Urteil des LG Arnsberg vom 15.01.2010

LG Arnsberg (vollstreckung der strafe, marihuana, ernte, sohn, halle, schwerer fall, beteiligung, stgb, menge, verkauf)

Landgericht Arnsberg, 2 KLs 262 Js 850/07 (20/08) a
Datum:
15.01.2010
Gericht:
Landgericht Arnsberg
Spruchkörper:
2. Große Strafkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
2 KLs 262 Js 850/07 (20/08) a
Rechtskraft:
rechtskräftig seit 23.01.2010
Tenor:
Der Angeklagte wird wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit
Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in 6 Fällen zu einer
Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.
Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
In Höhe eines Betrages von 30.000 € wird der Verfall von Wertersatz in
das Vermö-gen des Angeklagten angeordnet.
Der Angeklagte trägt die Kosten dieses Verfahrens.
Angewendete Strafvorschriften:
§§ 1, 3 Abs. 1 Nr. 1, 29 a Abs. 1 Nr. 2, 33 BtMG, 27, 53, 73, 73 a StGB.
Gründe
1
( abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO )
2
I.
3
1.
4
Der Angeklagte ist am XX.XX.XXXX in X./Deutschland geboren. Er besuchte bis zum
14. Lebensjahr die Volksschule und begann ca. 1960 eine Ausbildung als
Betriebsschlosser bzw. Landmaschinenschlosser bei der Firma T. 1964 erhielt er eine
Festanstellung bei der Firma U. in G. und arbeitete dort als Betriebsschlosser mit einem
monatlichen Verdienst von ca. 3500,- DM. 1985 wechselte er den Arbeitgeber und war
nun bei der Stadt G. als Betriebsschlosser angestellt. Er bildete sich dort weiter und
erwarb ca. 1990 den Meister im Bereich Elektromechanik. Bis zu seinem Vorruhestand
ca. im Jahr 2007 war er bei der Stadt G. für den Bereich U–Bahn und Straßenbahn als
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Elektromechaniker (Meister) tätig und verdiente zuletzt ca. 4000 Euro monatlich. Er
erhält nunmehr eine Rente in Höhe von 1900,- Euro monatlich.
Der Angeklagte ist verheiratet und hat einen am XX.XX.XXXX geborenen Sohn, E. N. Er
hat zwei Enkelkinder im Alter von 8 und 4 Jahren. Der Angeklagte ist in den
Vorruhestand eingetreten, um seine erkrankte Ehefrau pflegen zu können. Diese leidet
an Multipler Sklerose und ist auf einen Rollstuhl angewiesen. Zusätzlich wurde bei ihr
ein Lungenkarzinom diagnostiziert.
6
2.
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Der Angeklagte ist strafrechtlich noch nicht Erscheinung getreten. Der
Bundeszentralregisterauszug vom 14. 09. 07 weist keine Eintragung auf.
8
II.
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Die Hauptverhandlung hat zu folgenden Feststellungen geführt:
10
1.
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Der Angeklagte hatte über seinen Sohn – E. N. – Kontakt zu einer Gruppe mit teilweise
noch unbekannten Personen, die sich zur Verübung fortgesetzter im Einzelnen noch
ungewisser Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz durch das Anlegen von
professionellen Cannabisplantagen (sogenannter Indoor-Plantagen) und zum
anschließenden Gewinn bringenden Verkauf des abgeernteten Marihuanas im
vierstelligen Kilobereich verbunden hatten.
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Zu den bekannten Bandenmitgliedern gehören u. a. die inzwischen vom Landgericht
Arnsberg rechtskräftig zu Freiheitsstrafen verurteilten H. F., T. L., U. T., G. I., E. L., K. L.,
U. L. sowie der Sohn des Angeklagten E. N.. Ferner gehörten zur Bande noch der
flüchtige Bandenchef X. Y., E. E., C. Q. und N. K.
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Eine Beteiligung des Angeklagten konnte bei zwei Plantagen, nämlich der in T.-I. sowie
in S.-Jügesheim/Hessen, festgestellt werden.
14
2.
