Urteil des LG Baden-Baden vom 30.12.2013

unterbrechung der verjährung, darlehen, entgangener gewinn, abtretung

LG Baden-Baden Urteil vom 30.12.2013, 1 O 187/12
Verjährungshemmung durch Rechtsverfolgung: Anforderungen an einen
Güteantrag bei mehreren selbstständigen Forderungen; Identität der im
Güteverfahren und im Klageverfahren geltend gemachten Ansprüche
Tenor
1. Das Versäumnisurteil vom 17.06.2013 wird aufrechterhalten.
2. Die Klägerin und der Widerbeklagte tragen die weiteren Kosten Gerichtskosten
sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu je ½. Im Übrigen trägt jeder
seine eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % vorläufig vollstreckbar.
Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit
fortgesetzt werden.
Tatbestand
1 Die Klägerin begehrt Schadensersatz aus abgetretenem Recht des
Widerbeklagten wegen Falschberatung hinsichtlich der Beteiligung über eine
Treuhandgesellschaft an zwei geschlossenen Immobilienfonds (nachfolgend 45
und 46 genannt) im Oktober 2000 und September 2001. Die Beklagte begehrt die
Feststellung, dass dem Widerbeklagten keine Ansprüche gegen sie zustehen.
2 Der Widerbeklagte, Ehemann der Klägerin, beauftragte im Oktober 2000 die G.
Treuhand GmbH, Düsseldorf, für ihn als Treuhänderin Kommanditanteile an dem
geschlossenen Immobilienfonds 45 Objekt B. (28 %), Objekt D. (36 %) und Objekt
D. (36 %) mit einer Zeichnungssumme von 100.000,00 DM zuzüglich 5 % Agio zu
erwerben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K 1 und K 3 Bezug
genommen.
3 Im September 2001 beauftragte der Widerbeklagte die G. Treuhand GmbH erneut
mit dem Erwerb von Kommanditanteilen an dem geschlossenen Immobilienfonds
46 Objekt L. (27,5 %), Objekt D. (33,5 %) und Objekt D. (39 %) mit einer
Zeichnungssumme von wiederum 100.000,00 DM zuzüglich 5% Agio zu erwerben.
Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 2 und K 4 Bezug genommen.
4 Der Widerbeklagte zahlte jeweils die Zeichnungssummen nebst Agio an die
Treuhandgesellschaft.
5 Wegen der Einzelheiten des 45 wird auf die Anlagen K 13 und K 15 Bezug
genommen. Wegen der Einzelheiten des 46 wird auf Anlage K 16 bis 18 Bezug
genommen. Wann der Widerbeklagte die Prospekte jeweils erhalten hat, ist streitig.
6 Zur Finanzierung der Zeichnungssumme für den 45 nahmen die Klägerin und der
Widerbeklagte im November 2000 gemeinsam bei der Bank ein Darlehen (Nr.
0622936 87) über 117.500 DM, einem Zinssatz von 5,42% jährlich,
festgeschrieben für zehn Jahre, sowie einem Disagio von 10% auf. Die Tilgung
sollte im Dezember 2010 mit Eigenmitteln erfolgen und bis dahin lediglich der
vereinbarte Zins bezahlt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 5 und
K 9 Bezug genommen.
7 Zur Finanzierung der Zeichnungssumme für den 46 nahmen die Klägerin und der
Widerbeklagte im Dezember 2001 gemeinsam bei der Bank ein weiteres Darlehen
(Nr. 0622936 88) in Höhe von 65.000,00 EUR, einem Zinssatz von 5,15% jährlich,
festgeschrieben für zehn Jahre, sowie einem Disagio in Höhe von 10% auf. Die
Tilgung sollte im Dezember 2011 mit Eigenmitteln erfolgen und bis dahin lediglich
der vereinbarte Zins bezahlt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 5
und K 10 Bezug genommen.
8 Beide Darlehensverträge kamen unter Mitwirkung des Zeugen S., damals
Mitarbeiter der Beklagten, zustande.
9 Im Vorfeld der Beteiligung an dem 45 stellte der Zeuge S. dem Widerbeklagten ein
Anlagekonzept zur Vermögensbildung vor, welches die Beteiligung an der
Immobilien KG sowie die Einzahlung von ersparten Steuerbeträgen in einen Fonds
vorsah, um die zur Tilgung des Darlehens notwendigen Beträge zu erwirtschaften.
Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 6 Bezug genommen.
10 Ob der Widerbeklagte zu diesem Zweck bis einschließlich Ende 2005 einen Betrag
in Höhe von insgesamt 14.780,24 EUR in den Vermögensbildungsfonds I
einzahlte, ist zwischen den Parteien streitig. Wegen der Einzelheiten wird auf
Anlage K 7 Bezug genommen.
11 Vor Zeichnung der beiden Beteiligungen gab es mehrere Gespräche zwischen
dem Widerbeklagten und dem Zeugen S. hinsichtlich derselben, wobei der
Zeitpunkt und der Inhalt jeweils streitig sind.
12 Im März 2001 bestätigte der Zeuge S. dem Widerbeklagten, dass er dessen Anteil
über 100.000,00 DM am 45 nach Ablauf von 10 Jahren zu mindestens Kurs 100
weiterverkaufen werde. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 8 Bezug
genommen.
13 Gleiches bestätigte der Zeuge S. im Dezember 2011 hinsichtlich des 46. Wegen
der Einzelheiten wird auf Anlage K 12 Bezug genommen.
14 Im April 2010 nahmen die Klägerin und der Widerbeklagte gemeinsam bei der
Bank zwei Darlehen über 47.300,00 EUR (Nr.) und 65.300,00 EUR (Nr.) mit einem
Zinssatz von 3,99 % bzw. 4,15 %, festgeschrieben auf drei bzw. vier Jahre, auf.
Die Tilgung derselben soll im Dezember 2014 über Eigenmittel erfolgen. Wegen
der Einzelheiten wird auf Anlage K 23 Bezug genommen. Zu welchem Zweck
diese Darlehen aufgenommen wurden, ist streitig.
15 Der Widerbeklagte erhielt aus den beiden Fonds bis einschließlich 2010
Ausschüttungen in Höhe von 22.921,23 EUR und 20.886,28 EUR, somit
insgesamt 43.807,51 EUR.
