Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 20.11.2008

LArbG Mainz: stadt, arbeitsgericht, finanzen, verfügung, mehrbelastung, form, ausschluss, behörde, wechsel, ermessensausübung

LAG
Mainz
20.11.2008
10 Sa 421/08
Tariflicher Anspruch auf Altersteilzeit
Aktenzeichen:
10 Sa 421/08
3 Ca 2939/07
ArbG Koblenz
Urteil vom 20.11.2008
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24. Juni 2008, Az.: 3 Ca
2939/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob die beklagte Bundesrepublik verpflichtet ist, mit dem Kläger einen
Altersteilzeitarbeitsvertrag im Blockmodell abzuschließen.
Der Kläger (geb. am 28.10.1954) steht seit dem 01.01.1974 in den Diensten der W.- und S. S.. Er wird in
Vollzeit als Wasserbaumeister im Außenbezirk A-Stadt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die
Tarifverträge für Beschäftigte des Bundes, darunter der Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeitarbeit
(TV ATZ) vom 05.05.1998 Anwendung. Mit Schreiben vom 17.12.2006 reichte der Kläger einen
Altersteilzeitantrag ein, den die Dienststelle am 16.04.2007 ablehnte.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird von einer nochmaligen Darstellung des erstinstanzlichen
Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und
auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.06.2008 (dort Seite 2-7 = Bl. 77-
82 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, mit ihm einen Altersteilzeitvertrag im Blockmodell gemäß § 2 des
Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) gemäß Schreiben vom 17.12.2006, beginnend mit
dem 29.10.2009, Arbeitsphase vom 29.10.2009 bis 28.10.2014, Freistellungsphase vom 29.10.2014 bis
28.10.2019, zu schließen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 24.06.2008 die Klage mit der Begründung abgewiesen, der
Kläger habe keinen Anspruch auf Abschluss eines Altersteilzeitarbeitsvertrages im gewünschten
Blockmodell nach § 2 Abs. 1 TV ATZ. Die ablehnende Ermessensentscheidung der Beklagten sei unter
Berücksichtigung der Rechtsprechungsgrundsätze des BAG nicht zu beanstanden.
Es sei nicht unbillig i.S.d. § 2 Abs. 1 TV ATZ, wenn sich die Beklagte darauf berufe, dass die im
Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern (BMI) vom 22.11.2005 genannten Ausnahmen, bei
deren Vorliegen Altersteilzeit für die Beschäftigten der Altersgruppe 55 bis 59 bewilligt werden können,
nicht vorlägen. Da in den dortigen Fallgestaltungen die Bewilligung von Altersteilzeit aus besonderen
Sachgründen, z.B. besondere Rücksichtnahme auf schwerbehinderte Mitarbeiter oder
Kostengesichtspunkte, gerechtfertigt sei, überschreite eine Versagung von Altersteilzeit die Grenzen
billigen Ermessens nach § 2 Abs. 1 TV ATZ nicht, wenn kein Ausnahmetatbestand eingreife. Zwischen
den Parteien sei insoweit unstreitig, dass der Kläger weder zu den schwerbehinderten Beschäftigten
gehöre (Abs. 2 Nr. 1) noch Altersteilzeit im Teilzeitmodell beantragt habe (Abs. 2 Nr. 4). Auch liege die
Ausnahme des Abs. 2 Nr. 3 des BMI-Rundschreibens nicht vor, nach der Altersteilzeit in
Stellenabbaubereichen bewilligt werden könne, wenn auf die Ausbringung einer Ersatzplanstelle
verzichtet werde. Die Behauptung des Klägers, die W.- und S. (WSV) stelle einen Stellenabbaubereich im
Sinne des Abs. 2 Nr. 2 des Rundschreibens dar, berücksichtige nicht, dass als Stellenabbaubereiche im
BMI-Rundschreiben vom 08.03.2006 nur die Bundeswehrverwaltung und die Bundesmonopolverwaltung
für Branntwein genannt seien. Selbst wenn man unterstelle, dass auch andere Verwaltungszweige
Stellenabbaubereiche im Sinne der Ausnahmevorschrift sein können, habe der Kläger nicht dargelegt,
dass im Falle seines Ausscheidens auf einen Ersatz verzichtet werden könnte. Sein pauschaler Vortrag, in
seiner Dienststelle sei eine Umstrukturierung leicht möglich, auch Abordnungen, Versetzungen oder
Änderung der Vergabe der Arbeitsaufgaben kämen in Betracht, genüge nicht, da nicht ersichtlich sei, wie
die Aufgaben des Klägers konkret auf die anderen Mitarbeiter verteilt werden sollen, ohne dass diese
überobligatorisch belastet würden. Inwieweit ein begründeter Einzelfall aus personalwirtschaftlichen
Gründen angesichts besonderer Belange eines einzelnen Ressorts nach Abs. 2 Nr. 3 des BMI-
Rundschreibens vorliegen soll, sei ebenfalls nicht erkennbar.
