Urteil des LAG Köln vom 31.08.2007

LArbG Köln: verbot der diskriminierung, eintritt des versicherungsfalles, europäisches recht, grundsatz der gleichbehandlung, unwirksamkeit der kündigung, tarifvertrag, anwendungsbereich, aktiven

Landesarbeitsgericht Köln, 11 Sa 563/07
Datum:
31.08.2007
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 Sa 563/07
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 1 Ca 5490/06
Schlagworte:
Anwendungsvoraussetzungen einer ablösenden ("verbessernden")
tariflichen Versorgungsordnung
Normen:
Art. 3 Abs. 1, 9 Abs. 3, 14 Abs. 1, 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 Satz 1 GG; §§ 1, 2
Abs. 2 Satz 2, 3 Abs. 1 Satz 1, 10 Satz 3 Nr. 4 AGG; § 1 b BetrAVG; § 41
Satz 2 SGB VI; Art. 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Richtlinie 2000/78/EG des
Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für
die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. In einer sog. ablösenden tariflichen Versorgungsordnung, die für die
betreffenden Personen gegenüber der bisherigen Versorgungsordnung
günstigere Versorgungs-leistungen vorsieht, können die
Tarifvertragsparteien – je nach den Umständen des Einzelfalls –
wirksam vereinbaren, dass diese keine Anwendung auf (ehemali-ge)
Mitarbeiter des Arbeitgebers findet, die zu einem bestimmten früheren
Zeit-punkt entweder bereits Versorgungsempfänger sind oder das 63.
Lebensjahr voll-endet haben.
2. Verfolgen die Tarifvertragsparteien mit einer solchen – negativen –
Anwendungs-voraussetzung unter Wahrung der Grundsätze der
Angemessenheit und Erforder-lichkeit ein sachlich gerechtfertigtes und
legitimes Ziel, verstößt diese Differenzie-rung insbesondere nicht gegen
den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG), das Eigentumsgrundrecht
(Art. 14 Abs. 1 GG) und gegen die sich aus dem Rechts-staatsprinzip
(Art. 20 Abs. 3, 28 Abs. 1 Satz 1 GG) ergebenden Grundsätze des
unzulässigen Rückwirkungsverbots, des Vertrauensschutzes und der
Verhältnis-mäßigkeit. Ebenso wenig stellt sie eine unzulässige
Altersdiskriminierung i.S. des AGG sowie der Richtlinie 2000/78/EG des
Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für
die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Be-schäftigung und Beruf
und des gemeinschaftlichen Verbots der Diskriminierung wegen des
Alters dar. Vielmehr ist sie nach § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG und Art. 6 Abs. 1
Satz 1 und Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG zulässig.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 11.01.2007 – 1 Ca 5490/06 – wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
3. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten um die Zahlung einer höheren Betriebsrente.
2
Der am 14.01.1937 geborene Kläger war bei der Beklagten bis zum 31.01.1997 als
Luftfahrzeugführer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die
Tarifverträge für das Bord- bzw. Cockpitpersonal der Beklagten Anwendung. Der Kläger
ist außerordentliches Mitglied der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit e.V. Die Beklagte
ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes Arbeitsrechtliche Vereinigung Hamburg e.V.
3
Vom 01.02.1997 bis zum 31.01.2000 leistete die Beklagte an den Kläger monatliche
Zahlungen auf der Grundlage des Tarifvertrags Übergangsversorgung für das
Cockpitpersonal. Seit dem 01.02.2000 erhält der Kläger von der Beklagten nach
Maßgabe des Versorgungstarifvertrags Nr. 3 vom 19.12.1979 eine monatliche
Betriebsrente in Höhe von derzeit 2.358,18 €.
4
Am 04.12.2004 schlossen die Tarifvertragsparteien den "Tarifvertrag zur
Vereinheitlichung der betrieblichen Altersversorgung für das Cockpitpersonal –
Ablösung der VBL-gleichen Altersversorgung und Überleitung in die L Betriebsrente –"
(im Folgenden: TV VBL-Ablösung Cockpit), der auszugsweise lautet:
5
"
Präambel
6
Mit Beendigung ihrer Beteiligung an der Versorgungsanstalt des Bundes und der
Länder (VBL) am 31.12.1994 haben sich die D AG und die C GmbH nach
Maßgabe des Ergänzungstarifvertrages zum Versorgungstarifvertrag Nr. 3 vom
10.05.1994 verpflichtet, alle am 31.12.1994 bei der VBL versicherten Mitarbeiter so
zu stellen, als würde ihre spätere Zusatzversorgung von der VBL nach deren
jeweils geltender Satzung fortgeführt (‚VBL-gleiche Zusatzversorgung’).
7
Vor dem Hintergrund, dass sich die Tarifvertragsparteien des Öffentlichen Dienstes
mit dem Altersvorsorgeplan 2001 vom 13.11.2001 auf eine grundlegende Reform
der VBL-Zusatzversorgung unter Ablösung des bisherigen
Gesamtversorgungssystems geeinigt haben und insoweit auch nach dem
Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 22.03.2000 (1 BvR 1136/96)
Rechnung getragen haben, wird die im L -Konzern seit 01.01.1995 bestehende
Zusage auf eine VBL-gleiche Zusatzversorgung nach Maßgabe dieses
Tarifvertrages abgelöst und durch eine neue Zusage auf betriebliche Alters-,
Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung ersetzt. Die Tarifvertragsparteien
kommen damit auch ihrer entsprechenden Verhandlungsverpflichtung vom
8
16.05.2000 nach.
Das bisherige VBL-gleiche Gesamtversorgungssystem im L Konzern wird mit
Ablauf des 31.12.2001 abgelöst. Ab 01.01.2002 werden alle Anwartschaften und
bestehenden Ansprüche auf Versorgungsleistungen auf bzw. aus VBL-gleicher
Zusatzversorgung in das im L -Konzern seit 01.01.1995 geltende System der
Neuen Betrieblichen Altersversorgung, künftig L -Betriebsrente, überführt.
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10
Teil II: Mitarbeiter mit Anwartschaft auf VBL-gleiche Gesamtversorgung
11
Abschnitt I: Rückwirkende Zusage der L -Betriebsrente
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§ 2 Rückwirkende Zusage der L -Betriebsrente
13
(1) Alle am 01.01.2002 VBL-gleich pflichtversicherten Mitarbeiter werden unter den
Voraussetzungen und nach näherer Maßgabe der folgenden Bestimmungen so
gestellt, als hätten sie ab Beginn der VBL- oder VBL-gleichen Versicherungspflicht
aufgrund ihres Arbeitsverhältnisses mit L eine Zusage auf Leistungen nach dem
Tarifvertrag L -Betriebsrente erhalten (rückwirkende Einführung der ‚L -
Betriebsrente’).
14
Satz 1 gilt entsprechend für ehemalige, bis zu ihrem Ausscheiden aus dem
Arbeitsverhältnis VBL-gleich versicherte Mitarbeiter, die nach den Vorschriften der
VBL-Satzung der 40. Satzungsänderung (VBL-S 40) bei Eintritt des
Versicherungsfalles als pflichtversichert gelten.
15
Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, sofern bereits vor dem 02.01.2002 die Leistung
einer VBL-gleichen Rente begonnen hat.* Sie gelten ferner nicht, wenn der
ehemalige Mitarbeiter vor dem 02.01.2002 das 63. Lebensjahr vollendet hat.
16
* Für den Fall der Flugdienstuntauglichkeit vgl. Protokollnotiz VII
17
18
§ 18 In-Kraft-Treten
19
(1) Dieser Tarifvertrag tritt mit Wirkung vom 01.01.2002 in Kraft. Davon abweichend
tritt § 13 Absatz 3 a mit Wirkung vom 01.01.2005 in Kraft.
20
…"
21
Mit seiner am 10.07.2006 beim Arbeitsgericht Köln eingegangenen Klage vom
26.06.2006 hat der Kläger die Beklagte auf Zahlung von 39.441,29 € in Anspruch
genommen.
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Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Stichtagsregelung in § 2 TV VBL-Ablösung
Cockpit verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 GG, weil sie ihn
auf Grund seines Alters diskriminiere. Die Stichtagsregelung sei willkürlich, da sie einer
vernünftigen sachlichen Begründung entbehre. Sie sei auch rechtsmissbräuchlich, da
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vernünftigen sachlichen Begründung entbehre. Sie sei auch rechtsmissbräuchlich, da
sachfremde Erwägungen für sie maßgebend gewesen seien. Die Differenzierung sei
allein mittels eines personenbezogenen Merkmals, des Geburtsdatums einer Person,
erfolgt, worauf kein Einfluss genommen werden könne. Insoweit hätte nahe gelegen,
nicht auf das Alter bzw. das Geburtsdatum, sondern auf die Laufbahn, die Anzahl der
Beschäftigungsjahre im aktiven Flugdienst o.ä. abzustellen. Zur Vermeidung von
unbilligen Härten hätte ferner eine gestaffelte Regelung getroffen werden können.