16 Der Drittwiderbeklagte erhielt jeweils einen gemeinsamen Rechenschaftsbericht
der Geschäftsführung für die Jahre 2004 bis 2006. Wegen der Einzelheiten wird
auf Anlagen B 9 und B 10 Bezug genommen.
17 Durch anwaltlichen Schriftsatz vom 13.12.2011 (Anlage K 35) leitete die von der
Klägerin und dem Widerbeklagten beauftragte Kanzlei der
Prozessbevollmächtigten bei der Anwaltskanzlei W-S, B., einer anerkannten
Gütestelle des Landes N., ein Güteverfahren ein. Wegen der Einzelheiten des
Güteantrags wird auf Anlage K 35 Bezug genommen.
18 Mit Schreiben vom 09.01.2012 wurde der Güteantrag der Beklagten bekannt
gegeben (Anlage K 37).
19 Mit Schreiben vom 14.02.2012 lehnte die Beklagte gegenüber Frau
Rechtsanwältin W-S das Güteverfahren ab. Wegen der Einzelheiten wird auf
Anlage K 32 Bezug genommen.
20 Durch Schreiben der Rechtsanwältin W-S vom 17.02.2012, bei den anwaltlichen
Bevollmächtigten der Klägerin eingegangen am 20.02.2012, wurde das Scheitern
des Güteverfahrens festgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 32
Bezug genommen.
21 Am 14.01.2013 unterzeichnete die Klägerin und der Widerbeklagte eine schriftliche
Abtretungserklärung, in der der Widerbeklagten sämtliche
Schadensersatzansprüche aus den im Jahr 2000 und 2001 geschlossenen
Anlageberatungsverträgen an die Klägerin abtrat. Wegen der Einzelheiten wird auf
Anlage K 34 Bezug genommen. Ob bereits vor Erhebung der Klage die Abtretung
erfolgte, ist streitig.
22 Mit der Klage macht die Klägerin folgende Positionen aus abgetretenem Recht des
Widerbeklagten geltend:
23
Darlehen 45
(Disagio, Bearbeitungskosten, Raten, Kosten Sicherheit,
Aufhebungsentgelt, Sondertilgung)
54.635,63 EUR
Entgangene Zinsen (4 %) 45
1.524,04 EUR
Darlehen 46 (Disagio, Bearbeitungskosten, Raten)
40.998,07 EUR
entgangene Zinsen (4 %) 46
1.328,93 EUR
abzüglich erhaltene Ausschüttungen 45 und 46
- 43.807,51 EUR
Einlage Vermögensbildungsfonds
14.780,24 EUR
abzüglich Depotwert Vermögensbildungsfonds
-14.623,08 EUR
entgangene Zinsen Fonds
2.337,43 EUR
Steuernachforderungen
10.076,56 EUR
Entgangene Zinsen auf Steuernachforderungen
2.187,48 EUR
Summe
69.437,80 EUR
24 Die Klägerin behauptet, der Widerbeklagte habe erstmals im Sommer 2000 an
seinem Arbeitsplatz Kontakt zum Zeugen S. gehabt, in dessen Anschluss es zu
einem Gespräch im Haus der Klägerin und des Widerbeklagten gekommen sei.
Der Zeuge S. habe nicht bereits vor dem Jahr 2000 hinsichtlich der
Immobilienfonds 41, 42 und 28 beraten und diese Prospekte habe man auch nicht
erhalten. Bei dem Gespräch im Sommer 2000 sei dem Zeugen S. mitgeteilt
worden, dass der Widerbeklagte im Rentenalter über ein Einkommen von ca.
3.000,00 EUR monatlich und die Klägerin in Höhe von ca. 200,00 EUR monatlich
verfügen werde. Aufgrund einer akuten Krebserkrankung des Widerbeklagten
habe die Gefahr bestanden, dass die Klägerin im Fall dessen Versterbens die
Zahlungsbeträge mit ihrem geringen Einkommen hätte alleine bedienen müssen.
Man habe nur über sehr begrenzte Erfahrungen mit Kapitalanlagen verfügt,
Erfahrung mit geschlossenen Immobilienfonds hätten keine vorgelegen. Man habe
ein weitgehend abbezahltes Eigenheim bewohnt sowie eine größtenteils
fremdfinanzierte Eigentumswohnung, deren Abzahlung gerade begonnen habe,
gehabt. Das angelegte Geld habe die Auszahlung einer regelmäßigen Rendite
gewährleisten sollen, wobei der Grundanlagebetrag keineswegs aufgezehrt
werden, sondern vollständig erhalten bleiben sollte. Es sei Nominalsicherheit
gewünscht gewesen und man habe keinerlei Risiko bei der Anlageentscheidung
eingehen wollen. Dies habe man dem Zeugen S. gegenüber erklärt. Dieser habe
mitgeteilt, dass ein Risiko trotz der vollständigen Fremdfinanzierung der Anlage
ausgeschlossen sei. Er garantiere nach Ablauf von 10 Jahren eine 100%ige
Rückzahlung des Geldes, weshalb man auf eine schriftliche Bestätigung dieser
Zusage bestanden habe. Ein untergeordneter Aspekt sei die Erzielung eines
steuerlichen Vorteils gewesen. Der Zeuge S. habe den 45 empfohlen, was jedoch
weder anlegergerecht noch anlagegerecht gewesen sei. Es sei für sie nicht
erkennbar gewesen, dass der außerdem empfohlene Fonds zur D.Gruppe gehört
habe. Nachdem der 45 erfolgreich gelaufen war, sei es zu einem weiteren
Beratungsgespräch mit dem Zeugen S. gekommen, der wie bereits im Jahr 2000 in
gleicher Art und Weise den 46 empfohlen habe. Man habe auch hierbei wieder
eine schriftliche Bestätigung der Zusage hinsichtlich der Sicherheit der Anlage
verlangt. Im Rahmen der Beratungsgespräche sei über kein einziges Risiko einer
Beteiligung an den beiden Fonds gesprochen worden. Es sei seitens des Zeugen
S. nicht mitgeteilt worden, dass die Möglichkeit eines Kapitalverlustes bis hin zum
Totalausfall bestehe. Auf die Gefahr einer Rückzahlung gemäß § 172 HGB sei
nicht hingewiesen worden. Auch nicht, dass im Falle einer schlechten
wirtschaftlichen Entwicklung der Fondsgesellschaften möglicherweise nur noch die
Wahl bliebe, Kapital nachzuschießen oder das eingesetzte Kapital abzuschreiben.
