Urteil des LG Arnsberg vom 06.05.2010

LG Arnsberg (anschluss, sinn und zweck der norm, anlage, standort der anlage, netz, ohg, höhe, erneuerbare energien, bezug, eignung)

Landgericht Arnsberg, 4 O 434/09
Datum:
06.05.2010
Gericht:
Landgericht Arnsberg
Spruchkörper:
4. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Grundurteil
Aktenzeichen:
4 O 434/09
Tenor:
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin macht im Wege der Teilklage Schadensersatzansprüche aufgrund eines
behaupteten fehlerhaften Anschlusses von Windkraftanlagen an das Netz der Beklagten
gegen diese als Stromnetzbetreiberin geltend.
2
Die Klägerin, die teilweise auch als N firmiert, fragte bei der Beklagten am 9.5.2007 den
Anschluss von vier Windenergieanlagen an, die im Windpark "I-L" errichtet werden
sollten. Die Beklagte schlug vor, je zwei Anlagen mit je 4000 kW Leistung in T-I ("X":
Anlagen Y 1 und 3) bzw. in B-I ("Ortsnetzstation L-Straße": Anlagen Y 4 und 5)
anzuschließen.
3
Das Vorhaben konzentrierte sich letztlich auf die Errichtung von drei Windkraftanlagen
unter den Standortbezeichnungen Y 1, Y 3 und Y 5.
4
Die Verwirklichung der – hier schadensmäßig nicht betroffenen – Y 1 übernahm die C-T
GmbH und Co. KG.
5
Die Beklagte bot mit Schreiben vom 1.12.2008 für diese Anlage einen Anschluss an der
Anschlussstelle "X" an, die sich in unmittelbarer Nähe zu den drei Standorten Y 1, Y 3
und Y 5 befindet. Dieser Anschluss wurde in der Folgezeit auch umgesetzt. Für die
Anlage Y 5 hatte die Beklagte weiterhin die weiter entfernt liegende Anschlussstelle
"Ortsnetzstation L-Straße" in B-I vorgesehen.
6
Die Windenergieanlage Y 5 wurde mit Vertrag vom 12.02.2009 von der Firma T und Z
oHG übernommen.
7
Mit Schreiben vom 13.3.2009 forderten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin in
deren Namen sowie im Namen der Firma T und Z oHG die Beklagte auf, die zu dem
Zeitpunkt noch im Bau befindlichen Anlagen Y 3 und Y 5 gemeinsam an dem
Verknüpfungspunkt "X" anzuschließen und verwiesen vorsorglich auf deren ggfls.
erforderliche Ausbaupflicht sowie auf eine Wahl des Netzverknüpfungspunktes "X"
gemäß § 5 II EEG 2009.
8
Nachdem die Beklagte diesem Begehren in dem weiterem Schriftverkehr nicht
nachkam, akzeptierten die Betreiber der Anlagen Y 3 und Y 5 mit Schreiben vom
4.5.2009 die Anschlussstelle "Ortsnetzstation L-Straße", behielten sich jedoch
Schadensersatzansprüche vor.
9
Nach weiterer Korrespondenz der Parteien, in der unter anderem eine
Kapazitätserhöhung der Anlagen auf jeweils 2,3 MW und ein gegebenenfalls
vorübergehender Anschluss der Anlagen an der "X" erörtert wurde, erfolgte letztlich am
16.10.2009 ein Anschluss der Anlage Y 3 an der Anschlussstelle "X" und der Anlage Y
5 am 2.11.2009 an der weiter entfernten Anschlussstelle "Ortsnetzstation L-Straße",
wobei jedoch die Übergabestation etwas südlich hiervon an dem Verknüpfungspunkt
"F-Weg" errichtet wurde.
10
Mit Schreiben vom 10.08.2009 trat die T und Z oHG etwaige Ansprüche auf Ersatz von
Mehrkosten für den Anschluss der Y 5 an die weiter entfernte Anschlussstelle an die
Klägerin ab.
11
Die Klägerin behauptet, das für den Anschluss der Y 1 verlegte Kabel sei technisch
geeignet, die gesamte Leistung der Anlagen Y 1, Y 3 und Y 5 von 6 MW (Mega-Watt)
aufzunehmen.
12
Die Verpflichtung zum Anschluss der Anlage Y 5 an die nähere "X" ergebe sich sowohl
aus § 5 I als auch aus § 5 II EEG 2009. Der Verstoß der Beklagten hiergegen führe zur
Schadensersatzpflicht. Die Mehrkosten für den Anschluss der Y 5 an die
"Ortsnetzstation L-Straße" betrügen mindestens 192.950,11 €.
