Urteil des LG Aachen vom 11.06.2010

LG Aachen (treugeber, kläger, gesellschafter, daten, beteiligung, verhältnis zwischen, treuhandvertrag, treuhänder, anleger, auskunft)

Landgericht Aachen, 8 O 466/09
Datum:
11.06.2010
Gericht:
Landgericht Aachen
Spruchkörper:
8. Zivilkammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 O 466/09
Tenor:
Die Beklagten zu 1) bis 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die
Kläger eine vollständige Liste sämtlicher Gesellschafter/Treugeber der
Beklagten zu 3), eingetragen im Handelsregister des AG E zu HRA
XXXX, in elektronischer Form (EDV-Datei) oder in Papierform, die
ausschließlich die Namen und Anschriften der Gesellschafter/Treugeber
der Beklagten zu 3) beinhaltet, herauszugeben.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Gerichtskosten werden zu 1/4 gesamtschuldnerisch den Klägern
und zu 3/4 gesamtschuldnerisch den Beklagten zu 1) bis 3) auferlegt;
ausgenommen hiervon sind die Kosten, die durch die Anrufung des
sachlich unzuständigen Amtsgerichts E entstanden sind, diese haben
gesamtschuldnerisch die Kläger zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Kläger tragen zu 3/4
gesamtschuldnerisch die Beklagten zu 1) bis 3) und zu 1/4 die Kläger
selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1) bis 3) tragen diese
jeweils selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4) tragen die Kläger als
Gesamtschuldner.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Kläger jedoch nur gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 9.000,00 €. Den Klägern bleibt
nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten gegen
Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leisten.
T a t b e s t a n d :
1
Die Kläger beteiligten sich im Jahr 1996 mit einem Betrag von insgesamt 500.000,00
DM an der Beklagten zu 3), bei der es sich um einen geschlossenen Immobilienfonds in
der Rechtsform einer KG handelt, dessen Zweck die Errichtung des Hotels B in C und
dessen Betrieb ist. Einziger Komplementär der Beklagten zu 3) ist der Beklagte zu 2).
Die Beklagte zu 4) hat mit der Beklagten zu 3) am 16.09.1994 einen Vertrag zur
Übernahme der Geschäftsbesorgung geschlossen, die die Durchführung und
Abwicklung aller Geschäftsführungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Verwaltung
und Vermietung des Fondsobjekts beinhaltet.
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Die Beklagte zu 1), eine Steuerberatungsgesellschaft, ist die Treuhandkommanditistin
der Beklagten zu 3). Dem jeweiligen Anleger stand es frei, sich entweder als direkter
Kommanditist ins Handelsregister eintragen zu lassen oder einen Treuhandvertrag mit
der Beklagten zu 1) abzuschließen. Die Kläger entschieden sich bei ihrem Beitritt für
den Abschluss eines Treuhandvertrages mit der Beklagten zu 1). Die Beklagte zu 1)
erwarb einen der eingezahlten Beteiligung entsprechenden Kapitalanteil im Auftrag der
Kläger und treuhänderisch im eigenen Namen, aber für Rechnung der Kläger, den sie
als Treuhandkommanditistin an der Beklagten zu 3) hält.
3
Gemäß § 10 Ziffer 1 des Treuhandvertrages führt die Beklagte zu 1) ein
Treugeberregister, in dem die personenbezogenen Daten auf einer EDV-Anlage
gespeichert werden. § 10 Ziffer 2 des Treuhandvertrages enthält folgende Bestimmung:
4
"Der Treugeber hat keinen Anspruch darauf, daß ihm der Treuhänder Angaben
über die übrigen Treugeber macht. Anderen Personen als dem persönlich
haftenden Gesellschafter und dem Geschäftsbesorger darf der Treuhänder
keine Auskünfte über die Beteiligung und die Eintragung im Register erteilen, es
sei denn daß die Offenlegung gegenüber dem zuständigen Finanzamt, dem das
Beteiligungsvorhaben finanzierenden Kreditinstitut oder einer anderen Bank im
Zusammenhang mit der Eigenkapitalfinanzierung erfolgt. Diese Einschränkung
gilt nicht gegenüber gesetzlich zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten
Personen, wenn diese als Berater der Beteiligungsgesellschaft oder des
Treugebers tätig werden."