Ungeachtet des BMI-Rundschreibens vom 22.11.2005 habe die Beklagte auch ansonsten Erwägungen
angeführt, aufgrund derer sie die Gewährung von Altersteilzeit zulässigerweise habe ablehnen dürfen. So
habe sie vorgetragen, angesichts der im Einzelnen dargestellten knappen Personalressourcen im
Hinblick auf den Schleusendienst, die Urlaubs- und Krankheitsvertretung sowie die Streckenunterhaltung
im Außenbezirk A-Stadt sei eine Umverteilung der Aufgaben des Klägers in der Freistellungsphase nicht
möglich. Diesen Vortrag habe der Kläger nicht substantiiert widerlegt. Schließlich habe die Beklagte zur
Versagung der Altersteilzeit finanzielle Gründe angeführt und darauf verwiesen, dass im Stellenhaushalt
für seit dem 01.01.2005 bewilligte Neufälle nach § 15 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Haushaltsgesetz 2008
keine Ersatzstellen mehr zur Verfügung gestellt werden. Aus welchen Gründen sich die Haushaltslage in
Zukunft nachhaltig ändern sollte, habe der Kläger nicht vorgetragen.
Wegen weiterer Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 7 bis 14 des
Urteils (= Bl. 82 - 89 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger, dem das Urteil am 14.07.2008 zugestellt worden ist, hat am 29.07.2008 Berufung zum
Landesarbeitsgericht eingelegt und diese innerhalb der bis zum 14.10.2008 verlängerten
Berufungsbegründungsfrist mit am 14.10.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz
begründet.
Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Die
Voraussetzungen für die berechtigte Ablehnung des Altersteilzeitantrags habe die Beklagte darzulegen.
Dazu gehöre gerade im Hinblick auf das Rundschreiben des BMI vom 22.11.2005, dass die dort
genannten Ausnahmen nicht vorliegen. Die Beklagte habe insoweit nicht vollständig vorgetragen. Sie
habe zunächst nur allgemein auf finanzielle Belastungen und zunehmende personalwirtschaftliche
Probleme sowie darauf hingewiesen, dass die von ihm wahrzunehmenden Aufgaben vollständig auf die
ohnehin schon knappen Personalressourcen des Außenbezirks A-Stadt verteilt werden müssten. Seit
1993 sei die Anzahl der Beschäftigten dort von 54 auf 41 reduziert worden. Das Arbeitsgericht habe
verkannt, dass dieser Vortrag letztlich zu pauschal sei, um überhaupt einlassungsfähig zu sein. Deshalb
reiche insoweit auch ein pauschales Bestreiten aus. Wie die Beklagte z.B. darauf komme, die Verteilung
seiner Aufgaben auf die verbleibenden Arbeitnehmer sei nicht möglich, sei nicht nachvollziehbar. Die
Beklagte weise doch selbst darauf hin, dass seit 1993 kontinuierlich Stellen abgebaut worden seien. Es
sei der Beklagten offensichtlich stets gelungen, die zu erledigenden Arbeiten so zu organisieren, dass die
verbliebenen Beschäftigten trotz des Ausscheidens von Mitarbeitern keine überobligatorischen
Leistungen hätten erbringen müssen. Weshalb ausgerechnet in seinem Fall ein entsprechendes
Vorgehen nicht möglich sein soll, habe die Beklagte nicht ausreichend dargelegt. Deshalb sei er nicht
verpflichtet, den Vortrag der Beklagten substantiiert zu widerlegen. Insoweit liege jedenfalls ein aus
personalwirtschaftlichen Gründen begründeter Einzelfall vor. Eine überobligatorische Belastung der
verbleibenden Mitarbeiter sei angesichts der dargestellten Umstände nicht zu befürchten.