13
Auch bei einer – nach neuer Rechtslage nicht mehr grundsätzlich durchzuführenden –
gesamtwirtschaftlichen Betrachtung stelle die Anschlussstelle "X" die günstigere
Lösung dar. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird insbesondere auf den Ss.
vom 17.02.2010 Bezug genommen.
14
Die Geltendmachung eines weiteren Schadensersatzes in einer Höhe von 62.133,33 €
bleibe vorbehalten.
15
Die Klägerin beantragt,
16
die Beklagte zu verurteilen, an sie 192.950,11 € nebst Zinsen in Höhe
von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 9.3.2010 zu zahlen.
17
Die Beklagte beantragt,
18
die Klage abzuweisen.
19
Die Beklagte behauptet, die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert. Die Anlage Y 3 werde
von der Firma C GmbH betrieben, die Y 5 durch die Firma S GmbH, 23.
20
Zu der Fa. T und Z oHG bestünden keinerlei vertragliche Bindungen.
21
Der Anschluss aller Anlagen an die Anschlussstelle "X" sei aus technischen Gründen
wegen einer sonst drohenden Überlastung nicht möglich.
22
Der Inhaber der Klägerin habe in einem Telefonat vom 24.10.2008 erklärt, er verzichte
auf einen Anschluss der Y 3 am Verknüpfungspunkt "X", die Anlage könne daher
ebenfalls – wie für die Anlage Y 5 seitens der Beklagten vorgesehen – an die
Anschlussstelle "Ortsnetzstation L-Straße" angeschlossen werden.
23
Bei der Bestimmung der Verknüpfungspunkte sowohl gem. § 5 I als auch gem. § 5 II
EEG 2009 sei nach wie vor die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den
entsprechenden vorangehenden Vorschriften über Erneuerbare Energien (EEG 2000
und EEG 2004) zu berücksichtigen, so dass letztlich auch nach neuem Recht eine
gesamtwirtschaftliche Kostenanalyse erfolgen müsse. Dies führe zu einem
erforderlichen Anschluss der Anlage Y 5 an die letztlich am 2.11.2009 ausgeführte,
"Luftlinie" weiter entfernt liegende Anschlussstelle "Ortsnetzstation L-Straße" mit der
Übergabestation südlich hiervon an dem Verknüpfungspunkt "F Weg". Wegen der
Einzelheiten der streitigen Berechnung wird auf die Klageerwiderung und den
Schriftsatz vom 23.04.2010 Bezug genommen.
24
Die Beklagte meint ferner, die Wahl eines Verknüpfungspunktes, der sich nicht als
gesamtwirtschaftlich günstigster im Sinne dieser Rechtsprechung darstelle, sei
rechtsmissbräuchlich. Ein Ausbau der Anschlussstelle sei zwar möglich, aber in
Ansehung der höheren gesamtwirtschaftlichen Kosten nicht zumutbar.
25
Die im Wege des Schadensersatzes geltend gemachten Mehrkosten für den Anschluss
der Y 5 an die "Ortsnetzstation L-Straße" seien unzutreffend berechnet und
berücksichtigten nicht die im Schriftsatz vom 23.04.2010 dargelegten Kosten für den
Netzanschluss der Y, die Einschleifungskosten und die ermittelten Gesamtmehrkosten.
Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den vorgenannten Schriftsatz Bezug
genommen.
26
Die Klägerin repliziert, hinsichtlich der Y 3 sei ursprünglich tatsächlich die C T GmbH &
Co. KG Genehmigungsinhaberin hinsichtlich der Genehmigung zum Betrieb der
Anlagen gewesen. Diese sei jedoch am 16.3.2009 auf die Klägerin übertragen worden.
27
Hinsichtlich der Y 5 habe die ursprüngliche Genehmigungsinhaberin C T GmbH & Co.
KG ebenfalls am 16.3.2009 dem I-Kreis angezeigt, dass ein Bauherrenwechsel
stattgefunden habe und dass nunmehr die Fa. T und Z oHG das Vorhaben betreibe.
28
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
wechselseitig bei Gericht eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
29
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
30
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt. Die Klägerin hat dem Grunde nach einen
Anspruch auf Ersatz derjenigen Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass die Anlage Y
5 nicht ebenso wie die Anlage Y 3 an der Anschlussstelle "X" angeschlossen wurde.
