Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 13.07.2009

LArbG Mainz: ordentliche kündigung, unwirksamkeit der kündigung, arbeitsgericht, angestellter, auflösung, betriebsübergang, firma, anweisung, abfindung, gesellschafter

LAG
Mainz
13.07.2009
5 Sa 132/09
Betriebsbedingte Kündigung
Aktenzeichen:
5 Sa 132/09
3 Ca 1072/08
ArbG Ludwigshafen
Urteil vom 13.07.2009
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 28.11.2008 - 3 Ca
1072/08 - wird einschließlich des Auflösungsantrages auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende
Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung beendet worden
ist, oder nicht, und ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des
Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen.
Der zum Zeitpunkt der Klageeinreichung 41 Jahre alte Kläger ist bei der Beklagten seit dem 20.04.2006
als Angestellter beschäftigt. Bei der Beklagten sind nach dem Vortrag des Klägers cirka 40 Mitarbeiter
tätig. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis durch Kündigungsschreiben vom 15.05.2008, dem Kläger
zugegangen am 17.05.2008, ordentlich zum 30.06.2008 gekündigt. Dagegen wendet sich der ledige und
kinderlose Kläger durch die am 04.06.2008 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage.
Am 05.05.2008 haben die Gesellschafter der Beklagten einen Gesellschafterbeschluss gefasst, der sich
auf eine personelle Umstrukturierungsmaßnahme bezieht; hinsichtlich seines Inhalts wird auf S. 3 der
angefochtenen Entscheidung (= Bl. 82 d.A.) Bezug genommen. Danach soll das Arbeitsverhältnis mit dem
Kläger beendet werden.
Die Parteien haben ursprünglich einen schriftlichen Arbeitsvertrag vom 25.04.2006 abgeschlossen,
hinsichtlich dessen Inhalts auf Bl. 56 d.A. Bezug genommen wird. Am 06.10.2006 haben die
Vertragsparteien eine Änderung des Arbeitsvertrages vereinbart (Bl. 57 d.A.), hinsichtlich dessen § 4 auf
S. 4 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 83 d.A.) Bezug genommen wird.
Der Kläger hat vorgetragen,
die ihm gegenüber erklärte Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Die von der Beklagten angesprochenen
unternehmerische Entscheidung werde bestritten. Aufgrund des Inhalts seines Arbeitsvertrages sei er im
Übrigen auch für die B. GmbH in K. tätig gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung vom 15.05.2008, ihm
zugegangen am 17.05.2008, nicht aufgelöst worden ist.
2. die Beklagte zu verurteilen, ihn in seiner bisherigen Position als Unternehmensgruppenleiter bis zum
rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten Bedingungen weiter zu
beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die erklärte ordentliche Kündigung sei sozial gerechtfertigt, weil sie festgestellt habe, dass die unterhalb
der Geschäftsführung angesiedelte Ebene überbesetzt sei. Der Kläger habe zudem während des
Arbeitsverhältnisses seine Arbeitsleistung nahezu ausschließlich für die Beklagte in deren Räumlichkeiten
in F. erbracht. Zur weiteren Darstellung des erstinstanzlichen streitigen Sachvortrags der Beklagten wird
auf S. 5, 6 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 84, 85 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat daraufhin durch Urteil vom 28.11.2008 - 3 Ca 1072/08 - festgestellt,
dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die streitgegenständliche Kündigung nicht beendet worden
ist und die Beklagte antragsgemäß zur Weiterbeschäftigung verurteilt. Hinsichtlich des Inhalts von
Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 81 bis 91 d.A. Bezug genommen.
Gegen das ihr am 25.02.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 09.03.2009 beim
Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die
Berufung durch am 27.04.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die Änderung des
Arbeitsvertrages habe an der Tätigkeit des Klägers tatsächlich nichts geändert. Die durch
Gesellschafterbeschluss vom 05.05.2008 erfolgte Unternehmerentscheidung sei auch tatsächlich
umgesetzt worden und folglich zu respektieren. Sie sei insbesondere nicht willkürlich oder offensichtlich
unvernünftig. Damit sei eine weitere Überbesetzung der fraglichen Führungsebene wirksam verhindert
worden. Die Beschäftigungsmöglichkeit hinsichtlich des Klägers sei entfallen; daran ändere auch die
Tätigkeit bei der ersten Hausbrauerei am Markt in K. nichts. Die Änderung des Arbeitsvertrages
entstamme einer reinen Laune des damaligen Vorgesetzten des Klägers, Herrn S., um sich selbst und
einzelne Arbeitnehmer durch wohlklingende Titel optisch aufzuwerten. Damit sei aber die tatsächliche
Aufnahme einer wie auch immer gearteten Beschäftigung in Voll- oder Teilzeit an der Betriebsstätte in
Kaiserslautern nicht verbunden gewesen, vom Kläger im Übrigen auch nicht wahrgenommen worden. Im
Übrigen sei das B. in K. zum 01.06.2008 im Wege der Betriebsnachfolge nach § 613 a BGB auf die Firma
L. GmbH übergegangen. Rein von daher sei eine Beschäftigungsmöglichkeit des Klägers nach Ablauf der
Kündigungsfrist nicht mehr gegeben gewesen.