Jedenfalls hätte auf die Vollendung des 65. Lebensjahres, dem gesetzlichen
Rentenalter, abgestellt werden müssen. Weiterhin sei die Stichtagsregelung
unverhältnismäßig und konterkariere die von der Beklagten behauptete Zielsetzung. Im
Übrigen greife der Tarifvertrag in anderen Bereichen bewusst und offensichtlich in
laufende Rentenbezüge ein, da er für alle Beschäftigten Geltung entfalte, die sich zum
01.01.1995 noch nicht in Rente befunden hätten. Zudem verstoße die Stichtagsregelung
gegen die Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG, da sie zur Diskriminierung der
älteren Arbeitnehmer gegenüber den jüngeren Arbeitnehmern führe.
Unabhängig davon hätten die Tarifvertragsparteien durch die Nichteinbeziehung von
Kapitänen, die vor dem 01.01.1939 geboren worden seien, diejenigen Personen
benachteiligt, die sich dagegen innerhalb ihrer Gewerkschaft nicht hätten zur Wehr
setzen können. Die früheren Kapitäne seien zwar noch tarifgebunden, da sie der
Gewerkschaft Vereinigung Cockpit angehörten. Mit ihren Ausscheiden aus dem aktiven
Flugdienst seien sie aber nur noch außerordentliche Mitglieder, so dass sie bei
Mitgliederversammlungen nicht mehr stimmberechtigt seien und auf die Willensbildung
in der Gewerkschaft keinen Einfluss mehr nehmen könnten. Angesichts der fehlenden
Möglichkeit einer Mitwirkungsbefugnis in den Willensbildungsorganen der Gewerkschaft
fehle es an deren Legitimation und Kompetenz, eine diese Personengruppe gezielt
benachteiligende Regelung tariflich zu vereinbaren.
24
Aus der ungerechtfertigten Diskriminierung ergebe sich ein Leistungsanspruch von ihm
in Höhe einer weiteren monatlichen Betriebsrente von 750,80 € seit dem 01.01.2002.
Unter Berücksichtigung des dynamisierten Erhöhungsbetrags stünden ihm für die Zeit
bis zum 31.05.2006 insgesamt 39.441,29 € zu.
25
Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 39.441,29 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
27
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
29
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Stichtagsregelung in § 2 TV VBL-
Ablösung Cockpit verstoße weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen
das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung. Sie sei vielmehr erstens wegen
der Kündigung des früheren Versorgungstarifvertrags durch die Vereinigung Cockpit
e.V. zum 31.12.2001 und der sich hieraus ergebenden Ablösung zu diesem Zeitpunkt,
zweitens wegen der Ablösung des VBL-Gesamtversorgungssystems im öffentlichen
Dienst zum 31.12.2001, drittens wegen des Parallelzeitpunkts der Ablösung der
Versorgungssysteme für Kabine und Bodenpersonal und damit der Vereinheitlichung
des Versorgungssystems für alle Mitarbeiter von ihr, viertens wegen der Ablösung für
Mitarbeiter, die grundsätzlich noch keinen Rentenbezug bzw. Anspruch auf
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entsprechende Leistungen besessen hätten, sowie fünftens deswegen sachlich
gerechtfertigt, weil die betroffenen Mitarbeiter der Jahrgänge 1932 bis 1938 zum
überwiegenden Teil bereits drei bis neun Jahre betriebliche Altersversorgung bezogen
hätten. Im Übrigen sei das Versorgungsniveau der Rentner aus dem Cockpitbereich
nicht unangemessen gewesen. Für diese sei die VBL-gleiche Versorgung nominal
gesichert worden. Durch die rückwirkende Zusage der neuen betrieblichen
Altersversorgung für die aktiven Mitarbeiter und Übergangsversorgungsempfänger sei
zwar regelmäßig eine Verbesserung bewirkt worden. Diese hätte sich jedoch nicht auf
die Rentner auswirken müssen. Das Abstellen auf den (laufenden) Rentenbezug im
Rahmen der Stichtagsregelung sei die einzige Möglichkeit gewesen, das bei ihr
bestehende Regelungsgeflecht aus Alters- und Übergangsversorgung auch unter
Kosten- und Aufwandsgesichtspunkten abzulösen und weitergehende
Ungleichbehandlungen zu vermeiden.
Hilfsweise hat die Beklagte die Höhe der monatlichen Differenz von 750,80 € bestritten,
da diese allein mit einer Anlage unter Beweis gestellt worden sei, die keine
Anhaltspunkte für eine Nachvollziehbarkeit, inhaltliche Richtigkeit und Herkunft biete.
Vorsorglich hat die Beklagte schließlich darauf hingewiesen, dass gemäß § 11 TV VBL-
Ablösung Cockpit eine Anrechnung der VBL-Versichertenrente für die unter diesen
Tarifvertrag fallenden Cockpitmitarbeiter erfolge.
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Mit Urteil vom 11.01.2007 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt, § 2 TV VBL-Ablösung Cockpit verstoße weder
gegen Art. 3 GG noch gegen das europarechtliche Verbot der Altersdiskriminierung.
Durch § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 TV VBL-Ablösung Cockpit – Beginn des Bezugs
einer VBL-gleichen Rente vor dem 02.01.2002 – werde der Kläger von der
rückwirkenden Zusage einer Betriebsrente ausgeschlossen. Die Regelung des § 2 Abs.
1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung Cockpit – Vollendung des 63. Lebensjahres
vor dem 02.01.2002 – sei nicht einschlägig. Es komme daher nicht darauf an, ob dieses
Vorschrift gegen höherrangiges Recht verstoße. Maßgebend sei allein, dass § 2 Abs. 1
Unterabsatz 3 Satz 1 TV VBL-Ablösung Cockpit mit höherrangigem Recht vereinbar sei,
was hier der Fall sei. Ein möglicher Verstoß von § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV
VBL-Ablösung Cockpit würde nicht auf § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 TV VBL-
Ablösung Cockpit durchschlagen, da es sich um Regelungen handele, die unabhängig
voneinander Bestand haben könnten und nicht untrennbar miteinander verknüpft seien.
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Gegen das ihm am 08.02.2007 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat der Kläger mit am
07.03.2007 beim Landesarbeitsgericht Köln eingegangenem Schriftsatz vom
06.03.2007 Berufung eingelegt und diese darin zugleich begründet.
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Der Kläger ist nach wie vor der Auffassung, die Stichtagsregelung in § 2 Abs. 1
Unterabsatz 3 TV VBL-Ablösung Cockpit, auf Grund derer er von der tariflichen
Neuregelung ausgenommen werde, sei mit höherrangigem Recht unvereinbar. Diese
verstoße sowohl gegen Art. 3 Abs. 1 GG als auch gegen das europarechtliche Verbot
der Altersdiskriminierung.
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Durch den Rentenbeginn, der durch das Geburtsdatum bestimmt werde, knüpfe die
Stichtagsregelung mittelbar an das Differenzierungskriterium des Lebensalters an, das
ein unabänderliches personenbezogenes Merkmal darstelle, weil der Betroffene auf
sein Geburtsdatum keinen Einfluss habe. Im Ergebnis führe die Stichtagsregelung dazu,
dass die Differenzierung danach erfolge, ob ein Arbeitnehmer vor dem 02.01.2002
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bereits das 63. Lebensjahr vollendet habe oder nicht. Die Anknüpfung an den
Beschäftigtenstatus sei weder geboten noch erforderlich und daher unverhältnismäßig.
Die Stichtagsregelung führe dazu, dass seinen Kollegen mit nahezu identischer
Laufbahn – gleiches Ausbildungsjahr, gleiches Einstellungsjahr, gleiche
Flugzeugmuster, gleiche Kapitänslaufbahn und gleiches Ausscheiden aus dem aktiven
Flugdienst – allein wegen eines um wenige Monate abweichenden Geburtsdatums eine
um bis zu 51,9 % höhere Betriebsrente zustehe. Dies stelle eine nicht nachvollziehbare,
unzumutbare Härte dar, die durch Übergangsregelungen oder einen Härteausgleich
hätte abgemildert werden können.
