Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 06.11.2006

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LAG
Mainz
06.11.2006
9 Ta 203/06
Aufhebung von Prozesskostenhilfe
Aktenzeichen:
9 Ta 203/06
9 Ca 404/05
ArbG Ludwigshafen
- AK Landau -
Entscheidung vom 06.11.2006
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichtes Ludwigshafen -
Auswärtige Kammern Landau - vom 18.05.2006, Az.: 9 Ca 404/05 aufgehoben.
Gründe:
I.
Die Prozessparteien haben vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - einen
Kündigungsrechtsstreit geführt, in dessen Verlauf der Kläger, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X., die
Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt hat. Das
Arbeitsgericht hat daraufhin mit Beschluss vom 13.05.2005 dem Kläger Prozesskostenhilfe ab dem
13.05.2005 in vollem Umfang ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt X. bewilligt.
Mit Schreiben vom 07.03.2006, 28.03.2006 und 18.04.2006, die allesamt an den Kläger persönlich
gerichtet waren, hat das Arbeitsgericht den Kläger aufgefordert, seine derzeitigen Einkommens- und
Vermögensverhältnisse darzulegen und nachzuweisen, um über eine Änderung der
Zahlungsbestimmung gemäß
§ 120 Abs. 4 ZPO entscheiden zu können. Der Kläger kam diesen Auforderungen nicht nach. Mit
Beschluss vom 18.05.2006 hat das Arbeitsgericht sodann die Bewilligung der Prozesskostenhilfe
aufgehoben und zur Begründung darauf verwiesen, dass der Kläger die geforderte Erklärung nach § 120
Abs. 4 ZPO nicht abgegeben habe. Diese Entscheidung ist dem Kläger am 19.05.2006 förmlich zugestellt
worden, woraufhin dieser noch an demselben Tag sofortige Beschwerde eingelegt hat.
Der Kläger macht geltend,
seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hätten sich nicht derartig gebessert, dass er
nunmehr in der Lage sei, die angefallenen Verfahrenskosten an die Landeskasse zurückzuzahlen. Des
Weiteren bat er um die Übersendung eines Formulars zur Erklärung seiner persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse. Das ihm daraufhin zugesandte Formular hat er anschließend ausgefüllt
wieder an das Arbeitsgericht zurückgesandt. Dieses hat anschließend den Kläger mit Schreiben vom
31.05.2006 aufgefordert, seine Lohn- bzw. Gehaltsbescheinigung, einen Nachweis der Kosten der
Unterkunft sowie einen Nachweis aller monatlichen Ratenzahlungen vorzulegen. Nachdem diese
Aufforderung mit Schreiben des Arbeitsgerichts vom 21.06.2006, 17.07.2006 und 06.09.2006 erfolglos
wiederholt worden war, hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache
dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere
auf die von beiden Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 78 S. 1 ArbGG, 127 Abs. 2 S. 2,
567 ff. ZPO zulässig.
Darüber hinaus ist das Rechtsmittel auch begründet, da die rechtlichen Voraussetzungen für eine
Aufhebung der Bewilligung nach §§ 124 Nr. 2, 2. Alt., 120 Abs. 4 S. 2 ZPO nicht erfüllt sind.
Gemäß § 124 Nr. 2, 2. Alt. ZPO kann das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufheben, wenn
die Partei eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 S. 2 nicht abgegeben hat. Auf Verlangen des Gerichtes hat
sich die Partei gemäß
§ 120 Abs. 4 S. 2 ZPO darüber zu erklären, ob eine Änderung der Verhältnisse eingetreten ist.
Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsgericht zwar mit zahlreichen Schreiben den Kläger aufgefordert, sich
zu einer etwaigen Änderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu äußern. Dieses
Verlangen erfolgte aber nicht rechtswirksam, da der Kläger auch im Rahmen des Verfahrens zur
Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung von einem Rechtsanwalt vertreten wurde und daher die
Aufforderungsschreiben unter Beachtung von § 172 Abs. 1 ZPO an diesen zu richten waren. Nach dieser
gesetzlichen Regelung hat die Zustellung an den für den Rechtszug bestellten Prozessbevollmächtigten
zu erfolgen. Das gilt auch für die Prozesshandlungen, die das Verfahren vor diesem Gericht in Folge eines
Einspruchs, einer Aufhebung des Urteils dieses Gerichtes, einer Wiederaufnahme des Verfahrens, einer
Rüge nach § 321 a oder eines neuen Vorbringens in dem Verfahren der Zwangsvollstreckung betreffen.
Hat sich ein Prozessbevollmächtigter im Prozesskostenhilfeverfahren bestellt, so ist an diesen zuzustellen.
Dies gilt auch im Verfahren zur Überprüfung von Prozesskostenhilfebewilligungen; hierbei sind formlose
Mitteilungen wie die Aufforderung, eine Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
einer Partei mitzuteilen, an den Prozessbevollmächtigten zu richten (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss
vom 15.09.2006 - 10 Ta 169/06; Zöller/Stöber, ZPO, 24. Auflage, § 172 Randziffer 2). Im vorliegenden Fall
hatte sich der frühere Prozessbevollmächtigte aus dem Hauptsacheverfahren auch für das
Prozesskostenhilfeverfahren bestellt, da der Kläger seinen Prozesskostenhilfeantrag nicht selber gestellt
hatte, sondern durch seinen Prozessbevollmächtigten stellen ließ (vgl. BAG, Beschluss vom 19.07.2006 -
3 AZB 18/06 = Datenbank "Juris"; nicht amtlich veröffentlicht).
Der Umfang der Prozessvollmacht richtet sich dabei nach § 81 ZPO, der als Vorschrift im allgemeinen Teil
der ZPO auch für das Prozesskostenhilfeverfahren gilt. Die Vollmacht erfasst danach auch "eine
Wiederaufnahme des Verfahrens". Im Prozesskostenhilfeverfahren erstreckt sie sich deshalb auch auf die
nachträgliche Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen der
Prozesskostenhilfe nach § 120 Abs. 4 ZPO. Diese Regelung dient der Überprüfung der Prozesskostenhilfe
und steht deshalb einer Wiederaufnahme des Prozesskostenhilfeverfahrens gleich (vgl. BAG a. a. O.).
Mithin erlangten die an den Kläger persönlich gerichteten, schriftlichen Aufforderungen des
Arbeitsgerichtes, eine etwaige Änderung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse
mitzuteilen, keine Rechtswirksamkeit. Aufgrund dessen war der angefochtene Beschluss des
Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 18.05.2006 aufzuheben.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat zwar mit Schriftsatz vom 09.10.2006 mitgeteilt, dass er den
Kläger nicht mehr vertrete. Mit Eingang dieses Schriftsatzes ist die Vollmacht des
Prozessbevollmächtigten gemäß § 87 Abs. 1 ZPO erloschen. Dies ändert aber nichts an der
Rechtsunwirksamkeit des - während des Bestandes des Mandatsverhältnisses - an den Kläger
gerichteten Auskunftsverlangens und der hieraus resultierenden Unwirksamkeit des angefochtenen
Beschlusses. Gleichwohl sind zukünftige Auskunftsverlangen - nach dem Erlöschen der Prozessvollmacht
- an den Kläger persönlich zu richten.
Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben.