Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 20.12.2001

LArbG Mainz: anwartschaft, dienstzeit, satzung, abschlag, zukunft, firma, abhängigkeit, altersrente, vollrente, wartezeit

Arbeitsrecht
LAG
Mainz
20.12.2001
4 Sa 1109/01
Sieht eine Versorgungsordnung einen Abschlag von 0,5% je Monat vor Ausscheiden des Mitarbeiters vor
dem 65. Lebensjahr vor, kann die Rente eines mit unverfallbarer Anwartschaft noch früher
ausgeschiedenen Mitarbeiters sowohl nach § 2 Abs.1 BetrAVG zeitanteilig als auch wegen des
vorzeitigen Bezuges ein zweites Mal gekürzt werden.
!R! mzp 0,1; font 1; exit;
Aktenzeichen: Verkündet am:
4 Sa 1109/01 20.12.2001
1 Ca 1601/00 TR
S ,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
In dem Rechtsstreit
M
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte W pp.,
gegen
Firma R GmbH
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Assessoren B pp.
,
,
hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom
20.12.2001 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht S als Vorsitzenden und die
ehrenamtlichen Richter R und R für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 04.07.2001 - 1 Ca
1601/01 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Die Parteien streiten um die Berechnung einer von der Beklagten zu zahlenden Betriebsrente. Die
Klägerin ist am 20.02.1938 geboren. Sie war vom 22.09.1954 bis zum 31.08.1996 bei der Beklagten bzw.
deren Rechtsvorgängerin als Sachbearbeiterin beschäftigt. Sie erhält seit 01.03.1998, d.h. seit Vollendung
des 60. Lebensjahres von der Beklagten eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 455,73 DM. Die
Klägerin bezieht vorgezogenes Altersruhegeld ab dem 60. Lebensjahr. Das Arbeitsverhältnis der Parteien
endete nach ordentlicher Arbeitgeberkündigung mit dem 31.08.1996. Unter dem 02.05.1997 erteilte die
Beklagte über die Fa. C eine Berechnung der unverfallbaren Anwartschaft. Wegen der Einzelheiten
wird auf die Ablichtung Bl. 46, 47 d. GA. verwiesen.
Hierin wird bei einer Gegenüberstellung der Mindestansprüche aus verschiedenen Umstellungen der
Versorgungswerke zum 31.12.1988, 31.12.1994 und zum 31.08.1996 der Rentenanspruch der Klägerin
errechnet. Der zeitanteilig erdiente Anspruch zum 31.08.1996, dem Ausscheidungsdatum, wird aus der
Besitzstandsrente von 8.189,02 DM, aus einem Steigerungsbetrag für Dienstjahre vom 01.01.1989 bis
31.12.1994 über insgesamt 828,-- DM als Firmenrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres insgesamt
mit 9.017,02 DM ermittelt. Weiterhin ist in dieser Berechnung die quotierte Anwartschaft auf Altersrente ab
Alter 65 aus der Quotierung zum 31.08.1996, mithin multipliziert der vorbezeichnete Betrag mit 0,86641
mit 7.812,44 DM bezeichnet. Dieser sei der höchste der vorbezeichneten Rentenbeträge. Die
Berechnungsfaktoren der Firmenrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres insgesamt mit 9.017,02
DM, entspricht monatlich 751,42 DM als Anwartschaft der Klägerin und Höchstbetrag sind zwischen den
Parteien unstreitig. Der Streit zwischen den Parteien geht im Wesentlichen um die Frage, ob die Beklagte
berechtigt ist, diese Firmenrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres deshalb zuquotieren, weil die
Klägerin nicht mit Alter 65 ausgeschieden ist, sondern bereits vorher zum 31.08.1996, also die
Multiplikation mit 0,86641.
Den Vorsorgungszusagen lagen im Wesentlichen folgende verschiedene Versorgungsordnungen zu
Grunde:
Ab 01.01.1961 galt die Versorgungsordnung vom 02.04.1962. Diese sah im Wesentlichen ein
Gesamtversorgungssystems vor, die Zusage einer Bruttorente unter Anrechnung der Leistungen aus der
gesetzlichen Rentenversicherung. Wegen des Inhalts im Einzelnen wird auf die Ablichtung der Satzung
der Altersversorgung der Fa. R vom 02.04.1962, in Kraft getreten ab 01.01.1961 (Bl. 20 - 29 d. GA.)
verwiesen.
Eine Neuordnung der Versorgungsordnung trat ab 01.01.1966 in Kraft. Die Neuregelung der betrieblichen
Alters- und Hinterbliebenenversorgung wurde mit dem Betriebsrat beraten. Wegen der Einzelheiten der
Satzung der Altersversorgung ab 01.01.1966 wird auf Bl. 90 - 97 d. GA. verwiesen. Auch hier bestand das
System einer Gesamtversorgung. Die Höhe der R -Renten richtete sich nach Betriebszugehörigkeit und
dem Alter bei Eintritt des Versorgungsfalles. Entsprechend dieser Einteilung wurde eine Tabelle der
Satzung beigefügt. Als Höchstrente sind 75 % des Einkommens der letzten drei Jahre bei Eintritt des
Versorgungsfalles bis zur Pflichtversicherungsgrenze der Rentenversicherung festgesetzt, auf die zu
gewährende Rente werden Renten aus der Sozialversicherung angerechnet. Weiterhin wurde eine
Treueprämie versprochen.
