld, 6 O 50/09
Datum:
29.07.2010
Gericht:
Landgericht Bielefeld
Spruchkörper:
6. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 O 50/09
Tenor:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die
Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden,
wenn der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 %
des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt vom Beklagten Schadensersatz wegen der fehlenden gärtnerische
Nutzbarkeit eines von ihr erworbenen Grundstücks.
2
Am 26.06.2006 schlossen die Parteien vor dem Notar F. zur UR-Nr. 117/06 einen
Kaufvertrag über das Grundstück C.-Straße x, Gemarkung I., Flur x, Flurstück x,
Gebäude- und Freifläche, Landwirtschaftsfläche. Es wurde ein Kaufpreis in Höhe von
68.200 € vereinbart. Der Kaufvertrag enthielt in § 9 u.a. folgende Regelungen:
3
"1. Die Käuferin erwirbt den Vertragsgegenstand in dem Zustand, in dem er sich
bei Abschluss dieses Vertrages befindet, unter Ausschluss jeglicher Haftung,
insbesondere für die Bodenbeschaffenheit und für das Flächenmaß des
Grundstückes sowie für sonstige offene und verborgene Sachmängel der
Grundstücke und der Gebäude einschließlich der sonstigen baulichen Anlagen.
[…]
4
Die Parteien sind dahingehend einig, dass der Kaufgegenstand noch teilweise
geräumt werden muss. Insbesondere befinden sich auf dem Kaufgegenstand noch
eine alte Garage und alte Kraftfahrzeuge. Der Verkäufer verpflichtet sich, den
Kaufgegenstand hiervon zu räumen, die Garage nebst Fundamenten, abgestellte
Kraftfahrzeuge und sonstigem Unrat auf eigene Kosten zu entfernen und den
Grundbesitz in einem ordnungsgemäß geräumten Zustand zu übergeben. […]
5
3. Sachmängel
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a) Die Käuferin hat den Vertragsgegenstand genau besichtigt und kauft ihn wie er
liegt und steht unter Berücksichtigung der oben aufgeführten
Räumungsverpflichtung des Verkäufers. Alle Ansprüche und Rechte wegen
Sachmängeln am Grundstück werden hiermit ausgeschlossen. […] Der Verkäufer
versichert, dass ihm nicht erkennbare Mängel, insbesondere Altlasten, nicht
bekannt sind. […]
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c) der Verkäufer haftet nicht für sichtbare oder unsichtbare Sachmängel, versichert
jedoch, dass ihm Mängel und/oder Fehler nicht bekannt sind.
8
d) Von den vorstehenden Rechtsbeschränkungen ausgenommen ist eine Haftung
bei Vorsatz und Arglist. […]"
9
Die Klägerin zahlte zunächst einen Betrag von 50.000 €. Der Restkaufpreis sollte in
zwei Raten à 9.100,00 € beglichen werden. Die Klägerin hat bezüglich des noch
ausstehenden Kaufpreisanspruchs des Beklagten die Aufrechnung mit
Schadensersatzansprüchen wegen der nicht gärtnerisch nutzbaren Fläche erklärt.
Zwischenzeitlich hat der Beklagte die erste Rate i.H.v. 9.100,00 € aus einer Bürgschaft
der Sparkasse M. realisiert. Offen ist noch ein Restbetrag i.H.v. 9.100,00 €.
10
Im Jahr 2006 errichtete die Klägerin auf dem Grundstück ein Einfamilienhaus. Bis zum
heutigen Tage erfolgte keine Gartengestaltung. In den Jahren 2006 und 2007 wurde der
Beklagte zur ordnungsgemäßen Räumung des Grundstücks aufgefordert. In der
Folgezeit ließ der Beklagte durch Familienangehörige oder sonstige Dritte mehrmals
Räumungen auf dem Grundstück vornehmen. Ferner erbrachte die Klägerin gemeinsam
mit ihrer Familie Eigenleistungen und entfernte Fremdbestandteile aus dem Grundstück.
11
In der mündlichen Verhandlung vom 18.05.2009 hat der Beklagte erklärt, dass er das
Grundstück der Klägerin bis zum 15.06.2009 bis zu einer Tiefe von mindestens 20 cm,
soweit möglich auch tiefer, grubbern werde und dabei auftretende Fremdbestandteile
entsorgen werde.