Es sei ebenfalls nicht auf das Fungibilitätsrisiko wegen eines nicht
funktionierenden Zweitmarktes hingewiesen worden. Es sei vielmehr der Eindruck
erweckt worden, dass nach einer bestimmten Zeit eine Veräußerung zum
ursprünglichen Wert garantiert sei. Es sei nicht über die sogenannten weichen
Kosten aufgeklärt worden und es sei auch unklar, welche weiche Kosten
überhaupt anfielen. Es hätte darauf hingewiesen werden müssen, dass der Wert
der Fondsobjekte nicht den Investitionsvolumina entspreche und nicht die gesamte
Einlage zur Renditegewinnung verwendet werde. Die weichen Kosten hätten
wieder erwirtschaftet werden müssen und auf die personellen Verflechtungen der
Initiatoren und deren Eigeninteresse habe ebenfalls hingewiesen werden müssen.
Es sei nicht über Vertriebszahlungen aufgeklärt worden, ebenso wenig über
Rückvergütungen und auch nicht über Innenprovisionen, die geschätzt mehr als
15 % betragen hätten. Es sei auch nicht über das Gesellschafterrisiko aufgeklärt
worden. Über das Risiko, die aufgenommenen Darlehen und deren Kosten
vollständig zurückzuzahlen müssen, ohne einen Gegenwert zu erhalten, sei
ebenfalls nicht aufgeklärt worden. Gleiches gelte für das Zinsrisiko der
Fondsgesellschaft, die Fremdkapital finanziert habe und das bestehende
Währungsrisiko, weil die Fremdmittel der Gesellschaft in Schweizer Franken
aufgenommen werden sollten. Es sei weder erläutert worden, welche Daten für
eine Investition in Immobilienfonds entscheidungserheblich sei, noch seien diese
Daten zur Verfügung gestellt worden. Die Beratung hinsichtlich der 45 und 46
seien auch nicht anhand der kurz vor der Zeichnung überreichten
Emissionsprospekte erfolgt. Der Zeuge S. habe dem Widerbeklagten die
Prospekte vor der Zeichnung übergeben und sinngemäß gesagt, dies sei das
Objekt, da sei es beschrieben. Der Emissionsprospekt bezüglich des 46 sei erst
nach Zeichnung ausgehändigt worden, der Emissionsprospekt bezüglich des 45
erst am Tag der Zeichnung. Bei einer richtigen Aufklärung wären die Beteiligungen
nicht erfolgt. Für die aufgenommenen Darlehen habe seien ein Disagio und
Bearbeitungskosten in Höhe von 6.308,32 EUR sowie 6.825,00 EUR gezahlt,
ferner monatliche Raten in Höhe von 190,64 EUR bzw. 223,17 EUR (1. Rate)
sowie für die Folgeraten 272,35 EUR bzw. 278,96 EUR worden. Für die
Bereitstellung von Sicherheiten seien 263,26 EUR sowie bei der Umschuldung im
April 2010 ein Aufhebungsentgelt in Höhe von 105,17 EUR und eine Sondertilgung
in Höhe von 13.282,00 EUR für das Darlehen bezüglich des 45 geleistet worden.
Im April 2010 seien die beiden ursprünglichen Darlehen, nachdem das Geld für
eine Rückzahlung aus dem Fonds nicht vorhanden gewesen sei, durch die beiden
anderen Darlehen abgelöst worden. Ab Mai 2010 seien dann monatliche
Darlehensraten in Höhe von 157,28 EUR bzw. 224,80 EUR gezahlt worden.
Insgesamt seien Aufwendungen in Höhe von 101.663,64 EUR auf die beiden
Darlehen gemacht worden und ein Betrag in Höhe von 14.780,24 EUR in den
Vermögensbildungsfonds bis zum Ende des Jahres 2005 überführt worden. Das
aufgewendete Geld hätte bei einer sicheren Anlageform wie Tagesgeld oder einem
Sparplan in den Jahren 2000 - 2012 einen durchschnittlichen Zinssatz von 4 % pro
Jahr erzielen können. Daher sei ein entgangener Gewinn in Höhe von 1.524,04
EUR, in Höhe von 1.328,93 EUR sowie in Höhe von 2.337,43 EUR entstanden.
Der Vermögensbildungsfonds habe am 27.11.2005 einen Wert in Höhe von
14.623,08 EUR gehabt. Steuervorteile seien nicht erzielt worden, vielmehr habe
das Finanzamt zwischenzeitlich 10.076,56 EUR Steuern nachgefordert. Auch
dieser Betrag hätte ebenfalls gewinnbringend mit 4 % angelegt werden können. Es
drohen auch zukünftig steuerliche und wirtschaftliche Nachteile. Der geforderte
Schadensersatz müsse, falls er gezahlt werde, versteuert werden. Die
aufgenommenen Darlehen seien weiterhin zu tilgen. Die anwaltliche Tätigkeit sei
überdurchschnittlich gewesen, weshalb der Ansatz einer 2,2 fachen
Geschäftsgebühr richtig sei.
25 Die Klägerin beantragt - unter Rücknahme der Klage im Übrigen - zuletzt, das
Versäumnisurteil vom 17.06.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
26 1. an die Klägerin 63.203,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 19.04.2012 zu zahlen, Zug um Zug
gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin aus ihren über die
Treuhandgesellschaft G. Treuhand GmbH gehaltenen Beteiligungen an dem
Fonds Nr. 45 Objekt B., Objekt D., Objekt D. mit der Nr. 542 und dem Fonds Nr. 46
Objekt L., Objekt D. und Objekt D. mit der Nr. 520;
27 2. die Klägerin von allen weiteren Forderungen freizustellen, die sich aus den
Darlehensverträgen mit der Nr. und Nr. ergäben, welche die Klägerin und ihr
Ehemann bei der Bank abgeschlossen hätten;
28 hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Klägerin von allen
weiteren Forderungen freizustellen, die sich aus den Darlehensverträgen mit der
Nr. und Nr. ergäben, welche die Klägerin und ihr Ehemann bei der Bank
abgeschlossen hätten;
29 3. die Klägerin von sämtlichen gegen sie bestehenden oder künftig entstehenden
steuerlichen und wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder
unmittelbar aus ihren über die Treuhandgesellschaft G. Treuhand GmbH
gehaltenen Beteiligungen an dem Fonds Nr. 45 Objekt B., Objekt D., Objekt D. mit
der Nr. 542 und dem Fonds Nr. 46 Objekt L., Objekt D. und Objekt D. mit der Nr.