Die Diskriminierung wegen des Alters werde auch nicht durch eine legitime Zielsetzung
der Tarifvertragsparteien gerechtfertigt. Sofern die Tarifvertragsparteien das Ziel verfolgt
hätten, sämtliche abgeschlossenen Austauschverhältnisse von der Neuregelung
auszunehmen, hätten sie dies auch konsequent umsetzen müssen, was hier aber nicht
geschehen sei. Diese Zielsetzung werde durch § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV
VBL-Ablösung Cockpit gerade widerlegt: Es seien nämlich Flugkapitäne vorhanden, die
am 02.01.2002 noch nicht Rentenbezieher gewesen seien, indes gleichwohl von der
Neuberechnung ausgeschlossen worden seien. Umgekehrt sei durch die Rückwirkung
des Tarifvertrags in abgeschlossene Austauschverhältnisse eingegriffen worden, da als
Stichtag nicht der Tag des Tarifvertragsabschlusses gewählt worden sei, sondern
stattdessen der 02.01.2002. Die rückwirkende Einbeziehung nur eines Teils der
Mitarbeiter, die sich zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags bereits in Rente
befunden hätten, sei sonach zur Zweckerreichung der Zielsetzung nicht geeignet.
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Auf das Alter oder den Rentenbeginn hätte sonach nicht abgestellt werden dürfen.
Vielmehr hätte auf sachbezogene Kriterien, wie etwa das Bestehen bzw. Nichtbestehen
des Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags am
04.12.2004, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Alter beim Ausscheiden aus dem
aktiven Flugdienst, der Laufbahn o.ä. abgestellt werden können.
37
Die Stichtagsregelung führe zu einer Diskriminierung der älteren Arbeitnehmer
gegenüber den jüngeren Arbeitnehmern und verstoße damit gegen die
Altersdiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG.
38
Aus der ungerechtfertigten Diskriminierung ergebe sich ein Leistungsanspruch von ihm
in Höhe eines weiteren monatlich zu zahlenden Betrags von 750,80 €. Dieser Betrag sei
mit Hilfe der ihm zur Verfügung stehenden Mittel errechnet worden und ergebe sich aus
seinen Sozial- und Laufplandaten. Seine Berechnung, welche die Beklagte
erstinstanzlich nicht substantiiert bestritten habe, sei inhaltlich und sachlich zutreffend.
39
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 11.01.2007 – 1 Ca 5490/06 –
abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 39.441,29 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit
zu zahlen.
41
Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Die Beklagte verteidigt unter Bezugnahme auf ihren erstinstanzlichen Vortrag das
angefochtene Urteil. Insbesondere stelle die Stichtagsregelung in § 2 Abs. 1
Unterabsatz 3 TV VBL-Ablösung Cockpit keine unzulässige Diskriminierung wegen des
Alters dar. Ein willkürliches Handeln der Tarifvertragsparteien sei nicht erfolgt. Der
Kläger werde durch die tarifvertragliche Regelung auch nicht unangemessen
benachteiligt. Er werde lediglich von Verbesserungen ausgeschlossen. Seine
finanzielle Situation verschlechtere sich hingegen nicht. Sein Versorgungsniveau sei
auch nicht unangemessen niedrig. Ebenso wenig liege ein Verstoß gegen das
europarechtliche Verbot der Antidiskriminierung vor, weil mit der tarifvertraglichen
Regelung ein legitimes Ziel i.S. des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt
werde. Im Übrigen wäre hier eine etwaige Benachteiligung wegen Alters auf Grund der
Ausnahmeregelung des § 10 Satz 3 Nr. 4 AGG, womit Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG
wörtlich umgesetzt worden sei, zulässig.
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Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die
eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
46
I. Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG
statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520
ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet.
47
II. Das Rechtsmittel hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
48
Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger kann von der
Beklagten nicht seit dem 01.01.2002 die Zahlung einer monatlichen Betriebsrente nach
Maßgabe des TV VBL-Ablösung Cockpit i.V. mit dem Tarifvertrag L -Betriebsrente für
das Cockpitpersonal (im Folgenden: TV L -Betriebsrente) bzw. der Differenzbeträge
zwischen der sich daraus für ihn ergebenden Höhe der Betriebsrente und den von der
Beklagten monatlich geleisteten (geringeren) Beträgen auf der Grundlage des
Versorgungstarifvertrags Nr. 3 vom 19.12.1979 verlangen.
49
1. Der Kläger wird vom Geltungsbereich des TV L -Betriebsrente, der die von ihm
begehrte (höhere) Betriebsrente vorsieht, nicht erfasst.
50
a) Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 TV L -Betriebsrente regelt dieser Versorgungstarifvertrag
die betriebliche Altersversorgung für das Cockpitpersonal der Gesellschaften D AG, L
AG, L F GmbH, C GmbH sowie C GmbH, die unter die Vorschriften des jeweiligen
Manteltarifvertrags für das Cockpitpersonal dieser Gesellschaften in ihrer jeweils
gültigen Fassung fallen, soweit das Arbeitsverhältnis mit der Gesellschaft nach dem
31.12.1994 aufgenommen worden ist. Dass der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit der
Beklagten nach dem 31.12.1994 aufgenommen hat, wurde von ihm nicht behauptet.
51
b) Darüber hinaus gilt der TV L -Betriebsrente nach dessen § 1 Abs. 1 Satz 2 für die
Mitarbeiter des Cockpitpersonals, die vom TV VBL-Ablösung Cockpit erfasst werden,
unter den Voraussetzungen und nach Maßgabe der danach geltenden Vorschriften.
52
Die Voraussetzungen der Anwendbarkeit des TV VBL-Ablösung Cockpit sind im Falle
des Klägers aber nicht gegeben.
53
aa) Gemäß § 2 Abs. 1 Unterabsatz 1 TV VBL-Ablösung Cockpit werden zwar alle am
01.01.2002 VBL-gleich pflichtversicherten Mitarbeiter unter den Voraussetzungen und
nach näherer Maßgabe der folgenden Bestimmungen so gestellt, als hätten sie ab
Beginn der VBL- oder VBL-gleichen Versicherungspflicht auf Grund ihres
Arbeitsverhältnisses mit L eine Zusage auf Leistungen nach dem Tarifvertrag L -
Betriebsrente erhalten (rückwirkende Einführung der "L -Betriebsrente"). Entsprechend
gilt dies nach § 2 Abs. 1 Unterabsatz 2 TV VBL-Ablösung Cockpit für ehemalige, bis zu
ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis VBL-gleich versicherte Mitarbeiter, die
nach den Vorschriften der VBL-Satzung i.d. Fassung der 40. Satzungsänderung (VBL-S
40) bei Eintritt des Versicherungsfalles als pflichtversichert gelten.
54
Diese Bestimmungen gelten allerdings nicht, sofern entweder bereits vor dem
02.01.2002 die Leistung einer VBL-gleichen Rente begonnen hat (§ 2 Abs. 1
Unterabsatz 3 Satz 1 TV VBL-Ablösung Cockpit), oder wenn der ehemalige Mitarbeiter
vor dem 02.01.2002 das 63. Lebensjahr vollendet hat (§ 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2
TV VBL-Ablösung Cockpit).
55
bb) Beide Ausschlusstatbestände des § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 TV VBL-Ablösung
Cockpit sind hier gegeben: Unstreitig erhält der Kläger bereits seit dem 01.02.2000 von
der Beklagten eine Betriebsrente nach Maßgabe des Versorgungstarifvertrags Nr. 3 vom
19.12.1979, so dass die Leistung einer VBL-gleichen Rente vor dem 02.01.2002
begonnen hat. Der am 14.01.1937 geborene Kläger hat auch vor dem 02.01.2002 das
63. Lebensjahr vollendet.
56
2. Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung einer L -Betriebsrente
nach Maßgabe des TV L -Betriebsrente käme allenfalls dann in Betracht, wenn die
Ausschlusstatbestände des § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung
Cockpit wegen Verstoßes gegen höherrangiges – nationales oder europäisches –
Recht unwirksam wären. Dies ist aber nicht der Fall. Beide Ausschlusstatbestände
verstoßen weder gegen deutsche gesetzliche bzw. verfassungsrechtliche
Bestimmungen noch gegen europäische Vorschriften, so dass es auch keiner
Entscheidung darüber bedurfte, ob sich die Unwirksamkeit eines der beiden
Ausschlusstatbestände auf diesen beschränkt oder die Unwirksamkeitsfolge eines
Ausschlusstatbestands auf den anderen Ausschlusstatbestand gleichsam übergreifen
würde.