5
Die Kläger streben die Einberufung von Gesellschafterversammlungen der Beklagten zu
3) bzw. die Möglichkeit einer Ansprache der Kommanditisten und der über die Beklagte
zu 1) mit der Gesellschaft verbundenen Treugeber vor der nächsten
Gesellschafterversammlung an. Nach § 12 Ziffer 2 des Gesellschaftervertrages der
Beklagten zu 3) finden außerordentliche Gesellschafterversammlungen auf Antrag von
Gesellschaftern und Treugebern, die mindestens 10% des Gesellschafskapitals
vertreten, statt.
6
Mit Schreiben vom 08.07.2009 forderten die Kläger die Beklagte zu 1) auf, über weitere
Gesellschafter und Treugeber bis zum 15.07.2009 Auskunft zu erteilen. Die Beklagte zu
1) lehnte dies mit Schreiben vom 17.07.2009 ab.
7
Die Kläger sind der Auffassung, dass ihnen gegen die Beklagten ein Anspruch auf die
begehrten Auskünfte zustehe.
8
Sie haben zunächst Klage gegen die Beklagte zu 1) vor dem Amtsgericht E erhoben.
9
Das Amtsgericht E hat sich mit Beschluss vom 07.10.2009 für sachlich unzuständig
erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht B1 verwiesen. Die Kläger haben mit
Schriftsatz vom 16.02.2010 ihre Klage gegen die Beklagten zu 2) bis 4) erweitert.
Die Kläger beantragen,
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1. die Beklagten zu 1) bis 4) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie unverzüglich
eine vollständige Liste sämtlicher Gesellschafter/Treugeber der Beklagten zu 3),
eingetragen im Handelsregister des AG E zu HRA XXXX, in elektronischer Form
(EDV-Datei) oder in Papierform, die ausschließlich die Namen und Anschriften der
Gesellschafter/Treugeber der Beklagten zu 3) beinhaltet, herauszugeben,
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12
ersatzweise
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2. die Beklagten zu 1) bis 4) gesamtschuldnerisch zu verurteilen, ihnen, vertreten
durch gesetzlich zur Berufsverschwiegenheit verpflichtete Personen, unverzüglich
Einsichtnahme in das Treugeberregister für die Beklagte zu 3) und dabei die
Anfertigung von Ablichtungen des Treugeberregisters mit den Namen und
Anschriften sämtlicher Gesellschafter/Treugeber zu ermöglichen.
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15
Die Beklagten beantragen,
16
die Klage abzuweisen.
17
Die Beklagten vertreten die Auffassung, die Kläger könnten die begehrten Auskünfte
nicht verlangen. Im Hinblick auf die Regelung in § 10 Ziffer 2 des Treuhandvertrages
bestehe kein Auskunftsanspruch. Zudem würde eine Weitergabe der persönlichen
Daten der Mitgesellschafter gegen § 57 Abs. 1 StBerG verstoßen. Hierzu berufen sie
sich u.a. auf eine Stellungnahme der Steuerberaterkammer L vom 22.03.2007. Grund für
die Regelung im Treuhandvertrag sei, dass die Treugeber ihre persönlichen Daten nicht
Dritten zugänglich machen wollten. Die Beklagten sind weiterhin der Ansicht, die
Wahrung der mitgliedschaftlichen Rechte der Kläger seien nicht beeinträchtigt, da die
Kläger berechtigt seien, an ordentlichen Gesellschafterversammlungen teilzunehmen
und dort mit anderen Gesellschaftern Kontakt aufzunehmen. Zudem sei die Möglichkeit
gegeben, Kontaktwünsche zu Protokoll der Gesellschafterversammlung zu geben,
welches allen Gesellschaftern übermittelt werde. Die Beklagte zu 2) behauptet, nicht im
Besitz der vom Kläger begehrten Daten zu sein.
18
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
19
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
20
I. Die zulässige Klage ist begründet, soweit sie sich gegen die Beklagten zu 1) bis 3)
richtet, jedoch unbegründet, soweit die Kläger die Beklagte zu 4) in Anspruch nehmen.
21
1.
22
Die Kläger haben gegen die Beklagte zu 1) einen Anspruch auf Nennung der Namen
und Anschriften der Treugeber und der unmittelbaren Gesellschafter der Beklagten zu 3)
aus §§ 666, 675 BGB i.V.m. dem mit der Beklagten zu 1) abgeschlossenen
Treuhandvertrag.