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Hinsichtlich der Plantagen in T. – I. und S. - Jügesheim konnte die Kammer nach der
durchgeführten Hauptverhandlung folgende Feststellungen treffen
:
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a) Plantage in T.: -Fallakte 01- ( Taten Nr. 1 – 3 )
Angeklagten, E. N., ein ca. 3. 500 qm großes Objekt der ehemaligen M-Fabrik in der T.-
Straße X in T –I.. Gegenüber der Eigentümerin des Grundstücks trat E. N. als
Verhandlungspartner auf und unterschrieb einen Mietvertrag beginnend mit dem 01. 08.
2006 für zunächst 2 Jahre. Es wurde ein monatlicher Mietzins von 3000,- Euro
vereinbart, der für ein Jahr im Voraus in bar entrichtet wurde. Die Bandenmitglieder T. L.,
E. N. und E. L., der sich allerdings bei Aufbauarbeiten ein Bein brach, fungierten als
Betreiber der Halle. H. F. wurde als Wächter von der Bande eingesetzt und war über
längere Zeitabschnitte regelmäßig in der Halle. K. L. und N. K. waren für die Installation
der Belüftungsanlage verantwortlich. Für die Elektroinstallationen war das
Bandenmitglied E. N. zuständig. Der Angeklagte wurde jeweils aufgrund seiner
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Ausbildung und Tätigkeit als Elektromechaniker von seinem Sohn, E. N., hinzugezogen,
wenn es Probleme bei den umfangreichen Elek-troinstallationen gab, die sein Sohn, E.
N., nicht lösen konnte.
In einer hinteren Halle des Gewerbeobjektes wurden etwa 2000 Cannabis–Pflanzen auf
Steinwollematten angebaut. Ende 2006 konnte das erste Mal geerntet werden.
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Während des Betriebes dieser Plantage bis zu ihrer Entdeckung fanden - unter
Berücksichtigung einer Wachstumszeit von 90 Tagen - jeweils mindestens 3 Ernten von
Cannabispflanzen mit anschließendem Gewinn bringendem Verkauf statt. Dabei ist pro
Ernte eine Erntemenge von 100 kg Marihuana erzielt worden. Dies entspricht bei drei
Ernten einer Gesamtmenge von 300 kg Marihuana. Dabei kamen sogenannte
"Cannacutter" zum Einsatz, die die reine Erntemenge etwas verringerten und zu
erhöhtem Abfall führten.
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Neben der Ernte von Cannabiskraut (Marihuana) wurden sogenannte Pollinate
(Cannabiskonzentrat nach Pollination) gewonnen. Dazu entwickelten die Beteiligten der
Plantage in T. einen Pollinator mit einem Fassungsvermögen von 1 cbm.
Hauptverantwortlicher war H. F.
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Der Verkauf des Marihuanas an W. P. erfolgte durch U. T.
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Am 22.08.2007 wurde durch die Feuerwehr in T.-I. im Zuge einer
Überschwemmungshilfsmaßnahme auch die Lagerhalle der ehemaligen M.-Fabrik in
der T-Straße X in T. geöffnet und betreten. Grund hierfür war die unmittelbare Nähe des
über die Ufer getretenen Flüsschens S., das aus der U-Talsperre gespeist wird. Die
Feuerwehrleute fanden dort - auf einer großen Plane ausgebreitet - Cannabispflanzen,
die zum Trocknen ausgelegt waren. Angesichts der Ausrüstung handelte es sich bei
dieser Aufzucht um eine sogenannte "Profi-Marihuanaplantage", d. h. eine Plantage,
welche unter professionellen Bedingungen ausgebaut, betrieben und abgeerntet
worden war, wobei erhebliche Gewinnspannen durch den Verkauf des Marihuanas, das
dort auch verkaufsfertig verpackt worden war, erzielt wurde.
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Insgesamt konnten noch 154,2 kg Marihuana, abgepackt in schwarzen Müllsäcken,
aufgefunden und sichergestellt werden. In schwarzen Kunststoffkübeln konnten darüber
hinaus noch weitere ca. 50 Kilo, bestehend aus nassen Marihuanaresten, aufgefunden
werden.