Zum 01.01.1975 wurde die Versorgungsordnung umgestellt. Mit vom Betriebsrat und der Geschäftsleitung
unter dem 30.05.1975 unterschriebener Versorgungsordnung, wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 84 - 89
GA verwiesen, wurde das Gesamtversorgungssystem durch ein von der gesetzlichen Rentenversicherung
im Hinblick auf die Anrechnung losgelöstes Versorgungssystem abgelöst. Im Wesentlichen war mit der
Neuregelung eine Wartezeit von 15 Jahren verbunden mit einem Anspruch in Höhe von 3 % des
pensionsfähigen Einkommens nach Ablauf der Wartezeit und Steigerung in Höhe von 0,5 % für jedes
nach Ablauf der Wartezeit zurückgelegte Dienstjahr. Als versorgungsberechtigte werden alle Mitarbeiter
bezeichnet, die bei Eintritt des Versorgungsfalles in einem Arbeitsverhältnis stehen. Darüber hinaus ist als
Voraussetzung für die Gewährung von Versorgungsleistung die Erfüllung der Wartezeit von 15
Dienstjahren festgeschrieben. Paragraph 5 der Versorgungsordnung sieht als anrechnungsfähige
Dienstzeit sämtliche Jahre vor, in denen eine ununterbrochene Betriebszugehörigkeit bestanden hat.
Mit Wirkung vom 01.12.1977 wurde diese Versorgungsordnung modifiziert. Im Schreiben vom 01.12.1977
(Bl. 31 GA.) unterschrieben vom Betriebsratsvorsitzenden und der Geschäftsführung wird Bezug
genommen auf das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974, der
Betriebsrat hat der Neufassung dieser Altersversorgungsregelung zugestimmt. Die wesentlichen
Veränderungen ergeben sich daraus, dass zusätzlich zu der R -Betriebsrente und ohne Begrenzung
R -Treueprämien gewährt werden sollen. Wegen der Einzelheiten der Regelung ab 01.12.1977 wird
auf Bl. 32 - 38 d. GA. Bezug genommen.
Mit Betriebsvereinbarung vom 21.12.1988 (Bl. 41 - 42 d. GA.) wurde die betriebliche Altersversorgung ab
01.01.1989 wie folgt neu geregelt. Für alle Berechtigten, die bis zum 31.12.1988 in die Firma eingetreten
sind, werden die am 31.12.1988 nach dem Betriebsrentengesetz erworbenen Anwartschaften ermittelt
und jedem Mitarbeiter als Prozentsatz der Bezüge mitgeteilt. Vereinbart ist, dass die bisherige
Abhängigkeit von den Bezügen (ruhegehaltsfähiges Einkommen gem. § 8 der BV vom 01.12.1977) auch
für die Zukunft bestehen bleibt. Weiter ist ein Steigerungssatz vereinbart, unterschieden nach den
jeweiligen Gehaltsgruppen, für die die Klägerin betreffende Gehaltsgruppe ein Steigerungssatz von 11,50
DM. Weiter ist wörtlich vereinbart:
"Die R -Rente setzt sich zusammen aus der bis zum 31.12.1988 erworbenen unverfallbaren
Anwartschaft und den Steigerungsbeträgen für jedes Dienstjahr nach dem 31.12.1988 ohne Limitierung
mit den Leistungen aus der gesetzlichen Sozialversicherung. Mitarbeiter, die nach dem 31.12.1988
eingestellt wurden, hatten keinen Anspruch auf eine R -Altersversorgung."
Aufgrund dieser Vereinbarung teilte die Beklagte der Klägerin den Stand der betrieblichen
Altersversorgung zum Stichtag 31.12.1988 mit. Das pensionsfähige Jahresgehalt, ermittelt aus dem 3-
Jahresdurchschnitt, betrug 39.696,-- DM. Weiter schreibt die Beklagte wörtlich:
"Unter Berücksichtigung der Beschlüsse der Betriebsvereinbarung vom 21.12.1988 besteht bei Fortdauer
des Arbeitsverhältnisses am 31.12.1988 ein erreichter Anspruch auf Altersrente vom vorgesehenen
Pensionierungsalter sowie auf Invalidenrente in Höhe von jährlich 6.704,-- DM. Der Prozentsatz dieses
Anspruchs vom obigen pensionsfähigen Jahresgehalts beträgt 16,89 Prozent. Er bleibt auch in Zukunft in
der genannten Höhe bestehen und wird bei Eintritt eines Versorgungsfalles auf das dann maßgebliche
pensionsfähige Jahresgehalt angewendet. Hinzu kommt noch der aus der Dienstzeit ab 01.01.1989
erworbene Rentenanspruch, der sich aus der Anzahl der weiteren anrechnungsfähigen Dienstjahre und
dem für jede Lohn- oder Gehaltsgruppe festgelegten Steigerungsbetrag in DM ergibt ..."
Der Prozentwert der Anwartschaft bis zum Stichtag 31.12.1988 wurde ermittelt in Anlehnung an die
Erläuterung zur Betriebsvereinbarung (Bl. 43 d. A.), danach wurde die erreichte Anwartschaft R -
Betriebsrente und R -Treueprämie ratierlich errechnet: Die zum Stichtag 31.12.1988 erreichte Dienstzeit
wird ins Verhältnis zu der gesamten Dienstzeit bis Alter 65 gesetzt. Bei dem Geburtsdatum der Klägerin
vom 20.02.1938 und dem Eintrittsdatum vom 22.09.1954 ergaben sich am 31.12.1988 34,2752 Jahre. Mit
65 hätte sie 48,4134 Jahre erreichen können. Die erreichbare Firmenrente bei dem pensionsfähigen
Jahresgehalt per 31.12.1988 von 39.696,-- DM betrug 7.740,72 DM (3 Prozent + (48 - 15) x 0,5) = 19,5
Prozent von 39.696,-- DM. Hinzu kommt die Treueprämie von 48 x 3,-- DM x 12 = 1.728,-- DM ergibt
9.468,72 DM. Der Besitzstand (Quotierung = m : n = 34,2752 Jahre : 48,4134 Jahre ergibt 0,708
multipliziert mit 9.468,72 DM ergibt 6.704,-- DM gerundet. Dies entspricht dem oben bezeichneten
Prozentsatz.
