Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 21.08.2007

LArbG Mainz: arbeitsgericht, unterstützungsleistung, rente, widerklage, daten, mutwilligkeit, auflage, berufsunfähigkeit, vorrang, quelle

LAG
Mainz
21.08.2007
7 Ta 185/07
Zulässigkeit der Klage und unbestimmter Leistungsantrag
Aktenzeichen:
7 Ta 185/07
3 Ca 2498/06
ArbG Mainz
Entscheidung vom 21.08.2007
Tenor:
1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom
06.07.2007 - AZ 3 Ca 2498/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Die Klägerin, eine Unterstützungskasse, hat gegen die Beklagte beim Arbeitsgericht Mainz eine Klage auf
Rückgewähr von überzahlten Unterstützungsleistungen erhoben.
Daraufhin hat die Beklage ihrerseits zuletzt beantragt, diese Klage abzuweisen und widerklagend:
1. a. Die Klägerin wird verurteilt, für die Zeit von September 2002 bis März 2003 eine monatliche
Unterstützungsleistung in Höhe von 67 % des Bemessungsentgeltes im Sinne des § 4 Abs. 1 URL 1980
abzüglich der um 2,0056 Entgeltpunkte gekürzten Rente wegen Berufsunfähigkeit und der von der
Klägerin gezahlten 3.192,21 € brutto zu zahlen.
b. Die Klägerin wird verurteilt, ab 01.04.2003 bis jeden 3. eines Monats eine monatliche
Unterstützungsleistung in Höhe von 67 % des Bemessungsentgeltes i. S. v. § 4 I URL 1980 abzüglich der
um 2,0056 Entgeltpunkten gekürzten Rente wegen voller Erwerbsminderung und der von der Klägerin
gezahlten netto 11.478,53 € zu zahlen.
2. Es wird hilfsweise festgestellt, dass die Klägerin verpflichtet ist,
a) der Beklagten für die Zeit von September 2002 bis März 2003 eine monatliche Unterstützungsleistung
ausgehend von 67 % des Bemessungsentgeltes im Sinne des § 4 Abs. 1 URL 1980 abzüglich der um
2,0056 Entgeltpunkte gekürzten Rente wegen Berufsunfähigkeit und der von der Klägerin gezahlten
3.192,21 brutto zu zahlen.
b) der Beklagten, ab 01.04.2003 bis jeden 3. eines Monats die monatliche Unterstützungsleistung unter
Zugrundelegung der URL 1980 in Höhe von 67 % des Bemessungsentgeltes im Sinne des § 4 Abs. 1
URL 1980 abzüglich der um 2,0056 Entgeltpunkte gekürzten Rente wegen voller Erwerbsminderung und
der von der Klägerin gezahlten netto 11.478,53 € zu zahlen.
Des Weiteren hat die Beklagte beantragt, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau
Rechtsanwältin D. zu bewilligen.
Das Arbeitsgericht Mainz hat daraufhin mit Beschluss vom 06.07.2007 der Beklagten für den ersten
Rechtszug zur Verteidigung gegen die Klage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau
Rechtsanwältin D., ohne Anordnung einer Ratenzahlung, bewilligt. Im Übrigen, also hinsichtlich der
angekündigten Widerklageanträge, hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen.
Am 19.07.2007 hat die Beklagte Beschwerde gegen diese Entscheidung des Arbeitsgerichts eingelegt
und geltend gemacht,
die Widerklageanträge seien - wie bereits schriftsätzlich dargestellt, zulässig und begründet.
Das Arbeitsgericht hat daraufhin der sofortigen Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und in dem
Nichtabhilfebeschluss vom 23.07.2007 ausgeführt, eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die
Widerklageanträge sei unter Beachtung von § 114 ZPO ausgeschlossen, da insoweit keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg gegeben sei. Darüber hinaus könne der Beklagten in diesem Zusammenhang auch
kein Rechtsanwalt nach § 11a ArbGG beigeordnet werden, da die Antragstellung auf Mutwilligkeit beruhe.
Die mit der Widerklage verfolgten Zahlungsanträge seien, mangels konkreter Bezifferung, unbestimmt und
somit unzulässig. Auch die hilfsweise angekündigten Feststellungsanträge seien unzulässig, zumal an
ihrer Stelle ein bezifferter Zahlungsantrag möglich sei und die nur subsidiär zulässigen
Feststellungsanträge dementsprechend zurücktreten müssten.
