Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 15.03.2011

LArbG Mainz: arbeitsgericht, hauptsache, rechtskraftwirkung, verkehrsunfall, fortsetzungszusammenhang, quelle, diagnose, form, datum, krankheitsfall

LAG
Mainz
15.03.2011
10 Ta 47/11
Prozesskostenhilfe - Beschwerde nach rechtskräftiger Entscheidung der Hauptsache
Aktenzeichen:
10 Ta 47/11
3 Ca 1026/10
ArbG Trier
Entscheidung vom 15.03.2011
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 16.12.2010,
Az.: 3 Ca 1026/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Zahlung von € 3.287,00 brutto erhoben. Er verlangte vom 03.03. bis zum 14.04.2010 Entgeltfortzahlung im
Krankheitsfall und für die Zeit vom 15.04. bis zum 30.04.2010 Annahmeverzugslohn. Gleichzeitig
beantragte er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 16.12.2010 abgewiesen. Das am 28.12.2010 zugestellte
Urteil ist rechtskräftig.
Mit Beschluss vom 16.12.2010, der dem Kläger ebenfalls am 28.12.2010 zugestellt worden ist, hat das
Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender
Erfolgsaussichten zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers, die er
am 20.01.2011 eingelegt hat. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 14.02.2011 nicht
abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Kläger macht geltend, das Arbeitsgericht hätte die hinreichenden Erfolgsaussichten zum Zeitpunkt der
Antragstellung und nicht erst nach Entscheidung über die Hauptsache beurteilen müssen. Seine Klage
habe zumindest bis zum Zeitpunkt der zweiten Güteverhandlung am 07.09.2010 ausreichende
Erfolgsaussichten gehabt.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug
genommen.
II.
127 Abs. 2 Satz 2 und 3, 567 ff. ZPO zulässig. Sie ist in der Sache jedoch nicht begründet.
Die Gewährung von Prozesskostenhilfe setzt nach § 114 Satz 1 ZPO voraus, dass die beabsichtigte
Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. An dieser Voraussetzung fehlt es. Dies ergibt
sich in einem Fall, wie er hier gegeben ist, bereits daraus, dass das Beschwerdegericht die sachliche
Voraussetzung der Erfolgsaussicht wegen der Rechtskraftwirkung der Hauptsacheentscheidung nicht
mehr abweichend von der Auffassung der Vorinstanz beurteilen darf, §§ 322 Abs. 1, 325 Abs. 1 ZPO
analog. Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.12.2010 die Klage als unbegründet abgewiesen. Das am
28.12.2010 zugestellte Urteil ist rechtskräftig. Aufgrund der Rechtskraftwirkung des Urteils des
Arbeitsgerichts vom 16.12.2010 ist davon auszugehen, dass dem Kläger die Klageforderung nicht zusteht.
Dies schließt die rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den erstinstanzlich rechtskräftig
beendeten Zahlungsprozess aus (vgl. LAG Rheinland-Pfalz: Beschluss vom 27.01.2011 - 8 Ta 19/11,
Beschluss vom 07.05.2010 - 10 Ta 72/10; Beschluss vom 22.01.2010 - 3 Ta 1/10). Die Erfolgsaussicht der
Rechtsverfolgung darf nicht mehr abweichend von der vordergerichtlichen Entscheidung über die
Hauptsache beurteilt werden, wenn diese Entscheidung - wie hier - rechtskräftig geworden ist. Auf diese
Rechtsprechung hat das Arbeitsgericht im Nichtabhilfebeschluss vom 14.02.2011 vollkommen zutreffend
hingewiesen.
Auch wenn es darauf nicht ankommt, hat das Arbeitsgericht mit zutreffender Begründung erkannt, dass die
Klage nicht erst im Zeitpunkt der Hauptsacheentscheidung keine Erfolgsaussichten hatte. Die Klage war
vielmehr von vornherein unschlüssig.
Der Kläger hatte am 19.12.2009 einen Motorradunfall. Er war wegen der erlittenen Verletzungen unstreitig
zunächst bis zum 12.02.2010 arbeitsunfähig erkrankt. Ausweislich der vorgelegten „Erstbescheinigung“
vom 03.03.2010 erkrankte er vom 03.03.2010 bis zum 14.04.2010 erneut. Die
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung enthält folgende Diagnose: „SO6.9 Schweres Kopftrauma, Folgen
19.12.09 Motorradunfall“. Aus dieser Bescheinigung ergibt sich mit nicht zu überbietender Deutlichkeit,
dass die Schädel-Hirn-Verletzung des Klägers auf den Motorradunfall zurückzuführen ist. Da die
Kopfverletzung aus dem Unfall medizinisch nicht ausgeheilt war, ist sie eine Fortsetzung der früheren
Erkrankungen. Auf die Verschiedenartigkeit der einzelnen Krankheitsbilder kommt es nicht an.
Maßgeblich ist, dass die jeweiligen Krankheiten auf die gleiche Ursache, den Verkehrsunfall,
zurückgehen. Dabei ist nicht erforderlich, dass die einzelnen Erkrankungen untereinander noch in einem
besonderen Fortsetzungszusammenhang stehen; entscheidend ist vielmehr, dass sie jeweils für sich
genommen auf den Motorradunfall zurückzuführen sind. Daran besteht vorliegend kein Zweifel. Der
Beklagte war daher nur für die Dauer von insgesamt sechs Wochen zur Entgeltfortzahlung verpflichtet.
Seine Weigerung, auch für die Krankheitszeiten ab 03.03.2010 Entgeltfortzahlung zu gewähren, bestand
zu Recht.
Das Arbeitsgericht hat auch zutreffend angenommen, dass der Kläger für die Zeit vom 15.04. bis
30.04.2010 keinen Annahmeverzugslohn beanspruchen kann. Er hat dem Beklagten seine
Arbeitsleistung nach der Genesung nicht angeboten, sondern per E-Mail mitgeteilt: „Ich werde in nächster
Zeit weder kommen noch arbeiten. Sie müssen sich Ersatz für mich suchen.“; „Sie glauben doch nicht im
Ernst das ich unter diesen Umständen noch einen einzigen Finger für Sie krumm mache …“. Der fehlende
Leistungswille des Klägers tritt in diesen E-Mails offen zu Tage. Die Zahlungsklage hatte deshalb von
vornherein keine Erfolgsaussichten.
III.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es unter Berücksichtigung von §§ 78 Satz 2, 72 Abs. 2
ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass. Dieser Beschluss ist daher nicht anfechtbar.