Durch Betriebsvereinbarung vom 08.06.1995 (Bl. 45 GA) wurde eine weitere Änderung der betrieblichen
Altersversorgung vereinbart mit folgendem Wortlaut:
"Aufgrund der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Lage sieht sich die Geschäftsführung gezwungen,
die seit dem 31.12.1988 für Neuzugänge geschlossene betriebliche Altersversorgung auch für bereits
begünstigte Mitarbeiter einzuschränken.
"Dienstzeiten ab 01.01.1995 können nicht mehr leistungserhöhend angerechnet werden. Für die bis zum
31.12.1988 erworbene unverfallbare Anwartschaft, über die jedem Mitarbeiter eine Mitteilung vorliegt,
bleibt die bisherige Abhängigkeit von den Bezügen (ruhegeldfähiges Einkommen gemäß § 8) bestehen."
Die Satzung wurde neu gefasst. Wegen des Inhalts der Satzung wird auf Bl. 124 ff. d. GA. verwiesen. Im
Wesentlichen enthält die Satzung die Bestimmung des Kreises der Versorgungsberechtigten, jeder
Mitarbeiter der bis zum 31.12.1988 in die R eingetreten ist, Bezeichnung der Art der
Versorgungsleistungen in § 3, Voraussetzung für die Gewährung der Versorgungsleistung nämlich
anrechnungsfähige Dienstzeit von mindestens 15 Jahren im Regelfall, Stellung eines schriftlichen
Antrages, Bezeichnung der anrechnungsfähigen Dienstzeiten in § 5, Beginn der Versorgungsleistungen
in § 6. In § 7 ist die Höhe der Versorgungsleistungen bezeichnet. Das Altersruhegeld bzw. die
Invalidenrente setzt sich zusammen aus der bis zum 31.12.1988 erworbenen unverfallbaren Anwartschaft
(§ 8) und den in § 7 bezeichneten Steigerungsbeträgen für jedes bis zum 31.12.1994 erreichte Dienstjahr
nach dem 31.12.1988 ohne Limitierung mit den Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung. In
§ 8 (Anwartschaft) ist geregelt, dass die bis 31.12.1988 erworbene unverfallbare Anwartschaft auf
Altersrente ratierlich errechnet wird, wobei die bisherige Abhängigkeit von den Bezügen auch für die
Zukunft bestehen bleibt. Weiter ist dort bezeichnet, was ruhegehaltsfähiges Einkommen ist. § 9 (R -
Versorgungsleistung) lautet auszugsweise wörtlich:
"1. R -Versorgungsleistungen erhält:
a) der Mitarbeiter, der nach Vollendung des 65. Lebensjahres (feste Altersgrenze) aus den Diensten der
R ausscheidet,
b) der Mitarbeiter, der vor Vollendung des 65. Lebensjahres Rente wegen Alters (als Vollrente) aus der
gesetzlichen Rentenversicherung erhält und bei der Firma einen Antrag auf vorgezogenes Altersruhegeld
stellt, von diesem Zeitpunkt an; wegen des vorzeitigen Beginns werden diese R Versorgungsleistungen
für jeden Monat des früheren Bezuges um 0,5 % des zum Zeitpunkt des Ausscheidens nach a)
erreichbaren Betrages gekürzt, höchstens für 60 Monate ..."
In § 13 ist die Unverfallbarkeit geregelt. Eine erworbene Anwartschaft bleibt bei vorzeitigem Ausscheiden
vor Eintritt des Versorgungsfalles dann aufrecht erhalten, wenn das Ausscheiden nach Vollendung des
35. Lebensjahres und nach wenigstens 10-jähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit erfolgt. Die
aufrecht zu erhaltenden Anwartschaften ergeben sich aus dem bei Eintritt des jeweiligen
Versorgungsfalles nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung ermittelnden R -
Versorgungsleistungen, die im Verhältnis der beim Ausscheiden erreichten Dienstzeit zur gesamten
Dienstzeit bis zum Alter 65 reduziert werden. Dabei wird das ruhegeldfähige Einkommen (§ 8) zum
Zeitpunkt des Ausscheidens zu Grunde gelegt.
Die Klägerin hat zuletzt vor dem Arbeitsgericht eine monatliche Versorgungsrente in Höhe von 526,04 DM
für sich reklamiert und für zurückliegende Monate die entsprechende Differenz eingeklagt, sowie für die
Zeit ab 01.06.2001 Versorgungsbezüge für die Zukunft in der vorbezeichneten Höhe. Sie hat die
Auffassung vertreten, ihre Rente werde durch die Berechnung der Beklagten unzulässiger Weise aus dem
gleichen Grund mehrfach ratierlich gekürzt.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum vom 01.03.1998 bis zum 31.05.2001
rückständige Versorgungsbezüge in Höhe von insgesamt brutto 2.742,09 DM nebst Zinsen aus 70,31 DM
in Höhe von 4 % jeweils seit 01.04.1998,
01.05.1998, 01.06.1998, 01.07.1998, 01.08.1998,
01.09.1998, 01.10.1998, 01.11.1998, 01.12.1998,
01.01.1999, 01.02.1999, 01.03.1999, 01.04.1999,
01.05.1999, 01.06.1999, 01.07.1999, 01.08.1999,
01.09.1999, 01.10.1999, 01.11.1999, 01.12.1999,
01.01.2000, 01.02.2000, 01.03.2000, 01.04.2000
sowie in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz nach §1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes
jeweils seit 01.05.2000, 01.06.2000, 01.07.2000, 01.08.2000, 01.09.2000, 01.10.2000, 01.11.2000,
01.12.2000, 01.01.2001, 01.02.2001, 01.03.2001, 01.04.2001, 01.05.2001, 01.06.2001 zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ab 01.06.2001 jeweils mit Ablauf des Bezugsmonats eine
monatliche Versorgungsrente in Höhe von 526,04 DM brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Berechnung verteidigt. Die Berechnung im Jahre 1988 sei erforderlich gewesen, um alle
damals in den Diensten der Firma tätigen Mitarbeiter möglichst objektiv und gerecht entsprechend ihrer
Betriebszugehörigkeit in die neue Rentenformel einzubinden. Bei allen damals bereits befindlichen