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b)
Plantage in S.: -Fallakte 02- ( Taten Nr. 4 – 6 )
im Juli 2005, eine Marihuana - Plantage in der P.-Straße X in K.im dortigen
Industriegebiet aufzubauen. Diese Örtlichkeit war von der Bande von Juli 2005 bis zum
01.09.2007 zunächst ohne schriftlichen Vertrag genutzt, danach war ein Vertrag über
8.000,00 Euro Pachtzins monatlich vereinbart worden. Als Mieter trat G. I. auf. Die Pacht
von Juli 2005 bis zum 01.09.2007 war zum Teil erlassen worden, da die Bande vor der
Fabrikhalle ein Transformatorenhaus im Wert von ca. 120.000,00 Euro errichtet hatte,
das in das Eigentum des Vermieters L. I. übergehen sollte. Nach dem Willen der Bande
wurde diese Halle so umgebaut, dass in dieser - nach dem System "Halle in Halle" -
zwei neue voneinander getrennte Hallen entstanden sind. Die kleinere hatte eine Größe
von 35 x 8,7 Metern. In dieser wurden insgesamt 2700 Marihuanapflanzen angebaut. In
der mit 36,87 x 17,87 Metern größeren Halle wurden 5400 Pflanzen angebaut. Es
wurden unter anderem 540 Beleuchtungskörper und 27 Ventilatoren installiert.
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Insgesamt wurden 8100 Pflanzen in beiden Hallen gezogen.
Der Sohn des Angeklagten, das Bandenmitglied E. N., führte u.a. Verhandlungen mit
dem Eigentümer der Halle, dem Zeugen I., und zahlte auch die Stromrechnungen. K. L.
und N. K. waren mit der Installation der Lüftungsanlagen betraut. U. L. kontrollierte die
Aufzucht. Als verantwortliche Betreiber der Anlage fungierten E. E., C. Q. und G. I.
Infolge von Streitigkeiten der Beteiligten untereinander übernahmen nach der zweiten
Ernte E. L., T. L. und E. N. die Verantwortung für die Plantage. E. N. installierte die
Elektroinstallationen.
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Auch bei dieser Plantage wurde der Angeklagte jeweils von seinem Sohn, E. N.,
hinzugezogen, wenn es Probleme bei den umfangreichen Elektroinstallationen gab.
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Es fanden - trotz der längeren Mietzeit - aber unter Berücksichtigung der erheblichen
Investitionen zum Installieren der Anlage - unter Zugrundelegung einer
Wachstumsperiode von jeweils 90 Tagen - drei erfolgreiche Marihuanaernten statt. Es
wurden für die Ernte wiederum sogenannte "Cannacutter" verwendet, um die großen
Ernten verarbeiten zu können. Die Cannacutter trennen im Wesentlichen die wertlosen
Stängel der Cannabispflanze von den THC–harzhaltigen Blüten. In S. wurden 9 solcher
Cannacutter sichergestellt.
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Den Verkauf des Marihuanas an W. P. übernahm das Bandenmitglied U. T.
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Die Plantage in S. wurde nach Entdeckung der vorstehend beschriebenen Plantage in
T. am 22. / 23. 08. 2007 entdeckt und war kurz zuvor von den Tatbeteiligten verlassen
worden. In der Halle konnten noch 62,1 kg Marihuana sowie 8100 Cannabispflanzen -
im Wachstum begriffen - aufgefunden und sichergestellt werden. Dabei handelte es sich
um den 4. Anbauvorgang.
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In S. wurden pro Ernte 320 kg Marihuana geerntet mit einem TH–Gehalt von 11 %. Dies
ergibt bei drei Ernten eine Gesamtmenge von 960 kg.
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Keiner der Bandenmitglieder war im Besitz einer staatlichen Erlaubnis zum
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln.
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Eine Bandenmitgliedschaft des Angeklagten konnte die Kammer weder bei der
Beteiligung an der Plantage in S. noch in T. feststellen.
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c) Gesamtmenge
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Dem Angeklagten sind folgende Marihuana-Erntemengen zuzurechnen:
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T.: 300 kg ( 3 Ernten à 100 kg )
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K.: 960 kg ( 3 Ernten à 320 kg )
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Insgesamt: 1260 kg Marihuana.