Soweit sich die Beklagte schließlich darauf berufe, für die seit dem 01.01.2005 bewilligten Neufälle
würden nach dem Haushaltsgesetz 2008 keine Ersatzstellen mehr zur Verfügung gestellt, sei darauf
hinzuweisen, dass nach § 15 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 dieses Gesetzes neue Planstellen nur
ausgebracht werden, wenn sichergestellt sei, dass die Ausgaben für die neuen Planstellen, die
Einsparungen aufgrund der Altersteilzeitbeschäftigung nicht übersteigen. Dies bedeute also nicht, dass
generell keine Ersatzstellen mehr zu Verfügung gestellt würden. Die Beklagte hätte vielmehr zunächst
errechnen müssen, welche Einsparungen durch seine Altersteilzeitarbeit zu erzielen seien. Die ersparten
Beträge hätten dann ohne weiters für eine Ersatzstelle aufgewendet werden können.
Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom
14.10.2008 (Bl. 109-112 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,
das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.06.2008, Az.: 3 Ca 2939/07, abzuändern und die Beklagte
zu verurteilen, sein Angebot auf Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell nach § 2 des
Tarifvertrages zur Regelung der Altersteilzeit (TV ATZ) gemäß seinem Schreiben vom 17.12.2006,
beginnend mit dem 29.10.2009, Arbeitsphase vom 29.10.2009 bis 28.10.2014, Freistellungsphase vom
29.10.2014 bis 28.10.2019, anzunehmen.
Die Beklagte beantragt zweitinstanzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie habe auf der Basis der generalisierenden Regelungen in den
Rundschreiben des BMI den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Altersteilzeitarbeit im Blockmodell
berechtigterweise abgelehnt. Aufgrund der angespannten Haushaltslage könnten keine neuen Stellen als
Ersatz für Altersteilzeitbeschäftigte geschaffen werden. Wenn der Kläger in der Freistellungsphase nicht
mehr arbeite, fehle im Außenbezirk A-Stadt eine Arbeitskraft. In diesem Außenbezirk sei die Anzahl der
Beschäftigten seit 1993 bereits von 54 auf 41 zurückgegangen. Ihr sei es nicht möglich, die Arbeitsdichte
für die verbliebenen Mitarbeiter noch weiter zu erhöhen. Es liege auf der Hand, dass für den Arbeitgeber
durch die Schaffung einer Alterteilzeitstelle und Wiederbesetzung der Stelle ein finanzieller Mehraufwand
entstehe, selbst wenn eine Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit möglich sei. Da vorliegend eine
Förderung nicht in Betracht komme, müsse sie die Aufstockungsbeträge aus eigenen Haushaltsmitteln
übernehmen. Auch diese finanzielle Erwägung reiche als sachlicher Grund nach der Rechtsprechung des
BAG aus.
Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom
17.11.2008 (Bl. 121-124 d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist
somit zulässig.
II.
mit dem Kläger ein Altersteilzeitarbeitsverhältnis für die Zeit vom 29.10.2009 bis zum 28.10.2019 im
Blockmodell zu begründen. Dies hat das Arbeitsgericht im Ergebnis und in der Begründung vollkommen
zutreffend erkannt. Die Berufungskammer folgt den ausführlichen und sorgfältig dargestellten
Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69
Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69
Abs. 2 ArbGG fest. Von einer Darstellung eigener Entscheidungsgründe wird daher abgesehen.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des Klägers erscheinen lediglich folgende Ergänzungen
angezeigt:
1.
Vollzeitarbeitsvertrages verpflichtet, weil die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 TV ATZ erfüllt sind. Wie das
Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 12.12.2000 (9 AZR 706/99 - AP Nr. 1 zu § 3 ATG) bereits entscheiden
hat, begründet diese Vorschrift keinen Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Abschluss
eines Altersteilzeitvertrages. Der Arbeitnehmer hat lediglich einen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber
bei der Entscheidung über den Antrag auf Abschluss des Altersteilzeitvertrages in entsprechender
Anwendung des § 315 Abs. 1 BGB billiges Ermessen wahrt.