Mitarbeitern sei auf diese Weise ein Prozentsatz ermittelt worden, der als dynamischer Sockelbetrag Basis
der späteren Versorgung bei anhaltender Betriebstreue habe sein sollen. Erst beim vorzeitigen
Ausscheidender Klägerin sei eine Kürzung vorgenommen worden, hier habe es sich um die zeitratierliche
Kürzung des maximal erreichbaren Anspruchs auf Altersrente, den ein Mitarbeiter bei R erreichen
konnte, gehandelt. Diese Kürzung bewirke, dass die Klägerin gegenüber Kollegen, die in der Firma
verblieben seien, nicht besser gestellt würden. Auch die weitere Kürzung sei wegen der vorzeitigen
Inanspruchnahme des Altersruhegeldes mit Alter 60 gerechtfertigt gewesen und mit der
Versorgungsordnung in Einklang zu bringen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des
Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 04.07.2001 verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage der Klägerin entsprochen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt, die Klage
sei zulässig und begründet. Die Klägerin habe einen Anspruch auf eine monatliche Betriebsrente in Höhe
von 526,04 DM. Ausgangspunkt sei die Mitteilung der Beklagten vom 07.07.1989 über den Stand der
betrieblichen Altersversorgung zum Stichtag 31.12.1988. Zum Stichtag sei ein Prozentsatz von 16,8884
gerundet 16,89 des pensionsfähigen Jahresgehaltes ermittelt worden. Bei dieser Ermittlung des
Besitzstandes sei eine Quotierung gem. § 2 Abs. 1 BetrAVG vorgenommen worden. In der Mitteilung heißt
es, dass dieser Prozentsatz auch in Zukunft in der genannten Höhe bestehen bleibe und bei Eintritt des
Versorgungsfalles auf das dann maßgebliche pensionsfähige Jahresgehalt angewendet werde. Hieraus
ergebe sich nach Auffassung der Kammer, dass der Prozentsatz von 16,89 auf das bei Eintritt des
Versorgungsfalles pensionsfähige Jahresgehalt zwingend anzuwenden sei und nicht weiter gekürzt
werden dürfe. Die zweite ratierliche Kürzung in der Berechnung der C vom 02.05.1997 sei im
Hinblick auf das Ausscheiden der Klägerin zum 31.08.1996 unzulässig. Das Arbeitsgericht stützt sich
insofern auf das Urteil des BAG vom 21.03.2000 - 3 AZR 93/99 - (NZA 2001, S. 387). Entgegen der
Auffassung der Beklagten werde hierdurch die Klägerin gegenüber Kollegen, die in der Firma verblieben
sind, nicht besser gestellt, sondern sie werde gleichgestellt.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf die vorbezeichnete Entscheidung
verwiesen.
Gegen das der Beklagten am 10.08.2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 10.09.2001 eingelegte
Berufung. Die Beklagte hat ihre Berufung, nachdem die Frist bis zum 10.11.2001 verlängert worden war,
mit am Montag, 12.11.2001 eingegangenem Schriftsatz begründet.
Unter Bezugnahme auf das Urteil des BAG vom 23.01.2001 - 3 AZR 164/00 - greift die Beklagte das
arbeitsgerichtliche Urteil an. Das Bundesarbeitsgericht erkenne durchaus an, dass das vorzeitige
Ausscheiden mit unverfallbarer Anwartschaft und die vorgezogene und damit längere Rentenlaufzeit zwei
verschiedene Ansätze sind, die eine zweifache Kürzung rechtfertigten. Das Bundesarbeitsgericht halte
auch einen versicherungsmathematischen Abschlag für zulässig, wenn er in der Versorgungsordnung
geregelt sei. Letzteres sei bei der Beklagten der Fall. Die Beklagte verweist auf § 9 Ziff. 1 b der
Versorgungsordnung. Die Kürzung nach § 2 BetrAVG wegen vorzeitigen Ausscheidens bezeichne das
Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 23.01.2001 ausdrücklich als zulässig. Der
Ausgangsbetrag für die maximal erreichbare Altersgrenze von 751,48 DM sei zwischen den Parteien
unstreitig. Daneben, dies erkenne die Klägerin auch an, erhalte die Versorgungsordnung eindeutig eine
Abschlagsregelung wegen längerer Rentenlaufzeit. Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin vor
Eintritt eines Versorgungsfalles ausgeschieden ist. Wenn die Klägerin behaupte, die Beklagte habe mit
der Ermittlung des Sockelbetrages zum 31.12.1988 die Betriebsrente der Klägerin bereits einmal wegen
der fehlenden Dienstjahre gekürzt und kürze sie wegen vorzeitigen Ausscheidens nun ein weiteres Mal,
sei diese Behauptung nicht zutreffend. Der Sockelbetrag zum 31.12.1988 sei durch Berechnungen zu
Stande gekommen, in denen zeitratierlich gekürzt wurde. Diese Kürzungen dienten aber dazu, den bis zu
diesem Stichtag erreichten Anwartschaftsbetrag zu ermitteln. Als Sockelbetrag für die Zeit, die die Klägerin
zu diesem Zeitpunkt zurückgelegt hatte, sei er in die neue Rentenformel einbezogen worden und fließe
jetzt in die Berechnung der Rente mit ein. Erst das vorzeitige Ausscheiden und der vorzeitige und damit
längere Rentenbezug führten zu Kürzungen. Der Betrag von 751,48 DM sei richtig. Es handele sich um
den Altersrentenbetrag, den man R -Mitarbeitern, der bis zum Versorgungsfall in den Diensten der
Firma verblieben wäre, und bei dem im Übrigen die gleichen Bemessungsdaten gelten wie bei der
Klägerin, maximal hätte erhalten können. Dieser Betrag sei wegen des vorzeitigen Ausscheidens und der
längeren Rentenlaufzeit zu kürzen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 04.07.2001, zugestellt am 10.08.2001 Az.: 1 Ca 1601/00,
abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil im Ergebnis. Die Ausführungen der Beklagten gingen an den
streitigen Rechtsfragen vorbei. Die Beklagte beschäftige sich ausführlich mit der Frage, ob neben der
ratierlichen Kürzung der Versorgungsanwartschaft aufgrund vorzeitigen Ausscheidens eine weitere
Kürzung wegen vorzeitiger Inanspruchnahme der Betriebsrente zulässig sei. Diese Frage der doppelten
Kürzung sei zu keinem Zeitpunkt im Streit. Entscheidend sei, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, die
Altersrente der Klägerin wegen fehlender Dienstzeit zwei Mal zu kürzen. Sie habe den Wert der
Anwartschaft der Klägerin bei Änderung der Versorgungszusage unter Berücksichtigung der bereits
erbrachten Dienstzeit berechnet, ohne dass die Höhe der Anwartschaft noch von einer weiteren
Betriebszugehörigkeit abhängig war. Die Berechnung sei so vorgenommen worden, als wäre die Klägerin
im Änderungszeitpunkt aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Das spätere tatsächliche Ausscheiden
der Klägerin aus dem Arbeitsverhältnis vor Eintritt des Versorgungsfalles könnte sich daher nicht
nochmals wie von der Beklagten angenommen anspruchsmindernd auswirken. Die von der Beklagten
vorgenommene Berechnung entspreche im Ergebnis nicht einer zweifachen, sondern einer dreifachen
Kürzung. Es sei auch kein Grund ersichtlich, der eine nochmalige Kürzung der Anwartschaft der Klägerin
wegen des vorzeitigen Ausscheidens rechtfertige, da der Wert dieser Anwartschaft bereits unter
Berücksichtigung des § 2 BetrAVG berechnet wurde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf den
vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren,
verwiesen. Weiter wird verwiesen auf die Feststellungen zum Sitzungsprotokoll vom 20.12.2001.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
I.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§
64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 518, 519 ZPO). Das Rechtsmittel der Beklagten hat in der Sache
auch Erfolg.
II.
Der Klägerin steht über die von der Beklagten gezahlte Betriebsrente in Höhe von 455,73 DM keine
weitere Betriebsrentenzahlung zu, insbesondere nicht die von ihr zuletzt geltend gemachte Betriebsrente
in Höhe von 526,04 DM brutto.
Die vom Arbeitsgericht gegebene Begründung, die Beklagte habe eine mehrfache unzulässige ratierliche
Kürzung wegen des gleichen Sachverhalts vorgenommen, dies sei mit der von Rechtsprechung
entwickelten Grundsätzen nicht zu vereinbaren, vermag den Anspruch der Klägerin nicht zu begründen.
1.
Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer Betriebsrente ergibt sich aus der Betriebsvereinbarung vom
8. Juni 1995 und dem Inhalt der mit dieser Betriebsvereinbarung in Bezug genommenen Satzung der
Altersversorgung. Die Klägerin ist nach § 2 anspruchsberechtigt, weil sie bis zum 31.12.1988 in den
Betrieb der Beklagten eingetreten war. Sie stand bei Eintritt des Versorgungsfalles zwar nicht mehr in
einem ungekündigten Arbeitsverhältnis, erwarb aber eine unverfallbare Anwartschaft gem. § 13 der
Versorgungsordnung. Weiter erfüllte sie die Voraussetzung für die Gewährung der R -
Versorgungsleistung nach § 4 Nr. 1, nämlich eine mindestens 15-jährige Wartezeit. Das Altersruhegeld
setzt sich zusammen aus der bis zum 31.12.1988 erworbenen unverfallbaren Anwartschaft (§ 8 der
Versorgungsordnung) Steigerungsbeträgen von monatlich 11,50 DM gem. § 7 d) der
Versorgungsordnung bis zum 31.12.1994. Die Anwartschaft nach § 8 der Versorgungsordnung wurde von
der Beklagten zutreffend errechnet. Unstreitig ist als durchschnittliches Bruttomonatsentgelt gem. § 8 Nr. 1,
bezogen auf das tatsächliche Austrittsdatum ein Monatsbetrag errechnet aus dem Jahresbetrag von
48.489,-- DM. Hiervon stehen der Klägerin als Besitzstandsrente 16,884 Prozent zu. Diese 16,884 Prozent
bilden den Sockelbetrag der zu gewährenden Betriebsrente. Sie ergeben sich aus der
Betriebsvereinbarung vom 21.12.1988. Danach wurden alle erworbenen Anwartschaften zum 31.12.1988
ermittelt und jedem Mitarbeiter als Prozentsatz der Bezüge mitgeteilt. Weiter wurde vereinbart, dass die
bisherige Abhängigkeit von den Bezügen auch für die Zukunft bestehen bleibt. Die von der Beklagten
vorgenommene Errechnung der Anwartschaft bis zum Stichtag 31.12.1988 wurde im Tatbestand
dargestellt, aufgrund der bis zum 31.12.1988 geltenden Bestimmungen hätte die Klägerin eine
Betriebsrente von jährlich 7.740,72 DM erreichen können, hierzu eine Treueprämie von 1.728,-- DM. Der
Besitzstand per 31.12.1988 errechnet aus der Quotierung 34,2752 Jahre zu 48,4134 Jahre, entspricht
einem Faktor 0,7080 ergab eine erreichbare Firmenrente von 6.704,-- DM, das pensionsfähige
Jahresgehalt betrug damals 39.696,-- DM, mithin der Prozentsatz von 16,8884 Prozent. Dieser
Prozentsatz und die Richtigkeit der Berechnung ist zwischen den Parteien auch nicht streitig. Neben
diesem dynamischen Sockelbetrag konnte die Klägerin nach § 7 der Versorgungsordnung für die Zeit vom
01.01.1989 bis 31.12.1994 wegen erreichter Dienstjahre eine Steigerung von 6 x 11,50 DM x 12 = 828,--
DM erwarten.