Für den Fall, dass das Landesarbeitsgericht die streitgegenständliche Kündigung für sozialwidrig erachte,
sei die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu beantragen. Der Antrag bedürfe keine Begründung, da der
Kläger leitender Angestellter gewesen sei. Er habe Aufgaben mit besonderer Bedeutung und
Verantwortung wahrgenommen und maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Betriebes gehabt. Er
habe einen erheblichen Entscheidungsspielraum gehabt und sei insbesondere zur selbständigen
Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmer berechtigt gewesen.
Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom
27.04.2009 (Bl. 117 bis 129 d.A.) sowie den Schriftsatz vom 29.06.2009 (Bl. 160 bis 173 d.A.) nebst
Anlagen (Bl. 174, 175 d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
1. unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 28.11.2008, Az.: 3 Ca 1072/08,
wird die Klage abgewiesen. Der Kläger und Berufungsbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu
tragen,
2. das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen, die in das Ermessen des Gerichts
gestellt wird, einen Betrag von 2.500,00 EUR aber nicht überschreiten sollte.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, die Kündigung sei
nicht betriebsbedingt erfolgt bzw. die betriebsbedingten Gründe seien vorgeschoben. Tatsächlich sei sie
personenbedingt erfolgt. Die B. in K. bilde im Übrigen mit der Beklagten einen einheitlichen Betrieb; dies
ergebe sich bereits aus der Personenidentität der Gesellschafter und Geschäftsführer. Bei der
Übertragung von Teiltätigkeiten in K. habe es sich keineswegs um eine "Laune" des Herrn S. gehandelt.
Er habe die Betriebsabläufe auch in K. überwachen und optimieren sollen, allerdings sei die Tätigkeit
nicht auf dieses Betätigungsfeld beschränkt gewesen. Der Kläger habe an
Gesamtpersonalbesprechungen der Führungsebene teilgenommen, Einzelgespräche mit verschiedenen
Mitarbeitern bezüglich betrieblicher Abläufe, Disziplin des Personals in K. geführt, aber auch notwendige
Wareneinkäufe getätigt. Insbesondere wenn sich im Gastronomiebetrieb in K. ein Personalmangel
kurzfristig abgezeichnet habe, sei der Kläger durch kurzfristige telefonische Anweisung durch Herrn S.
angewiesen worden, die Tätigkeit des in K. ausgefallenen Personals zu übernehmen. Wenn ein
Betriebsübergang während des Laufs der Kündigungsfrist bezogen auf K. stattgefunden habe, so sei das
Arbeitsverhältnis des Klägers gemäß § 613 a BGB eben auf die übernehmende Firma übergegangen. Die
Beklagte habe jedoch den vorgetragenen Betriebsübergang zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Kläger
angezeigt. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass die Kündigung dann gemäß § 613 a Abs. 4 BGB auch
aus diesem Grunde unwirksam sei. Die Behauptung, etwa anzunehmende Minimalarbeiten im Betrieb in
K. hätten nach dem Ausscheiden des Klägers von den übrigen Mitarbeitern bewältigt werden könne, sei
falsch. Die neue Leitung der Firma L. GmbH habe bereits im Juli oder August des Jahres 2008 bei dem
Kläger aus Eigeninitiative nachgefragt, ob er an einer Beschäftigung in der L. GmbH als Führungskraft
interessiert sei.
Der Kläger sei kein leitender Angestellter. Er werde als sogenannte Multifunktionskraft geschildert mit
Aufgabenbereichen, die nicht denen eines leitenden Angestellten entsprächen. Die Funktionen eines
leitenden Angestellten seien bis zum Ausscheidenszeitpunkt des Klägers vollumfänglich vom
rechtsgeschäftlichen Vertreter und Alleinverantwortlichen für beide Gastronomiebetriebe, Herrn S.
wahrgenommen worden. Nach dessen Ausscheiden habe Herr Dr. B. die wirtschaftliche, organisatorische
und personelle Führung im Betrieb der Beklagten übernommen. Wenn der Kläger vereinzelt
Arbeitsvertragsdokumente über Einstellungen und Entlassungen von Arbeitnehmern unterschrieben
habe, so sei dies allenfalls in wenigen Einzelfällen auf die ausdrückliche Anweisung und der darauf
beruhenden Entscheidung von Herrn S. geschehen.