§ 2 Abs. 1 TV ATZ enthält keine Vorgaben, welche Tatsachen der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung zu
berücksichtigen hat. § 2 Abs. 3 TV ATZ, wonach der Arbeitgeber einen Antrag auf Altersteilzeit nur wegen
entgegenstehender dringender dienstlicher oder betrieblicher Gründe ablehnen darf, bezieht sich
lediglich auf Arbeitnehmer nach Vollendung des 60. Lebensjahres (§ 2 Abs. 2 TV ATZ) und nicht auf
Arbeitnehmer der Altersgruppe des Klägers (BAG Urteil vom 12.12.2000 - 9 AZR 706/99, a.a.O.), die
bereits mit Vollendung des 55. Lebensjahres für zehn Jahre in Altersteilzeit arbeiten möchten. Die
beklagte Bundesrepublik durfte danach grundsätzlich alle Umstände in Rechnung stellen, die sich aus
einem Wechsel des Klägers in die Altersteilzeit ergeben.
Für die Beurteilung der Entscheidung der beklagten Bundesrepublik gilt daher die allgemeine Regel,
wonach der Arbeitgeber billiges Ermessen dann wahrt, wenn er die wesentlichen Umstände des
Einzelfalls und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt. Ob dies geschehen ist,
unterliegt der gerichtlichen Kontrolle (vgl. auch BAG Urteil vom 26.06.2001 - 9 AZR 244/00 - AP Nr. 2 zu
§ 3 ATG).
2.
reduziert, dass der Gesetzgeber im RV- Altersgrenzenanpassungsgesetz für Rentenversicherte, die - wie
der Kläger - vor dem 01.01.1955 geboren sind, die Regelaltersgrenze von 65 Jahren nicht schrittweise auf
67 Jahre angehoben hat, wenn sie vor dem 01.01.2007 Altersteilzeit vereinbart haben (§ 235 Abs. 2 Satz
3 Nr. 1 SGB VI). Der entsprechende Gesetzentwurf für diese Vertrauensschutzregelung wurde am
12.12.2006 in den Bundestag eingebracht (Drucksache 16/3794) und veranlasste den Kläger ausweislich
seiner Antragsbegründung noch am 17.12.2006 den Antrag auf Altersteilzeit zu stellen. Anhaltspunkte
dafür, dass der Gesetzgeber das Ermessen des Arbeitgebers bei der Entscheidung über Altersteilzeit
reduzieren wollte, sind weder vorgetragen noch aus den Motiven ersichtlich (so auch LAG Baden-
Württemberg Urteil vom 23.06.2008 - 4 Sa 5/08 - dokumentiert in Juris).
3.
beanstanden, weil sie sich unter anderem auf die BMI-Rundschreiben vom 08.03.2006 und vom
22.11.2005 (D II 2 - 220 770 - 1/18) gestützt hat.
Zwar verlangt die Ermessensentscheidung des Arbeitgebers regelmäßig eine Berücksichtigung der
Umstände des Einzelfalls. Das schließt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts aber
generelle Vorentscheidungen des Arbeitgebers, wie er eine Tarifnorm in die Praxis umsetzt, nicht aus.
Derartige Regelungen dienen zum einen einer einheitlichen Anwendung der Tarifvorschriften. Sie tragen
außerdem dem Bedürfnis nach Transparenz Rechnung; der Arbeitnehmer weiß, welche Kriterien für die
Entscheidung des Arbeitgebers maßgeblich sind (BAG Urteil vom 12.12.2000 - 9 AZR 706/99, a.a.O.). Es
ist anerkannt, dass Ermessen im Sinne des § 315 BGB auch in generalisierter Form durch eine
übergeordnete Behörde ausgeübt werden kann. Das BMI hat mit den Rundschreiben vom 08.03.2006 und
vom 22.11.2005 Direktiven für den Ermessensgebrauch aufgestellt. Das ist nicht zu beanstanden, wenn -
wie hier - die ablehnende Entscheidung nicht allein mit dem in den Rundschreiben angeordneten
grundsätzlichen Ausschluss von Altersteilzeit im Blockmodell begründet wird (ebenso: LAG Schleswig-
Holstein Urteil vom 31.10.2007 - 6 Sa 136/07 - dokumentiert in Juris).
4.
genannten Ausnahmetatbestände liegen nicht vor. Die Ansicht des Klägers, die Beklagte habe zum
Nichtvorliegen der Ausnahmen nicht vollständig vorgetragen, ist unzutreffend.