520;
30 hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Klägerin von
sämtlichen gegen sie bestehenden oder künftig entstehenden steuerlichen oder
wirtschaftlichen Nachteilen freizustellen, die mittelbar oder unmittelbar aus ihren
über die Treuhandgesellschaft G. Treuhand GmbH gehaltenen Beteiligungen an
dem Fonds Nr. 45 Objekt B., Objekt D., Objekt D. mit der Nr. 542 und dem Fonds
Nr. 46 Objekt L., Objekt D. und Objekt D. mit der Nr. 520 resultierten;
31 4. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Abtretung der
Ansprüche aus der in Antrag Ziffern 1 genannten Beteiligungen in Verzug befinde;
32 5. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in
Höhe von 5.419,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 19.04.2012 zu zahlen.
33 Die Beklagte beantragt,
34 das Versäumnisurteil vom 17.06.2013 aufrechtzuerhalten und die Klage
abzuweisen sowie im Wege der Widerklage festzustellen,
35 dass dem Widerbeklagten aus der unter dem 04.10.2000 erfolgten Zeichnung
seiner über die Treuhandgesellschaft G. Treuhand GmbH gehaltenen Beteiligung
an dem 45 Objekt B., Objekt D., Objekt D. mit der Nr. 542 und aus der unter dem
25.09.2001 erfolgten Zeichnung seiner über die Treuhandgesellschaft G.
Treuhand GmbH gehaltenen Beteiligungen an dem Fonds Nr. 46 Objekt B., Objekt
D., Objekt D. mit der Nr. 520 keine Ansprüche gegen die Beklagte zustünden.
36 Die Klägerin beantragt,
37 das Versäumnisurteil diesbezüglich aufzuheben und die Widerklage abzuweisen.
38 Die Beklagte behauptet, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, da keine Abtretung,
jedenfalls auch keine vor dem 14.01.2013 erfolgt sei. Es läge auch keine
fehlerhafte Beratung seitens des Zeugen S. vor, mit dem lediglich ein
Anlagevermittlungsvertrag geschlossen worden sei. Der Widerbeklagte sei durch
den Zeugen über sämtliche Risiken in Kenntnis gesetzt worden, die
Emissionsprospekte seien fehlerfrei und erläuterten die wesentlichen Risiken. Die
Beratung sei anhand der jeweiligen Emissionsprospekte, die übergeben worden
seien, erfolgt. Am Ende des Gesprächs sei dem Widerbeklagten das
Emissionsprospekt übergeben worden mit der Bitte, dieses durchzusehen und
ggfs. Fragen zu stellen. Es sei bereits im Juli 1998 zu einem ersten Kontakt mit
dem Zeugen S. gekommen, wobei der 41 vorgestellt worden sei. Risikohinweise in
diesem Prospekt seien erörtert worden. Bei einem weiteren Gespräch im Jahr
1998 sei der 42 vorgestellt worden. Im August 2000 habe ein weiteres Gespräch
mit dem Zeugen S. hinsichtlich des Immobilienfonds 28 stattgefunden. Hierbei
seien die Chancen und Risiken erörtert worden. Alternativ zum 28 sei dann der 45
durch das Emissionsprospekt vorgestellt worden. Der Widerbeklagte sei auf die
Langfristigkeit der Anlage sowie die mangelnde Fungibilität hingewiesen worden.
Anschließend habe ein weiteres Gespräch stattgefunden und am 04.10.2000 sei
es dann zur Zeichnung der Beteiligung 45 gekommen. Der Widerbeklagte sei an
der Erzielung von Steuervorteilen interessiert gewesen. Auch beim 46 seien nicht
nur die Vorteile, sondern auch die Risiken ausführlich erläutert worden anhand des
am Ende des Gesprächs übergebenen Emissionsprospektes. Die personellen
Verflechtungen seien detailliert dargestellt und die Beklagte sei stets unabhängig
von der Deutschen Bank AG gewesen. Die Vertriebsprovisionen seien in den
Prospekten ausgewiesen. Die Beklagte habe außer den offen ausgewiesenen
Vertriebsprovisionen keine Zahlungen erhalten, ebenso wenig verdeckte
Zahlungen. Die Erklärung vom 08.03.2011 besage lediglich, dass nach Ablauf von
10 Jahren zu dem dann am Zweitmarkt zu erzielenden Kurs ohne Abzug der
üblichen Provision in Höhe von 5 % weiterveräußert werden könne. Der geltend
gemachte Schaden werde bestritten, insbesondere die behaupteten Zahlungen
und die Höhe des entgangenen Gewinns. Es werde bestritten, dass die
aufgeführten Darlehensverträgen aus dem Jahr 2010 im Zusammenhang mit den
gezeichneten Beteiligungen stünden, ferner, dass Steuernachzahlungen hätten
geleistet werden müssen. Gleiches gelte für die behaupteten Zahlungen an den
Anwalt und dass mehr als eine 1,3 fache Geschäftsgeführt angemessen sei. Ein
Feststellungsinteresse liege nicht vor, da keine konkreten Anhaltspunkte für den
Eintritt weiterer Schäden dargelegt seien.
39 Die Beklagte beruft sich ferner auf Verjährung und behauptet hierzu, sämtliche
Forderungen seien bereits verjährt. Aus den vor den jeweiligen Zeichnungen
übergebenen Emissionsprospekten der Fonds hätten sich alle notwendigen
Informationen ergeben, so dass die Kenntnis hinsichtlich einer Falschberatung
bereits in den Jahren 2000 und 2001 vorgelegen habe. Darüber hinaus habe sich
die Kenntnis aus den Rechenschaftsberichten ergeben und es seien bereits im
Jahr 2004 Zahlungen aus dem Privatvermögen geleistet worden. Die
Unterbrechung der Verjährung sei nicht durch den gestellten Güteantrag erfolgt, da
diesem die hinreichende Bestimmtheit fehle und dieser nicht beziffert sei. Die
Abtretung der Ansprüche sei auch nicht vor dem 14.01.2013 erfolgt.
