Urteil des LAG Niedersachsen vom 09.05.2014

LArbG Niedersachsen: vergütung, wache, aktiven, bereitschaftsdienst, begriff, niedersachsen, unterliegen, anschlussberufung, arbeitsgericht, übung

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Fakturierung von Wachstunden innerhalb einer
Wachschicht
Die Auslegung von § 46 Nr. 11 Abs. 3 TVöD BT V ergibt, dass Wachstunden
innerhalb einer Wachschicht einheitlich entgeltmäßig zu bewerten sind.
Dazu enthält § 46 Nr. 11 Abs. 3 Ziffern 1, 2 a) und b) sowie Abs. 4 TVöD BT V
einen aufeinander abgestimmten und abschließenden Regelungskomplex.
Landesarbeitsgericht Niedersachsen 6. Kammer, Urteil vom 09.05.2014, 6 Sa
1281/13
§ 46 Nr 11 Abs 3 TVöD BT-V
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes
Wilhelmshaven vom 16.10.2013 – 2 Ca 209/13 Ö – abgeändert, und die Klage
wird abgewiesen.
Die Anschlussberufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dazu verpflichtet ist, an den
Kläger für Wachzeiten, die der Kläger an Wochenenden und Feiertagen vom
01.08.2012 bis 31.01.2014 geleistet hat, über die bereits vergüteten 8 Stunden
hinaus weitere 1,33 Stunden nebst Zuschlägen für Samstags-, Sonntags-,
Feiertags- und Nachtarbeit zu zahlen.
Der Kläger ist Zivilangestellter bei der Beklagten. Auf das Arbeitsverhältnis
finden kraft einzelvertraglicher Vereinbarung die Vorschriften des TVöD
Anwendung.
Der Kläger ist auf dem Trossschiff X tätig und hat dort an den Wochenenden
und Feiertagen Wachdienste zu leisten. Diese bestehen aus 12-Stunden-
Schichten. Pro Schicht sind drei Zivilbeschäftigte tätig, die jeweils im Wechsel
4 Stunden in einem Wachposten Dienst leisten und sich während der übrigen
8 Stunden auf dem Schiff in Bereitschaft zu halten haben.
Von 2005 bis 2012 rechnete die Beklagte diese Wachdienste dem Kläger und
seinen Kollegen gegenüber mit 9,33 Stunden (4 Stunden voll und 8 Stunden
fakturiert auf 5,33 Stunden) ab und zahlte die sich hieraus ergebende
Vergütung. Seit 01.08.2012 fakturiert die Beklagte die gesamte 12-Stunden-
Schicht und zahlt an den Kläger und seine Kollegen insoweit für 8 Stunden die
tarifvertraglich geschuldete Vergütung.
In dem Zeitraum vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2014 leistete der Kläger an
Wochenenden und Feiertagen seinen Wachdienst im Rahmen der 12-
stündigen Schicht. Wegen der einzelnen Tage wird auf die Auflistung des
Klägers gemäß Blatt 4 bis 6, Blatt 63 bis 65 der Gerichtsakte verwiesen.
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Mit Schreiben vom 04.02.2013 forderte der Kläger die Beklagte insoweit zur
Zahlung von jeweils 1,33 Überstunden und Zuschlägen für Samstags-,
Sonntags-, Nacht- und Feiertagsarbeit erfolglos auf.
Mit seiner am 18.06.2013 beim Arbeitsgericht D-Stadt eingegangenen Klage
verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Er hat die Auffassung vertreten, dass ihm von den 12 Stunden Wache nur 8
Stunden fakturiert mit 1,5 also mit 5,33 Stunden zu bezahlen seien. Die 4
Stunden, die er im Wachposten leiste, müssten jedoch voll bezahlt werden, so
dass pro Schicht insgesamt 1 Stunde und 20 Minuten als Überstunden zu
vergüten zu seien zuzüglich der entsprechenden Zeitzuschläge. Dies ergebe
sich aus § 46 Nr. 11 Abs. 3 Ziffer 1 b TVöD BT-V. Hieraus werde ersichtlich,
dass innerhalb einer Wachschicht unterschiedliche Wachdienste geleistet
werden könnten, nämlich einerseits Anwesenheitswachdienste gemäß § 46
Nr. 11 Abs. 3 Ziffer 2 TVÖD BT-V und andererseits Deckswachen im Sinne
von § 46 Nr. 11 Abs. 3 Ziffer 1 b TVöD BT-V. Das folge auch unmittelbar aus §
46 Nr. 11 Abs. 3 Ziffer 1 a und b TVöD BT-V. Bis zum Inkrafttreten des TVöD
sei der Wachdienst in der Sonderregelung SR 2 b Nr. 6 Abs. 3 MTArb geregelt
gewesen. Danach sei jede Wachstunde vergütungs- und arbeitszeitrechtlich
als Arbeitsstunde qualifiziert worden. Es sei nicht zu erkennen, dass die
Tarifvertragsparteien von diesem Grundsatz hätten abweichen wollen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 776,48 € brutto nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Wachtätigkeit des Klägers
insgesamt unter § 46 Nr. 11 Abs. 3 Nr. 2 a TVöD BT-V falle. Diese Vorschrift
differenziere nicht und erlaube auch keine unterschiedliche Bewertung der
aktiven Anteile der Wachschicht in Gestalt der Wache sowie des inaktiven
Anteils in Gestalt der Bereitschaft.