23
Der zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1) geschlossene Treuhandvertrag stellt
einen Geschäftsbesorgungsvertrag dar. Die Geschäftsbesorgung besteht darin, dass die
Beklagte zu 1) einen Kommanditanteil an der Beklagten zu 3) treuhänderisch für die
Kläger übernommen hat und diesen für deren Rechnung verwaltet. Aufgrund des
Geschäftsbesorgungsvertrages ist die Beklagte zu 1) nach §§ 666, 675 BGB verpflichtet,
die erforderlichen Informationen zu erteilen. Denn der Treugeber bleibt bei
fremdnützigen Treuhandverhältnissen Herr des Geschäfts. Das Gericht schließt sich der
überzeugenden Auffassung an, nach der die gegenüber einer Treuhandkommanditistin
bestehenden Informationspflichten auch die Pflicht zur Auskunft über die Namen und
Adressen der weiteren Treugeber umfassen, soweit diese Auskunft erforderlich und der
Treuhänderin zumutbar ist (LG Frankfurt, Urt. v. 08.05.2009, Az.: 2-21 O 78/08, 2/21 O
78/08, zitiert nach: www.juris.de, abgedruckt u.a. in NZG 2009, 1120 [nur Leitsatz]). Zu
unterscheiden ist danach zwischen verdeckter und offener Treuhandschaft. Liegt wie
hier eine offene Treuhandschaft vor, wird die Auskunftspflicht des Treuhänders
grundsätzlich nur durch die Grundgedanken des § 242 BGB begrenzt, so dass entweder
bei fehlender Erforderlichkeit oder bei Unzumutbarkeit der Auskunftserteilung keine
Pflicht des Treuhänders zur Auskunftserteilung besteht (BGH NJW 1988, 3492 ff., zitiert
nach: www.juris.de; LG Frankfurt a.a.O.).
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Die Kläger begehren von der Beklagten zu 1) die Namen und Anschriften der übrigen
Treugeber. Die Auskunftserteilung erfordert von der Beklagten zu 1) keinen
unzumutbaren Aufwand, da sie unstreitig über alle Treugeber ein Register mit deren
persönlichen Daten, also Namen und Adressen, führt und die Daten in ihrer EDV
gespeichert hat. Sie kann diese Daten wahlweise im EDV-Format als Datei oder in
Papierform den Klägern zur Verfügung stellen. Beide Varianten, zwischen denen die
Beklagte zu 1) wählen kann, sind mit einem ihr zumutbaren Aufwand umsetzbar.
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Die Auskunft ist für die Kläger erforderlich, um ihre mitgliedschaftlichen Rechte
wahrnehmen zu können. § 12 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 3)
bestimmt, dass eine außerordentliche Gesellschafterversammlung nur dann vom
Komplementär einzuberufen ist, wenn der Antrag von Gesellschaftern oder Treugebern
gestellt wird, die mindestens 10% des Gesellschaftskapitals vertreten. Diese 10% kann
ein Treugeber, soweit er nicht ausnahmsweise schon selbst mit seiner Beteiligung diese
Schwelle überschreitet, nur dann erreichen, wenn er sich mit anderen Treugebern oder
Kommanditisten zusammenschließt. Dies setzt voraus, dass er deren Namen und
Anschriften kennt. Die Beklagten wenden ohne Erfolg ein, dass den Treugebern
insoweit andere Möglichkeiten offen stehen. Bei den Gesellschafterversammlungen
können die Treugeber zwar mit anderen anwesenden Treugebern und Kommanditisten
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in Kontakt treten und auf diesem Weg Namen und Adressen erfahren. Dieser Weg ist
aber weit aufwendiger, als eine Datei oder Liste mit den Namen und Adressen zu
erhalten. Zudem kann auf diesem Weg allenfalls ein geringer Anteil an Namen und
Anschriften in Erfahrung gebracht werden. Nicht nur, dass auf den
Gesellschafterversammlungen üblicherweise bei weitem nicht sämtliche Anteilseigner
zugegen sind, hinzu kommt, dass in der zur Verfügung stehenden Zeit nur ein geringer
Teil der Anwesenden angesprochen werden kann. Hinsichtlich ihres Interesses, dass
sie die Namen auch für eine etwaige Mehrheitenbildung im Voraus benötigen, können
die Kläger nicht darauf verwiesen werden, ihre Rechte ad hoc in den jeweiligen
Gesellschafterversammlungen geltend zu machen. Die Wahrnehmung ihrer
grundlegenden Rechte hinge in diesem Fall maßgeblich davon ab, welche Treugeber
und Gesellschafter ebenfalls auf den jeweiligen Gesellschafterversammlungen
anwesend sind. Die Kläger hätten zwar die Möglichkeit, ihre Ansichten den präsenten
Treugebern und Gesellschaftern darzustellen und zu versuchen, eine Mehrheit in ihrem
Sinne zu erreichen. Eine darüber hinausgehende Möglichkeit der Einflussnahme auf die
Meinungsbildung bliebe ihnen jedoch verschlossen. Den Klägern muss es aber möglich
sein, im Vorhinein Mehrheiten zu bilden, um ihre Interessen durchsetzen zu können (vgl.