40 Die Klägerin behauptet, eine Verjährung läge nicht vor, die diese rechtzeitig durch
das eingeleitete Güteverfahren gehemmt worden sei. Eine Bezifferung der geltend
gemachten Ansprüche sei nicht erforderlich gewesen. Es habe keine Kenntnis von
der Falschberatung vorgelegen, auch keine grob fahrlässige Unkenntnis. Bis ins
Jahr 2009 bzw. 2010 (45) seien Ausschüttungen an die Anleger geleistet worden.
Dies habe die Angaben in den Geschäftsberichten relativiert. Die Abtretung der
Ansprüche sei bereits vor Klageerhebung am 25.04.2012 erfolgt. Die Erklärung
vom 14.01.2013 habe lediglich die bereits mündlich erfolgte Abtretung vor
Klageerhebung schriftlich fixiert.
41 Die Widerklage sei zulässig, da sie sich gegen den Zedenten richte.
42 Die Klägerin behauptet, die Drittwiderklage sei unzulässig, da die Beklagte gerade
behaupte, dass keine Abtretung erfolgt sei.
43 Durch Versäumnisurteil vom 17.06.2013 hat das Gericht die Klage abgewiesen
und der Widerklage vollumfänglich stattgegeben. Gegen das am 27.06.2013 (AS.
593) zugestellte Versäumnisurteil haben die Klägerin und der Widerbeklagte vorab
per Telefax mit Schriftsatz vom 11.07.2013 (AS. 597) jeweils Einspruch eingelegt.
44 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom
17.06.2013 (AS. 577) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
45 Der Einspruch ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt (AS. 593
und 597 ff).
46 In der Sache hat er jedoch sowohl hinsichtlich der Klage als auch der Widerklage
keinen Erfolg.
47
Klage
48 I. Soweit die Klägerin mit den Klaganträgen Ziffer 2 und 3 im Hauptantrag eine
Leistungsklage auf Freistellung erhebt, ist dies unzulässig, da die Forderung, von
der freizustellen ist, konkret beziffert werden muss (s. BGH, NJW 1991, 634ff.). Die
Anträge enthalten jedoch trotz Hinweis des Gerichtes hierauf (AS. 249) keine
Bezifferung. Die Klage ist daher hinsichtlich der Anträge Ziffer 2 und 3 im
Hauptantrag als unzulässig abzuweisen.
49 Die Hilfsanträge zu Ziffer 2 und 3 sind zulässig, da es sich um eine
Feststellungsklage handelt, für die auch ein Feststellungsinteresse (§ 256 ZPO)
besteht. Die beiden Darlehensverträge laufen noch bis zum Jahr 2014 (Klagantrag
Ziffer 2). Es besteht auch die Möglichkeit, dass weiterhin Schäden eintreten.
50 II. Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht des Widerbeklagten jedoch kein
Anspruch gemäß § 280 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu, da diese aufgrund der
inzwischen eingetretenen Verjährung berechtigt ist, die Leistung zu verweigern (§
214 Abs. 1 ZPO).
51 1. Es kann dahinstehen und bedarf keiner näheren Erörterung und
Beweisaufnahme, ob zwischen den Parteien jeweils ein Anlageberatungsvertrag
oder lediglich ein Anlagevermittlungsvertrag hinsichtlich der Beteiligung des
Widerbeklagten an den beiden Immobilienfonds geschlossen wurde oder nicht und
ob sowie seit wann die Klägerin tatsächlich Inhaberin der behaupteten
Schadensersatzforderungen durch Abtretung (§ 398 Satz 2 BGB) geworden ist.
Ebenso wenig muss geklärt werden, ob die Beklagte tatsächlich ihre Pflichten aus
den geschlossenen Verträgen verletzt hat oder nicht.
52 2. Sämtliche Schadensersatzforderungen, die die Klägerin im Verfahren geltend
macht, sind gemäß § 199 Abs. 4 BGB mit Ablauf des 31.12.2011 verjährt. Die
Verjährung wurde nicht durch die Bekanntgabe des Güteantrages vom 13.12.2011
(Anlage K 35), die durch Schreiben vom 09.01.2012 (Anlage K 37) erfolgt ist,
gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 4 BGB).
53 a) Es kann dahinstehen und bedarf keiner weiteren Erörterung, ob Verjährung
bereits vor dem 31.12.2011 aufgrund Kenntnis der den Anspruch begründenden
Umstände und der Person des Schuldners gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB
eingetreten ist, was die Beklagte behauptet und die Klägerin bestreitet.
54 b) Die Verjährung ist jedenfalls aufgrund der absoluten Verjährungsfrist gemäß §
199 Abs. 4 n.F. BGB mit Ablauf des 31.12.2011 eingetreten.
55 Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGB gilt seit dem 01.01.2002
für die bis dahin noch nicht verjährten Schadensersatzansprüche die absolute 10-
jährige Verjährungsfrist, wobei die Frist vom 01.01.2002 an berechnet wird. Ende
der Verjährungsfrist war daher der 31.12.2011.
56 aa) Eine Hemmung der Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 durch
Klageerhebung am 17.08.2012 ist nicht rechtzeitig eingetreten, weil die
Klageerhebung erst nach Ablauf des 31.12.2011 erfolgt ist.
57 bb) Die Verjährung wurde auch nicht durch die alsbaldige Bekanntgabe des
Güteantrags vom 13.12.2011 gehemmt, der unstreitig noch vor Ablauf des
31.12.2011 eingereicht und alsbald bekannt gegeben wurde (§ 204 Abs. 1 Nr. 4
BGB). Zur Hemmung der Verjährung ist erforderlich, dass die mit der Klage geltend
gemachten Ansprüche auch Gegenstand des Güteverfahrens waren (s. OLG
München, WM 2008, 733 = juris, Tz. 21). Nur im Falle einer Anspruchsidentität
steht der Antrag auf Durchführung eines Güteverfahrens in Ansehung der
Verjährungsunterbrechung der Klageerhebung gleich.