Mit Urteil vom 16.10.2013 hat das Arbeitsgericht Wilhelmshaven dem
Klageantrag entsprochen und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 776,48 €
brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
seit dem 27.06.2013 zu zahlen. Dieses Urteil ist der Beklagten am 08.11.2013
zugestellt worden. Wegen der Einzelheiten der rechtlichen Würdigung wird auf
Seiten 5 und 6 desselben, Bl.34 und 35 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Dieses Urteil ist der Beklagten am 08.11.2013 zugestellt worden. Ihre
hiergegen gerichtete Berufung ist am Montag, den 09.12.2013 und die
Berufungsbegründung am 08.01.2014 beim Landesarbeitsgericht
Niedersachsen eingegangen. Die Berufungsbegründung der Beklagten ist
dem Kläger unter dem 14.01.2014 zugestellt worden. Die Klageerweiterung
des Klägers erfolgte mit Schriftsatz vom 20.01.2014, welcher beim
Landesarbeitsgericht Niedersachsen am 22.01. 2014 eingegangen ist.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass das erstinstanzliche Gericht zu
Unrecht die 12-Stunden-Schicht vergütungsmäßig in 8 Stunden
Bereitschaftsdienst und 4 Stunden aufgespalten habe. Vielmehr stehe nach
dem tatsächlich Ablauf der Wachschicht fest, dass der Kläger die
Voraussetzungen für eine Vergütungsberechnung nach § 46 Nr. 11 Abs. 3
Satz 2 Nr. 1 TVöD BT-V nicht erfülle. Weder mache der Bereitschaftsdienst
weniger als ein Drittel der Gesamtwachzeit pro Schicht aus noch leiste der
Kläger den gesamten Wachdienst im Freien. Damit stehe fest, dass der Kläger
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Wachdienst leiste, der nicht den Einschränkungen nach § 46 Nr. 11 Abs. 3
Satz 2 Nr. 1 TVöD BT-V unterliege. Es greife § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2
TVöD BT-V ein, und der Kläger habe zu Recht für je 1 ½ Wachstunden in der
Tagesschicht das Entgelt für 1 Arbeitsstunde erhalten. Das gleiche gelte für
Nachtschichten, weil beim Wachdienst des Klägers nicht nur Anwesenheit
verlangt werde, sondern darüber hinaus eine 4-stündige Wachleistung in dem
Wachhäuschen an der Gangway. Der Tarifvertrag unterscheide zwei Arten von
Wachschichten, nämlich einmal durchgehende Wachdienste und
Wachdienste, die im Freien oder mit besonderer Ortsbindung geleistet werden
müssten. Die Begriffe „Wachdienst“ und „Wachschicht“ seien also synonym.
Dem stehe auch § 46 Nr. 3 Abs. 3 Nr. 2 TVöD BT-V nicht entgegen. Der darin
genannte Begriff des Anwesenheitswachdienstes sei nicht auf Wachdienste zu
reduzieren, bei denen bloße Anwesenheit verlangt werde. Das ergebe sich
schon aus Nr. 2 b, die innerhalb der Anwesenheitswachdienste zwischen
solchen unterscheide, in denen nur Anwesenheit verlangt und eine
Schlafgelegenheit gestellt werde, und solchen, in denen eine dieser
Voraussetzungen nicht vorliege. Auf Grundlage des so qualifizierten
Tarifwortlautes ergebe sich ein sich stimmiges Vergütungssystem für
Beschäftigte, die über 10 Stunden und bis zu 12 Stunden zum Wachdienst
herangezogen würden und in deren Wachdienst in erheblichem Umfang
Bereitschaftsdienste anfielen. Ein Wertungswiderspruch zu der Regelung unter
§ 46 Nr. 11 Abs. 4 TVöD BT-V bestehe nicht. Darin werde die Frage geregelt,
wie die Beschäftigung von Wachleuten mit Kleinarbeiten während ihrer
inaktiven Wachphase vergütungsmäßig zu berücksichtigen sei. Danach hätten
Wachleute, deren Dienst unter Nr. 2 fiele, die Möglichkeit, durch kleinere
Arbeiten während inaktiver Wachzeiten eine Vergütungssteigerung zu
erhalten. Während aktiver Wachzeiten seien kleinere Arbeiten nicht möglich.