Das jüngste BMI-Rundschreiben vom 08.03.2006 (Bl. 25-26 d. A.) hat - soweit vorliegend von Interesse -
folgenden Wortlaut:
„... Weder aus § 2 TV ATZ noch aus § 3 TV ATZ lässt sich jedoch ein Rechtsanspruch der bzw. des
Beschäftigten auf die Vereinbarung eines bestimmten Arbeitszeitmodells während der Altersteilzeitarbeit
ableiten.
Vor diesem Hintergrund und unter Verfolgung des Grundsatzes, dass die Bewilligung von
Altersteilzeitarbeitsverhältnissen zu keinen zusätzlichen finanziellen Belastungen des Bundeshaushalts
führen darf, ist in Ergänzung unseres Bezugsrundschreibens vom 22.11.2005 bei der Entscheidung über
Anträge auf Altersteilzeitarbeit nach dem TV ATZ ab sofort (Stichtag 17.02.2006) wie folgt zu verfahren:
1. Ab sofort soll Altersteilzeit grundsätzlich nur noch nach § 3 Abs. 2 Buchst. b TV ATZ als
Teilzeitmodell bewilligt werden. Bewilligungen im Blockmodell nach § 3 Abs. 2 Buchst. a TV ATZ sind ab
sofort ausgeschlossen.
2. Ausnahmen von den Einschränkungen nach Ziffer 1 gelten
1. bei Kraftfahrern im Sinne des …..(KraftfahrerTV Bund),
2. für die nachfolgend im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen festgelegten
Stellenabbaubereiche:
· Bundeswehrverwaltung,
· Bundesmonopolverwaltung für Branntwein.
Weitere Stellenabbaubereiche können im Einvernehmen mit den Ressorts und dem Bundesministerium
der Finanzen durch Anpassung dieses Rundschreibens festgelegt werden.
Schwerbehinderte Tarifbeschäftigte können auch weiterhin einen Antrag auf Altersteilzeitarbeit ab
Vollendung des 55. Lebensjahres stellen. Eine Bewilligung ist aber ab sofort nur noch im Teilzeitmodell
nach § 3 Abs. 2 Buchst. b TV ATZ, nicht jedoch im Blockmodell möglich.
Die bisherigen Einschränkungen der Altersteilzeitarbeit durch mein Bezugsrundschreiben vom
22.11.2005 gelten weiterhin. …“
Das Bezugsrundschreiben vom 22.11.2005 (Bl. 28-29 d. A.) hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„... Vor diesem Hintergrund und mit Bezug auf den Grundsatz, dass die Bewilligung von
Altersteilzeitarbeitsverhältnissen zu keinen zusätzlichen finanziellen Belastungen des Bundeshaushalts
führen darf, ist ab sofort bei der Entscheidung über Anträge auf Altersteilzeitarbeit nach dem TV ATZ von
Tarifbeschäftigten der Altersgruppe 55 bis 59 wie folgt zu verfahren:
1. Anträgen auf Altersteilzeitarbeitsverhältnisse soll grundsätzlich nicht mehr entsprochen werden.
2. Ausnahmen von den Einschränkungen nach Ziffer 1 gelten
1. bei schwerbehinderten Beschäftigten,
2. in Stellenabbaubereichen, wenn auf Ausbringung einer Ersatzstelle verzichtet wird,
3. aus personalwirtschaftlichen Gründen in begründeten Einzelfällen, um besonderen Belangen
einzelner Ressorts Rechnung zu tragen,
4. beim Teilzeitmodell (§ 3 Abs. 2 Buchst. b TV ATZ), wenn keine Mehrkosten entstehen.
…“
Nach dem Wortlaut des jüngsten BMI-Rundschreibens vom 08.03.2006 ist Altersteilzeit im Blockmodell,
die der Kläger beantragt hat, ausnahmsweise noch bei Kraftfahrern im Sinne des KraftfahrerTV Bund und
bei Beschäftigten der Bundeswehrverwaltung und der Bundesmonopolverwaltung für Branntwein möglich.
Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger unstreitig nicht. Für den Bereich der W.- und S. des Bundes
wurde auch nicht im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Anpassung des
Rundschreibens vom 08.03.2006 ein weiterer Stellenabbaubereich festgelegt. Weitere Ausnahmen sind
nicht vorgesehen.