57
a) Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) liegt weder bei § 2
Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 TV VBL-Ablösung Cockpit noch bei § 2 Abs. 1 Unterabsatz
3 Satz 2 TV VBL-Ablösung vor.
58
aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, Gleiches gleich und
Ungleiches ungleich zu behandeln. Dabei reicht der Prüfungsmaßstab von einer
Willkürkontrolle bis hin zu einer an Verhältnismäßigkeitserwägungen orientierten
Kontrolle. Der Gleichheitssatz ist umso strikter, je mehr er den Einzelnen als Person
betrifft, und ist umso mehr für Gestaltungen offen, als allgemeine Lebensverhältnisse
geregelt werden. Arbeitsrechtliche Regelungen, die eine ungleiche Behandlung von
Arbeitnehmern vorsehen, sind notwendig stets auf die Person bezogen. Die Intensität
der gerichtlichen Kontrolle richtet sich deshalb insbesondere u.a. danach, ob der
Arbeitnehmer die ihn benachteiligende Maßnahme vermeiden kann (BAG, Urteil vom
13.06.2006 – 9 AZR 588/05, AP Nr. 30 zu § 1 TVG Altersteilzeit, zu II. 1. b) dd) (1) der
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Gründe).
Auch die Tarifvertragsparteien sind – entweder unmittelbar oder mittelbar auf Grund der
aus den Grundrechten folgenden Schutzpflichten – bei ihrer tariflichen Normsetzung an
den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden. Hinsichtlich des
Prüfmaßstabs macht es keinen Unterschied, auf welche Rechtsgrundlage die
Anwendung des Gleichheitssatzes gestützt wird (BAG, Urteil vom 28.07.2005 – 3 AZR
14/05, AP Nr. 47 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu B. II. 2. a) der Gründe; BAG, Urteil vom
30.05.2006 – 3 AZR 273/05, AP Nr. 65 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen, zu B.
V. 2. a) der Gründe m.w. Nachw. der Rechtspr. zu den unterschiedlichen dogmatischen
Begründungen).
60
Ein Verstoß der Tarifvertragsparteien gegen den Gleichheitssatz setzt voraus, dass sie
bei der Aufstellung tariflicher Vorschriften tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten
außer Acht lassen. Diese müssten so wesentlich sein, dass sie bei einer am
allgemeinen Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtung hätten berücksichtigt
werden müssen. Soweit es dabei um die Beurteilung tatsächlicher Umstände und
möglicher Regelungsfolgen geht, steht den Tarifvertragsparteien eine
Einschätzungsprärogative zu. Bei der inhaltlichen Gestaltung der Regelung haben sie
einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum (BAG, Urteil vom 18.05.2004 – 9 AZR
250/03, EzA § 4 TVG Luftfahrt Nr. 9, zu B. II. 4. a) der Gründe; BAG, Urteil vom
27.06.2006 – 3 AZR 212/05, zu B. I. 5. b) aa) der Gründe m.w. Nachw., zitiert nach juris).
Es ist nicht Aufgabe der Gerichte zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien die gerechteste
und zweckmäßigste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden haben. Die
gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Tarifvertragsparteien ihren
Gestaltungsspielraum überschritten und nicht gegen das Grundgesetz oder anders
höherrangiges Recht verstoßen haben (BAG, Urteil vom 14.10.2003 – 9 AZR 146/03,
AP Nr. 9 zu § 3 ATG, zu I. 3. b) aa) der Gründe; BAG, Urteil vom 27.06.2006 – 3 AZR
255/05, AP Nr. 49 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu B. II. 2. a) der Gründe jeweils m.w.
Nachw.). Auch der Kompromisscharakter von Tarifverträgen als Verhandlungsergebnis
divergierender Interessen muss in dem Sinne berücksichtigt werden, dass an die
Systemgerechtigkeit der tarifvertraglichen Regelungen keine hohen Anforderungen
gestellt werden dürfen (BAG, Urteil vom 29.11.2001 – 4 AZR 762/00, AP Nr. 296 zu Art.
3 GG, zu II. 5. a) der Gründe). Einer allgemeinen Billigkeitskontrolle unterliegen
Tarifverträge hingegen nicht (BAG, Urteil vom 27.06.2006 – 3 AZR 255/05, AP Nr. 49 zu
§ 1 BetrAVG Ablösung, zu B. II. 2. a) der Gründe).
61
bb) Gemessen daran haben hier die Tarifvertragsparteien mit den Regelungen in § 2
Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit den ihnen durch Art. 9
Abs. 3 GG gewährleisteten Gestaltungsspielraum nicht überschritten.
62
(1) Soweit sich der Ausschlusstatbestand des § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 TV VBL-
Ablösung Cockpit darauf bezieht, dass die Leistung einer VBL-gleichen Rente
begonnen hat, stellt dies bereits deshalb keine sachgrundlose Ungleichbehandlung der
Versorgungsempfänger gegenüber den Versorgungsanwärtern und damit keine
Verletzung des Gleichheitssatzes dar, weil – wie hier – die Verbesserungen für die
aktiven und (noch) nicht im Ruhestand befindlichen Arbeitnehmer nach der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich das Berufungsgericht anschließt,
nicht auch auf die Rentner erstreckt werden müssen (BAG, Urteil vom 28.07.2005 – 3
AZR 14/05, AP Nr. 47 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu B. II. 2. b) der Gründe).
63
Die Nichteinbeziehung von (früheren) Mitarbeitern in den Anwendungsbereich des TV
VBL-Ablösung Cockpit und damit auch des TV L -Betriebsrente, bei denen die Leistung
einer VBL-gleichen Rente schon begonnen hat, wird auch von der Regelungsbefugnis
der Tarifvertragsparteien gedeckt. Denn diese erstreckt sich nach der Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts, die ebenfalls vom Berufungsgericht geteilt wird, nicht nur auf
aktive Arbeitsverhältnisse, sondern auch auf Ruhestandsverhältnisse (BAG, Urteil vom
27.02.2007 – 3 AZR 734/05, DB 2007, 1763, zu B. II. 1. a) der Gründe), um die es in § 2
Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 TV VBL-Ablösung Cockpit geht.
64
Auszugehen ist dabei von Art. 9 Abs. 3 GG. Diese Verfassungsnorm gewährleistet die
Tarifautonomie als Teil der Koalitionsfreiheit. Das Tarifvertragsgesetz füllt den von der
Verfassung vorgegebenen Rahmen lediglich aus. Sein durch die Verfassungsordnung
vorgegebener Zweck ist es, die Tarifautonomie möglichst weitgehend zu aktualisieren.
Diese ist aber hinsichtlich ihres persönlichen Anwendungsbereichs, wie aus der
Formulierung "jedermann" deutlich wird, nicht auf aktive Arbeitsverhältnisse beschränkt,
sondern besteht auch darüber hinaus. Wenn § 1 Abs. 1 TVG deshalb Normen über den
Inhalt von Arbeitsverhältnissen ermöglicht, so betrifft dies auch solche auf das
Arbeitsverhältnis bezogene Rechtsnormen, die sich erst nach dessen Ende
aktualisieren. Dazu gehören auch Normen, die die betriebliche Altersversorgung regeln.
Dafür spricht auch § 17 BetrAVG. Diese Vorschrift erlaubt den Tarifvertragsparteien, von
betriebsrentenrechtlichen Regelungen abzuweichen. Für die Regelungsbefugnis der
Tarifvertragsparteien behandelt der Gesetzgeber das betriebsrentenrechtliche
Versorgungsverhältnis wie ein Arbeitsverhältnis (BAG, Urteil vom 27.02.2007 – 3 AZR
734/05, DB 2007, 1763, zu B. II. 1. a) der Gründe m.w. Nachw.).
65
Die vom Kläger in seinem letzten Schriftsatz vom 30.08.2007 erwähnten
Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 27.06.2006 führten im Streitfall –
anders als von ihm offenbar angenommen – zu keiner abweichenden Beurteilung.
66
Beide Entscheidungen hatten die Einführung einer sog. nettoentgeltbezogenen
Gesamtversorgungsobergrenze zum Gegenstand. Nach Auffassung des
Bundesarbeitsgerichts wurden von der Geltung dieser
Nettogesamtversorgungsobergrenze, von der die Versorgungsempfänger dort erfasst
wurden, die Versorgungsanwärter nicht ausgeklammert, da es für eine
Schlechterstellung der schutzbedürftigeren Versorgungsberechtigten, bei denen das
Schutzbedürfnis mit Eintritt des Versorgungsfalles nicht geringer, sondern größer werde,
keinen sachlich einleuchtenden Grund gegeben habe und nicht unterstellt werden
könne, dass die Tarifvertragsparteien eine objektiv willkürliche Regelung hätten treffen
wollen (BAG, Urteile vom 27.06.2006 – 3 AZR 212/05 und – 3 AZR 196/05, jeweils zu B.