31
I.
32
Gem. § 304 ZPO ist im vorliegenden Fall der Erlass eines Grundurteils zulässig und
ermessensgerecht. Die Klage ist dem Grunde und der Höhe nach streitig. Dem Grunde
nach ist die Klage unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Kammer
33
entscheidungsreif. Zur streitigen Höhe wäre umfangreich Sachverständigenbeweis zu
erheben. Dabei steht zur Überzeugung der Kammer bereits jetzt fest, dass der
Klageanspruch unter Berücksichtigung der Grundentscheidung der Höhe nach in
"irgendeiner Höhe" mit hoher Wahrscheinlichkeit Höhe besteht (vgl. BGH 53, 17, 23;
NJW 01, 224).
II.
34
Auf den vorliegenden Sachverhalt finden gem. Artikel 7 i.V.m. Art. 1 § 66 des Gesetzes
zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur
Änderung damit zusammenhängender Vorschriften die Regelungen des EEG in der seit
dem 1.1.2009 geltenden Fassung Anwendung (nachfolgend: EEG 2009).
35
III.
36
Der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz folgt dem Grunde nach aus §§ 5 I, II
EEG 2009 i.V.m. § 280 I BGB. Die Klägerin ist Anlagenbetreiberin im Sinne des § 5
EEG, die Beklagte ist Netzbetreiberin. Im Falle eines Verstoßes gegen den sich aus § 5
ergebenden Anschluss- und Einspeiseanspruch macht sich der Netzbetreiber unter den
Voraussetzungen des § 280 BGB schadensersatzpflichtig (vgl. Reshöft, Kommentar
zum EEG, 3. Auflage, § 5 Rn. 15).
37
1.
38
Zur Aktivlegitimation im Hinblick auf die Y 3 hat die Klägerin vorgetragen, ursprünglich
sei die C T GmbH & Co. KG Genehmigungsinhaberin hinsichtlich der Genehmigung
zum Betrieb der Anlagen gewesen. Diese sei jedoch am 16.3.2009 gemäß Anlage K 19
und Bestätigung des I-Kreises (Anlage K 20) "auf die Klägerin übertragen worden". Dem
ist die Beklagte nicht weiter entgegengetreten, so dass im Hinblick auf die
Aktivlegitimation der Klägerin bzgl. der Anlage Y 3 keine Bedenken bestehen.
Hinsichtlich der Y 5 hat die Klägerin vorgetragen, die ursprüngliche
Genehmigungsinhaberin C T GmbH & Co. KG habe auch insoweit am 16.3.2009 dem I-
Kreis angezeigt, dass ein Bauherrenwechsel stattgefunden habe und dass nunmehr die
Fa. T und Z oHG das Vorhaben betreibe (Anlagen K19, 20). Da die Beklagte auch dem
nicht weiter entgegengetreten ist, bestehen nach der Abtretung seitens der Fa. T und Z
oHG bzgl. der Anlage Y 5 auch insoweit zur Aktivlegitimation der Klägerin keine
Bedenken. Soweit die Klägerin weitergehend dargelegt hat, die S GmbH vertreibe das
interne Stromnetz zwischen der Y 5 und dem Netzverknüpfungspunkt "F-Weg", macht
dies die S GmbH nicht zur Anlagenbetreiberin im Sinne des § 3 EEG 2009, sondern
allenfalls zum Betreiber des internen Stromnetzes. Anschlussgläubiger ist jedoch gem.
§§ 5 I, 3 Nr. 2, 4 Abs. 1 EEG 2009 der Anlagenbetreiber, mithin die Fa. T und Z oHG und
nach Abtretung die Klägerin. Soweit die Beklagte sich schließlich darauf beruft,
zwischen der Fa. T und Z oHG und ihr bestünden keinerlei vertragliche Bindungen, ist
auch dies gem. § 4 EEG 2009 unschädlich.
39
2.