Den Begriff „Anwesenheitswachdienste“ hätten die Tarifvertragsparteien
verwendet, um ein Eingreifen der Bestimmung des Abs. 4 auf die Fälle des
Abs. 3 Nr. 1 auszuschließen. Das habe seinen nachvollziehbaren Grund darin,
dass eine Steigerung des ohnehin schon 100%igen Entgeltes nach Nr. 1
durch kleinere Arbeiten während Zeiten des inaktiven Wachdienstes nach Nr.
1 a nicht möglich sein solle. Es treffe zwar zu, dass die Tarifvertragsparteien
die Tariflage damit gegenüber den Vorgängerbestimmungen in Nr. 4 zu §§ 15,
16, 16 a, 17 und 35 SR 2 E II BAT und in Nr. 6 zu § 15 Abs. 6 a und zu § 18
SR 2 MBTArb geändert hätten. Dazu habe im Rahmen der durch die Änderung
des Arbeitszeitrechtes ausgelösten Neuregelung der Arbeitszeiten für den
Wachdienst und der damit einhergehenden Neubewertung von
Wachdienstzeiten jedoch begründeter Anlass bestanden. Die
Tarifvertragsparteien hätten die tarifliche Regelung nicht versehentlich neu
gefasst.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes Wilhelmshaven vom 16.10.2013 – 2 Ca
209/13 Ö – abzuändern und die Klage einschließlich der Erweiterung
gemäß Schriftsatz vom 20.01. 2014 insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, an den
Kläger weitere 577,39 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 01.02.2014 zu zahlen.
Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil als zutreffend. Nur wenn man dem
Wortlaut des Tarifvertrages folge und den Begriffen „Wachschicht“ und
„Wachdienst“ eine unterschiedliche Bedeutung zumesse, ergebe die
vorliegend streitige Vorschrift des § 46 Nr. 11 TVöD BT-V eine stimmige und in
sich widerspruchsfreie Einheit. Folge man der Auslegung der Beklagten, wäre
Nr. 11 Abs. 3 Ziffer 1 b überflüssig. Wachdienste, die ausschließlich im Freien
abgeleistet würden, oder auch Decks-, Maschinen-, Brücken- oder
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Ankerwachen seien notwendigerweise keine Bereitschaftsdienste, sondern
Vollarbeit. Zudem lege der Gebrauch des Begriffes „durchgehende
Wachdienste“ in Nr. 11 Abs. 2 Ziffer 1 a nahe, dass es auch nicht
durchgehende Wachdienste geben müsse, nämlich solche, bei denen
unterschiedliche Dienste einander ablösen würden. Das Arbeitsgericht habe
zutreffend die ansonsten bestehenden Geltungswidersprüche zu der
Regelung des Abs. 4 für Kleinarbeiten von 2 Stunden und mehr dargelegt. Die
Beklagte setze in ihrer Argumentation voraus, dass solche Kleinarbeiten
zusätzlich zu einem aktiven Wachdienst während der Wachschicht anfallen
würden. Das sei aber keineswegs Voraussetzung. Im Eingangssatz des Abs.
4 heiße es vielmehr, dass die Kleinarbeitsregelung für sämtliche Arten der
Anwesenheitswache gelte. Andernfalls würde eine reine Anwesenheitswache,
bei der zwei volle Stunden Kleinarbeiten geleistet würden, besser bezahlt
werden als eine Wache mit 4 Stunden Anker-, Decks- oder Brückenwache.
Schließlich sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte immerhin in den
vergangenen sieben Jahren von 2005 bis 2012 die Wachen so abgerechnet
habe, wie der Kläger es nunmehr begehre. Die übereinstimmende
Tarifhandhabung sei ein zulässiges Kriterium, welches die Auslegung des
Klägers stütze.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der
Berufung wird auf ihre Schriftsätze vom 08.01., 20.01., 14.02., 16.04. und
24.04.2014 sowie auf die in der mündlichen Verhandlung am 09.05.2014
wechselseitig abgegebenen Erklärungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die zulässige
Anschlussberufung des Klägers war als unbegründet zurückzuweisen.
I.
Die Beklagte hat dem Kläger für die vorliegend unstreitig geleisteten 12-
stündigen Wachschichten zu Recht je 1 ½ Wachstunden das Entgelt für eine
Arbeitsstunde und damit pro Schicht 8 Stunden gezahlt. Darüber
hinausgehende Ansprüche stehen dem Kläger nicht zu.