Die Klägerin nimmt die Ruhegeldleistung jedoch nicht in Anspruch, weil sie aus bestehendem
Arbeitsverhältnis in die Rente gewechselt ist, sie ist bereits früher aufgrund betriebsbedingter Kündigung
aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Demgemäß behielt sie nur die unverfallbare Anwartschaft gem.
§ 13 der Satzung, dabei wurde das ruhegehaltsfähige Einkommen zum Zeitpunkt des Ausscheidens zu
Grunde gelegt und eine pro rata temporis, Berechnung durchgeführt. Der Faktor beträgt 0,86641,
errechnet aus den zurückgelegten Jahren seit Beschäftigungsbeginn bis zum 31.08.1996 und den fiktiven
Jahren der Beschäftigung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres.
Der Klägerin ist weiter ein Abschlag bei der Rente zu machen gem. § 9 b) der Versorgungsordnung. Sie
hat bei der Beklagten ein Antrag auf vorgezogenes Altersruhegeld vor Vollendung des 65. Lebensjahres
gestellt, sie bezieht Rente wegen Alters (als Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung). Nach §
9 b) der Satzung ist geregelt, dass wegen des vorzeitigen Beginns die Versorgungsleistungen für jeden
Monat des früheren Bezuges um 0,5 % des zum Zeitpunkt des Ausscheidens nach a) erreichbaren
Betrages gekürzt wird, höchstens für 60 Monate. Mithin ergibt sich wegen des um 60 Monate früheren
Beginns eine Kürzung um 30 Prozent.
Die Rente der Klägerin errechnet sich damit wie folgt:
a) Besitzstandsrente 16,884 % x 48.489,-- DM = 8.189,02 DM
b) zeitanteilig verdienter Anspruch am 31.08.1996 aus Steigerungen ab dem
01.01.1989 bis 31.12.1994 828,-- DM
Firmenrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres insgesamt:
9.017,02 DM
Quotierung wegen vorzeitigen Ausscheidens
zum 31.08.1996 x 0,86641 = 7.812,44 DM.
Dem entspricht ein Monatsbetrag von 641,04 DM. Dieser Monatsbetrag ist wegen des Bezugs des
vorgezogenen Altersruhegeldes um weitere 30 % zu kürzen, es verbleibt ein Betrag von 455,73 DM,
welchen die Beklagte bezahlt.
2.
Die Auffassung des Arbeitsgerichts, die Berechnungsweise verstoße gegen die Rechtsgrundsätze der
unzulässigen mehrfachen zeitratierlichen Kürzung, ist nicht zutreffend.
Die Regeln zur Berechnung der Höhe der Betriebsrente bei deren vorzeitigen Inanspruchnahme müssen
den allgemeinen Grundsätzen des Betriebsrentengesetzes entnommen werden. Dabei ist davon
auszugehen, dass in der Versorgungsordnung die vom Arbeitgeber zu erbringende Versorgungsleistung
nach Höhe, erstmaliger Fälligkeit und Bezugsdauer ebenso privatautonom und maßgeblich festgelegt
wurde, wie die Gegenleistung, die der begünstigte Arbeitnehmer hierfür erbringen muss. In das so
festgelegte Äquivalenzverhältnis wird bei vorgezogener Inanspruchnahme nach § 6 BetrAVG auch dann
zweifach eingegriffen, wenn der Arbeitnehmer bis zu diesem Zeitpunkt betriebstreu geblieben ist.
Zunächst erbringt ein Arbeitnehmer die von ihm für die volle Betriebsrente erwartete Betriebstreue nur
teilweise. Vollrente sollte er nur dann erhalten, wenn er bis zum Erreichen der festen Altersgrenze im
Betrieb verbleibt. Diese Bedingung erfüllt er nicht vollständig. Eine zweite Verschiebung des
Äquivalenzverhältnisses tritt dadurch ein, dass der Arbeitnehmer die Betriebsrente in jedem Fall früher
und länger als mit der Versorgungszusage versprochen in Anspruch nimmt. Zum Ausgleich für diese
wesentlich von der Lebenserwartung des Betriebsrentners beeinflusste Verschiebung haben sich in der
Praxis versicherungsmathematische Abschläge in der Größenordnung von 0,3 bis 0,8 % pro Monat bei
vorgezogener Inanspruchnahme eingebürgert. Diese stellen eine angemessene Reaktion auf den
auszugleichenden Eingriff in das Äquivalenzverhältnis dar. Bei dem wohl am häufigsten gewählten
Abschlag von 0,5 % werden nicht nur die längere Rentenlaufzeit, sondern auch die entstehenden
Zinsverluste und die höhere Erlebenswahrscheinlichkeit eines Versorgungsfalles ausgeglichen.
Die Rechtsprechung hat einen solchen versicherungsmathematischen Abschlag nur dann für
gerechtfertigt gehalten, wenn er in der Versorgungszusage vorgesehen ist. Dies ist bei den
Versorgungszusagen, die hier Streitgegenstand sind der Fall. Die Rechtsprechung hat den
Versorgungsschuldner im Hinblick auf den gesetzgeberischen Eingriff in das Äquivalenzverhältnis durch §
6 BetrAVG die Möglichkeit eröffnet, seine Versorgungszusage zu ergänzen und einen
versicherungsmathematischen Abschlag einzuführen (vgl. BAG BB 1998, 944).
An den beiden Verschiebungen des vom Arbeitgeber in der Versorgungszusage vorgegebenen
Äquivalenzverhältnisses ändert sich im Grunde nach nichts dadurch, dass ein mit einer unverfallbaren
Anwartschaft vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer vorgezogene Betriebsrente in Anspruch nimmt.
