Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 01.10.2008

LArbG Mainz: kost und logis, arbeitsgericht, beendigung, klageerweiterung, kündigung, wohnung, form, vergleich, vergütung, räumung

LAG
Mainz
01.10.2008
1 Ta 181/08
Berufungsfähigkeit des arbeitsgerichtlichen Urteils
Aktenzeichen:
1 Ta 181/08
9 Ca 597/08
ArbG Koblenz
- AK Neuwied -
Beschluss vom 01.10.2008
Tenor:
1. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des
Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - , AZ: 9 Ca 597/08, dahingehend abgeändert,
dass der Wert des Vergleiches 4.068,03 EUR beträgt.
Die weitergehende Beschwerde der Beschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beschwerdeführerin zu 75 %.
3. Ein Rechtsmittel ist gegen diesen Beschluss nicht gegeben.
Gründe:
I.
01.07.2007 als Yoga-Lehrerin zu einer monatlichen Bruttovergütung von 760,01 EUR bei freier Kost und
Logis beschäftigt. Nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 30.06.2007 war dieses
Vertragsverhältnis auf ein Jahr bis zum 30.06.2008 befristet.
Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 11.03.2008 "fristlos zum 15.04.2008" gekündigt.
Gegen diese Kündigung hat die Klägerin vor der Rechtsantragstelle des Arbeitsgerichts Koblenz -
Auswärtige Kammern Neuwied - Kündigungsschutzklage erhoben und darüber hinaus die Feststellung
begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien bis zum 30.06.2008 fortbestanden hat. Mit weiterem
Schriftsatz, eingereicht über ihren Prozessbevollmächtigten, hat die Klägerin im Wege der
Klageerweiterung sodann geltend gemacht, das Arbeitsverhältnis bestehe auch über den 30.06.2008
hinaus fort, weil es nach ihrer Auffassung nicht wirksam befristet gewesen sei.
Im Gütetermin haben die Parteien einen Vergleich abgeschlossen, in dem sie sich einig waren, dass das
zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit Fristablauf zum 30.06.2008 beendet worden ist und die
Beklagte bis zum Beendigungszeitpunkt an die Klägerin die bisherige monatliche Vergütung in Höhe von
760,01 EUR brutto weiter bezahlt. Darüber hinaus hat sich die Klägerin verpflichtet, bis spätestens
25.04.2008 die ihr im Rahmen des Arbeitsverhältnisses überlassenen Räumlichkeiten bei der Beklagten
mit ihrem gesamten beweglichen Vermögen zu räumen.
Das Arbeitsgericht hat nach vorheriger Anhörung aller Beteiligten den Gegenstandswert der anwaltlichen
Tätigkeit für das Verfahren entsprechend drei Bruttomonatsvergütungen der Klägerin á 760,01 EUR auf
2.280,03 EUR und für den Vergleich auf 4.680,03 EUR festgesetzt. Dabei hat es bezüglich der streitigen
Räumungsverpflichtung der Klägerin einen Vergleichsmehrwert von 2.400,00 EUR (12 x 200,00 EUR)
angenommen.
Gegen diesen Beschluss hat die Klägerin form- und fristgerecht
Beschwerde
Rechtsmittel begründet sie damit, in dem Gehalt von 760,01 EUR seien Mietkosten des Arbeitgebers von
149,00 EUR enthalten gewesen, die dieser in Abzug gebracht habe. Die Mietkosten können daher nicht
doppelt veranschlagt werden. Darüber hinaus sei das Arbeitsverhältnis vor Gericht nur um eineinhalb
Monate verlängert worden, so dass sich der Gegenstandswert auch nur auf 1.140,02 EUR belaufen dürfe.
Das Arbeitsgericht hat durch Hinweisschreiben vom 26.08.2008 die Klägerin auf die Grundsätze für die
Festsetzung des Gegenstandswertes hingewiesen und angefragt, ob die Klägerin ihr Rechtsmittel
zurücknehme. Mit Schriftsatz vom 09.09.2008 hat die Klägerin nochmals wiederholt, sie sehe den
Gegenstandswert für zu hoch angesetzt, zumal sie von ihrem prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt im
Verfahren nur mangelhaft vertreten worden sei.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien zur
Gerichtsakte gereichten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
eingelegt, übersteigt den Wert des Beschwerdegegenstandes von 200,00 EUR und ist auch sonst
zulässig.
In der Sache hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg. Der vom Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss
festgesetzte Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfahren ist rechtlich nicht zu
beanstanden. Demgegenüber war der Vergleichswert auf 4.068,03 EUR zu reduzieren.