I. 4. d) der Gründe, zitiert nach juris).
67
Vorliegend geht es jedoch nicht um die Einführung einer nettoentgeltbezogenen
Gesamtversorgungsobergrenze, mit der regelmäßig Reduzierungen der monatlichen
Betriebsrente einhergehen, sondern um die Einführung einer neuen, ablösenden
Versorgungsordnung, die bei den von deren Anwendungsbereich nicht erfassten
Versorgungsberechtigten – anders als bei einer Einführung einer
Nettogesamtoberversorgungsgrenze – gerade nicht zu einer Schlechterstellung
bezüglich der bis dahin bezogenen monatlichen Betriebsrente führt, da diese auch nach
dem Abschluss des TV VBL-Ablösung Cockpit bzw. des TV Lufthansa-Betriebsrente der
Höhe nach unstreitig im gleichen Umfang wie bis dahin von der Beklagten an die von §
2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 TV VBL-Ablösung Cockpit erfassten
68
Versorgungsempfänger zu leisten ist und von ihr auch tatsächlich geleistet wird.
(2) Bei der in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung Cockpit festgesetzten
Altersgrenze des 63. Lebensjahres, das die (früheren) Mitarbeiter der Beklagten für die
Anwendbarkeit des TV VBL-Ablösung Cockpit und damit auch des TV Lufthansa-
Betriebsrente vor dem 02.01.2002 noch nicht vollendet haben durften, wurde von den
Tarifvertragsparteien der ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete
Gestaltungsspielraum ebenfalls nicht überschritten.
69
Die Festsetzung dieser Altersgrenze begegnet unter dem Gesichtspunkt des
Willkürverbots jedenfalls im Hinblick darauf keinen rechtlichen Bedenken, dass in § 2
Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung Cockpit als auf den 02.01.2002
abgestellt wird, vor dem die (ehemaligen) Mitarbeiter der Beklagten bezüglich der
Anwendbarkeit des TV VBL-Ablösung Cockpit das 63. Lebensjahr noch nicht vollendet
haben durften. Denn den Tarifvertragsparteien wäre es zum Zeitpunkt des Abschlusses
des TV VBL-Ablösung Cockpit am 04.12.2004 unbenommen geblieben, diejenigen
Personen in den Anwendungsbereich dieses Tarifvertrags nicht einzubeziehen, die zu
diesem Zeitpunkt das 65. Lebensjahr bereits vollendet hatten und damit rentenberechtigt
(vgl. § 35 SGB VI) waren. Die von § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung
Cockpit erfassten (früheren) Arbeitnehmer der Beklagten, also diejenigen, die vor dem
02.01.2002 das 63. Lebensjahr vollendet hatten, hätten damit von den
Tarifvertragsparteien vom Anwendungsbereich des am 04.12.2004 geschlossenen TV
VBL-Ablösung Cockpit in zulässiger Weise herausgenommen werden können, wenn
dieser erst mit Wirkung vom 04.12.2004 oder später in Kraft gesetzt worden wäre, da
diese Personen – wie auch der Kläger – dann das 65. Lebensjahr vollendet hätten.
70
Vor diesem Hintergrund kann die sich daraus ergebende Ungleichbehandlung von nicht
mehr bei der Beklagten aktiv tätigen Arbeitnehmern, die sich zum Zeitpunkt des
Inkrafttretens des TV VBL-Ablösung Cockpit am 01.01.2002 noch nicht im Ruhestand
befunden haben, im Hinblick auf die Anwendbarkeit dieses Tarifvertrags, je nach dem,
ob sie vor dem 02.01.2002 das 63. Lebensjahr vollendet haben oder nicht, nicht als
willkürlich gewertet werden.
71
Ob es sich bei der in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung Cockpit
enthaltenen Altersgrenzenfestsetzung um die gerechteste und zweckmäßigste Lösung
für den zu regelnden Sachverhalt handelt, war hier nicht zu klären, da den
Tarifvertragsparteien bei dieser Entscheidung ein weiter Gestaltungsspielraum zustand
und die verfassungsrechtlich geschützte Tarifautonomie (Art. 9 Abs. 3 GG) insoweit eine
diesem Grundrecht entsprechende Zurückhaltung der Gerichte gebietet (vgl. BAG, Urteil
vom 27.06.2006 – 3 AZR 212/05, zu B. I. 5. b) aa) der Gründe m.w. Nachw., zitiert nach
juris).
72
Dass nach § 6 Abs. 1 TV L -Betriebsrente Mitarbeiter erst mit der Vollendung des 65.
Lebensjahres die betriebliche Altersrente erhalten, hinderte die Tarifvertragsparteien
nicht daran, in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung Cockpit das
Tatbestandsmerkmal der Vollendung des 63. Lebensjahres aufzunehmen. Dies
bedeutet gewissermaßen keinen "Systembruch" im Bereich der betrieblichen
Altersversorgung, sondern rechtfertigt sich aus der Unterschiedlichkeit der
Regelungsmaterien: Während die in § 6 Abs. 1 TV L -Betriebsrente enthaltene
Altersgrenze Voraussetzung für die Gewährung einer betrieblichen Altersrente ist, betrifft
§ 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung Cockpit und die darin festgesetzte
73
Altersgrenze die – davon zu unterscheidende – Frage der Anwendbarkeit des TV VBL-
Ablösung Cockpit bzw. des TV L -Betriebsrente. Durch die Aufnahme von jeweils
unterschiedlichen Altersgrenzen in diesen Regelungen, die nicht als sachwidrig oder
gar willkürlich angesehen werden können, haben die Tarifvertragsparteien nicht den
ihnen durch Art. 9 Abs. 3 GG eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum überschritten,
worauf sich – wie bereits erwähnt – die gerichtliche Kontrolle beschränkt (BAG, Urteil
vom 18.05.2004 – 9 AZR 250/03, EzA § 4 TVG Luftfahrt Nr. 9, zu B. II. 4. c) aa) der
Gründe m.w. Nachw.).
(3) Die Tarifvertragsparteien konnten auch in zulässiger Weise sowohl in Satz 1 als
auch in Satz 2 von § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 TV VBL-Ablösung Cockpit hinsichtlich des
Vorliegens der darin geregelten Tatbestandsmerkmale jeweils auf die Zeit vor dem
02.01.2002 abstellen, ohne damit gegen den Gleichheitssatz zu verstoßen.
74
(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (siehe etwa BAG, Urteil
vom 29.08.2001 – 4 AZR 352/00, AP Nr. 291 zu Art. 3 GG, zu I. 4. a) der Gründe; BAG,
Urteil vom 29.11.2001 – 4 AZR 762/00, AP Nr. 296 zu Art. 3 GG, zu II. 5. a) der Gründe
jeweils m.w. Nachw.) können die Tarifvertragsparteien im Interesse praktikabler,
verständlicher und übersichtlicher Regelungen typisierende Regelungen, insbesondere
Stichtagsregelungen treffen. Deshalb kann bei der Prüfung eines möglichen Verstoßes
gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht auf die Einzelfallgerechtigkeit abgestellt
werden, sondern nur auf die generellen Auswirkungen der Regelung. Sofern – wie hier
– eine Versorgungsordnung umgestaltet wird und die Leistungen der betrieblichen
Altersversorgung verbessert werden, kann aus sachlichen Gründen bestimmt werden,
dass nur solche Arbeitnehmer nach der neuen Versorgungsordnung versorgt werden,
die nach einem bestimmten Stichtag in den Ruhestand treten (siehe etwa BAG, Urteil
vom 14.06.1983 – 3 AZR 565/81, AP Nr. 58 zu § 242 BGB Gleichbehandlung, zu III. 3.
a) der Gründe m.w. Nachw. der früheren Rechtspr.).
75
Einer verfassungsrechtlichen Überprüfung unterliegen Stichtagsregelungen nur
daraufhin, ob die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren
hinreichend gewürdigt wurden und sich die gefundene Lösung im Hinblick auf den
gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung durch sachliche Gründe
rechtfertigen lässt oder als willkürlich erscheint (BVerfG, Beschlüsse vom 26.06.2007 –
1 BvR 2204/00 und – 1 BvR 1355/03, zu III. 3. b) aa) (1) der Gründe, zitiert nach juris).
76
(b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die von den Tarifvertragsparteien in § 2 Abs. 1
Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit jeweils aufgenommene
Stichtagsregelung insbesondere unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte
dieses Tarifvertrags und bei gesamtsystematischer Betrachtung nicht willkürlich gewählt
worden, sondern durch sachliche Gründe gerechtfertigt.