12
Die Klägerin ist der Ansicht, der Beklagte sei im Hinblick auf die realisierte Kaufpreisrate
i.H.v. 9.100,00 € ungerechtfertigt bereichert. Sie behauptet, eine Gartengestaltung sei
nicht möglich. Im Boden befinde sich ein Höhlensystem, ferner sei auf dem Grundstück
ein "halbes Haus" sowie Müll und Schrott entsorgt und gelagert worden. Dies sei dem
Beklagten zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt gewesen, auf den Umstand
habe er jedoch nicht hingewiesen. Zur Nutzbarmachung des Grundstücks als
Hausgarten sei entweder die Entfernung der Fremdbestandteile aus dem Boden oder
die Auftragung einer mindestens 35 cm dicken Schicht sauberen Mutterbodens
notwendig. Nach drei Kostenvoranschlägen sei dafür mit Kosten zwischen 16.218,00 €
und 18.200,00 € zu rechnen. Mit Schriftsatz vom 12.07.2010 hat die Klägerin weiterhin
die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Nutzungsentschädigung und einem
Schadensersatzanspruch wegen erbrachter Eigenleistungen erklärt.
13
Die Klägerin beantragt,
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1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 9.100,00 € nebst Zinsen in Höhe
von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.10.2008
zu zahlen;
15
2. Festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin ein Schaden in Höhe von
zumindest weiteren 9.100,00 € zu ersetzen hat, der ihr dadurch entstanden ist,
dass der Beklagte bei Abschluss des Kaufvertrages vor dem Notar F. in I.,
Urkundennummer 117/2006, am 26.06.2006 verschwiegen hat, dass die
erworbene Teilfläche des Grundstückes Gemarkung I., Flur x, Flurstück x,
Gebäude- und Freifläche, Landwirtschaftsfläche, C.-Straße x zur Größe von 4.052
m², eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts N. von I., Bl. x, so gravierende
Fremdbestandteile aufweist, dass eine übliche Nutzung und Bodenbearbeitung
als ausgeschlossen gelten muss und zur Nutzbarmachung des Gartens eine
Überdeckung mit einer ausreichend mächtigen Schicht sauberen Mutterbodens
(35 cm) erfolgen muss und auf Grund der erfolgten Aufrechnung des
Schadensersatzanspruches mit dem Restkaufpreisanspruch des Beklagten ein
Kaufpreisanspruch des Beklagten nicht mehr besteht.
16
Der Beklagte beantragt,
17
die Klage abzuweisen.
18
Der Beklagte bestreitet einen Schadensersatzanspruch dem Grunde und der Höhe
nach. Er ist der Ansicht, dass aufgrund des Gewährleistungsausschlusses
Ersatzansprüche der Klägerin ausgeschlossen sein. Er behauptet, dass eine
gärtnerische Nutzung ohne weiteres möglich sei. Im Boden befinde sich kein
Höhlensystem. Es habe sich dort lediglich ein etwa 2 m tiefes Loch befunden, dass
zwischenzeitlich aufgefüllt sei. Außerdem sei auf dem Grundstück weder ein "halbes
Haus" noch Müll oder Schrott entsorgt worden. Jedenfalls habe er zum Zeitpunkt der
Veräußerung keine Kenntnis von Fremdbestandteilen im Grundstück gehabt.
19
Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 16.07.2009 durch die Vernehmung
der Zeugen E. L., E. G., I. T. und X. L. Beweis erhoben. Darüber hinaus ist durch ein
vegetationstechnisches Gutachten und eine ergänzende Stellungnahme zu dem
Gutachten durch den Sachverständigen für Garten- und Landschaftsbau Dr. Ing. D. I.
sowie durch eine richterliche Inaugenscheinnahme am 08.07.2010 Beweis erhoben
worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.02.2010 und im Ortstermin vom
08.07.2010 ist der Sachverständige Dr. I. ergänzend zu seinem Gutachten befragt
worden. Während des Ortstermins ist ferner der Zeuge Dr. E. I. vernommen worden.
Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Verhandlungsprotokolle
und die schriftlichen Gutachten Bezug genommen.
20
Entscheidungsgründe
21
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht weder ein Anspruch auf
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung noch ein Anspruch auf Feststellung
des Erlöschens der Restkaufpreisforderung zu.
22
I.
23
Der Klägerin steht kein Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
gegen den Beklagten zu.
24
Als Anspruchsgrundlage käme lediglich § 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Fall BGB in Frage. Zwar
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hat der Beklagte durch die Zahlung der 9.100,00 € "etwas" durch Leistung der Klägerin
erlangt, die Leistung erfolgte jedoch nicht rechtsgrundlos. Entgegen der Auffassung der
Klägerin ist der Kaufpreisanspruch des Beklagten nicht durch die Aufrechnung der
Klägerin mit einem Schadensersatzanspruch wegen eines Mangels an dem erworbenen
Grundstück untergegangen.