Durch das BMI-Rundschreiben vom 08.03.2006 sind die Anforderungen an die Bewilligung von
Altersteilzeit im Blockmodell gegenüber den Anforderungen im Rundschreiben vom 22.11.2005 verschärft
worden. Bewilligungen im Blockmodell wurden grundsätzlich ausgeschlossen. Weil der Kläger keine
Altersteilzeit im Teilzeitmodell - auch nicht hilfsweise - beantragt hat, kann dahinstehen, ob er die
Ausnahmen im Bezugsrundschreiben vom 22.11.2005 erfüllt, die sich nur noch auf das Teilzeitmodell
beziehen. Im Ergebnis lassen die BMI-Rundschreiben die Bewilligung von Altersteilzeit in der
Altersgruppe von 55 bis 59 Jahren nur noch für Tarifbeschäftigte mit Schwerbehinderung (nur im
Teilzeitmodell) und für Tarifbeschäftigte in den festgelegten Stellenabbaubereichen (im Teilzeit - oder im
Blockmodell) zu. Für alle anderen Tarifbeschäftigten in dieser Altersgruppe von 55 bis 59 Jahren, zu der
der Kläger erst im Oktober 2009 gehört, ist die Bewilligung von Altersteilzeit ausgeschlossen.
5.
Altersteilzeitverträge mehr abzuschließen, ist ein ausreichender Ablehnungsgrund (ebenso: LAG
Rheinland-Pfalz Urteil vom 03.03.2005 - 4 Sa 990/04 - dokumentiert in Juris).
Dem steht nicht entgegen, dass bei dieser Handhabung die nach der Präambel des TV ATZ verfolgten
Ziele für die Altersgruppe des Klägers nicht erreicht werden. Altersteilzeit eröffnet
Beschäftigungsmöglichkeiten für Auszubildende und Arbeitslose nur, wenn freiwerdende Stellen wieder
besetzt werden. Auch die Beschäftigung eines so genannten Wiederbesetzers führt bei der durch die
Bundesagentur für Arbeit geförderten Altersteilzeitregelung zu einer Mehrbelastung des Arbeitgebers, da
die nach dem TV ATZ vorgesehenen Leistungen von 83 % der Mindestnettovergütung (§ 5 Abs. 2 TV ATZ)
und die zusätzlich anfallenden Arbeitgeberanteile im Vergleich zu den Förderungsleistungen von 70 %
(Mindestnettovergütung) diese übersteigen. Zudem hat der Arbeitgeber neben den von ihm zu tragenden
Sozialversicherungsbeiträgen die nach § 5 Abs. 4 TV ATZ dem Arbeitnehmer zustehenden Beiträge zur
gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen. Diese müssen mindestens so hoch sein, dass der
Unterschiedsbetrag 90 % des Entgelts, das die Beschäftigten für eine entsprechende
Vollzeitbeschäftigung erhalten würden, zusätzlich versichert wird. Von diesen zusätzlich zu entrichtenden
Beiträgen für die Altersteilzeitbezüge trägt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer- und den Arbeitgeberanteil
(vgl. BAG Urteil vom 12.12.2000 - 9 AZR 706/99, a.a.O.).
Der Kläger kann deshalb nicht ernsthaft bestreiten, dass eine Ersatzeinstellung, selbst wenn sie im
Oktober 2014 möglich wäre, zu keiner zusätzlichen finanziellen Belastung der Beklagten führt. Die
zusätzlichen Kosten ergeben sich unmittelbar aus den Reglungen des TV ATZ i.V.m. dem
Altersteilzeitgesetz (ATG). Es liegt auf der Hand, dass für den Arbeitgeber durch die Schaffung einer
Altersteilzeitstelle für zehn Jahre und deren Wiederbesetzung für fünf Jahre ein finanzieller Mehraufwand
entsteht, selbst wenn eine Förderung durch die Bundesagentur für Arbeit möglich ist, die im Übrigen
Erstattungsleistungen nur für längstens sechs Jahre erbringt (§ 4 Abs. 1 ATG). Wenn mangels
Nachbesetzung des Arbeitsplatzes keine Förderung in Betracht kommt, müsste die Beklagte die
Aufstockungsbeträge komplett aus eigenen Haushaltsmitteln übernehmen. Der Kläger macht deshalb
ohne Erfolg geltend, die Beklagte hätte ihm die zusätzlichen Kosten vorrechnen müssen.