Zur weiteren Darstellung der Auffassung des Klägers wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom
18.05.2009 (Bl. 137 bis 157 d.A.) nebst Anlagen (= Bl. 155 bis 158 d.A.) Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der
Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten
gereichten Schriftstücke verwiesen.
Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 13.07.2009.
Entscheidungsgründe:
I.
64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden.
II.
Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon
ausgegangen, dass die vorliegend streitgegenständliche ordentliche betriebsbedingte Kündigung der
Beklagten sozial ungerechtfertigt ist und das Arbeitsverhältnis damit nicht beendet; der im
Berufungsverfahren zulässiger Weise erstmals gestellte Hilfsantrag auf Auflösung des
Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung ist unbegründet.
Das Arbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG eine
Kündigung unter anderem dann sozial gerechtfertigt ist, wenn sie durch dringende betriebliche
Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen,
bedingt ist.
Ebenso zutreffend hat das Arbeitsgericht aber angenommen, dass die streitgegenständliche Kündigung
der Beklagten deshalb sozial ungerechtfertigt ist, weil sie vor Kündigungsausspruch nicht
arbeitsvertragliche Ausgestaltung des vorliegenden Arbeitsverhältnisses angemessen berücksichtigt hat.
Hinsichtlich des Überprüfungsmaßstabes der von der Beklagten behaupteten unternehmerischen
Entscheidung (Gesellschafterbeschluss vom 05.05.2008) wird auf die zutreffenden Ausführungen des
Arbeitsgerichts in der angefochtenen Entscheidung zur Vermeidung von Wiederholungen auf S. 8, 9 (= 87,
88 d.A.) Bezug genommen.
Der Sachvortrag der Beklagten zur Rechtfertigung der erklärten Kündigung ist insoweit nicht
nachvollziehbar; insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf S. 9, 10 der angefochtenen
Entscheidung (= Bl. 88, 89 d.A.) Bezug genommen.
Auch das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier
maßgeblichen Lebenssachverhalts.
Denn der Sachvortrag der Beklagten im zweitinstanzlichen Rechtszug ist insoweit zum einen nach Inhalt,
Ort und Zeitpunkt der beteiligten Personen im Hinblick auf den substantiierten Tatsachenvortrag des
Klägers hinsichtlich seiner Teilbeschäftigung in K. unsubstantiiert; zum anderen ist er in hohem Maße
widersprüchlich. Soweit die Beklagte nunmehr behauptet, der arbeitsvertragliche Zusatz entstamme einer
reinen Laune des damaligen Vorgesetzten, Herrn S., so ist dies im Hinblick auf den ausdrücklich und
schriftlich abgefassten Änderungsvertrag vollkommen unverständlich. Zumindest hätte es im Hinblick auf
die zuvor und danach vom Kläger durchgeführten Teiltätigkeiten in F. und K. näherer Erläuterung bedurft.
Daran fehlt es insgesamt. Der Kläger hat demgegenüber im Einzelnen substantiiert Tätigkeiten dargestellt,
die er in K. ausgeführt haben will. Darauf hätte die Beklagte aufgrund ihrer eigenen Sachnähe im
Einzelnen erwidern müssen, was nicht geschehen ist. Ob zwischen den beiden B. insoweit ein
einheitlicher Betrieb besteht, oder es sich aber um zwei verschiedene selbständige Betriebe handelt, ist
unerheblich. Für das Vorliegen eines einheitlichen Betriebes spricht allerdings neben der vom Kläger
angeführten Personenidentität von Gesellschaftern/Geschäftsführern allein die Tatsache, das gerade die
Beklagte eine entsprechende Teiltätigkeit mit dem Kläger schriftlich vereinbart hat. Woher sich diese
Rechtsmacht der Verpflichtung zu Teiltätigkeiten in K. hätte ergeben können, lässt der Sachvortrag der
Beklagten offen. Der Sachvortrag der Beklagten ist insoweit auch widersprüchlich. Wenn der Kläger zum
einen in K. praktisch keine Arbeiten zu verrichten hatte, dann war der Änderungsvertrag sinnlos. Das
widerspricht jeder Lebenserfahrung. Zum anderen behauptet die Beklagte, der Kläger sei leitender
Angestellter gewesen und will damit ihren Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.