1.
26
Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch wegen arglistigen Verschweigens
eines Sachmangels zu. Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 433, 437 Nr. 3, 280, 281
BGB scheitert bereits daran, dass zur sicheren Überzeugung feststeht, dass ein
Sachmangel an dem Grundstück nicht vorliegt.
27
Für das Vorliegen eines Sachmangels ist die Klägerin beweisbelastet (vgl. Weidenkaff,
in: Palandt, BGB, 69. Aufl. (2010), § 434 Rd. 59). Zur Erbringung des Beweises ist
gemäß § 286 Abs. 1 ZPO die volle Überzeugung notwendig, bloßes für wahrscheinlich
halten genügt nicht (vgl. BGH, NJW 1970, 946). Erforderlich ist nicht absolute
Gewissheit, sondern eine Situation, in der Zweifeln Schweigen geboten ist (BGH, NJW
1998, 2969). Das Vorliegen von an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit genügt für
die Erbringung des Nachweises (vgl. Foerste, in: Musielak, ZPO, 7. Aufl. (2009), § 286
Rn. 19).
28
a)
29
Gemäß § 434 BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie entweder der
vereinbarten Beschaffenheit entspricht (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder zur
gewöhnlichen Verwendung geeignet ist und die üblicherweise zu erwartende
Beschaffenheit aufweist (§ 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB).
30
aa)
31
Eine vertragliche Regelung über den Zustand des Grundstücks i.S.v. § 434 Abs. 1 Satz
1 BGB findet sich in § 9 Ziff. 1 des notariellen Kaufvertrages. Nach dieser Regelung
verpflichtete sich der Beklagte das Grundstück noch teilweise zu räumen. Die
Räumungspflicht bezog sich insbesondere auf eine alte Garage nebst Fundamenten
sowie alte Kraftfahrzeuge. Ferner war sonstiger Unrat zu entfernen und das Grundstück
in ordnungsgemäß geräumtem Zustand zu übergeben.
32
Der Klägerin ist es nicht gelungen, das Vorliegen eines Mangels mit der erforderlichen
Sicherheit zu beweisen. Vielmehr steht für das Gericht fest, dass das Grundstück der
vereinbarten Beschaffenheit entspricht. Im Rahmen des Ortstermins konnte sich das
Gericht davon überzeugen, dass das Grundstück vollständig geräumt ist. Dies entspricht
den Feststellungen des Sachverständigen, der ausführt, die Inaugenscheinnahme vom
22.10.2009 habe gezeigt, dass die vollständige Räumung des Grundstücks erfolgt sei
(vgl. Stellungnahme vom 31.05.2010, S. 6). Auch bezüglich des Fundamentes hat der
Sachverständige Dr. I. überzeugend festgestellt, dass sich keine Fremdbestandteile
größeren Ausmaßes sowie keine Fundamente oder Fundamentreste im Boden befinden
(vgl. Stellungnahme vom 31.05.2010, S. 6). Zweifel an der Richtigkeit dieser
Feststellung bestehen keine. Vielmehr konnte auch im Rahmen verschiedener
Schürfungen während des Ortstermins lediglich ein größerer Stein auf dem Grundstück
entdeckt werden, ein Fundament oder auch nur Fundamentreste waren nicht sichtbar.
33
entdeckt werden, ein Fundament oder auch nur Fundamentreste waren nicht sichtbar.
bb)
34
Ferner steht für das Gericht zur sicheren Überzeugung fest, dass das Grundstück i.S.v. §
434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB zu seiner gewöhnlichen Verwendung geeignet ist und die
üblicherweise zu erwartende Beschaffenheit aufweist.
35
Unproblematisch läge ein Mangel an dem Grundstück vor, wenn eine Bebauung
ausgeschlossen wäre (BGH NJW 1992, 1009) oder eine Erschließung nicht möglich ist
(BGH NJW 1987, 2513). Auch Altlasten und Bodenverseuchungen stellen einen
Sachmangel dar (Westermann in: Münchener Kommentar, BGB, 5. Aufl. (2008), § 434
Rn. 50). Demgegenüber kann ein Käufer nicht erwarten, dass sich ein Grundstück in
einem solchen Zustand befindet, dass ohne die notwendigen landschaftsgärtnerischen
Maßnahmen eine Nutzung als Garten möglich ist. Erwartet werden kann lediglich, dass
die landschaftsgärtnerisch notwendigen Maßnahmen ohne weiteren Zwischenschritt
und ohne Gefährdungen begonnen werden können.