LG Berlin NZG 2001, 375 ff., LG Frankfurt, Urt. v. 08.05.2009, Az.: 2-21 O 78/08, 2/21 O
78/08, zitiert nach: www.juris.de). Die Kläger können auch nicht darauf verwiesen
werden, dass der Verwaltungsrat gemäß § 12 Ziffer 2 des Gesellschaftsvertrages
außerordentliche Gesellschafterversammlungen einberufen kann. Denn es muss für die
Treugeber auch selbst möglich sein, die Einberufung einer außerordentlichen
Gesellschafterversammlung zu initiieren. Dass die Beklagte zu 1) berechtigt ist,
außerordentliche Gesellschafterversammlungen einzuberufen, ist zur Durchsetzung der
Interessen der Treugeber im Hinblick auf die personellen Verflechtungen mit dem
Beklagten zu 2), dem einzigen Komplementär der Beklagten zu 3), ebenfalls nicht
ausreichend.
Die Regelung in § 10 Ziffer 2 Satz 1 des Treuhandvertrages, nach der ein Treugeber
keinen Anspruch auf Angaben über die übrigen Treugeber hat, steht dem Anspruch der
Kläger nicht entgegen. Dies folgt indes nicht bereits aus § 10 Ziffer 2 Satz 3, nach dem
die Beschränkung nicht gegenüber gesetzlich zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten
Personen gilt, wenn diese als Berater des Treugebers tätig werden. Damit ist nicht der
Fall gemeint, dass der Treugeber einen Rechtsanwalt beauftragt und sich dieser dann
Auskünfte über andere Treugeber aushändigen lässt. Vielmehr betrifft § 10 Ziffer 2 Satz
3 die Konstellation, in der ein für einen Treugeber tätig werdender Rechtsanwalt
Auskünfte über die Beteiligung seines eigenen Mandanten einholt, nicht aber über
andere Treugeber, für die der Rechtsanwalt nicht tätig wird. Ein anderes Verständnis
lässt die Auslegung von § 10 Ziffer 2 nach Auffassung des Gerichts nicht zu, da
andernfalls die Regelung des § 10 Ziffer 2 Satz 1 ohne weiteres umgangen werden
könnte, wenn der Treugeber statt seiner einen von ihm beauftragten Rechtsanwalt die
Auskünfte einholen lassen würde. Dies liefe erkennbar dem Zweck des § 10 Ziffer 2
Satz 1 zuwider. Dieser soll nicht verhindern, dass andere Personen als Rechtsanwälte
Informationen erhalten, sondern dass Treugeber Auskünfte über andere Treugeber
einholen können.
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Die Regelung in § 10 Ziffer 2 Satz 1 des Treuhandvertrages steht dem
Auskunftsbegehren der Kläger dennoch nicht entgegen. Denn diese Bestimmung ist
unwirksam gemäß § 242 BGB. Der Gesellschaftsvertrag einschließlich der
Treuhandabrede unterliegt im Hinblick auf § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB zwar nicht der
Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB. Eine gerichtliche Inhaltskontrolle des
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Gesellschaftsvertrages und der Treuhandvereinbarung findet jedoch über § 242 BGB
statt (vgl. BGH WM 1975, 767 ff., zitiert nach: www.juris.de). Dies gilt auch hinsichtlich
eines vom Initiator mitgestellten und prospektierten Treuhandvertrages: Ist eine
Publikums-Kommanditgesellschaft so organisiert, dass sich die Anleger nur mittelbar
über einen Treuhänder an ihr beteiligen, unterliegt das zusammengehörende "Bündel"
von Gesellschaftsvertrag und Treuhandabrede genauso der Inhaltskontrolle nach § 242
BGB, wie wenn eine unmittelbare Beteiligung der Anleger an der Publikumsgesellschaft
ohne Zwischenschaltung des Treuhänders vorläge (BGH NJW 1988, 1903 ff., zitiert
nach: www.juris.de). Gemäß § 242 BGB ist eine Vertragsklausel unwirksam, wenn sie
ohne ausreichende sachliche Rechtfertigung einseitig die Belange der Gründer bzw.
bestimmter Gesellschafter verfolgt und die berechtigten Interessen der
Anlagegesellschafter unangemessen und unbillig beeinträchtigt (Roth in: Münchener
Kommentar, BGB, 5. Auflage 2007, § 242 Rn. 432). Zu berücksichtigen ist bei einer
Publikumsgesellschaft, dass der Anleger einen vorgefertigten Vertragsinhalt akzeptiert;
ein typisierter Vertag wird einer Mehrzahl gleichartiger Einzelbeziehungen zugrunde
gelegt (Roth a.a.O., § 242 Rn. 434a). Eine derartige Situation besteht vorliegend. Der
Treuhandvertrag wurde nicht individuell ausgehandelt, denn laut Beitrittserklärung boten
die Kläger der Beklagten zu 1) den im Emissionsprospekt abgedruckten
Treuhandvertrag zum Abschluss an, ohne dass die Kläger den Vertragsinhalt hätten
selbst gestalten können. Die berechtigten Interessen der über die Beklagte zu 1)
beteiligten Treugeber werden durch § 10 Ziffer 2 Satz 1 des Treuhandvertrages
unangemessen und unbillig beeinträchtigt. Der Bundesgerichtshof hat in seinem von
den Klägern in Bezug genommenen Beschluss vom 21.09.2009 (Az. II ZR 264/08,
abgedruckt u.a. in NJW 2010, 439 f.) ausgesprochen, dass das Recht, seinen
Vertragspartner zu kennen, in jedem Vertragsverhältnis derart selbstverständlich sei,
dass es nicht wirksam ausgeschlossen werden könne. Zwar ist die Entscheidung des
Bundesgerichtshofes zu einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer GbR
ergangen. Diesen Grundsatz hat der Bundesgerichtshof jedoch für jedes
Vertragsverhältnis formuliert. Damit gilt er auch für Publikums-
Kommanditgesellschaften. Zwar wollen die Kläger, die selbst nicht Gesellschafter der
Beklagten zu 3) sind, nicht nur die Namen und Anschriften der Gesellschafter der
Beklagten zu 3), sondern auch die Namen und Anschriften der weiteren Treugeber
erfahren. Allerdings ist es im vorliegenden Fall gerechtfertigt, diesen Grundsatz auch auf
die mittelbaren Vertragspartner anzuwenden. Denn im Innenverhältnis der Beklagten zu
3) sind Treugeber und Direktkommanditisten gleichgestellt. § 6 Ziffer 2 des
Gesellschaftsvertrages bestimmt, dass Treugeber wie unmittelbar beteiligte
Gesellschafter behandelt werden. § 6 Ziffer 4 des Gesellschaftsvertrages legt fest, dass,
wenn in den nachfolgenden gesellschaftsvertraglichen Regelungen die Begriffe
"Gesellschafter" oder "Kommanditist" verwendet werden, damit auch die Treugeber
gemeint sind. Durch § 10 Ziffer 2 Satz 1 des Treuhandvertrages wird ein wesentliches
Mitgliedschaftsrecht der Treugeber unangemessen und unbillig beeinträchtigt, nämlich
dasjenige, eine außerordentliche Gesellschafterversammlung einzuberufen. Dieses
wird nahezu beseitigt, jedenfalls aber unbillig erschwert, da der Treugeber im Hinblick
auf das Volumen des Fonds die 10%, die für eine solche Einberufung erforderlich sind,
regelmäßig nur erlangen kann, wenn er sich mit anderen Treugebern und/oder
Kommanditisten zusammenschließt.