77
Zum einen wurde unstreitig der frühere Versorgungstarifvertrag durch die Vereinigung
Cockpit e.V. zum 31.12.2001 gekündigt, so dass sich insoweit für die Folgezeit ein
Ablösungsbedarf ergab. Damit verbunden sollte ausweislich der Präambel des TV VBL-
Ablösung Cockpit zum anderen vor dem Hintergrund, dass sich die Tarifvertragsparteien
des Öffentlichen Dienstes mit dem Altersvorsorgeplan 2001 vom 13.11.2001 auf eine
grundlegende Reform der VBL-Zusatzversorgung unter Ablösung des bisherigen
Gesamtversorgungssystems geeinigt und insoweit auch dem Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 22.03.2000 (– 1 BvR 1136/96, AP Nr. 27 zu § 18
BetrAVG) Rechnung getragen haben, das bisherige VBL-gleiche
78
Gesamtversorgungssystem im L -Konzern mit Ablauf des 31.12.2001 abgelöst werden.
Im Hinblick darauf ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Tarifvertragsparteien
in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit jeweils den Stichtag
des 02.01.2002 für die darin enthaltenen Tatbestandsmerkmale, aus denen sich die
Nichtanwendung des TV VBL-Ablösung Cockpit und damit auch des TV L -
Betriebsrente ergibt, gewählt haben.
Dass die Tarifvertragsparteien die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden
Faktoren nicht hinreichend gewürdigt haben, ist weder erkennbar noch konkret dargetan
worden. Unter Berücksichtigung des gegebenen Sachverhalts und des Systems der
Gesamtregelungen lässt sich der von den Tarifvertragsparteien in § 2 Abs. 1
Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit jeweils aufgenommene Stichtag
vielmehr durch sachliche Gründe rechtfertigen und erscheint nicht als willkürlich
festgesetzt.
79
Eine inhaltliche Beurteilung der Zweckmäßigkeit dieser von den Tarifvertragsparteien
gewählten Lösung ist dem Berufungsgericht verwehrt. Denn es ist – wie bereits erwähnt
– nicht Aufgabe der Gerichte für Arbeitssachen zu prüfen, ob die Tarifvertragsparteien
die gerechteste und zweckmäßigste Lösung für den zu regelnden Sachverhalt gefunden
haben. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich allein darauf, ob die
Tarifvertragsparteien ihren Gestaltungsspielraum überschritten haben (BAG, Urteil vom
18.05.2004 – 9 AZR 250/03, EzA § 4 TVG Luftfahrt Nr. 9, zu B. II. 4. c) aa) der Gründe
m.w. Nachw.). Das ist hier aber nicht der Fall. Angesichts der eben genannten Gründe
ist das Abstellen der in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit
geregelten Tatbestandsmerkmale jeweils auf die Zeit vor dem 02.01.2002 vielmehr als
interessen- und sachgerecht anzusehen.
80
(c) Aus den zuletzt genannten Gründen ist auch unerheblich, ob die
Tarifvertragsparteien – wie vom Kläger angenommen – anstelle des Rentenbeginns vor
dem 02.01.2002 oder der Vollendung des 63. Lebensjahres vor diesem Tag auf andere
Kriterien, wie etwa auf das Bestehen bzw. Nichtbestehen des Arbeitsverhältnisses zum
Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrags, was dem Kläger im Hinblick auf das
Eingreifen der Regelungen des TV VBL-Ablösung Cockpit bzw. des TV L -Betriebsrente
und einer sich daraus ergebenden höheren Betriebsrente ohnehin keine Vorteile
gebracht hätte, auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, auf das Alter des Ausscheidens
aus dem aktiven Flugdienst, der Laufbahn o.ä. hätten abstellen können. Denn eine
diesbezügliche Überprüfung hieße, in den Beurteilungs- und Ermessensspielraum der
Tarifvertragsparteien einzugreifen, der aber der gerichtlichen Kontrolle gerade entzogen
ist.
81
(d) Soweit im Rahmen von Stichtagsregelungen (abgestufte) Übergangsregelungen für
geboten erachtet werden, etwa um schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand einer
bestimmten Rechtslage zu berücksichtigen oder um aus sozialpolitischen Erwägungen
die Folgen gravierender Rechtsänderungen abzumildern (vgl. BVerfG, Beschluss vom
08.04.1986 – 1 BvR 1186/83, AP Nr. 1 zu § 1 BetrAVG Versorgungsausgleich, zu C. II.
1. der Gründe; Dieterich, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 7. Aufl. 2007, Art. 3
GG Rdnr. 48) vermochte dies der Klage nicht zum Erfolg zu verhelfen.
82
Zunächst wurde ein etwaiges schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in den Fortbestand
einer bestimmten Rechtslage ohnehin bereits deshalb nicht enttäuscht, weil die
Regelungen des TV VBL-Ablösung Cockpit für ihn – unstreitig – nicht zur Folge hatten,
83
dass sich durch den Abschluss dieses Tarifvertrags am 04.12.2004 die Höhe seiner ihm
bis dahin von der Beklagten geleisteten monatlichen Betriebsrente reduzierte, so dass
der Tarifvertrag für ihn auch keine "gravierende" Rechtsänderung darstellt, die sich auf
die von ihm bis dahin bezogene Betriebsrente in der Folgezeit zu seinem finanziellen
Nachteil auswirkte.
Unabhängig davon wurde durch das Abstellen auf den 02.01.2002 in § 2 Abs. 1
Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit der Anwendungsbereich dieses
Tarifvertrags in persönlicher Hinsicht auch zu Gunsten eines Teils der (ehemaligen)
Mitarbeiter der Beklagten ausgedehnt: Sofern die Tarifvertragsparteien diejenigen
Personen nicht in den Anwendungsbereich dieses Tarifvertrags einbezogen hätten, die
vor dessen Abschluss am 04.12.2004 Empfänger von Leistungen einer VBL-gleichen
Rente waren oder das 65. Lebensjahr vollendet hatten, was den Tarifvertragsparteien –
wie oben im Einzelnen ausgeführt – ohne weiteres möglich gewesen wäre, wären die
Vorteile einer höheren betrieblichen Altersrente nach Maßgabe des TV L -Betriebsrente
von vornherein nur den nach dem 03.12.1939 geborenen (früheren) Mitarbeitern der
Beklagten zu Gute gekommen. Indem die Tarifvertragsparteien jedoch stattdessen in § 2
Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit hinsichtlich des Beginns
der Leistung einer VBL-gleichen Rente bzw. der Vollendung des 63. Lebensjahres
jeweils auf die Zeit vor dem 02.01.2002 abgestellt haben, kamen damit auch diejenigen
(ehemaligen) Mitarbeiter der Beklagten in den Genuss einer höheren Betriebsrente
gemäß den Bestimmungen des TV L -Betriebsrente, die schon früher, nämlich nach dem
01.01.1939 geboren worden sind, sofern sie vor dem 02.01.2002 noch keine VBL-
gleiche Rente bezogen haben.
84
Auch insoweit stand den Tarifvertragsparteien bei der Festlegung des Zeitpunkts, der für
die Ausdehnung des Anwendungsbereichs des TV VBL-Ablösung Cockpit in
persönlicher Hinsicht ausschlaggebend ist, ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Da
nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bereits bei der Ausgestaltung von
Besitzstandsregelungen die Tarifautonomie zu beachten ist, bei denen den
Tarifvertragsparteien ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht (so ausdrücklich BAG,
Urteil vom 27.06.2006 – 3 AZR 212/05, zu B. I. 5. b) aa) der Gründe m.w. Nachw., zitiert
nach juris), gilt dies erst Recht für Erweiterungen des persönlichen Geltungsbereichs
von begünstigenden Tarifverträgen, sofern diese Erweiterung nicht willkürlich erfolgt ist.
Dies ist hier aber aus den bereits genannten Gründen nicht der Fall.
85
(e) Die in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit enthaltenen
Stichtagsregelungen stellen schließlich für den Kläger keine unbillige, mit dem
Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu vereinbarende und nicht hinnehmbare
Härte dar.
86
Abgesehen davon, dass jeder Stichtag im Einzelfall unvermeidlich gewisse Härten mit
sich bringen kann (BVerfG, Beschlüsse vom 26.06.2007 – 1 BvR 2204/00 und – 1 BvR
1355/03, zu III. 3. b) aa) (1) der Gründe, zitiert nach juris; BAG, Urteil vom 18.05.2004 –
EzA § 4 TVG Luftfahrt Nr. 9, zu B. II. 4. c) aa) der Gründe; BAG, Urteil vom 30.11.1994 –
10 AZR 578/93, AP Nr. 89 zu § 112 BetrVG 1972, zu II. 3. b) der Gründe – zu
Stichtagsregelungen in Sozialplänen; Dieterich, in: Erfurter Kommentar zum
Arbeitsrecht, 7. Aufl. 2007, Art. 3 GG Rdnr. 48), kann sich der Kläger auf das Fehlen
einer Härtefallklausel schon deshalb nicht berufen, weil es sich bei ihm nicht um einen
Härtefall handelt.