1. Der Kläger kann seinen Anspruch nicht auf § 46 Nr. 11 Abs. 3 Ziffer 1 und 2
a und b sowie Abs. 4 TVöD BT-V stützen.
a) Nr. 11 Abs. 3 und Abs. 4 zu § 46 TVöD BT-V lautet wörtlich wie folgt:
(3) Für Beschäftigte, die über 10 Stunden hinaus zum Wachdienst
herangezogen werden, können Wachschichten bis zu zwölf Stunden
festgesetzt werden, wenn in den Wachdienst in erheblichem Umfang
Bereitschaftsdienst im Sinne § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Arbeitszeitgesetz
fällt. Für die Bemessung des Entgelts während der Wachdienste gelten
folgende Vorschriften:
1. Bei folgenden Wachschichten wird für jede Wachstunde das volle
Entgelt gezahlt:
a) Durchgehende Wachdienste, bei denen Pausen oder inaktive
Zeiten während des Bereitschaftsdienstes weniger als ein Drittel der
Gesamtwachzeit ausmachen.
b) Wachdienste, die ausschließlich im Freien abgeleistet werden oder
bei denen auf Anordnung oder infolge besonderer Umstände eine
Bindung an einen vorgeschriebenen Platz besteht (z. B. Decks-,
Maschinen-, Brücken- oder Ankerwachen).
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2. Anwesenheitswachdienste, die nicht den in Nr. 1 genannten
Einschränkungen unterliegen, werden wie folgt bewertet:
a) Bei einer Tageswachschicht wird je eineinhalb Wachstunden das
Entgelt für eine Arbeitsstunde gezahlt.
b) Bei einer Nachtwachschicht bis zu zwölf Stunden wird eine
Stundengarantie von drei Arbeitsstunden angesetzt, wenn beim
Wachdienst nur Anwesenheit verlangt und eine Schlafgelegenheit
gestellt wird. Soweit die Voraussetzungen nach Satz 1 nicht vorliegen,
gilt Buchstabe a entsprechend.
(4) Bei sämtlichen Arten der Anwesenheitswachdienste wird für kleine
Arbeiten während der Wache, die insgesamt weniger als zwei Stunden
betragen, keine besondere Vergütung gezahlt.
b) Auf Grundlage dieser tariflichen Bestimmungen fakturiert die Beklagte zu
Recht die gesamte 12-stündige Wachschicht.
c) Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass in dem vom Kläger zu
leistenden Wachdienst in erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst im Sinne
von § 7 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Arbeitszeitgesetz fällt, woraufhin die Beklagte
dazu berechtigt war, den Kläger an den vorliegend relevanten Tagen über 10
Stunden hinaus zum Wachdienst heranzuziehen und Wachschichten bis zu
12 Stunden festzusetzen.
d) Die Auslegung der Nr. 11 Abs. 3 und 4 ergibt, dass die Beklagte die 12-
stündigen Wachschichten des Klägers dahingehend fakturieren konnte, je 1 ½
Wachstunden das Entgelt für eine Arbeitsstunde, mithin insgesamt für die 12-
stündige Wachschicht das Entgelt für 8 Arbeitsstunden zu zahlen.
aa) Tarifliche Inhaltsnormen sind wie Gesetze auszulegen. Auszugehen ist
vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn.
Insbesondere bei unbestimmtem Wortlaut ist der wirkliche Wille der
Tarifvertragsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck der tariflichen
Regelung zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Regelungswerk ihren
Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den
Gesamtzusammenhang der Regelung, weil diese Anhaltspunkte für den
wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern kann. Bleiben im Einzelfall
gleichwohl Zweifel, können die Gerichte ohne Bindung an eine bestimmte
Reihenfolge auf weitere Kriterien zurückgreifen, wie etwa auf die
Entstehungsgeschichte und die bisherige Anwendung der Regelung in der
Praxis. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu
berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu
einer vernünftigen, sachgerechten, gesetzeskonformen und praktisch
brauchbaren Regelung führt (vgl. nur BAG, 12.11.2013 – 1 AZR 628/12 – n. v.
siehe juris).
bb) Bei der gebotenen Zugrundelegung dieser Auslegungskriterien ergibt sich
aus den tariflichen Regelungen kein Anspruch des Klägers, die von ihm
geleisteten 12 Arbeitsstunden im Umfang von 4 Stunden, während er aktiven
Wachdienst an/auf der Gangway verrichtet hat, zu 100 % und die
verbleibenden 8 Stunden im Zuge der Fakturierung mit 5,33 Stunden zu
vergüten. Vielmehr hat danach eine einheitliche Bewertung innerhalb der
jeweiligen Schicht zu erfolgen.