58 Es fehlt an einem wirksam eingereichten Güteantrag, der hinreichend
individualisiert ist (vgl. BGH, NJW 2013, 3509 = juris, Tz. 14 ff. für den
Mahnbescheid; BGH, NJW 1967, 2210 = juris, Tz. 18 für die Erhebung einer Klage;
BGH, NJW-RR 2013, 992 = juris, Tz. 14 ff für die Forderungsanmeldung im
Insolvenzverfahren). Wirksam ist ein Güteantrag nur dann, wenn er den
Anforderungen der Verfahrensordnung der Gütestelle (Anlage B 2) entspricht, was
nicht der Fall ist. Der Güteantrag vom 13.12.2011 (Anlage K 35) genügt auch nicht
den Anforderungen, die an die Individualisierung zu stellen sind (s. OLG München,
Urteil v. 12.11.2007, Az. 19 U 4170/07, WM 2008, 733 ff; Palandt, BGB, 73. Aufl., §
204 Rn. 19). Hierzu wäre eine konkrete Aufschlüsselung und Bezifferung der
jeweiligen selbständigen Ansprüche erforderlich gewesen, was im Güteantrag
nicht erfolgt ist.
59 (1) Die Rechtsanwaltskanzlei W-S ist unstreitig eine durch die
Landesjustizverwaltung des Landes N. anerkannte Gütestelle gemäß §§ 794 Abs.
1 Nr. 1, 797a, 15a Abs. 6 EGZPO.
60 (2) Die Anforderungen des § 6 Abs. 2 der Verfahrensordnung der Gütestelle
(Anlage B 2) sind nicht erfüllt, so dass kein wirksamer Güteantrag vorliegt.
61 Gemäß § 6 Abs. 1 der Verfahrensordnung muss ein schriftlicher Antrag gestellt
und schriftliche Vollmacht beigefügt werden, was geschehen ist.
62 Für den Fall, dass wie hier mit dem Güteantrag die Verjährung eines Anspruchs
gehemmt werden soll, enthält § 6 Abs. 2 (b) der Verfahrensordnung weitere
Anforderungen, nämlich neben der Angabe der Namen und der gesetzlichen
Vertreter, der ladungsfähigen Anschriften etc. eine kurze Darstellung des
Gegenstandes der Streitigkeit. Die Anforderungen sind daher, wie sich aus dem
Vergleich von Abs. 1 und Abs. 2 ergibt, höher als bei einem „einfachen“
Güteantrag, bei dem ein schriftlicher Antrag, aus dem ersichtlich ist, dass ein
Güteverfahren durchgeführt werden soll, genügt.
63 Die Verjährung wird nicht durch die Veranlassung irgendwelcher Maßnahmen
unterbrochen, sondern § 204 BGB geht - ebenso wie § 6 Abs. 2 (b) - ersichtlich
davon aus, dass ein geordnetes Verfahren mit entsprechend hohen
Anforderungen zu einer Verjährungsunterbrechung führt. Etwas anderes ist
angesichts des schützenswerten Interesses des Schuldners, nach einem längeren
Zeitraum nicht mehr in Anspruch genommen zu werden, auch nicht gerechtfertigt.
64 Nicht maßgeblich für die Frage der Wirksamkeit eines Güteantrages sind
demgegenüber die Vorschriften (§ 3) des N. Gesetzes zur obligatorischen
außergerichtlichen Streitschlichtung (Niedersächsisches Schlichtungsgesetz) in
Verbindung mit § 21 Abs. 1 des N. Schiedsämtergesetzes, da diese nur im Fall
einer obligatorischen Streitschlichtung (§ 1 Abs. 1 NSchlG) anwendbar sind. Eine
solche obligatorische Streitschlichtung liegt hier jedoch nicht vor.
65 § 6 Abs. 2 (b) der geltenden Verfahrensordnung verlangt eine kurze Darstellung
des Gegenstands der Streitigkeit. Eine vergleichbare Formulierung findet sich in §
253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinsichtlich der Erhebung der Klage wieder, da dort die Rede
von „bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen
Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag“ die Rede ist, ebenso in § 690 Abs. 1
Nr. 3 hinsichtlich des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheides mit „die
Bezeichnung des Anspruchs unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung“. §
174 Abs. 2 InsO besagt, dass bei der Anmeldung der Forderungen beim
Insolvenzverwalter der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben sind. Zwar
spricht § 6 Abs. 2 (b) der Verfahrensordnung nicht wie die eben genannten
Vorschriften ausdrücklich von einem bezifferten Antrag, ein solcher fällt jedoch
unter die Formulierung „eine kurze Darstellung des Gegenstandes der Streitigkeit“.
An den Güteantrag, der immerhin auch ein „Antrag“ und eine Form der
Rechtsverfolgung ist, können keine geringeren Anforderungen gestellt werden als
an die Erhebung einer Klage, die Beantragung eines Mahnbescheides oder aber
die Anmeldung einer Forderung beim Insolvenzverfahren. Erforderlich ist daher
auch eine Bezifferung (s. OLG München, MDR 2008, 733ff.). Dies ist unstreitig
nicht erfolgt. Vielmehr wird im Antrag (Anlage K 35) nur ausgeführt, dass
Schadenersatz in Form der Rückabwicklung der Beteiligung begehrt wird und dass
dies die bereits - der Höhe nach nicht bezifferten - geleisteten Darlehensraten
zuzüglich Zinsen abzüglich der - der Höhe nach wiederum nicht bezifferter -
Ausschüttungen sowie die Freistellung von zukünftigen Raten, die Freistellung von
allen wirtschaftlichen und steuerlichen Nachteilen sowie den Ersatz der - ebenfalls
der Höhe nach nicht bezifferten - Anwaltskosten umfasst. Aus den beigefügten
Unterlagen ergibt sich ebenfalls keine Bezifferung. Es ist somit nicht ersichtlich und
auch nicht zu ermitteln, welche Beträge konkret verlangt werden. Aus den
genannten Darlehenssummen (die sich im Übrigen nur auf die ursprünglichen
Darlehen aus den Jahren 2000 und 2001 beziehen) lässt sich die Höhe der
geleisteten und zukünftigen Raten nicht ermitteln. Die Beklagte selbst ist nicht
Darlehensgeberin, sondern hat diese unstreitig lediglich vermittelt. Sie verfügt
daher auch nicht über Informationen hinsichtlich der geleisteten Raten etc.. Dass
dem so wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Klägerin macht auch die
Kosten für die Bestellung von Sicherheiten geltend sowie die Kosten für die
vorzeitige Ablösung der ursprünglichen Darlehen im Jahr 2010, mit denen die
Beklagte ersichtlich nichts zu tun hat.