Die Beklagte zu 1) ist nicht unter datenschutzrechtlichen Gesichtspunkten oder aufgrund
abweichender Interessen der anderen Treugeber berechtigt, die begehrten Auskünfte zu
verweigern. Eine Datenschutzweitergabe ist zwar grundsätzlich beschränkt nach §§ 27
f. BDSG. Vorliegend ist jedoch die Übermittlung gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 2a) BDSG
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wegen der Wahrung berechtigter Interessen Dritter zulässig. Entgegen der Ansicht der
Beklagten wird die Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft von den Treugebern
nicht vorrangig deshalb gewählt, um Anonymität und Vertraulichkeit ihrer Beteiligung
sicherzustellen. Für diese Zwecke bietet der Kapitalmarkt andere, geeignetere Produkte
an. Zweck der Beteiligung an einer Publikumsgesellschaft ist vielmehr (auch) die
Vereinfachung des Mitgliederwechsels und die Öffnung für einen großen Anlegerkreis
(LG Aachen, Urt. v. 27.03.2008, Az. 1 O 443/07). Es mag sein, dass ein Anleger aus
verschiedenen Gründen eher an einer stillen Kapitalanlage interessiert ist. Dieses
Interesse wird jedoch von den berechtigten Interessen des auskunftssuchenden
Treugebers überwogen. Diesem muss es – vor allen in Krisensituationen – möglich
sein, an die übrigen Fondsanteilseigner heranzutreten, um eine Entwicklung in dem von
ihm angestrebten Sinn wenigstens anstoßen zu können (vgl. LG Berlin NZG 2001, 375
ff., zitiert nach: www.juris.de). Zudem impliziert zwar bei einer offenen Treuhand die
Billigung der Treuhänderschaft nicht ohne weiteres die uneingeschränkte Billigung der
Weitergabe von Informationen jeglicher Art durch den Treuhänder, es ist aber bei einer
offenen Treuhänderschaft im Rahmen einer Fondsgesellschaft jedenfalls dann von
einem Anspruch auf Offenlegung der Daten der übrigen Mitgesellschafter auszugehen,
wenn und soweit dies der Wahrnehmung von mitgliedschaftlichen Kernrechten dient.
Die mittelbaren Mitgesellschafter, deren Daten vom Treuhänder preiszugeben sind, sind
aus ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht dem Auskunft verlangenden (mittelbaren)
Gesellschafter gegenüber verpflichtet, die Weitergabe ihrer Daten zu dulden (vgl. LG
Frankfurt, Urt. v. 08.05.2009, Az.: 2-21 O 78/08, 2/21 O 78/08, zitiert nach: www.juris.de;
LG Berlin a.a.O.), soweit sich die Information auf Namen und Anschrift beschränkt.
Hinter diesem zu gewährleistenden Anspruch der Kläger hat das etwaige Interesse
eines Treugebers auf Anonymität zurückzustehen. Bei der Abwägung der Interessen hat
das Gericht berücksichtigt, dass gemäß § 28 Abs. 5 BDSG die Kläger als Empfänger der
Daten diese nur für den Zweck verarbeiten dürfen, zu dessen Erfüllung sie ihnen
übermittelt werden. Ein Verstoß gegen diese Pflicht ist gemäß § 43 Abs. 1 Ziffer 4 BDSG
bußgeldbewehrt. Die Kläger sind danach nur berechtigt, die Namen und Anschriften
dazu zu verwenden, deren Unterstützung für die Ausübung ihrer
Kernmitgliedschaftsrechte zu erbitten (vgl. LG Frankfurt a.a.O.).