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Aufgrund der hohen Wirkstoffgehalte handelt es sich um THC–reiche Sorten für den
Drogenkonsum. Bei 11 % Wirkstoffanteil ist von einer Gesamtwirkstoffmenge von 138, 6
kg THC auszugehen. Es handelt sich um mehr als das 18. 000-fache der nicht geringen
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Menge von THC. Bei einer Konsumeinheit von 15 mg THC (geraucht) ergibt die
Gesamtmenge des hergestellten und verkauften Marihuanas insgesamt ca. 9 Millionen
Konsumeinheiten.
d) Vermögen
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Der Angeklagte hat aus der Beteiligung an den Marihuana–Indoor–Plantagen
erhebliche Vermögenswerte erzielt. Ihm sind insgesamt aus der Beteiligung an dem
Anbau und Verkauf des Cannabis 30. 000,- Euro zugeflossen.
40
III.
41
Die getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Ergebnis der Beweisaufnahme, deren
Inhalt und Förmlichkeiten sich aus dem Sitzungsprotokoll ergeben.
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Die Feststellungen zur Person beruhen auf der Einlassung des Angeklagten und dem
erörterten Auszug aus dem Bundeszentralregister.
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Die Feststellungen zur Sache beruhen auf dem umfassenden Geständnis des
Angeklagten. Dieser hat die ihm zur Last gelegten Taten glaubhaft eingeräumt. Er hat
nachvollziehbar geschildert, dass er überwiegend auf Bitten seines Sohnes, des
Bandenmitglieds E. N., tätig geworden ist und diesem bei der Installation der Elektrik
geholfen hat.
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Die Zahl der in den jeweiligen Hallen angebauten Pflanzen und die Ernteanzahl
stimmen mit den bisherigen Ermittlungen überein. Das Ergebnis der bisherigen
Ermittlungen hat die Kammer den tatsächlichen Feststellungen aus dem rechtskräftigen
Urteil der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Arnsberg in der Strafsache gegen U.
T., Urteil vom 08. 01. 2009, Az: 2 KLs 262 Js 1036 / 07 (22/08), betreffend die Indoor–
Marihuana–Plantagen in K. und T.–I. entnommen. Das Urteil wurde auszugsweise (Bl.
14 – 17 des Urteils) im Selbstleseverfahren gem. 249 Abs. 2 StPO in die
Hauptverhandlung eingeführt.
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Die Feststellungen zur Wirkstoffbestimmung beruhen auf den Angaben des
Sachverständigen Dr. O. in dem Gutachten vom 18. 12. 2007, welches im
Selbstleseverfahren gem. § 249 Abs. 2 StPO in die Hauptverhandlung eingeführt wurde.
Der Sachverständige Dr. O. hat das in den Plantagen in S. und T. sichergestellte
Pflanzgut untersucht und festgestellt, dass der unterste gemessene THC–Gehalt der
Pflanzen zwischen 5,72 und 8,75 % lag und zwar bezogen auf das gesamte
konsumfähige Material aus den sichergestellten Pflanzen. Dabei sei allerdings zu
berücksichtigen, dass die Untersuchung der Pflanzen aus S. deutlich vor Erntereife
stattgefunden hat, sodass bei einem längeren Wachstum deutlich höhere THC–Gehalte
zu erwarten gewesen wären. Aufgrund des zu dem frühen Wachstumsstadium bereits
vorhandenen hohen Wirkstoffgehalts ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass
es sich bei den sichergestellten Pflanzen um THC–reiche Sorten handelt. Anhand des
in den Jahren 1995 – 2005 im LKA NRW untersuchten Pflanzenmaterials aus sog.
Indoor–Plantagen, bei dem ein kontinuierlicher Anstieg des Wirkstoffgehaltes von
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9,4 % auf 11,7 % (2006) zu verzeichnen ist, ist die Annahme eines Wirkstoffgehaltes von
11 % THC begründet.
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Die jeweiligen Ernteerträge beruhen ebenfalls auf den Angaben des Sachverständigen
Dr. O. Der Sachverständige hat unter Berücksichtigung der Anzahl der Pflanzen (8100)
für S. einen durchschnittlichen Ertrag pro Ernte von 320 kg ermittelt. Für T. ergibt sich
ein Umfang von100 kg pro Ernte. Dies entspricht der Menge Marihuana, welche in T.
sichergestellt werden konnte und den Feststellungen, die aufgrund der bisherigen
Ermittlungen getroffen werden konnten.
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IV.
