Urteil des LG Bielefeld vom 18.10.2005

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Landgericht Bielefeld, 15 O 125/05
Datum:
18.10.2005
Gericht:
Landgericht Bielefeld
Spruchkörper:
VI. Kammer für Handelssachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 O 125/05
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung
der Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht
die Beklagte vor der Vollstreckung entsprechend Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d
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Die Klägerin hält zwei geleaste Kastenwagen des Typs Citroen Jumper. Beide
Fahrzeuge ließ sie Ende November 2003 bei der Beklagten warten. Im Zuge der
Wartungsarbeiten, die die Beklagte durch die von ihr eingeschaltete Firma J. ausführen
ließ, wurde bei beiden Fahrzeugen der Ölfilter ausgewechselt. Ausweislich der
Rechnungen der Beklagten über die ausgeführten Wartungsarbeiten hatte das
Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ..... 510 (im folgenden: Fahrzeug 510) damals
einen Kilometer-Stand von 45.367, das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen .....
970 (im folgenden: Fahrzeug 970) einen solchen von 132.210. Am 15.04.2004
unternahmen die Geschäftsführer der Klägerin mit den Fahrzeugen eine Fahrt in die
Schweiz. Unterwegs verlor das Fahrzeug 970 Öl. Die Geschäftsführer der Klägerin
zogen den Pannendienst des ADAC zu Rate. Der Mitarbeiter der ADAC stellte fest, daß
der Ölfilter sich gelöst hatte. Er behob das Problem und vermerkte im Pannenbericht:
Ölfilter festgezogen. Laut Pannenbericht hatte das Fahrzeug 970 nunmehr einen
Kilometerstand von 160.000. Die Geschäftsführer der Klägerin setzten ihre Fahrt fort und
erreichten die Schweiz, bis auf einmal beim Fahrzeug 510 (Kilometerstand jetzt: 66.646)
die Öldruckanzeige aufleuchtete. Der Fahrzeugführer hielt an und nahm wahr, daß
erhebliche Mengen Öl aus dem Fahrzeug ausliefen. Wie sich später herausstellte, war
infolge plötzlichen Ölverlustes ein Motorschaden eingetreten.
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Die Klägerin ließ den Motorschaden bei der Beklagten beheben, wofür Kosten von
(netto) 6.888,55 € entstanden. Diesen Betrag sowie weitere Kosten in Höhe von
insgesamt 2.248,75 €, die ihrer Darstellung nach wegen des Schadensfalls vom
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15.04.2004 entstanden sind, verlangt die Klägerin von der Beklagten ersetzt und
behauptet dazu: Bei den Wartungsarbeiten Ende November 2003 sei der Ölfilter am
Fahrzeug 510 (ebenso wie am Fahrzeug 970) nicht ordnungsgemäß befestigt worden.
Aufgrund dieses Montagemangels habe sich der Ölfilter auf der Fahrt vom 15.04.2004
gelöst und den Ölverlust mit anschließendem Motorschaden verursacht.
Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.137,30 € nebst Zinsen in Höhe von
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5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 09.10.2004 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behauptet: Die Ölfilter seien seinerzeit durch den Monteur K. fachgerecht eingesetzt
worden. Der Werkstattmeister G. habe dies auch noch nach einer Probefahrt kontrolliert.
Abgesehen davon hätte sich ein unzureichend befestigter Ölfilter schon nach kurzer
Fahrtstrecke und nicht erst nach mehreren Monaten und mehr als 20.000 gefahrenen
Kilometer gelöst. Vorsorglich tritt die Beklagte auch der Höhe der erhobenen Ansprüche
entgegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die von ihnen
gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.
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Das Gericht hat über die Wartungsarbeiten an den Fahrzeugen der Klägerin Beweis
erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeugen K. und G.; wegen des Inhalts ihrer
Aussagen wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.10.2005 (Bl. 42/43 d.A.) Bezug
genommen. Ferner hat das Gericht zur Ursache des Motorschadens am Fahrzeug 510
Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Dipl.-Ing. R.;
insoweit wird das Protokoll vom 18.10.2005 (Bl. 43/44 d.A.) in Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch (aus § 280 Abs. 1 BGB) steht der
Klägerin nicht zu. Sie hat nicht bewiesen, daß der Schadensfall vom 15.04.2004
(Motorschaden des Fahrzeugs 510) auf fehlerhafte Wartungsarbeiten der Mitarbeiter der
Fa. J., deren Verhalten sich die Beklagte nach § 278 BGB zurechnen lassen muß,
zurückzuführen ist.
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Die Klägerin hat zwar das Gutachten des Sachverständigen R. für sich, wonach das
Lösen des Ölfilters den Ölmangel ausgelöst hat. Der Sachverständige hat zudem das
Ablösen eines unzureichend befestigten Ölfilters erst nach längerer Fahrtstrecke von
mehr als 20.000 km nicht ausgeschlossen. Diesen Feststellungen des erfahrenen
Sachverständigen folgt auch das Gericht. Damit steht aber eine unzureichende
Befestigung des Ölfilters bei den Wartungsarbeiten Ende November 2003 noch nicht als
Ursache für den Motorschaden fest. Denn allein die Möglichkeit, eine unzureichende
Befestigung des Ölfilters sei für den Schadenseintritt am 15.04.2004 ursächlich
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geworden, reicht nicht hin, um die Angaben des Zeugen K. zu entkräften. Dieser Zeuge
war mit den Wartungsarbeiten betraut und hat in seiner Aussage eine Vorgehensweise
beschrieben, wie sie fachgerecht gewesen wäre; wenn er nicht mehr angeben konnte,
wie er seinerzeit ganz konkret vorgegangen ist, ist das angesichts der verstrichenen Zeit
mehr als verständlich. Auch der Umstand, daß am Fahrzeug 970 nahezu zeitgleich
Probleme mit der Befestigung des Ölfilters auftraten, führt zu keinem anderen Ergebnis.
Es wäre schon ein ausgesprochener Zufall, wenn bei zwei gleichzeitig gewarteten
Fahrzeugen einige Monate später zum selben Zeitpunkt aufgrund unzureichender
Befestigung des Ölfilters ein Schadensfall aufträte, obwohl die Fahrzeuge
zwischenzeitlich unterschiedlich genutzt worden sind, was schon die unterschiedlichen
zwischenzeitlichen Fahrtstrecken von 21.179 Kilometer (Fahrzeug 510) bzw. 27.690
Kilometer (Fahrzeug 970) verdeutlichen. Bei dieser Koinzidenz liegt eine andere vom
Sachverständigen als denkbar angeführte Ursache für den Schadensfall -Manipulation
an den Ölfiltern- jedenfalls genauso nahe, mögen sich auch für die Klägerin Motive und
Gelegenheiten für derartige Manipulationen durch Dritte nicht aufdrängen. Nach allem
ist das Beweisergebnis offen, was zum Nachteil der beweispflichtigen Klägerin geht.
Beweiserleichterungen in Form des Anscheinsbeweises kommen ihr nicht zugute. Ein
Sachverhalt, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache oder einen
bestimmten Geschehensablauf hinweist, liegt nicht zugrunde.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 NR. 11, 711 ZPO.
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