Das Arbeitsgericht hat sodann die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung
vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere
auf die von beiden Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß §§ 78 Satz 1 ArbGG,
127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
Das Arbeitsgericht hat der Klägerin zu Recht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwaltes
nicht bewilligt.
1.
Die rechtlichen Voraussetzungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind im vorliegenden Fall unter
Berücksichtigung von § 114 ZPO nicht erfüllt. Hiernach erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten
aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder
Rechtsverteidigung hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende
Erfolgsaussicht im Sinne dieser gesetzlichen Regelung ist gegeben, wenn das Gericht den
Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen
für zutreffend oder zumindest vertretbar hält. Es muss also aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und
Rechtslage möglich sein, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringen wird (vgl. Zöller, ZPO,
24. Auflage, § 114 Randziff. 19).
Im vorliegenden Fall ist es ausgeschlossen, dass die Beklagte mit ihren Widerklageanträgen Erfolg haben
wird, da diese Anträge - wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend in seinem Nichtabhilfebeschluss
ausgeführt hat - unzulässig sind. Die von der Beklagten im Wege der Widerklage zuletzt angekündigten
Zahlungsanträge sind unbestimmt, da die geltend gemachte Forderung nicht beziffert worden ist. Ein
Zahlungsantrag muss nämlich grundsätzlich die geforderte Summe angeben. Die Berechnung darf nur
offen bleiben, wenn sie anhand allgemeinkundiger Daten ohne Weiteres möglich ist (vgl. Zöller, ZPO, 24.
Auflage, § 253 Randziff. 13a m. w. N.).
Die Zahlungsanträge der Beklagten nehmen aber u. a. Bezug auf § 4 Abs. 1 der Unterstützungsrichtlinien
der Klägerin aus dem Jahre 1980; hierbei handelt es sich nicht um allgemein kundige Daten, welche die
Berechnung der geltend gemachten Forderung durch einen Gerichtsvollzieher zulassen würden. Die
Forderung wäre mithin, mangels hinreichender Bestimmtheit, auch nicht vollstreckbar. Die
Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in ihrem schriftsätzlichen Vortrag keine Umstände vorgetragen,
welche der hier vertretenen Rechtsauffassung entgegen stehen würden.
Soweit die Beklagte mit der Widerklage hilfsweise die Feststellung von Zahlungsansprüchen begehrt, ist
dieses Vorgehen ebenfalls prozessual unzulässig, da einem (bezifferten) Leistungsantrag immer Vorrang
gegenüber einem Feststellungsantrag zukommt. Mithin fehlt es für die Hilfsanträge an dem nach § 256
Abs. 1 ZPO notwendigen rechtlichen Interesse an der begehrten Feststellung.
2.
Die Beklagte kann auch nicht die Beiordnung eines Rechtsanwaltes für die geltend gemachten
Widerklageanträge gem. § 11a ArbGG verlangen. Nach § 11a Abs. 2 ArbGG kann nämlich die Anordnung
unterbleiben, wenn die Rechtsverfolgung offensichtlich mutwillig ist. Mutwilligkeit ist anzunehmen, wenn
eine verständige, ausreichend bemittelte Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (vgl.
Schwab, Weth u. a. ArbGG, § 11a Randziff. 132 n. w. N.).
Im gegebenen Fall würde eine verständige, ausreichend bemittelte Partei die Widerklageanträge, welche
- wie oben ausgeführt - unzulässig sind, nicht weiter verfolgen.
Nachdem das Arbeitsgericht mit Schreiben vom 11.06.2007 die Beklagte ausdrücklich auf die
Unzulässigkeit der gestellten Widerklaganträge hingewiesen hatte, hätte eine bemittelte Partei die
nachvollziehbare Rechtsauffassung des Arbeitsgerichtes akzeptiert und einen bezifferten
Leistungsantrag, der im vorliegenden Fall möglich ist, gestellt.
Nach alledem war die sofortige Beschwerde der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Beachtung von §§ 78, Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG
an einem gesetzlich begründeten Anlass.