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Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen Beihilfe zum
unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 6 Fällen
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gem. §§ 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, 27, 49 Abs. 1, 53 StGB strafbar gemacht. Beim
unerlaubten Anbau von Cannabispflanzen in Form der Aufzucht bis in das Stadium, in
dem sie eine nicht geringe Menge THC enthalten, kommt der Tatbestand des
unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Betracht, wenn der Anbau auf die
gewinnbringende Veräußerung der herzustellenden Betäubungsmittel zielt (BGH, NJW
2008, 386; BGH, NStZ 2006, 578). Da mehrere Ernten aus jeweils gesonderten
Anbauvorgängen gewonnen und anschließend vermarktet worden sind, liegen mehrere
selbständige Taten des Handeltreibens vor, so dass die an den verschiedenen
Plantagen zahlenmäßig festgestellten Ernten als jeweils selbständige Taten zu
bewerten sind (BGH, NStZ 2005, 650).
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Der Grenzwert der sog. nicht geringen Menge im Sinne des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG
beträgt bei Cannabisprodukten 7,5 g Tetrahydrocannabiol (THC) (vgl. BGH, NStZ- RR
2006, 350), der bei jeder der Ernten deutlich überschritten worden ist.
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Die Kammer konnte nicht feststellen, dass der Angeklagte mittäterschaftlich gehandelt
hat. Seine Tathandlungen sind vielmehr als Beihilfehandlungen zu qualifizieren. Bei der
Mitwirkung zur Aufzucht beurteilt sich die Frage, ob Mittäterschaft oder Beihilfe vorliegt
danach, welcher Art der Tatbeitrag ist und mit welcher Willensrichtung er geleistet wurde
(BGH, NStZ 2006, 578). Gemessen am Grad des eigenen Interesses und dem Umfang
der Beteiligung des Angeklagten ist davon auszugehen, dass lediglich eine
untergeordnete Tätigkeit vorliegt. Der Angeklagte wurde als Vater des
Bandenmitgliedes E. N. lediglich dann von seinem Sohn um Hilfe gebeten, wenn dieser
ein Problem im Rahmen der umfangreichen Elektrik der Indoor–Plantage nicht lösen
konnte. Insoweit ging die Willensrichtung des Angeklagten nicht in Richtung auf eine
selbständige Beteiligung, sondern ist dahingehend zu werten, dass er lediglich Hilfe
leisten wollte. Auch der geringere Umfang seiner Tätigkeit spricht für eine bloße
Beihilfetätigkeit.
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Die Kammer konnte zudem auch nicht feststellen, dass der Angeklagte als Mitglied der
Bande tätig geworden ist. Für eine bandenmäßige Tatbegehung ist nach der
Entscheidung des Großen Senats für Strafsachen des BGH vom 22. 03. 2001 (BGHSt
46, 321) der Wille zur Bindung für die Zukunft und für eine gewisse Dauer bei einem
Zusammenschluss von mehr als drei Personen erforderlich. Diese Voraussetzungen
liegen nicht vor, da nur der Sohn des Angeklagten Bandenmitglied war und die Tätigkeit
des Angeklagten sich darauf beschränkte, diesen im Rahmen seiner Tätigkeit zu
unterstützen. Dass er selbst im Bandenauftrag arbeitsteilig tätig war und entsprechend
seinem Können Arbeitsleistungen erbracht hat, konnte die Kammer demgegenüber nicht
feststellen. Vielmehr beschränkte sich die Tätigkeit auf die Unterstützung seines
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Sohnes.
Anhaltspunkte für eine verminderte Schuldfähigkeit des Angeklagten haben sich im
Rahmen der Hauptverhandlung nicht ergeben.
55
V.
56
Im Rahmen der abstrakten Strafzumessung hat die Kammer den gem. §§ 27, 49 Abs. 1
StGB gemilderten Strafrahmen des § 29 a Abs. 1 Nr. 2 BtMG , 27 zu Grunde gelegt, der
einen Strafrahmen für jede einzelne der begangenen Taten von 3 Monaten bis zu 11
Jahren und 3 Monaten eröffnet.
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Ein minder schwerer Fall im Sinne des § 29 a Abs. 2 BtMG liegt in keinem der
vorgenannten Fälle vor. Angesichts des Umfangs des angebauten und
weiterveräußerten Marihuanas kommt die Anwendung des beträchtlich milderen
Ausnahmestrafrahmens nicht in Betracht.