Die Beklagte zu 1) kann die Auskünfte auch nicht unter Hinweis auf § 57 StBerG
verweigern. Die Pflicht zur Verschwiegenheit nach § 57 Abs. 1 StBerG ist zwar weit
gefasst und erstreckt sich auf alles, was dem Steuerberater in Ausübung seines Berufs
oder bei Gelegenheit der Berufstätigkeit anvertraut oder bekannt geworden ist und
soweit es die Verhältnisse des Auftraggebers betrifft. Die Beklagte zu 1) hat die
personenbezogenen Daten der Treugeber allerdings nicht im Rahmen ihrer
steuerberatenden Tätigkeit erlangt. Vielmehr ist die Mitteilung der Namen durch die
Anleger erfolgt, weil der Beitritt zur Beklagten zu 3) für jeden Anleger – gleich ob er sich
für eine Beteiligung über die Beklagte zu 1) oder als Direktkommanditist entschieden hat
– durch die Beklagte zu 1) bewerkstelligt worden ist. Insoweit hat sie die Daten allenfalls
im Rahmen ihrer Treuhandtätigkeit anvertraut bekommen. Zwar unterfällt die
Treuhandtätigkeit der Beklagten zu 1) grundsätzlich ebenfalls den Bestimmungen des
StBerG, weil sie eine berufsrechtlich zugelassene und mit der Steuerberatung
vereinbare Berufstätigkeit gemäß § 57 Abs. 3 StBerG darstellt. Aber wie bereits
ausgeführt worden ist, haben die anderen Treugeber die Herausgabe ihrer Namen und
Adressen an andere Treugeber im Rahmen ihrer Treuepflicht zu dulden, so dass die
Herausgabe keine Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen und auch keine
Verletzung der Verschwiegenheitspflicht zwischen Treugeber und
Steuerberatungsgesellschaft sein kann. Das von der Beklagten zu 1) vorgelegte
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Schreiben der Steuerberaterkammer Köln vom 22.03.2007, das die spezifischen
Strukturen der Publikums-Kommanditgesellschaft nicht thematisiert, rechtfertigt keine
andere Beurteilung und entbindet insbesondere das Gericht nicht von einer eigenen
Prüfung.
Der Anspruch der Kläger gegen die Beklagte zu 1) erstreckt sich auf die Mitteilung der
Namen und Anschriften der weiteren Mitgesellschafter. Die Mitgesellschafter sind aus
ihrer gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht ebenfalls verpflichtet, die Weitergabe ihrer
Daten an die im Gesellschaftsvertrag den Gesellschaftern gleichgestellten Treugeber zu
dulden.
31
2.
32
Die Kläger haben einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Auskünfte gegen den
Beklagten zu 2) aus §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB i.V.m. §§ 716 Abs. 1, 713, 666 BGB.
33
Der Anspruch resultiert aus der grundsätzlich bestehenden Verpflichtung der persönlich
haftenden Gesellschafter gegenüber ihren Kommanditisten, diesen Informationen über
die Geschäftsführung zu geben und eine Kontrolle zu ermöglichen. Dies gilt jedenfalls,
soweit die begehrte Information zur Verwirklichung grundlegender
gesellschaftsvertraglicher Rechte der einzelnen Treugeber erforderlich ist. Die
erkennende Einzelrichterin schließt sich der Auffassung an, dass Kommanditisten ein
Anspruch darauf zusteht, über alle Angelegenheiten der Gesellschaft umfassend
unterrichtet zu werden und dieses Informationsrecht auch jedem Treugeber als über
eine Treuhandkommanditistin mittelbar Beteiligtem gegenüber dem Komplementär der
Hauptgesellschaft bei einem entsprechenden Bedürfnis für diese Informationen zusteht
(LG Aachen, Urt. v. 27.03.2008, Az. 1 O 443/07; LG Aachen, Urt. v. 01.07.2007, Az. 2 S
277/06). Insoweit wird in den beiden in Bezug genommenen Entscheidungen zutreffend
ausgeführt: Die mittelbare Unternehmensbeteiligung von Treugebern bei einer
Publikums-KG ist mitgliedschaftlicher Natur. Dem offenen Treuhandverhältnis liegt ein
allen beteiligten Personen bekanntes mitgliedschaftliches Verhältnis zugrunde. Dieses
muss dieselben Informationsrechte eröffnen wie in der Kommanditgesellschaft selbst.
Dass die Rechte der Treugeber wie in den den beiden in Bezug genommenen
Entscheidungen zugrunde liegenden Konstellationen auch im vorliegenden Fall
mitgliedschaftlicher Natur sind, verdeutlicht die Regelung in § 6 Ziffer 2 des
Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 3). Darin ist bestimmt, dass im Innenverhältnis
der Gesellschafter untereinander die Treugeber, für die die Beklagte zu 1) deren
Gesellschaftsbeteiligung treuhänderisch hält, wie unmittelbar beteiligte Gesellschafter
behandelt werden. Dies gilt nach dieser Regelung ausdrücklich auch und gerade für die
Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte. Der Gesellschaftsvertrag wird wiederum im
Verhältnis zwischen Treuhänder und Treugeber nach § 1 Ziffer 3 des
Treuhandvertrages als maßgebend für die jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse
zugrunde gelegt und sieht dieselben Grundsätze für die Rechtsstellung der Treugeber
nach § 2 Ziffer 2 Satz 2 vor.