Einem leitenden Angestellten auch eine Teiltätigkeit in einem anderen Betrieb zu übertragen, die keinerlei
Inhalt hat, widerspricht noch mehr jeder Lebenserfahrung; auch dies wird von der Beklagten nicht
ansatzweise erläutert. Auch der Hinweis auf den Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit in K. wegen eines
Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB ist nicht nachvollziehbar. Wenn es sich um selbständige Betriebe
handelte und die Beklagte gleichwohl die Rechtsmacht hatte, den Kläger zur Tätigkeit in K. zu verpflichten,
dann würde ein (Teil-) Betriebsübergang, über den der Kläger zu keinem Zeitpunkt seines
Änderungsvertrages unterrichtet wurde, nichts ändern. Im Übrigen würde es dann nahe liegen, von einer
Änderungsvertrages unterrichtet wurde, nichts ändern. Im Übrigen würde es dann nahe liegen, von einer
Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 613 a Abs. 4 BGB auszugehen.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, das der Sachvortrag der Beklagten zum Wegfall des
Beschäftigungsbedürfnisses vorliegend völlig unsubstantiiert und nicht nachvollziehbar ist. Zwar ist eine
unternehmerische Entscheidung an sich, die zum Wegfall von Arbeitsplätzen führt, nur auf offensichtliche
Unsachlichkeit, Willkür überprüfbar. Gleichwohl ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Durchführung der
Entscheidung und insbesondere deren Auswirkungen insofern darzulegen, falls sein Sachvortrag, wie
vorliegend, bestritten wird, als er deutlich macht, welche Teiltätigkeiten im Einzelnen der Arbeitnehmer
zuvor in welchem ungefähren zeitlichen Ausmaß verrichtet hat und wie sich die Beschäftigungsstruktur
insoweit nach der Umsetzung der Entscheidung in Zukunft darstellen wird. Dazu gehört vor allem die
Darlegung, welche anderen Arbeitnehmer welche Teiltätigkeiten übernehmen, ohne
überoblikationsmäßig belastet und insbesondere arbeitsvertragswidrig beschäftigt zu werden. Insoweit
fehlt es an jeglichem nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierten
Tatsachenvortrag. Zwar ist diese Überprüfung durch die Arbeitsgericht kein Selbstzweck; sie ist aber
insbesondere dann wenn, wie vorliegend, angezeigt wenn lediglich ein Arbeitnehmer oder wenige
Arbeitnehmer betroffen sind, weil dann stets die Gefahr besteht, dass ein oder einzelne Arbeitnehmer aus
dem Betrieb gedrängt werden sollen. Dies lässt sich nach dem sehr pauschal gehaltenen
Tatsachenvortrag der Beklagten in beiden Rechtszügen vorliegend nicht ausschließen.
Folglich ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass die streitgegenständliche betriebsbedingte
Arbeitgeberkündigung sozial ungerechtfertigt ist. Denn ein dringendes betriebliches Bedürfnis ist nicht
gegeben.
Der Auflösungsantrag der Beklagten nach Maßgabe der §§ 14, 9 KSchG ist zwar zulässigerweise erstmals
im Berufungsverfahren gestellt worden, erweist sich aber als unbegründet.
Nach dem Sachvortrag der Beklagten und dem Bestreiten des Klägers kann nicht davon ausgegangen
werden, das der Kläger als leitender Angestellter im Sinne des § 14 KSchG anzusehen ist, so dass der
Auflösungsantrag einer Begründung nicht bedurft hätte. Zur Begründung der aufgestellten Behauptung,
der Kläger sei leitender Angestellter gewesen, erschöpft sich der Sachvortrag der Beklagten in
unsubstantiierten pauschalen Behauptungen. Der Kläger ist dem im Einzelnen substantiiert
entgegengetreten, ohne dass die Beklagte auch nur im Ansatz deutlich gemacht hätte, worin die
Leitungsfunktion des Klägers bestanden haben soll, von dem sie zugleich behauptet, er sei letztlich
überflüssig gewesen, weil sie in seinem Tätigkeitsbereich überbesetzt gewesen sei. Zudem habe er in K.
praktisch keine Tätigkeiten verrichtet. Insoweit hätte es weiteren konkreten Tatsachenvortrag der
Beklagten bedurft. Im Übrigen spricht das vom Arbeitsgericht mit 2.000,00 EUR brutto pro Monat
angenommene Entgelt für eine Vollzeitbeschäftigung gegen eine Tätigkeit als leitender Angestellter; da
eine derartige Bezahlung zumindest sehr ungewöhnlich ist, hätte es auch insoweit weiteren
Tatsachenvortrag bedurft.
Da die Voraussetzungen des § 14 KSchG nicht gegeben sind bedurfte der Auflösungsantrag einer
Begründung (§ 9 KSchG). Eine solche Begründung hat die Beklagte nicht vorgetragen, so dass der
Auflösungsantrag zurückzuweisen war.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine
Veranlassung gegeben.