(1) Insoweit ist zunächst zugrunde zu legen, dass mit dem Begriff der
Wachschicht der zeitliche Rahmen, also der Beginn und das Ende, benannt
wird, innerhalb dessen Wachdienste zu verrichten sind. Mit dem Begriff des
Wachdienstes wird die inhaltliche Tätigkeit, die innerhalb der Wachschicht
erbracht werden soll, bezeichnet. Dabei umfasst der Begriff der Wachdienste
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im tariflichen Sinne sowohl aktive Zeiten im Sinne einer Vollarbeit wie auch
inaktive Zeiten während des Bereitschaftsdienstes. Das ergibt sich eindeutig
aus § 46 Nr. 11 Abs. 3 Ziffer 1 a TVöD BT-V, der ausdrücklich von
durchgehenden Wachdiensten spricht, bei denen Pausen oder inaktive Zeiten
während des Bereitschaftsdienstes weniger als ein Drittel der Gesamtwachzeit
ausmachen. Der Begriff des Wachdienstes umfasst also die gesamte
Bewachungstätigkeit unabhängig davon, ob sie aktiv oder inaktiv ausgeübt
wird.
(2) § 46 Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 TVöD BT-V regelt die Bemessung des Entgelts
während der Wachdienste, also während der Gesamtwachzeit innerhalb einer
Wachschicht. Dafür stellt der Tarifvertrag in den folgenden Ziffern 1 und 2 zwei
unterschiedliche Vergütungsvorgaben auf. Ziffer 1 ordnet die Zahlung des
vollen Entgeltes an, während Ziffer 2 die Fakturierungsmöglichkeit für die
Arbeitgeberseite eröffnet. Dabei wird sowohl aus dem Wortlaut als auch dem
Sinn und Zweck sowie der Systematik der Ziffern 1 und 2 erkennbar, dass es
sich hierbei um aufeinander abgestimmte Regelungen und einen in sich
abgeschlossenen Komplex handelt. Anknüpfungspunkt ist dabei die
Wachschicht. Für die einzelnen Wachschichten wird jeweils eine einheitliche
Regelung dazu getroffen, wie die einzelne Wachstunde zu bewerten und
vergüten sind. Dementsprechend ist in Ziffer 1 ausdrücklich aufgeführt, dass
„bei folgenden Wachschichten“ „für jede Wachstunde“ das volle Entgelt gezahlt
wird. Ebenso spricht Ziffer 2 a davon spricht, dass bei einer Tageswachschicht
je 1 ½ Wachstunden das Entgelt für eine Arbeitsstunde gezahlt wird. Hieraus
wird ersichtlich, dass es dem Sinn und Zweck des Tarifvertrages entspricht, die
Wachstunden innerhalb einer bestimmten Wachschicht einheitlich
entgeltmäßig zu bewerten.
(3) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird nur in § 46 Nr. 11 Abs. 4
gemacht für kleinere Arbeiten während der Wache, die insgesamt zwei oder
mehr Stunden betragen. Dass es sich bei diesen kleineren Arbeiten während
der Wache nicht um Wacharbeiten, sondern um davon unabhängige andere
Tätigkeiten handeln muss und kann, ist offensichtlich. Kleine Arbeiten während
der Wache können schon begriffsnotwendig keine Wach -, sondern davon zu
unterscheidende Tätigkeiten sein.
(4) Die Vergütung für jede Stunde innerhalb einer Schicht, in der
Wachtätigkeiten, sei es aktiv oder inaktiv, verrichtet werden, wird abschließend
in Ziffern 1 und 2 des Absatzes 3 der Nr. 11 zu § 46 TVöD BT-V geregelt. In
den Fällen der Ziffer 1 ist das volle Entgelt für jede Wachstunde zu zahlen.
Sind die darin genannten Voraussetzungen nicht gegeben, hat die Bewertung
nach Ziffer 2 zu erfolgen. Danach werden Anwesenheitswachdienste, die nicht
den in Ziffer 1 genannten Einschränkungen unterliegen, je nach Tages- oder
Nachtwachschicht im Einzelnen eigenständig bewertet. Dass es sich hierbei
um einen Auffangtatbestand handelt, ergibt sich ohne weiteres aus dem
Wortlaut der Ziffer 2, die alle die Wachdienste erfassen will, die nicht den in
Ziffer 1 genannten Einschränkungen unterliegen. Damit haben die
Tarifvertragsparteien erkennbar zum Ausdruck gebracht, dass die Bewertung
und Vergütung von Wachstunden innerhalb einer Wachschicht entweder nach
Ziffer 1 oder, soweit die dort genannten Einschränkungen nicht vorliegen, nach
Ziffer 2 zu erfolgen hat. Anknüpfungspunkt für die Bewertung in Ziffer 2 ist
dabei wiederum jeweils die Schicht, und zwar entweder als Tages- oder
Nachtwachschicht, und zwar unabhängig von aktiven oder inaktiven Zeiten.