36
Die Klägerin hat laut Kaufvertrag vom 26.06.2010 eine Gebäude-, Frei- und
Landwirtschaftsfläche erworben. Die Zurverfügungstellung einer gärtnerisch
erschlossenen Fläche schuldet der Beklagte nicht. Der Beklagte schuldet vielmehr nur
die Zurverfügungstellung einer Fläche, die ohne Weiteres landschaftsgärtnerisch
bearbeitet werden kann. Zur landschaftsgärtnerischen Tätigkeit gehört nach DIN 180915
auch die Durchführung einer Grob- und Feinplanie. Zur sicheren Überzeugung des
Gerichtes steht fest, dass das Grundstück zu seiner gewöhnlichen Verwendung
geeignet ist und die üblicherweise zu erwartende Beschaffenheit aufweist. Durch die
Inaugenscheinnahme im Rahmen des Ortstermins konnte sich das Gericht davon
überzeugen, dass oberflächlich lediglich vereinzelte Stein-, Glas- und Metallreste
sichtbar waren. Ansonsten war das Grundstück in einem durchschnittlichen Zustand,
wie es bei einem als Bauland veräußerten und nicht gärtnerisch bearbeiteten
Grundstück zu erwarten wäre. Die Feststellungen des Gerichtes decken sich mit denen
des Sachverständigen Dr. I.. Dieser hat festgestellt, dass etwaig bestehende Mängel
zum Zeitpunkt der in Augenscheinnahme so weit beseitigt, als dass eine übliche
Nutzung und Bodenbearbeitung möglich war (vgl. Gutachten vom 08.12.2009, S. 11).
Diese Feststellung hat der Sachverständige während seiner Anhörung bestätigt. Er hat
erklärt, dass die Fläche komplett gartenbaulich nutzbar ist, da sich nur noch
Kleinstmengen von Steinen, Kabeln, Metallen und Glas auf dem Grundstück befinden.
Er bezeichnete dies als "Normalzustand" für ein vergleichbares Grundstück.
37
Nach Darstellung des Sachverständigen besteht der nächste Arbeitsschritt, der zur
Erstellung eines Gartens notwendig ist in der Durchführung einer Grob- und Feinplanie.
Der Sachverständige führte dazu aus, dass es sich bei der Planie um eine
landschaftsgärtnerische Teilleistung gemäß DIN 180915 handelt. Solche Leistungen
sind kein Bestandteil einer Räumung sondern zur Herstellung der Gartenanlage
notwendige Arbeiten. Da keine Anzeichen dafür bestehen, dass mit der Planie nicht
unmittelbar gefahrlos begonnen werden kann, besteht auch aus diesem Gesichtspunkt
kein Sachmangel.
38
b)
39
Dem stehen auch die Ausführungen des Zeugen Dr. I. nicht entgegen.
40
Bodenverunreinigungen im Sinne der Bodenschutzgesetze stellen grundsätzlich
Mängel dar. Nach höchstrichterlicher Rechtssprechung ist dies bei Schadstoffen sogar
bereits dann der Fall, wenn die Verunreinigung lediglich droht (BGH, NJW 1999, 3777).
Entsprechendes gilt für den Fall, dass eine Verunreinigung mit Altlasten, etwa wegen
einer vormaligen Nutzung als Deponie, droht (BGH, NJW 2001, 2326). Voraussetzung
dafür, dass bereits beim Drohen einer Verunreinigung von einem Sachmangel
auszugehen ist, ist allerdings, dass ein Anlass dafür besteht, an der Schadstofffreiheit zu
zweifeln.
41
Ein Anhaltspunkt, auf Grund dessen an der Schadstofffreiheit zu zweifeln wäre liegt
nicht vor. Auch der Nachweis einer tatsächlich bestehenden Gefahr, die ebenfalls einen
Sachmangel darstellen würde, ist von der Klägerin nicht erbracht. Nach den
Feststellungen des Privatgutachtens des Zeugen Dr. I. vom 27.09.2007 sind aus
bodenschutzrechtlicher Sicht mögliche Gefährdungswerte in keinem Fall erreicht oder
überschritten (vgl. Gutachten vom 27.09.2007, S. 3).
42
Der Zeuge moniert lediglich, dass auf dem Grundstück Fremdbestandteile vorhanden
seien, die eine Größe von mehr als 2 mm aufweisen. Daraus will er nunmehr einen
Verstoß gegen das Bodenschutzrecht schließen. Die Darstellungen sind insoweit
widersprüchlich. Während der Zeuge in seinem Privatgutachten einen Verstoß gegen
Bodenschutzrecht nicht erkennen konnte aber Zweifel an der gärtnerischen Nutzbarkeit
hatte, soll nunmehr eine Verdachtsfläche im Sinne des Bodenschutzrechtes vorliegen.