87
Zum einen kommt ein Härtefall nur dann in Betracht, wenn jemand über das angestrebte
Regelungsziel hinausgehend erheblich nachteilig oder von einer beschränkenden
Regelung betroffen wird, obwohl es bei ihm unter den besonderen Umständen des
Einzelfalls ausnahmsweise an dem fehlt, was Grund für diese Regelung war (BAG,
Urteil vom 09.02.2002 – 3 AZR 99/01, AP Nr. 22 zu § 1 BetrAVG
Hinterbliebenenversorgung, zu III. 1. der Gründe; BAG, Vorlagebeschluss vom
27.06.2006 – 3 AZR 352/05 (A), AP Nr. 6 zu § 1 b BetrAVG, zu B. I. 3. der Gründe). Eine
derartige Fallgestaltung liegt bei dem Kläger nicht vor. Der Bezug der monatlichen
Betriebsrente seit dem 01.06.2000 sowie die Vollendung des 63. Lebensjahres vor dem
02.01.2002 werden von den Ausschlussklauseln des § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1
und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit erfasst und sollten gerade der Anwendbarkeit dieses
Tarifvertrags bzw. des TV L -Betriebsrente entgegen stehen, ohne dass hier besondere
Umstände dafür erkennbar sind, dass es im Streitfall beim Kläger ausnahmsweise an
dem fehlte, was Grund für die beiden tariflichen Ausschlusstatbestände war.
88
Unabhängig davon bedeuten zum anderen die Regelungen in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3
Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit für den Kläger auch deshalb keine unbillige,
nicht hinnehmbare Härte, weil er durch diesen Tarifvertrag keine finanziellen Verluste
der ihm von der Beklagten monatlich geleisteten Betriebsrente erlitten hat.
89
b) Durch die Regelungen des § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung
Cockpit werden die hiervon betroffenen (früheren) Arbeitnehmer der Beklagten auch
nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzt.
90
Ein unzulässiger Eingriff in dieses Grundrecht kam hier von vornherein bereits deshalb
nicht in Betracht, weil die Eigentumsgarantie nur den konkreten Bestand an
vermögenswerten Rechten sichert (BVerfG, Beschlüsse vom 26.06.2007 – 1 BvR
2204/00 und – 1 BvR 1355/03, zu III. 2. a) der Gründe, zitiert nach juris), die beim Kläger
durch den Abschluss des TV VBL-Ablösung Cockpit am 04.12.2004 nicht geschmälert
wurden, da er auf Grund dieses Tarifvertrags keine Verschlechterungen der ihm von der
Beklagten bis dahin gewährten monatlichen Betriebsrente hinnehmen musste. Ein
erhoffter Gewinnzuwachs – um den es dem Kläger hier durch seine Einbeziehung in
den Anwendungsbereich dieser Tarifverträge allein geht – ist keine zu
verfassungsrechtlichem Eigentum verfestigte Rechtsposition (vgl. BVerfG, Beschlüsse
vom 26.06.2007 – 1 BvR 2204/00 und – 1 BvR 1355/03, zu III. 2. a) der Gründe, zitiert
nach juris).
91
Ob die Nichteinbeziehung des Klägers in den Anwendungsbereich des TV VBL-
Ablösung Cockpit bzw. des TV L -Betriebsrente und das damit verbundene Unterbleiben
einer von der Beklagten zu zahlenden höheren monatlichen Betriebsrente nach dem
letztgenannten Tarifvertrag ausnahmsweise einen – unzulässigen – (faktischen) Eingriff
in das Grundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG wegen eines etwaigen "Austrocknens" der
Betriebsrente auf einem Mindestsicherungsniveau darstellen würde, bedurfte vorliegend
keiner Entscheidung. Da der Kläger seinen eigenen Angaben in der Klageschrift zufolge
von der Beklagten derzeit eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 2.358,18 € erhält
und die Beklagte zudem unter den Voraussetzungen des § 16 BetrAVG zur Anpassung
dieser Betriebsrente verpflichtet ist, kann hiervon nicht ausgegangen werden.
92
c) Die Regelungen in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit
verstoßen auch nicht gegen die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, 28
Abs. 1 Satz 1 GG) ergebenden Grundsätze des unzulässigen Rückwirkungsverbots, des
93
Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit.
aa) Den Tarifvertragsparteien steht es grundsätzlich frei, tarifliche Regelungen durch
neue abzulösen, auch wenn sie für die Arbeitnehmer ungünstiger sind. Das Verhältnis
zwischen dem früheren und dem späteren Tarifvertrag richtet sich nach dem sog.
Ablösungsprinzip (BAG, Urteil vom 18.05.2004 – 9 AZR 250/03, EzA § 4 TVG Luftfahrt
Nr. 9, zu B. II. 3. der Gründe). Die Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zu einem
– rückwirkenden – Eingriff in ihr Regelwerk bzw. in Versorgungsanwartschaften und
laufende Betriebsrenten ist allerdings durch die Grundsätze des Vertrauensschutzes
und der Verhältnismäßigkeit begrenzt (BAG, Urteil vom 28.07.2005 – 3 AZR 14/05, AP
Nr. 47 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu B. I. 2. a) bb) der Gründe; BAG, Urteil vom
27.02.2007 – 3 AZR 734/05, DB 2007, 1763, zu B. II. 3. a) der Gründe). Insoweit gelten
die gleichen Regeln wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei
der Rückwirkung von Gesetzen (BAG, Urteil vom 11.10.2006 – 4 AZR 486/05, AP Nr. 24
zu § 1 TVG Rückwirkung, zu 2. a) der Gründe m.w. Nachw.).
94
bb) Diese Grundsätze kommen allerdings nur dann zum Tragen, wenn es sich um
"Eingriffe", was denkgesetzlich Verschlechterungen gegenüber vorherigen rechtlichen
Positionen voraussetzt, bzw. um "belastende" Regelungen handelt (vgl. BVerfG, Urteil
vom 27.09.2005 – 2 BvR 1387/02, zu C. III. 1. der Gründe, zitiert nach juris). Durch die
Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit
wird aber in die bisherigen rechtlichen Positionen des Klägers weder zu dessen
Nachteil verschlechternd noch ihn belastend eingegriffen, da der TV VBL-Ablösung
Cockpit unstreitig zu keiner Veränderung der Höhe seiner monatlich von der Beklagten
zu zahlenden betrieblichen Altersrente geführt hat.
95
d) Die Regelungen in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit
sind ferner nicht wegen Verstoßes gegen das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3, 28
Abs. 1 Satz 1 GG) unwirksam.
96
Danach ist der Staat zwar verpflichtet, für eine gerechte Sozialordnung zu sorgen. Ob
dies auch für die Tarifvertragsparteien beim Abschluss von Tarifverträgen gilt, bedurfte
hier keiner Entscheidung. Denn angesichts der Weite und Unbestimmtheit dieses
Prinzips lässt sich daraus regelmäßig kein Gebot entnehmen, soziale Leistungen in
einem bestimmten (Mindest-)Umfang zu gewähren (BAG, Urteil vom 30.05.2006 – 3
AZR 273/05, AP Nr. 65 zu § 1 BetrAVG Zusatzversorgungskassen, zu B. V. 2. b) der
Gründe).
97
e) Die Regelungen in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit
sind weiterhin nicht wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 1 AGG
unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Altersdiskriminierung gemäß § 7 Abs. 2 AGG
unwirksam.
98
Beide Bestimmungen unterliegen einer Überprüfung nach dem AGG, da auch kollektiv-
rechtliche Vereinbarungen, um die es hier geht, gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG vom
Anwendungsbereich des AGG erfasst werden.
99
Der Umstand, dass der TV VBL-Ablösung Cockpit bereits am 04.12.2004 geschlossen
wurde, das AGG jedoch erst am 18.08.2006 in Kraft getreten ist, steht dem nicht
entgegen. Soweit vereinzelt angenommen wird, kollektiv-rechtliche Bestimmungen, die
vor dem Inkrafttreten des AGG geschlossen wurden, seien wegen Fehlens von
100
Übergangsregelungen hinsichtlich zuvor geschlossener Arbeitsverträge und kollektiv-
rechtlicher Regelungen nicht an den Bestimmungen des AGG zu messen (so ArbG
Frankfurt a.M., Urteil vom 14.03.2007 – 6 Ca 7405/06, BB 2007, 1736, 1737, zu 1. der
Gründe), vermag sich das Berufungsgericht dem nicht anzuschließen. Für die
Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vielmehr auf den Zeitpunkt der letzten
mündlichen Verhandlung abzustellen, zu dem das AGG bereits in Kraft getreten war und
damit auf den Streitfall grundsätzlich Anwendung findet (vgl. OVG NRW, Urteil vom
15.03.2007 – 6 A 4625/04, zu II. 1. der Gründe, zitiert nach juris; wohl auch LAG Köln,
Urteil vom 04.06.2007 – 14 Sa 201/07, zitiert nach juris – zur Vereinbarkeit einer in
einem vor dem 18.08.2006 abgeschlossenen Sozialplan enthaltenen
Abfindungsregelung mit dem AGG).
aa) Die in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung Cockpit enthaltene
Altersgrenze des 63. Lebensjahres, das die betreffenden Personen für die
Anwendbarkeit dieses Tarifvertrags bzw. des TV L -Betriebsrente vor dem 02.01.2002
nicht vollendet haben dürfen, ist mit den Vorgaben des AGG vereinbar. Sie enthält keine
unzulässige Diskriminierung wegen des Alters im Sinne des AGG.