Diese spielen nur eine Rolle, soweit die Voraussetzungen der Ziffer 2 a
gegeben sind. Darin ist festgehalten, dass bei einer Tageswachschicht je 1 ½
Wachstunden das Entgelt für eine Arbeitsstunde gezahlt wird. Für
Nachtwachschichten ist die Regelung getroffen, dass bei Schichten bis zu 12
Stunden eine Stundengarantie von 3 Arbeitsstunden angesetzt wird, wenn nur
Anwesenheit verlangt und eine Schlafgelegenheit gestellt wird. Soweit die
Voraussetzungen nach Satz 1 nicht vorliegen, soll dann der Buchst. a, also die
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Regelung zur Tagesschicht, entsprechend gelten. Auch hieraus wird
ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien den Willen hatten, alle Wachdienste
unter der Bezeichnung „Anwesenheitswachdienste“ umfassend und einheitlich
zu regeln, soweit die Voraussetzungen in Ziffer 1 nicht gegeben sind.
(5) An dieser Stelle ist unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der
tariflichen Regelung hervorzuheben, dass bei einer Tageswachschicht
unabhängig von aktiven und inaktiven Zeiten je 1 ½ Wachstunden das Entgelt
für eine Arbeitsstunde zu zahlen. Im Ergebnis werden während der
Tageswachschicht pro Wachstunde zwei Drittel des vollen Entgeltes gezahlt.
Diese Vergütung haben die Tarifvertragsparteien damit erkennbar als
angemessen angesehen für Wachschichten bis zu 12 Stunden, bei denen in
erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst iSv § 7 Abs.1 Nr.1 Buchstabe a
Arbeitszeitgesetz anfällt. Diese Zwei-Drittel-Vergütung ist nach der
offensichtlichen Einschätzung der Tarifvertragsparteien in zwei Fällen nicht
mehr angemessen. Zum einen wenn Pausen oder inaktive Zeiten während
des Bereitschaftsdienstes weniger als ein Drittel der Gesamtwachzeit
ausmachen. Deshalb haben die Tarifvertragsparteien unter Ziffer 1 a für diesen
Fall geregelt haben, dass für jede Wachstunde das volle Entgelt zu zahlen ist.
Dass zum anderen für Wachdienste gemäß Ziffer 1 b, die ausschließlich im
Freien abgeleistet werden oder bei denen auf Anordnung oder infolge
besonderer Umstände eine Bindung an den vorgeschriebenen Platz besteht,
das volle Entgelt gezahlt wird, resultiert aus der zusätzlichen Erschwernis bzw.
Intensität der Bewachungsaufgabe während der in Ziffer 1 b genannten
Wachdienste. Nach Abs. 3 Ziffer 2 b wird für Nachtwachschichten bis zu 12
Stunden lediglich eine Stundengarantie von 3 Stunden angesetzt, wenn beim
Wachdienst nur Anwesenheit verlangt und eine Schlafgelegenheit gestellt wird.
Soweit diese – entlastenden – Umstände nicht vorliegen, gilt der Buchst. a
entsprechend und mithin die darin angeordnete durchgehende Fakturierung.
Dabei ergibt sich aus Ziffer 2 b zugleich, dass sich Anwesenheitswachdienste
im Sinne von Ziffer 2 2 nicht auf solche Wachdienste beschränken, bei denen
lediglich die Anwesenheit verlangt wird. Anderenfalls wäre die Regelung unter
Ziffer 2 b Satz 1 2. Halbsatz unverständlich.
(6) Diese Auslegung, wonach Wachstunden innerhalb einer Wachschicht nur
einheitlich zu bewerten sind und keine Aufteilung in aktive und inaktive Zeiten
vorzunehmen ist, führt zu keinem Wertungswiderspruch mit der Regelung in §
46 Nr. 11 Abs. 4 TVöD BT-V. Danach wird bei sämtlichen Arbeiten der
Anwesenheitswachdienste für kleine Arbeiten während der Wache, die
insgesamt weniger als 2 Stunden betragen, keine besondere Vergütung
gezahlt. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass für kleinere Arbeit im
Umfang von 2 und mehr Stunden eine gesonderte Vergütung gezahlt wird.