66 Insgesamt lässt sich dem Güteantrag noch nicht einmal entnehmen, in welcher
Größenordnung Schadensersatz geltend gemacht wird. Lediglich das Ziel des
Schadensersatzes, nämlich die Herstellung des vorherigen Zustandes, wird
genannt. Dies reicht für weder für eine Bezifferung noch für eine Individualisierung
aus.
67 Eine Bezifferung der einzelnen Ansprüche kann auch kurz erfolgen.
68 (3) Die Bezifferung ist auch für die notwendige Individualisierung der Ansprüche
erforderlich.
69 Da auch die Einleitung eines Güteverfahrens, ebenso wie die Einleitung eines
Mahn- oder Klageverfahrens oder die Anmeldung einer Forderung im
Insolvenzverfahren, eine Form der Rechtsverfolgung darstellt und der Gläubiger
aus einem vor diesen Gütestellen geschlossenen Vergleich vollstrecken kann (§§
794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 15 a Abs. 6 EGZPO), muss der geltend gemachte Anspruch
eindeutig individualisiert bzw. konkretisiert werden (vgl. BGH, NJW-RR 2013, 992 =
juris, Tz. 15 für die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren). Es gelten für
den Güteantrag somit dieselben Anforderungen wie in einem der vorgenannten
Verfahren. Dazu ist erforderlich, der Anspruch durch seine Kennzeichnung von
anderen Ansprüchen so unterschieden und abgegrenzt wird, dass er Grundlage
eines der materiellen Rechtskraft fähigen Vollstreckungstitels sein kann und dem
Schuldner die Beurteilung ermöglicht, ob er sich gegen den Anspruch zur Wehr
setzen will. Wann diese Anforderungen erfüllt sind, kann nicht allgemein und
abstrakt festgelegt werden; vielmehr hängen Art und Umfang der erforderlichen
Angaben im Einzelfall von dem zwischen den Parteien bestehenden
Rechtsverhältnis und der Art des Anspruchs ab (s. BGH, NJW-RR 2010, 1455 =
juris, Tz. 11 ff). Voraussetzung ist allerdings nicht, dass für einen außenstehenden
Dritten ersichtlich ist, welche konkreten Ansprüche mit dem Güteantrag geltend
gemacht werden, es reicht vielmehr aus, dass dies für den Antragsgegner, hier die
Beklagte, erkennbar ist. Es reicht z.B. aus, wenn die Bezeichnung des geltend
gemachten Anspruchs auf eine Rechnung oder andere Unterlagen Bezug
genommen wird, die dem Antragsgegner bereits bekannt sind. Diese müssen dann
nicht beigefügt werden.
70 Werden, wie hier, mehrere selbständige Einzelansprüche geltend gemacht, so
bedarf es einer Aufschlüsselung. In diesem Fall kann eine Individualisierung nach
Ablauf der Verjährungsfrist im anschließenden Streitverfahren nicht nachgeholt
werden (vgl. BGH, NJW 2013, 3509 = juris, Tz. 16 ff für den Mahnbescheid). Ein
geltend gemachter Gesamtbetrag, der sich aus unterschiedlichen
Einzelansprüchen zusammensetzt, muss aufgeschlüsselt werden (vgl. BGH, NJW
2011, 613 = juris, Tz. 14 ff). Wird nur ein Teil einer Schadensersatzforderung
geltend gemacht bzw. werden nur Teile von mehreren selbständigen
Schadensersatzforderungen geltend gemacht, dann muss bereits bei der
verjährungsunterbrechenden Maßnahme eine genaue Individualisierung erfolgen
und dies kann nicht später in einem streitigen Verfahren nachgeholt werden.
71 aa) Die Klägerin verlangt mit der Klage nicht nur die im Güteantrag genannten
Raten für die ursprünglichen Darlehen aus dem Jahr 2000 und 2001, sondern
auch - was die Beklagte bestreitet - diejenigen Raten, die seit Mai 2010 für die
beiden neu aufgenommenen Darlehen geleistet wurden. Dies taucht im
Güteantrag vom 13.12.2011, obwohl nach den glaubhaften Angaben der Klägerin
und nach Überzeugung des Gerichtes aufgrund der vorgelegten
Darlehensverträge, die als Urkunde zu verwerten sind, feststeht, dass die beiden
ursprünglichen Darlehen mit denjenigen aus April 2010 abgelöst wurden, nicht auf.
Ebenso wenig ist im Güteantrag die Rede von der hier geltend gemachten - und
streitigen - Kosten für die Bestellung von Sicherheiten in Höhe von 263,26 EUR
sowie des Aufhebungsentgeltes in Höhe von 105,17 EUR. Sämtliche Beträge
waren zum Zeitpunkt der Einreichung des Güteantrages bereits bekannt bzw.
angefallen und erhöhen die Schadensersatzforderung der Klägerin über den
Betrag der aufgenommenen ursprünglichen Darlehen hinaus. Dies gilt vor allem
auch hinsichtlich der für die beiden neuen Darlehen aus dem Jahr 2010 zu
zahlenden Zinsen, da es sich faktisch um eine Verlängerung der ursprünglichen
Laufzeit bis Ende 2014 handelt und sich somit die ursprünglich zum Zeitpunkt der
Anlagenentscheidung getätigten finanziellen Aufwendungen erhöhen. Sie
behauptet damit jedenfalls hinsichtlich des zum Erwerb des beiden Beteiligungen
eingesetzten und durch Darlehen finanzierten Geldbetrages einen höheren
Schaden als denjenigen, den sie im Güteantrag geltend gemacht hat, so dass es
sich dort nur um einen Teil des insoweit entstandenen Schadens handelt. Es war
daher bereits aus diesem Grund, nämlich der Geltendmachung nur eines
Teilbetrages, erforderlich, dass eine betragsmäßige Bezifferung erfolgt (s. Palandt,
BGB, 73. Aufl., § 204 Rn. 16 m. w. N.). Dies ist, da noch nicht einmal ein
Gesamtbetrag, der geltend gemacht wird, genannt ist, nicht der Fall und wurde
auch in unverjährter Zeit nicht vorgenommen.