Damit ist auch insoweit nur ein zweifacher Ausgleich zulässig. Auch ein solcher Arbeitnehmer hat die
erwartete Betriebstreue nicht voll erbracht, weshalb er eine Kürzung der für die volle Betriebstreue bis zum
Erreichen der festen Altersgrenze versprochenen Vollrente nach § 2 BetrAVG hinnehmen muss. Da der
Arbeitnehmer das, was er bis zu seinem vorzeitigen Ausscheiden erdient hat, in jedem Fall früher und
länger beziehen will und nach § 6 BetrVG auch darf, als es in der Versorgungsordnung vorgesehen ist,
kann der so errechnete Betrag auch um den versicherungsmathematischen Abschlag gekürzt werden, der
diese Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses am besten abbildet. Voraussetzung ist aber, dass die
Versorgungszusage einen solchen Abschlag vorsieht.
Die Berechnungsweise der Beklagten entspricht der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wie sie
im Urteil vom 23.01.2001 - 3 AZR 164/00 - in DB 2001, 1887 dargestellt ist. Die Beklagte hat die Rente der
Klägerin gekürzt wegen ihres vorzeitigen Ausscheidens, sie hat wegen der vorgezogenen
Inanspruchnahme mit dem 60. Lebensjahr den in der Versorgungsordnung weiter vorgesehenen
Abschlag von 0,5 % pro Monat vorgenommen. Beides entspricht der Rechtsprechung und ist zulässig. Die
Klägerin ist eben nicht bis zum Erreichen des Rentenfalles im Arbeitsverhältnis verblieben, sie hat auch
nicht die von der Beklagten zugesagte Vollrente ab Alter 65 verdient, damit war eine Kürzung zeitratierlich
wegen des vorzeitigen Ausscheidens zulässig, eine weitere Kürzung war zulässig, weil die Klägerin
vorgezogenes Altersruhegeld in Anspruch nimmt.
3.
Die Klägerin kann auch nicht geltend machen, dass mit dem Prozentsatz von 16,889 bezogen auf ihr
ruhegehaltsfähiges Jahreseinkommen zur Errechnung der Jahresrente, welche mit Betriebsvereinbarung
vom 21.12.1988 eingeführt wurde, dieser Prozentbetrag auf jeden Fall bei ihrer Rente Berücksichtigung
finden muss und weil bis zu diesem Zeitpunkt zeitanteilig verdient, auch nicht einer weiteren Kürzung
wegen vorzeitigen Ausscheidens zugänglich ist.
Mit der Betriebsvereinbarung vom 21.12.1988 wurde die Rente der Klägerin nicht zeitratierlich gekürzt.
Durch diese Betriebsvereinbarung ist die Rente umgestellt worden. Es wurde, wie dargestellt, ein
Sockelbetrag ermittelt, der als dynamischer Sockelbetrag ausgestaltet werden sollte. Ein Prozentsatz des
in Zukunft zu erwartenden Jahreseinkommen sollte Grundbetrag der Rente sein, hinzukommen sollten
weitere Steigerungsbeträge. Die Berechnung des Sockelbetrages erfolgte in der Tat, dass eine
ratierlische Berechnung einer Anwartschaft vorgenommen wurde. Diese Berechnung diente aber dazu,
den bis zu diesem Stichtag 31.12.1988 erreichten Anwartschaftsbetrag zu ermitteln. Als Sockelbetrag für
die Zeit, die die Klägerin zu diesem Zeitpunkt zurückgelegt hatte, ist er in die neue Rentenformel
einbezogen worden und fließt jetzt in die Berechnung der der Klägerin zustehenden Rente ein. Die
Kürzungen erfolgten lediglich wegen des vorzeitigen Ausscheidens und der vorzeitigen und damit
längeren Inanspruchnahme der Betriebsrente.
4.
Anhaltspunkte dafür, dass die Betriebsvereinbarung von 1988 oder die Betriebsvereinbarung von 1995
unwirksam wären, sind nicht ersichtlich. Bei beiden Betriebsvereinbarungen handelt es sich um
sogenannte ablösende Betriebsvereinbarungen. Wie im Tatbestand dargestellt, wurde mit der
Betriebsvereinbarung per 31.12.1988 eine Umstellung der Betriebsrentenansprüche vorgenommen.
Dabei wurden die erworbenen Anwartschaften als Prozentsatz der Bezüge errechnet und jedem
Mitarbeiter mitgeteilt, die Abhängigkeit der Rente von den Bezügen sollte auch in Zukunft beibehalten
werden. Die Beklagte hat einen Prozentsatz von 16,889 Prozent ermittelt. Deren Berechnung ist zwischen
den Parteien nicht streitig, sie ist auch von der Beklagten nachvollziehbar dargestellt worden, nämlich mit
dem Verhältnis der erreichbaren Firmenrente von 9.468,72 DM, herunter gerechnet auf die zurückgelegte
Dienstzeit auf den Besitzstand von 6.704,-- DM, dieser in Verhältnis gesetzt zum pensionsfähigen
Jahresgehalt von 39.696,-- DM. Bei dieser ablösenden Betriebsvereinbarung haben die Betriebspartner
die Grundsätze des Vertrauensschutzes beachtet, die von der Rechtsprechung aufgestellt worden sind.
Je stärker ein Besitzstand des Arbeitnehmers ist, in den eingegriffen werden soll, desto gewichtiger
müssen die Gründe sein, die den Eingriff rechtfertigen sollen (vgl. BAG AP Nr. 4 zu § 1BetrAVG
"Unterstützungskassen"). Damit wird den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der
Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen. Die Prüfungsmaßstäbe sind von der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts im Laufe der Zeit durch eine Dreiteilung verdeutlicht worden (ständige
Rechtsprechung seit BAG AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG "Unterstützungskassen").