Zum einen eröffnet Abs. 4 damit eine zusätzliche Vergütungsoption
denklogisch nur für solche Arbeitnehmer, die nicht bereits nach Ziffer 1 a und b
eine 100%ige Vergütung für jede Wachstunde erhalten. Abs. 4 knüpft
ausdrücklich an den Begriff der Anwesenheitswachdienste an, so wie er auch
in Ziffer 2 gebraucht wird. Abs. 4 erstreckt sich mithin auf diejenigen Mitarbeiter,
die nicht den in Abs. 3 Ziffer 1 genannten Einschränkungen unterliegen, d. h.,
die nicht schon von vornherein Vollwachdienst leisten oder bei denen Pausen
oder inaktive Zeiten während des Bereitschaftsdienstes weniger als ein Drittel
der Gesamtwachzeit ausmachen. Vielmehr soll mit Abs. 4 für diejenigen
Mitarbeiter, die nach Abs. 3 Ziffer 2 eine Fakturierung ihrer Wachstunden und
daran anknüpfend ihres Entgeltes hinzunehmen haben, eine zusätzliche
Vergütungsmöglichkeit eröffnet werden, wenn sie 2 oder mehr Stunden
während der Wache kleinere Arbeiten erledigen. Dem steht nicht entgegen,
dass Mitarbeiter, deren Wachstunden fakturiert werden, dann, wenn sie
innerhalb einer Tages- oder Nachtwachschicht regelmäßig 4 Stunden aktiven
Wachdienst zu verrichten haben, eine geringere Vergütung erhalten, als wenn
sie im Umfang von 4 Stunden sogenannte kleinere Arbeiten verrichten würden.
Wie bereits oben ausgeführt, entspricht es nach der erkennbaren
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Einschätzung der Tarifvertragsparteien einer angemessenen Vergütung, diese
aktiven Wachdienstzeiten innerhalb der gesamten Wachschicht solange einer
Fakturierung zu unterziehen, wie die inaktiven Zeiten während des
Bereitschaftsdienstes mehr als ein Drittel der Gesamtwachzeit ausmachen.
Davon werden erfasst Wachleute, die innerhalb einer 12-stündigen
Wachschicht während des Bereitschaftsdienstes 8 – 12 Stunden inaktive
Zeiten ausweisen. Diese haben die Möglichkeit, während dieser Zeiten über
die Erledigung kleinerer Arbeiten, die insgesamt 2 oder mehr Stunden
ausmachen, eine zusätzliche Vergütung zu erhalten. Mitarbeiter, deren
inaktive Zeiten während einer 12-stündigen Wachschicht unter 4 Stunden
liegen, bekommen bereits die volle Vergütung für jede Wachstunde nach Abs.
3 Ziffer 1 a.
(7) Auch wenn dem Kläger zuzugeben ist, dass in § 46 Nr.11 Abs. 3 und 4
TVöD-BT-V eine Abweichung von den Vorgängerregelungen des BAT bzw.
des MTArb erfolgt ist, ist der Beklagten darin zuzustimmen, dass diese
tariflichen Neuregelungen Konsequenzen der geänderten Sichtweise in Bezug
auf die arbeitszeitrechtliche Einordnung von Bereitschaftszeiten für den
Wachdienst und die damit notwendige Neubewertung von Wachdienstzeiten
sind. Davon, dass die Tarifvertragsparteien die alten Regelungen fortschreiben
wollten und nur versehentlich in § 46 Nr. 11 Abs. 3 TVöD BT-V eine andere
Regelung getroffen haben, ist nicht auszugehen. Dafür bestehen angesichts
der detaillierten und ausdifferenzierten Bestimmungen keine Anhaltspunkte.
(8) Schließlich vermag die Handhabung der Beklagten in dem Zeitraum von
2005 bis 2012 die Auslegung des Klägers nicht zu tragen. Davon könnte nur
dann ausgegangen werden, wenn die Beklagte in bewusster Anwendung der
tariflichen Regelung dem Auslegungsergebnis des Klägers gefolgt wäre.
Ansonsten entspricht es ständiger Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichtes, dass der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes
regelmäßig keine übertarifliche Vergütung, sondern das gewähren will, was
dem Arbeitnehmer tatsächlich zusteht (vgl. nur BAG, 29.08.2012 – 10 AZR
571/11- AP Nr. 93 zu § 242 BGB Betriebliche Übung). Einer u. U. irrtümlichen
Tarifanwendung der Beklagten kann bei der Auslegung tariflicher Vorschriften
keine entscheidende Bedeutung zukommen.