34
Die Kläger haben ein berechtigtes Interesse an der Erteilung der entsprechenden
Informationen dargelegt. Wie bereits ausgeführt worden ist, sind die Kläger bei
Versagung der begehrten Auskünfte in der Wahrnehmung ihrer mitgliedschaftlichen
Rechten beeinträchtigt. Die Kläger bedürfen, um Anteilsinhaber persönlich ansprechen
zu können, der Information, wer über die treuhänderische Bindung an die Beklagte zu 1)
mittelbar auch mit ihm verbundene Personen sind und wie er diese kontaktieren kann,
35
um das erforderliche Quorum für die Einberufung einer Gesellschafterversammlung
durch Zusammenschluss erreichen zu können. Der Auskunftsanspruch erstreckt sich auf
die übrigen Treuhänder und die weiteren Mitgesellschafter.
Der Treuhandvertrag begründet im Verhältnis der Kläger zum Beklagten zu 2) keinen
Ausschluss der Auskunftsrechte, weil dieser nur Wirkung für das Verhältnis der
Beklagten zu 1) zu den Klägern zu entfalten vermag.
36
Soweit der Beklagte zu 2) diese Informationen nicht besitzen sollte, kann er sie sich
jedenfalls verschaffen. § 10 Ziffer 2 Satz 2 des Treuhandvertrages sieht ein Recht des
persönlich haftenden Gesellschafters, Auskünfte über die Treugeber einzuholen,
ausdrücklich vor. Dass die Beklagte zu 1) diese Auskunft gegenüber dem Beklagten zu
2) verweigern könnte, ergibt sich aus dem Wortlaut dieser Bestimmung nicht.
37
3.
38
Den Klägern steht der Anspruch auf die begehrten Auskünfte auch gegen die Beklagte
zu 3) aus §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB i.a. §§ 716 Abs. 1, 713, 666 BGB zu.
39
Die erkennende Einzelrichterin schließt sich der Auffassung an, nach der der
Auskunftsanspruch, der sich dem Grunde nach aus der bestehenden Verpflichtung des
persönlich haftenden Gesellschafters gegenüber den den Kommanditisten
gleichgestellten Treugebern ergibt, von den Treugebern auch gegenüber der
Gesellschaft selbst geltend gemacht werden kann (LG Aachen, Urt. v. 27.03.2008, Az. 1
O 443/07; LG Aachen, Urt. v. 01.07.2007, Az. 2 S 277/06).
40
Die Beklagte zu 3) kann sich nicht darauf berufen, sie verfüge nicht über die Namen und
Anschriften der Treugeber. Denn sie kann von der Beklagten zu 1) die entsprechenden
Auskünfte erlangen. Der Treuhandvertrag enthält insoweit keine Einschränkung. Für
den die Beklagte zu 3) vertretenden Beklagten zu 2) statuiert § 10 Ziffer 2 Satz 2 des
Treuhandvertrages ein entsprechendes Auskunftsrecht sogar ausdrücklich.
41
4.
42
Gegen die Beklagte zu 4) steht den Klägern ein Anspruch auf Erteilung der begehrten
Auskünfte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Dies betrifft sowohl die
Verfolgung des Anspruchs mittels Hauptantrag als auch mittels des ersatzweise
gestellten Hilfsantrags, der lediglich eine Modifikation der Durchführung der
Auskunftserlangung enthält.
43
Eigene vertragliche Beziehungen, aus denen sich ein Anspruch herleiten könnte,
bestehen zwischen den Klägern und der Beklagten zu 4) nicht.
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Ein Auskunftsanspruch steht den Klägern auch nicht aus § 242 BGB zu. Ein
Auskunftsanspruch oder Einsichtnahmerecht aus § 242 BGB scheitert an der
Subsidiarität eines solchen Anspruchs. Denn die Kläger können sich die begehrte
Auskunft von den Beklagten zu 1) bis 3) erteilen lassen.
45
II. Die Entscheidung über die Kosten hat ihre rechtliche Grundlage in §§ 91 Abs. 1, 92
Abs. 1, 100 Abs. 4, 281 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
46
Streitwert: 8.000,00 €
47
G
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