72 bb) Im Übrigen macht die Klägerin auch mehrere selbständige Einzelforderungen
geltend, nämlich jedenfalls die durch die ursprünglichen Darlehen in den Jahren
2000 bis 2001 finanzierten Beträge (einschließlich der Zinsen, Disagio,
Sondertilgung) zum Erwerb der Anteile, die aus der anderweitigen Anlage des
eingesetzten Geldes entgangenen Zinsen (als entgangener Gewinn gemäß § 252
BGB), die Anwaltskosten sowie die Kosten für die Bestellung von Sicherheiten.
Ferner die für die beiden im Jahr 2010, somit nach der ursprünglichen
Anlageentscheidung, aufgenommenen Darlehen. Hierbei handelt es sich nicht nur
um unselbständige Rechnungsposten eines einheitlichen
Schadensersatzanspruchs (vgl. BGH, NJW 2011, 2713 = juris, Tz. 7 für das
Verhältnis von Sachschaden und Verdienstausfall beim Verkehrsunfall).
73 c) Da weder ein wirksamer noch ein ausreichend individualisierter Güteantrag
vorliegt, ist keine Unterbrechung der Verjährung, auch nicht teilweise, erfolgt.
Weitere verwehrungsunterbrechende Maßnahmen sind weder dargelegt noch
ersichtlich.
74 3. Die Klägerin kann daher nicht die Zahlung von zuletzt 63.203,70 EUR nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus
seit 19.04.2012 Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Klägerin aus den
Beteiligungen von der Beklagten verlangen (Klageantrag Ziffer 1). Sie kann von
der Beklagten auch nicht die Freistellung (Klageantrag Ziffer 2 als Hilfsantrag) von
allen Forderungen aus den Darlehensverträgen mit der Deutschen Bank AG
verlangen. Gleiches gilt für die Freistellung der Klägerin von sämtlichen
bestehenden oder künftig entstehenden steuerlichen und wirtschaftlichen
Nachteilen, die mittelbar oder unmittelbar aus den Beteiligungen resultieren
(Klageantrag Ziffer 3 als Hilfsantrag). Aufgrund der berechtigten Verweigerung der
Leistung befindet sich die Beklagte auch nicht mit der Annahme der Abtretung der
Ansprüche in Annahmeverzug (Klageantrag Ziffer 4) und schuldet sie darüber
hinaus nicht die von der Klägerin geltend gemachten vorgerichtlichen
Anwaltskosten in Höhe von 5.419,74 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 19.04.2012
(Klageantrag Ziffer 5) gemäß § 280 Abs. 1 BGB.
75 Soweit die Klägerin den Klagantrag Ziffer 1 vom 03.09.2013 (AS. 253 ff) um
6.234,10 EUR reduziert hat, handelt es sich um eine Klagrücknahme (§ 269 Abs. 1
ZPO), die ohne Zustimmung der Beklagten möglich ist (s. BGHZ 4, 328), so dass
hierüber mit Ausnahme der Kosten nicht mehr zu entscheiden ist.
76 Weitere Anspruchsgrundlagen sind weder dargelegt noch ersichtlich. Die Klage ist
daher insgesamt abzuweisen und das Versäumnisurteil vom 17.06.2013 aufrecht
zu erhalten.
77
Widerklage
78 I. Die Widerklage gegen den Ehemann der Klägerin und ursprünglichen
Anspruchsinhaber ist zulässig (s. BGH, NJW 2008, 2852 = juris, Tz. 24 ff). Der mit
der Widerklage verfolgte Antrag richtet sich auf den mit der Klage verfolgten
abgetretenen Anspruch, so dass ein enger Zusammenhang im Sinne von § 33
ZPO besteht. Sie ist auch sachdienlich (§ 263 ZPO), da hierdurch ein weiterer
Prozess vermieden wird. Schützenswerte Interessen des Widerbeklagten, die
verletzt sein könnten, sind nicht ersichtlich. Der Widerbeklagte hätte ohne die
Abtretung an die Klägerin auch nicht als Zeuge zur Verfügung gestanden, so dass
lediglich der vorherige Zustand hergestellt ist.
79 II. Ein Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) der Beklagten liegt vor.
Unerheblich ist, dass sich der Widerbeklagte nach der Abtretung keiner eigenen
Ansprüche mehr berühmt. § 325 Abs. 1 Satz 1 ZPO steht dem
Feststellungsinteresse nicht entgegen (s. BGH, NJW 2008, 2852 = juris, Tz. 34 ff).
80 III. Die Feststellungsklage ist auch begründet, da die Beklagte aufgrund der
Verjährung die Leistung verweigern kann (§ 214 Abs. 1 BGB). Auf die bereits
erfolgten Ausführungen wird vollumfänglich verwiesen. Der abgetretene Anspruch
des Widerbeklagten ist verjährt. Die Beklagte hat daher Anspruch darauf, dass
festgestellt wird, dass dem Widerbeklagten aus der am 04.10.2000 sowie am
25.09.2001 erfolgten Zeichnung der Beteiligungen an dem Fonds Nr. 45 und Nr.
46 keine Ansprüche gegen sie zustehen.
81 Der Einspruch des Widerbeklagten gegen das Versäumnisurteil ist daher
unbegründet und das Versäumnisurteil insoweit ebenfalls aufrecht zu erhalten.
82
Nebenentscheidungen
83 Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 269 Abs. 3 S. 2 ZPO, diejenige zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 3 ZPO. In der Kostenentscheidung
wurde berücksichtigt, dass gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG, der anwendbar ist (s.
OLG Celle, Beschluss vom 24.08.2009, 11 W 34/09), nur der Wert des höheren
Anspruchs, hier der Klage, maßgeblich ist, da Widerklage und Klage denselben
Gegenstand betreffen. Gleiches gilt für die Hilfsanträge.