(9) Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass die Praktikabilität für das erzielte
Auslegungsergebnis spricht. Es fördert die Transparenz und Eindeutigkeit in
und bei der Anwendung, wenn innerhalb einer Schicht Wachstunden
einheitlich bewertet werden. Dass die Tarifvertragsparteien bei den
Fakturierungsregelungen pauschaliert haben, ist ebenfalls nicht zu
beanstanden. Wie bereits ausgeführt, haben die Tarifvertragsparteien zum
Ausdruck gebracht, dass innerhalb einer 12-stündigen Wachschicht, in der in
erheblichem Umfang Bereitschaftsdienst anfällt, unabhängig von den Zeiten
der aktiven Inanspruchnahme eine Vergütung von zwei Drittel des vollen
Entgeltes je Wachstunde als angemessen angesehen wird. Erst wenn die
inaktiven Zeiten weniger als ein Drittel der Gesamtwachzeit ausmachen,
haben die Tarifvertragsparteien die volle Vergütung je Wachstunde
angeordnet. Diese Bewertung unterliegt der Einschätzungsprärogative der
Tarifvertragsparteien und ist keineswegs als offensichtlich unsachgemäß zu
bewerten.
d) Der Kläger bzw. der von ihm verrichtete Wachdienst an den vorliegend
relevanten Daten erfüllt die Voraussetzungen für das volle Entgelt gemäß § 46
Nr.11 Abs.3 Ziffer 1 und /oder 2 TVöD – BT – V nicht. Zwischen den Parteien
ist unstreitig, dass der Kläger während seiner 12-stündigen Wachschicht 4
Stunden aktiven Wachdienst an/auf der Gangway verrichtet und im Umfang
von zwei Dritteln, mithin 8 Stunden, inaktiver Bereitschaftsdienst anfällt. Die
Voraussetzungen der Ziffer 1 a sind in Bezug auf die zu bewertende
Wachschicht des Klägers offensichtlich nicht gegeben. Ebenso wenig erfüllt
der Kläger die Voraussetzungen für ein volles Entgelt für jede Wachstunde im
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Sinne von Ziffer 1 b. Er verrichtet während der Schicht seine Wachdienste
weder ausschließlich im Freien noch besteht auf Anordnung oder infolge
besonderer Umstände eine Bindung an einen vorgeschriebenen Platz.
Tatsächlich hat sich der Kläger nur 4 Stunden an oder auf der Gangway
aufzuhalten. Im Übrigen leistet er die inaktiven Zeiten seines Wachdienstes
weder ausschließlich im Freien noch aufgrund einer Anordnung oder der
besonderen Umstände mit Bindung an einen vorgeschriebenen Platz. Damit
kann sich die Bewertung und Vergütung der Wachstunden des Klägers
während der vorliegend streitigen 12-Stunden-Schichten nur nach Abs. 3 Ziffer
2 der Nr. 11 zu § 46 TVöD BT-V richten. Die daraus resultierenden Ansprüche
hat die Beklagte unstreitig erfüllt. Weitergehende Ansprüche und Zahlung von
Vergütung und Zuschlägen stehen dem Kläger auf tariflicher Grundlage nicht
zu, vgl. zum letzteren § 46 Nr. 12 Abs. 6 TVöD BT-V.
II.
Diese sind auch nicht deshalb begründet, weil die Beklagte in dem Zeitraum
von 2005 bis 2012 keine Fakturierung vorgenommen hat. Daraus lässt sich
eine zugunsten des Klägers bestehende betriebliche Übung auf Zahlung einer
übertariflichen Vergütung nicht ableiten. Aus Sicht des Klägers, nach dessen
Auffassung er einen tariflichen Anspruch auf Zahlung von Vergütung für
weitere 1,33 Stunden nebst Zuschlägen hat, konnte sich die entsprechende
Abrechnung der Beklagten im Zeitraum von 2005 bis 2012 nicht als Erfüllung
eines tarifliches Anspruches darstellen. In einem solchen Fall wird die
Leistungsgewährung nicht als stillschweigendes Angebot zur Begründung
eines dauerhaften Anspruchs mit dem Inhalt einer übertariflichen Vergütung
wahrgenommen, sondern als Normenvollzug (vgl. nur BAG, 17.08.2011 – 10
AZR 347/10 – ZTR 2011, 727 bis 728).
III.
Insgesamt ist festzustellen, dass der Kläger für die von ihm angegebenen
Tage keinen Anspruch auf die Zahlung von Vergütung für weitere 1,33
Stunden und Zuschlägen hat.
Das erstinstanzliche Urteil war daher auf die Berufung der Beklagten
abzuändern, und die Klage war abzuweisen. Daraus folgt zugleich, dass die
Anschlussberufung des Klägers unbegründet ist und der Abweisung unterliegt.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
V.
Die Zulassung der Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG veranlasst.