Da das Arbeitsverhältnis der Parteien im Zeitpunkt der außerordentlichen Kündigung durch die Beklagte
zwar länger als sechs Monate aber noch keine 12 Monate bestanden hat, war nach der ständigen
Rechtsprechung der Beschwerdekammer der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf zwei
Monatsverdienste der Klägerin festzusetzen. Das Arbeitsgericht hat der Beschwerdeführerin mit seinem
ausführlichen Hinweisschreiben vom 26.08.2008 die dafür maßgebenden Grundsätze näher erläutert, so
dass hierauf Bezug genommen werden kann.
Während sich die Klägerin in der Klageschrift, die sie vor der Rechtsantragsstelle des Arbeitsgerichts
aufgegeben hat, zunächst nur gegen die außerordentliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Wehr
gesetzt hat und mit einer Beendigung zum 30.06.2008 einverstanden erklärt hatte, hat sie sodann über
ihren Prozessbevollmächtigten im Wege der Klageerweiterung auch die Unwirksamkeit der Befristung des
Arbeitsverhältnisses in das Verfahren eingeführt. Streiten die Parteien aber in einem Verfahren sowohl um
die Wirksamkeit einer Kündigung als auch um die Unwirksamkeit einer vertraglich vereinbarten Befristung
des Arbeitsverhältnisses, dann handelt es sich hierbei grundsätzlich um zwei rechtlich unterschiedliche
Streitgegenstände, die auf einem nicht identischen Sachverhalt beruhen und die deshalb auch gesondert
zu bewerten sind (Beschluss der erkennenden Kammer vom 21.01.2008 - 1 Ta 284/07). Vorliegend wirkt
die Klageerweiterung grundsätzlich streitwerterhöhend und ist bezüglich des weiteren Streitgegenstandes
mit einer weiteren Monatsvergütung zu bewerten. Das Arbeitsgericht hat daher zutreffend die
Verfahrensgebühr auf insgesamt drei Monatsverdienste der Klägerin festgesetzt.
Unstreitig belief sich die monatliche Vergütung der Klägerin auf 760,01 EUR. Dass darin ein gewisser
Anteil an Miete für die zur Verfügungstellung einer Wohnung enthalten ist, spielt keine Rolle, weil dies
allenfalls ein der Arbeitnehmerin regelmäßig gewährter Sachbezug darstellt.
2. Das Rechtsmittel ist dagegen hinsichtlich der Vergleichsgebühr teilweise begründet. Das Arbeitsgericht
hätte den monatlichen Wert der Räumungsklage nicht mit 200,00 EUR sondern lediglich mit 149,00 EUR
bewerten dürfen. Dies sind für 12 Monate insgesamt 1.788,00 EUR, so dass sich der Vergleichswert auf
insgesamt 4.068,03 EUR beläuft. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin waren hier nach § 41
Abs. 2 GKG auch Mietkosten für 12 Monate in Ansatz zu bringen. Wird wegen der Beendigung eines
Mietsverhältnisses auch über die Räumung der Wohnung gestritten, so beläuft sich der Wert dieser
Räumungsstreitigkeiten auf das für die Dauer eines Jahres zu zahlende Entgelt. Da die Wirksamkeit der
Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2008 durch die Klageerweiterung im Streit stand, war
damit auch - gegenteilige Anhaltspunkte sind aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich - die Räumung der
Wohnung zwischen den Parteien streitig. Die Beschwerdeführerin hat im Berufungsverfahren unstreitig
vorgetragen, dass ihr die Beklagte für das Zimmer monatlich keine 200,00 EUR - wie vom Arbeitsgericht
noch geschätzt - , sondern nur 149,00 EUR in Abzug gebracht hat. Damit ist dieser Wert maßgeblich.
Soweit die Beschwerdeführerin zur Begründung ihres Rechtsmittels auf das im gerichtlichen Vergleich
erzielte Ergebnis hinweist, spielt dies streitwertmäßig keine Rolle. Entscheidend für die Höhe des
Gegenstandswertes ist allein der durch den Lebenssachverhalt und den Antrag bestimmte Gegenstand
der anwaltlichen Tätigkeit (§ 2 Abs. 1 RVG). Ansonsten müsste eine Klage, die abgewiesen wird, einen
Wert von "00,00" EUR haben. Eine Erfolgsvergütung in dieser Form sehen weder die Bestimmungen des
RVG noch des GKG vor.
Die Kosten des Rechtsmittels hat die Beschwerdeführerin gemäß §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO entsprechend dem
Grad ihres Unterlegen in Höhe von 75 % einer Beschwerdegebühr zu tragen.
Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben (§ 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).