40
Der Anschluss der Anlage Y 5 an der "Ortsnetzstation L-Straße" anstatt an der "X" war
pflichtwidrig, da der gem. § 5 EEG 2009 geschuldete Anschluss an der
Verknüpfungsstelle "X" hätte erfolgen müssen:
41
Während zur Zeit sowohl des EEG 2000 als auch des EEG 2004 nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die "geschuldete Anschlussstelle"
regelmäßig dadurch zu ermitteln war, dass ein gesamtwirtschaftlicher Kostenvergleich
der jeweiligen Anschlussstellen anzustellen war (BGH Urt. V. 8.10.2003, VIII ZR 165/01;
Urt. V. 10.11.2004, Az. VIII ZR 391/03 sowie VIII ZR 288/05 und 21/07), ist in § 5 I EEG
2009 nunmehr geregelt:
42
Netzbetreiber sind verpflichtet, Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Erneuerbaren
Energien und aus Grubengas unverzüglich vorrangig an der Stelle an ihr Netz
anzuschließen (Verknüpfungspunkt), die im Hinblick auf die Spannungsebene geeignet
ist, und die in der Luftlinie kürzeste Entfernung zum Standort der Anlage aufweist, wenn
nicht ein anderes Netz einen technisch und wirtschaftlich günstigeren
Verknüpfungspunkt aufweist.
43
Bei den Anschlussstellen "Ortsnetzstation L-Straße" und "X" handelt es sich um ein
Netz mit einer Spannung von 10 kV. Es ist insoweit unstreitig, dass die klägerseits
anzuschließenden Anlagen zumindest im Hinblick auf die Stromspannung geeignet
sind, dort angeschlossen zu werden. Unstreitig ist auch der "Luftlinie" kürzeste Weg von
der Y 5 zum 10-kV Netz der Beklagten derjenige zur "X".
44
a)
45
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es zur Überzeugung der Kammer für die
"Geeignetheit" des Netzanschlusses nicht darauf an, ob das Netz neben der
Spannungsgeeignetheit auch im Hinblick etwa auf die Kapazität und die
einzuspeisenden Strommengen und Stromstärken ohne Verstärkung auskommt. Denn
der Gesetzgeber hat – anders noch als in § 4 EEG 2004 – die Eignung im Hinblick auf
die Spannungsebene konkretisiert und beschränkt, also hinsichtlich Niederspannung,
Mittelspannung, Hoch- und Höchstspannung (zutreffend: Salje, § 5 Rn. 8, 9 EEG; vgl.
auch Reshöft, a.a.O., Rn. 17, der insoweit allgemein auf die "Aufnahmefähigkeit" und
die damit zusammenhängende Frage der generellen oder einzelfalltypischen
Betrachtung abstellt)). Eine geeignete Spannungsebene liegt nach dem hier gegebenen
Verständnis der Eignung unstreitig vor. Selbst wenn jedoch erweiternd auch auf die
technische Eignung im Hinblick auf die Netzkapazität abzustellen wäre, würde dies dem
Anschluss letztlich aufgrund der Netzverstärkungspflicht des Netzbetreibers (§ 5 IV
EEG) nicht entgegenstehen (Salje, a.a.O., Rn. 9). Vor diesem Hintergrund kann sich die
Beklagte nicht erfolgreich darauf berufen, beim Anschluss der Y 5 an die
Anschlussstelle "X" würde eine thermische Überlastung eintreten.
46
Auch das weitere Kriterium gem. § 5 I EEG 2009 (der "Luftlinie" nahestgelegene
Anschlusspunkt) ist bei einem Anschluss an der "X" erfüllt.
47
b)
48
Soweit zwischen den Parteien ferner Streit darüber besteht, ob diese beiden
Voraussetzungen nach dem Wortlaut des § 5 I 1 EEG 2009 ausreichen, um einen
Anspruch auf einen Netzanschluss an der "X" für die Y 5 zu begründen, oder ob
zusätzlich entsprechend der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes auf
eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung der Gesamtkosten (Anschluss und Ausbau)
abzustellen ist, ist Letzteres nach Auffassung der Kammer im Sinne der Klägerin zu
verneinen:
49
aa)
50
Die wie obenstehend ermittelte Anschlussstelle muss nicht generell einer
gesamtwirtschaftlichen Kostenbetrachtung standhalten. Vielmehr kommt die
entsprechend den eingangs genannten Kriterien ermittelte Anschlussstelle nur dann
nicht zum Tragen, wenn gem. § 5 I S. 1 letzter Halbsatz EEG 2009 ein anderes Netz
einen technisch und wirtschaftlich günstigeren Verknüpfungspunkt aufweist.