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Eine Milderung gem. § 31 Nr. 1 BtMG kam nicht in Betracht, da der Angeklagte nicht
durch freiwillige Offenbarung seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass die
Tat über seinen eigenen Tatbeitrag hinaus aufgedeckt werden konnte.
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Bei der konkreten Strafzumessung hat die Kammer zugunsten des Angeklagten in
erheblichem Umfang berücksichtigt, dass dieser die ihm zur Last gelegten Taten
umfassend eingeräumt hat und dadurch in erheblichem Maße zu einer Verkürzung der
Beweisaufnahme und Prozessdauer beigetragen hat. Weiter hat die Kammer zu seinen
Gunsten gewertet, dass er strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten ist.
Strafmildernd hat die Kammer ferner berücksichtigt, dass der Angeklagte deutlich zum
Ausdruck gebracht hat, dass er den Unrechtsgehalt seiner Taten einsieht und sich von
diesen distanziert.
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Zulasten des Angeklagten hat die Kammer gewertet, dass unter seiner Beteiligung ganz
erhebliche Mengen von Marihuana hergestellt und auf den Drogenmarkt gekommen
sind und zwar jeweils ein Vielfaches der nicht geringen Menge. Die Plantagen wurden
äußerst professionell geführt und erforderten einen umfassenden logistischen Aufwand,
wodurch die gesteigerte kriminelle Energie auch bei den einzelnen Beihilfetaten zum
Ausdruck kommt.
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Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hat die
Kammer unter besonderer Berücksichtigung der pro Ernte erzielten Mengen an
Marihuana folgende Einzelstrafen für tat – und schuldangemessen erachtet:
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S.: je Ernte jeweils eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten.
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T.: je Ernte jeweils eine Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 3 Monaten.
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Aus den in Tatmehrheit zueinander stehenden Einzelstrafen war gem. § 54 StGB eine
Gesamtstrafe zu bilden. Unter nochmaliger Abwägung aller für und gegen den
Angeklagten sprechenden Umstände hat die Kammer bei angemessener Erhöhung der
höchsten verhängten Einzelstrafe von 1 Jahr und 9 Monaten eine
65
Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren
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festgesetzt, um sowohl der Persönlichkeit des Angeklagten als auch den einzelnen
Taten gerecht zu werden.
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Die Vollstreckung der Strafe konnte gem. § 56 Abs. 2 StGB zur Bewährung ausgesetzt
werden. Der Angeklagte ist weder in dem Zeitraum vor den Taten noch nach diesem
Zeitpunkt strafrechtlich in Erscheinung getreten. Er lebt in geordneten Verhältnissen und
erzielt Renteneinkünfte, die seinen Lebensunterhalt und den seiner Ehefrau sichern. Er
pflegt seine Ehefrau, die an Multipler Sklerose und einem Lungenkarzinom leidet und
auf den Rollstuhl und seine umfangreiche Hilfe angewiesen ist. Vor diesem besonderen
persönlichen Hintergrund des Angeklagten ist aus Sicht der Kammer zu erwarten, dass
er sich den bloßen Strafausspruch zur Warnung dienen lässt und er künftig auch ohne
die Einwirkung des Strafvollzuges keine Straftaten mehr begehen wird.
68
VI.
69
In Höhe eines Betrages von 30. 000 € war der Verfall von Wertersatz in das Vermögen
des Angeklagten anzuordnen, §§ 33 Abs. 1 BtMG, 73, 73 a StGB. Der Angeklagte hat
aus den jeweiligen rechtswidrigen Taten erhebliche Vermögenswerte erlangt. Den
Umfang des Erlangten hat die Kammer anhand der Angaben des Angeklagten gemäß §
73 b StGB auf einen Betrag von 30.0000 € geschätzt. Bei der Durchsuchung der
Wohnung des Angeklagten in G. am 20.09.2007 konnten u.a. Bargeld (28.630,00 Euro)
sichergestellt sowie Hinweise auf weitere Vermögenswerte gewonnen werden, die
zumindest zum Teil aus Drogengeschäften des Angeklagten stammen.
70
VII.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 Abs. 1 StPO.
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