Der bereits erdiente und nach den Grundsätzen des § 2 BetrAVG errechnete Teilbetrag darf nur in
seltenen Ausnahmefällen gekürzt werden. Ein derartiger Eingriff setzt zwingende Gründe voraus. Sie
liegen vor allem bei einem Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen wirtschaftlicher Notlage des
Unternehmens oder wegen wesentlicher Störungen des Zwecks der Altersversorgung, etwa bei einer
planwidrigen Überversorgung durch veränderte Rahmenbedingungen vor. In dem errechneten Teilbetrag
ist in keinem Fall eingegriffen worden. Die Beklagte hat vielmehr der Klägerin die jeweils nach § 2 Abs. 1
BetrAVG unverfallbare Anwartschaft auch durch ablösende Betriebsvereinbarung garantiert.
Ein variabler, dienstzeitunabhängiger Berechnungsfaktor (sog. erdiente Dynamik) darf nur aus triftigen
Gründen verringert werden. Triftige Gründe setzen eine langfristige Substanzgefährdung des
Unternehmens oder ein dringendes betriebliches Bedürfnis ohne Schmälerung des Gesamtaufwandes
vor.
Entgegen der in erster Instanz von der Klägerin angedeuteten Rechtsauffassung haben die
Betriebspartner durch die fragliche Betriebsvereinbarung sowohl von 1988 als auch die vom 08.06.1995
nicht in die erdiente Dynamik eingegriffen. Sämtliche Versorgungszusagen seit 1988 enthalten einen
variablen dienstzeitunabhängigen Berechnungsfaktor. Dieser ist das pensionsfähige Bruttoentgelt,
errechnet aus dem Drei-Jahres-Zeitraum vor dem tatsächlichen Ausscheiden. Das pensionsfähige
Bruttoentgelt, also die Berücksichtigung der Gehaltsentwicklung bis zu dem Ausscheiden des Angestellten
ist ein sogenannter dynamischer Faktor, der von der Dienstzeit unabhängig ist. Dieser dynamische Faktor
fließt in die Berechnung der Rente durch die Beklagte in jedem Falle weiter ein.
Der Prozentsatz von 16,889 hingegen ist kein dynamischer Faktor. Der Prozentsatz von 16,889 ergab sich
wie dargestellt aus der Berechnung der zurückgelegten Anwartschaftszeit bis zum 31.12.1988, erfolgte
also nicht dienstzeitunabhängig.
Weil die Beklagte bei der Berechnung ihrer Rente weiterhin auf den dynamischen Berechnungsfaktor
(Gehalt) abstellt, ist der Besitzstand der Klägerin wegen der erdienten Dynamik auch nach den
ablösenden Betriebsvereinbarungen per 31.12.1988 und vom 08.06.1995, die an der erdienten Dynamik
festhalten, gewahrt.
Die geringsten Anforderungen sind dann Eingriffe in die künftige und damit noch nicht erdiente
dienstzeitabhängige Zuwächse zu stellen. Hierfür genügen sachliche Gründe.
Dass diese sachlichen Gründe nicht vorgelegen hätten, hat die Klägerin im gesamten Rechtsstreit nicht
andeutungsweise behauptet.
Allenfalls bei der Betriebsvereinbarung vom 08.06.1995 wäre eine diesbezügliche Prüfung angebracht,
weil mit dieser Betriebsvereinbarung weitere dienstzeitabhängige Zuwächse abgeschafft worden sind.
Der monatliche Steigerungsbetrag von 11,50 DM für die Klägerin entfiel ersatzlos.
Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, das wirtschaftliche Gründe für diese nachteilige
ablösende Betriebsvereinbarung maßgeblich waren. Gerichtsbekannt ist auch, dass in diesem Zeitraum
ein gravierender Personalabbau stattgefunden hat und die Einschränkung der Betriebsrentenzusage
auch zur Konsolidierung des verbleibenden Restbetriebes der Beklagten beigetragen hat.
auch zur Konsolidierung des verbleibenden Restbetriebes der Beklagten beigetragen hat.
Im Übrigen hat sich die Klägerin im gesamten Verlauf des Rechtsstreits nicht darauf berufen, dass die
Einstellung der dienstzeitabhängigen Zuwächse ab 01.01.1995 nicht durch sachliche Gründe
gerechtfertigt gewesen wäre.
Der Eingriff in die Rechtsposition der Klägerin war durch die letzte Betriebsvereinbarung auf der
geringsten eingriffsgeschützten Ebene erfolgt. Unwirksamkeitsgründe lassen sich nicht feststellen.
Damit muss es bei der Berechnung der Betriebsrente auf dem Stand der Betriebsvereinbarung vom
08.06.1995 und der in Bezug genommenen Versorgungsordnung bleiben. Deren Grundsätze sind von der
Beklagten zutreffend auf den anhängigen Rentenfall angewandt worden.
III.
Daher konnte das Begehren der Klägerin nicht erfolgreich sein, ihre auf Zahlung einer höheren als der
ausgezahlten Rente gerichteten Klage musste der Abweisung unterliegen.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 Abs. 1 ZPO.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat die Kammer die Revision zugelassen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von der Klägerin Revision eingelegt werden.
Für die Beklagte ist gegen die Entscheidung kein Rechtsmittel gegeben.
Die Revision muss
innerhalb einer Frist von einem Monat
nach der Zustellung dieses Urteils schriftlich beim Bundesarbeitsgericht, 99113 Erfurt, Hugo-Preuß-
Platz 1, 99084 Erfurt, Telefaxnummer (0361) 2636-2000, eingelegt werden.
Die Revision ist gleichzeitig oder
innerhalb eines Monats nach ihrer Einlegung
schriftlich zu begründen.
Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründungsschrift müssen von einem bei einem deutschen
Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
S R R
Hinweis:
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in 7-facher Ausfertigung bei dem
Bundesarbeitsgericht einzureichen.