6.
die Ermessensausübung verkannt.
Die Beklagte hat ihre ablehnende Entscheidung nicht ausschließlich mit dem im BMI-Rundschreiben vom
08.03.2006 angeordneten grundsätzlichen Ausschluss von Altersteilzeit im Blockmodell begründet. Sie
hat vielmehr nachvollziehbare sachliche Gründe dafür vorgetragen, weshalb sie im vorliegenden
Einzelfall den Abschluss eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell abgelehnt hat.
Was der Arbeitgeber darlegen muss, um nachzuweisen, dass er den Arbeitnehmer in der
Freistellungsphase nicht entbehren kann, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Es genügt,
wenn der Arbeitgeber unter Berücksichtigung der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsaufgabe und
des Umfangs der durch den Wechsel in die Altersteilzeit freiwerdenden Stelle die fehlende Entbehrlichkeit
nachvollziehbar darlegt. Der Arbeitnehmer, der trotz einer in sich nachvollziehbaren und damit plausiblen
Begründung des Arbeitgebers weiterhin eine fehlerhafte Ermessensausübung rügt, muss dies seinerseits
dann näher konkretisieren. Das ist ihm auch zumutbar, da Altersteilzeit ohnehin nur ältere Arbeitnehmer in
Anspruch nehmen können, die regelmäßig über hinreichende Kenntnis über die Beschäftigungs- und
Einstellungspraxis im Betrieb bzw. in der Behörde verfügen (so ausdrücklich: BAG Urteil vom 26.06.2001 -
9 AZR 244/00, a.a.O.).
Die Darlegungen der Beklagten sind nachvollziehbar. Für die Weiterbeschäftigung des Klägers bis zu
dessen Eintritt in das Rentenalter besteht bei der Beklagten Bedarf. Der Kläger hat als Wasserbaumeister
im Außenbezirk A-Stadt eine qualifizierte Arbeitsaufgabe. Seine Aufgaben müssten während der
Freistellungsphase ab 29.10.2014 auf die anderen Mitarbeiter verteilt werden. Im Außenbezirk A-Stadt ist
die Anzahl der Beschäftigten seit 1993 von 54 auf 41 reduziert worden. Von diesen 41 Beschäftigten sind
zurzeit 17 Beschäftigte jeweils von Ostern bis Ende Oktober jeden Jahres als Schichtleiter an den
Schleusen der Lahn eingesetzt. Weitere 7 Beschäftigte, die in der Regel in der Streckenunterhaltung als
Wasserbauer oder auf den schwimmenden Fahrzeugen tätig sind, müssen im Schleusendienst ständig für
Urlaubs- und Krankheitsvertretungen sowie für den Wochenenddienst eingesetzt werden. Das stellt der
Kläger nicht in Abrede.
Soweit der Kläger geltend macht, seine Arbeitsaufgaben könnten in der fünfjährigen Freistellungsphase
von Oktober 2014 bis Oktober 2019 auf das vorhandene Personal umverteilt werden, wenn die Beklagte
aufgrund der haushaltsrechtlichen Vorgaben keine Ersatzstelle schaffen könne, kann er damit nicht
durchdringen. Wie der Kläger in seinem Antragsschreiben selbst ausgeführt hat, ist zwar geplant, die
Schleusen an der Lahn sukzessive zu automatisieren, die Baumaßnahmen werden sich jedoch über viele
Jahre erstrecken, so dass eine weitere Personalreduzierung für die Jahre 2014 bis 2019 nicht
prognostiziert werden kann. Wenn die Beklagte eine weitere Arbeitsverdichtung der derzeit 41
Beschäftigten im Außenbezirk A-Stadt nicht beabsichtigt, dann kann sich der Kläger nicht darauf berufen,
die Beklagte könne seine Arbeiten ohne überobligatorische Mehrbelastung auf die verbleibenden
Mitarbeiter verteilen, um ihm Altersteilzeit und damit letztlich aufgrund der Vertrauensschutzregelung im
Rentenversicherungsanpassungsgesetz einen Renteneintritt mit 65 Jahren (statt für den Geburtsjahrgang
1954 acht Monate später) zu ermöglichen.
III.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die
Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.