51
Bei den Anschlussstellen "X" und "Ortsnetzstation L-Straße" handelt es sich um zwei
Anschlussstellen innerhalb ein und desselben Netzes (§ 3 Nr. 7 EEG), da beide
Anschlussstellen vom selben Netzbetreiber geführt werden und auch weder dargelegt
noch sonst ersichtlich ist, dass die Anschlusspunkte etwa nicht ein- und derselben
Gesamtheit der miteinander verbundenen technischen Einrichtungen angehört (vgl.
hierzu: Reshöft, § 5 Rn. 24).
52
Die streitige Frage, ob bei einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung die Anschlussstelle
"X" oder "Ortsnetzstation L-Straße" kostengünstiger zu realisieren ist, ist daher
unerheblich, da hierauf nach dem klaren Wortlaut des § 5 I 1 letzter Halbsatz nur
abzustellen ist, wenn sich der alternative Anschlusspunkte in einem "anderen Netz" im
Sinne des § 5 EEG befindet (ebenso: Salje § 5 Rn. 12; Reshöft, a.a.O.).
53
bb)
54
Diese Wortlautauslegung bedarf auch keiner Korrektur im Sinne der Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofes zum EEG 2004 oder 2000.
55
Der Bundesgerichtshof vertrat zur Vorgängerregelung die Rechtsansicht, dass der
Wortlaut des Gesetzes erweitert auszulegen sei und es somit ausreiche, wenn nicht nur
ein Verknüpfungspunkt eines anderen Netzes wirtschaftlich in Betracht käme, sondern
auch ein Verknüpfungspunkt des selben Netzes (vgl. Reshöft, 3. Auflage, § 5 EEG Rn.
25 unter Bezugnahme auf BGH IIX ZR 165/01, XII ZR 288/05 u. w.). Hierbei stützte sich
der BGH auf den Sinn und Zweck der Norm, nämlich der Vermeidung volkswirtschaftlich
unsinniger Kosten und auf die Gesetzesbegründung zu § 13 Abs. 1 S. 2 EEG 2004 bei
BT-Drucksache 15/2864, S. 33.
56
Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den §§ 4 Abs. 2, 13 Abs. 1 EEG
2004 ist nach Wortlaut, Systematik und unter Berücksichtigung der Gesetzesmaterialien
der neuen Regelung des § 5 Abs. 3 EEG und § 13 Abs. 2 EEG nicht übertragbar.
Insbesondere Sinn und Zweck gebietet nicht mehr eine vom Wortlaut abweichende
Auslegung. Denn während der wortlautgleiche § 4 Abs. 2 S. 1 EEG 2004 den
verpflichteten Netzbetreiber definierte, bestimmt § 5 Abs. 1 S. 1 EEG 2009 erstmalig
unmittelbar die Kritierien für die Ermittlung des Verknüpfungspunktes (Reshöft, a.a.O.
Rn. 26). Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber nicht – wie
beispielsweise in der Begründung zu §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 2, Abs. 4, 18, 22 EEG –
ausgeführt hat, dass sich die Rechtslage nicht verändern solle. Ein Festhalten an der
gesamtwirtschaftlichen Betrachtung (vgl. BT-Drucksache 16, 8148) bedeutet daher
nicht, dass diese stets relevant ist. Während der Gesetzgeber noch zum EEG 2004
ausdrücklich ausgeführt hat, dass ein Anschluss an einem anderen Verknüpfungspunk
"des selben Netzes oder an einem anderen Netz" mit geringeren wirtschaftlichen
Gesamtkosten eine Rolle spielt (BT-Drucksache 15, 2864, S. 33), findet sich in der
57
neuen Gesetzesbegründung zum EEG 2009 keinerlei Hinweis auf eine solche
erweiterte Auslegung des Gesetzes. Dabei ist ebenfalls von Bedeutung, dass der
Gesetzgeber nunmehr den Netzbetreiber durch die Möglichkeit der Zuweisung eines
anderweitigen Verknüpfungspunktes gem. § 5 Abs. 3 EEG Gelegenheit gegeben hat,
gesamtwirtschaftlich übersetzte Kosten zu vermeiden (ebenso Reshöft, a.a.O. u. a.).