43
Nach Auffassung des Gerichts stellt das Vorhandensein von Fremdbestandteilen mit
einer Größe von mehr als 2 mm für sich genommen jedoch keinen Mangel an dem
Grundstück dar. Der Käufer eines Grundstücks kann nicht erwarten, dass sich auf dem
Grundstück keine Fremdbestandteile befinden, die eine Größe von 2 mm nicht
überschreiten. Aus bodenschutzrechtlicher Sicht stellen lediglich solche Umstände
einen Mangel dar, die im Hinblick auf einen der drei "Wirkungspfade" bedenklich sind.
Den Nachweis, dass ein solcher Mangel vorliegt hat die Klägerin auch nach den
Feststellungen von Dr. I. nicht erbracht. Vielmehr ist eine positive Beweisführung mit
den widersprüchlichen Ausführungen des Zeugen nicht möglich.
44
2.
45
Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin besteht auch nicht wegen der Verletzung
einer Pflicht aus der Verpflichtungserklärung vom 18.05.2009.
46
a)
47
Soweit der Beklagte erklärt hat, er werde das Grundstück bis zu einer Tiefe von 20 cm
grubbern und auftretende Fremdbestandteile entfernen, kann nicht davon ausgegangen
werden, der Beklagte habe eine Verpflichtung übernehmen wollen, die über die aus
dem notariellen Kaufvertrag hinausgeht. Die Erklärung erfolgte vielmehr dazu,
sicherzustellen, dass der Zustand, wie er gemäß dem notariellen Vertrag geschuldet ist,
hergestellt wird.
48
b)
49
Selbst wenn man annimmt, dass der Beklagte das Grundstück nicht gegrubbert hat, so
steht für das Gericht zur sicheren Überzeugung fest, dass das Grundstück sich in einem
50
steht für das Gericht zur sicheren Überzeugung fest, dass das Grundstück sich in einem
vertragsgemäßen Zustand befindet. Eine über diesen Zustand hinausgehende Pflicht
ergibt sich auch aus der Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht.
II.
51
Auch ein Anspruch der Klägerin auf die mit dem Antrag zu 2.) verfolgte Feststellung
besteht nicht. Wie bereits dargestellt, besteht zur sicheren Überzeugung des Gerichts
ein Schadensersatzanspruch wegen fehlender gärtnerischer Nutzbarkeit des
Grundstücks nicht. Der Feststellungsanspruch ist deshalb unbegründet.
52
III.
53
Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 12.07.2010 einen Anspruch auf
Nutzungsentschädigung und Ersatz eigener Aufwendungen geltend macht, ist der
Vortrag verspätet. Eine Widereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht geboten.
54
Gemäß § 296a ZPO können Angriffs- und Verteidigungsmittel nach dem Schluss der
mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, nicht mehr vorgebracht werden.
Angriffs- und Verteidigungsmittel sind jegliche zur Begründung des Klageantrags
vorgebrachten tatsächlichen und rechtlichen Behauptungen (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO,
28. Aufl. (2010), § 282 Rn. 2). Auch die Geltendmachung einer Aufrechnung ist ein
Angriffs- und Verteidigungsmittel i.S.d. § 296a ZPO (vgl. Prütting, in: Münchener
Kommentar, ZPO, 3. Aufl. (2008), § 296 Rn. 51).
55
Die mit Schriftsatz vom 12.07.2010 erklärte Aufrechnung mit einem Anspruch auf
Nutzungsausfallentschädigung und einem Anspruch auf Ersatz von Eigenleistungen ist
im Anschluss an die mündliche Verhandlung erklärt worden. Es handelt sich dabei um
ein verspätetes Angriffs- bzw. Verteidigungsmittel. Eine Widereröffnung des Verfahrens
gemäß § 156 ZPO war nicht geboten. Die Klägerin hat nicht hinreichend substantiiert
vorgetragen, um einen zwingenden Grund für eine Wideraufnahme der mündlichen
Verhandlung i.S.v. § 156 Abs. 2 ZPO zu begründen. Soweit dem Gericht ein Ermessen
zusteht, nach dem es die mündliche Verhandlung widereröffnen kann, macht es hiervon
mit Blick auf den unsubstantiierten Vortrag der Klägerin und die bereits
überdurchschnittlich lange Verfahrensdauer keinen Gebrauch.
56
IV.
57
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91, 704, 708, 711 ZPO.
58
III.
59
Der Streitwert wird auf 16.200 € festgesetzt.
60