Daraus folgt, dass die gesamtwirtschaftliche Betrachtungsweise und die hierzu
ergangene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nur dann noch von Relevanz ist,
wenn es um die Zuweisung eines Verknüpfungspunktes in einem anderen Netz geht
(ebenso Reshöft, a.a.O. Rn. 27). Insbesondere spricht auch der Wille des
Gesetzesentwurfsverfassers nicht hiergegen, da die auf Bl. 41 der BT Drucks. 16/8148
einbezogene gesamtwirtschaftliche Betrachtung nur zum Tragen kommt, wenn es sich
um einen Anschluss an ein anderes Netz handelt (ebenso: Reshöft, a.a.O.).
cc)
58
Nur ergänzend ist daher darauf hinzuweisen, dass sich auch unter Berücksichtigung
von § 5 II EEG 2009 ("Wahlrecht des Anlagebetreibers") als geschuldete
Anschlussstelle die "X" für die Y 5 ergibt:
59
Der Gesetzgeber hat durch die Regelung in § 5 II EEG 2009 dem Anlagenbetreiber ein
Wahlrecht in Bezug auf die Anschlussstelle eingeräumt. Sowohl aus den Motiven des
Gesetzesentwurfes (BT-Drucks. 16/8148, S. 41 rechte Spalte) als auch aus der
einschlägigen Kommentierung (Salje, § 5 EEG Rn. 49; Reshöft, § 5 EEG Rn. 35) ergibt
sich, dass es sich dabei grundsätzlich um ein freies Wahlrecht des Anlagenbetreibers
handelt, welches eine Beschränkung nur durch die Eignung im Hinblick auf die
Spannungsebene (vgl. BT-Drucks. 16/8148, S. 41 rechte Spalte) und das allgemeine
Verbot einer rechtsmissbräuchlichen Ausnutzung des Wahlrechts erfährt (Salje, a.a.O.,
Reshöft, a.a.O., BT-Drucksache, a.a.O.).
60
Dabei liegt eine rechtsmissbräuchliche Ausnutzung des Wahlrechtes nicht schon dann
vor, wenn der Anlagenbetreiber etwa eine für ihn finanziell günstige Anschlussvariante
einer anderen, gesamtwirtschaftlich oder aber für den Netzbetreiber kostenintensiveren
Variante vorzieht (Reshöft, § 5 Rn. 35). Rechtsmissbräuchlich ist ein Verhalten vielmehr
nur dann, wenn kein schutzwürdiges Eigeninteresse vorliegt (vgl. Palandt, § 242 BGB
Rn. 50-52), was etwa der Fall sein kann, wenn der Anlagenbetreiber bei jeweils
gleichen (von ihm zu tragenden) Anschlusskosten eine Anschlussvariante wählt, die für
den Netzbetreiber wesentlich kostenintensiver ist, ohne, dass er hierfür einen
nachvollziehbaren und schützenswerten Grund darlegt (Salje, § 5 Rn. 49).
61
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin plausibel dargelegt, dass für sie die
Anschlussvariante "X" zu geringeren Anschlusskosten in einer Größenordnung von
190.000 € führt als ein Anschluss an der Variante "Ortsnetzstation L-Straße".
62
Wenn auch im Detail die "Mehrkosten" streitig sind, steht bereits jetzt hinreichend sicher
fest, dass die Variante "Ortsnetzstation L-Straße" jedenfalls für die Klägerin zu
erheblichen Mehrkosten führt, so dass die Ausübung ihres Wahlrechts gem. § 5 II EEG
2009 zu Gunsten der Anschlussvariante "X" nicht rechtsmissbräuchlich ist.
63
3.
64
Die pflichtwidrige Zuweisung des für die Klägerin kostenintensiveren Anschlusses an
65
die Anschlussstelle "Ortsnetzstation L-Straße" erfolgte auch schuldhaft im Sinne des §
280 I BGB, da nach dem klaren Wortlaut sowohl des § 5 I als auch des § 5 II EEG ein
Anschluss an der Anschlussstelle "X" auch für die Beklagte erkennbar geschuldet war.
Die Voraussetzungen eines ggfls. entschuldbaren Rechtsirrtums sind nicht erfüllt.
4.
66
Soweit die Klägerin darüber hinaus rügt, dass die Y 3 zeitweise ebenfalls einer
fehlerhaft ermittelten Anschlussstelle zugewiesen worden war, ist die hieraus
resultierende Streitfrage, wer die "zwischenzeitliche Fehlzuweisung" zur
Anschlussstelle "Ortsnetzstation L-Straße" zu vertreten hat, nicht
entscheidungserheblich. Denn die Klägerin hat keine Verzögerungsschäden geltend
gemacht und der Anschluss der Y 3 erfolgte letztlich am zutreffend benannten
Anschlusspunkt "X".
67
5.
68
Feststellungen zur Höhe bleiben dem Betragsverfahren vorbehalten.
69