101
(1) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine
Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, u.a. wegen des Alters, eine
weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren
Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbar an das Alter von 63
Jahren anknüpfende Regelung des § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung
Cockpit, das die betreffende Person vor dem 02.01.2002 nicht überschritten haben darf,
um in den Genuss des für sie im Hinblick auf die Höhe der von der Beklagten zu
leistenden monatlichen Betriebsrente günstigeren Anwendungsbereichs des TV L -
Betriebsrente zu gelangen, stellt zwar eine Benachteiligung wegen des Alters in diesem
Sinne dar. Für diese Ungleichbehandlung liegt jedoch ein Rechtfertigungsgrund vor.
102
(2) So können – zulässige – unterschiedliche Behandlungen wegen des Alters gemäß §
10 Satz 3 Nr. 4 AGG u.a. auch die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen
Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den
Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der
Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte
Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten und die Verwaltung von Alterskriterien im
Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen einschließen.
Wenn danach die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der
sozialen Sicherheit bereits als Voraussetzung für den Bezug von Altersrente
grundsätzlich möglich ist, kann nichts anderes für die Festsetzung von Altersgrenzen als
Voraussetzung für den Bezug einer höheren monatlichen Betriebsrente auf Grund einer
sog. ablösenden Versorgungsordnung gelten, um die es hier geht. Zulässig ist die
Festsetzung einer solchen Altersgrenze allerdings nur dann, wenn sie objektiv und
angemessen sowie durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist und sie ferner zur
Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich ist, § 10 Satz 1 und 2 AGG.
103
Mit der Begrenzung des Anwendungsbereichs des TV VBL-Ablösung Cockpit bzw. des
TV L -Betriebsrente auf (frühere) Mitarbeiter der Beklagten, die vor dem 02.01.2002 noch
nicht das 63. Lebensjahr vollendet hatten, wurde von den Tarifvertragsparteien ein
solches legitimes Ziel verfolgt. Denn diese Altersregelung dient dem billigenswerten
Zweck, den Kreis der Anspruchsberechtigten aus Gründen der Kalkulierbarkeit der sich
aus der ablösenden Versorgungsordnung ergebenden finanziellen Belastungen
104
einzuschränken (vgl. BAG, Vorlagebeschluss vom 27.06.2006 – 3 AZR 352/05 (A), AP
Nr. 6 zu § 1 b BetrAVG, zu B. III. 3. b) der Gründe; ähnlich BAG, Urteil vom 28.07.2005 –
3 AZR 457/04, AP Nr. 25 zu § 1 BetrAVG Hinterbliebenenversorgung, zu II. 2. a) aa) der
Gründe m.w. Nachw.).
Die zur Erreichung dieses Ziels in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung
Cockpit aufgenommene Altersgrenze des 63. Lebensjahres, das vor dem 02.01.2002
nicht vollendet sein durfte, ist auch, wie bereits unter a) bb) (2) im Einzelnen ausgeführt,
nicht auf unsachliche, geschweige denn auf willkürliche Gründe zurückzuführen. Die
Wahl dieser Begrenzung ist weiterhin zur Erreichung des von den Tarifvertragsparteien
angestrebten Ziels erforderlich und angemessen. Ob sich anstelle der von den
Tarifvertragsparteien gewählten Altersgrenzenregelung andere Maßnahmen zur
Zielerreichung geboten hätten, bedurfte keiner Entscheidung. Denn bei der Beurteilung
der Angemessenheit der streitgegenständlichen Maßnahme waren von den
Tarifvertragsparteien eine Vielzahl von in Betracht kommenden Sach- und
Wertungsfragen im Hinblick auf die Beschränkung der Anspruchsberechtigten nach der
neuen, ablösenden Versorgungsordnung zu berücksichtigen, welche die Annahme nur
einer "richtigen" Antwort ausschlossen.
105
Hinzu kommt, dass dem Gesetz- bzw. Verordnungsgeber nach einer Entscheidung des
OVG NRW vom 15.03.2007 bei der Bestimmung der Ausnahmen von dem
Gleichbehandlungsgrundsatz im Zusammenhang mit der Beurteilung der
Angemessenheit des gewählten Mittels in Relation zu dem damit verfolgten Zweck ein
weiter Gestaltungsspielraum zukommt (OVG NRW, Urteil vom 15.03.2007 – 6 A
4625/04, zu II. 1. b) der Gründe, zitiert nach juris), der in gleicher Weise den
Tarifvertragsparteien zuzubilligen ist, zumal diese nach der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts bei der Regelung von Versorgungsordnungen ebenfalls einen
Bewertungs- und Beurteilungsspielraum haben (BAG, Urteil vom 27.06.2006 – 3 AZR
212/05, zu B. I. 5. b) aa) der Gründe m.w. Nachw., zitiert nach juris), der von ihnen aus
den bereits genannten Gründen durch die Altersgrenzenregelung in § 2 Abs. 1
Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung Cockpit nicht überschritten wurde.
106
(3) Nicht zu verkennen ist zwar, dass die in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-
Ablösung Cockpit vorgenommene Abgrenzung, wonach (frühere) Arbeitnehmer der
Beklagten nicht vom Anwendungsbereich dieses Tarifvertrags bzw. des TV L -
Betriebsrente erfasst werden, wenn sie das 63. Lebensjahr vor dem 02.01.2002
vollendet haben, in Einzelfällen durchaus zu unsachgemäßen Ergebnissen führen kann,
je nach dem, ob die betreffenden (ehemaligen) Mitarbeiter der Beklagten am 01.01.1939
bzw. wenige Tage zuvor oder am 02.01.1939 bzw. wenige Tage danach geboren sind
und damit im letzteren Fall keine u.U. weitaus höhere Betriebsrente von der Beklagten
beanspruchen können, als die erstgenannten Personen, sofern sie nicht bis zum
01.01.2002 schon Versorgungsempfänger waren. Dieser Umstand muss jedoch wegen
des den Tarifvertragsparteien zustehenden Bewertungs- und Beurteilungsspielraums,
dessen rechtliche Grenzen sie hier aus den bereits genannten Gründen nicht
überschritten haben, hingenommen werden (ähnlich LAG Köln, Urteil vom 04.06.2007 –
14 Sa 201/07, zu II. 3. der Gründe zitiert nach juris – zur Vereinbarkeit einer
Sozialplanklausel, die bei der Möglichkeit der Inanspruchnahme von vorgezogenem
Altersruhegeld unmittelbar nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers eine geringere
Abfindung vorsieht, mit § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG). Hinzu kommt, dass hier ein solcher
"Härtefall" beim Kläger nicht vorliegt, da dieser unstreitig am 14.01.1937 geboren ist und
somit bereits längere Zeit vor dem 02.01.2002 das 63. Lebensjahr vollendet hatte. Der
107
Annahme eines solchen "Härtefalls" steht schließlich entgegen, dass der Kläger trotz
der Nichteinbeziehung in den Anwendungsbereich des TV VBL-Ablösung Cockpit
hinreichend abgesichert ist, da er auch nach dem Abschluss dieses Tarifvertrags am
04.12.2004 von der Beklagten die an ihn bis dahin geleistete monatliche Betriebsrente
in ungeminderter Höhe, die mit einem Betrag von zuletzt 2.358,18 € jedenfalls nicht als
geringfügig anzusehen ist, nach wie vor erhält.
(4) Die Entscheidung des ArbG Osnabrück vom 05.02.2007 vermochte der Klage unter
dem Gesichtspunkt der unzulässigen Altersdiskriminierung nach dem AGG nicht zum
Erfolg zu verhelfen.
108
Nach dieser Entscheidung habe der Arbeitgeber, sofern bei betriebsbedingten
Kündigungen eine Sozialauswahl mit Hilfe von Altersgruppen durchgeführt werde, ein
an den Zwecken des Diskriminierungsschutzes gemessenes rechtfertigendes Interesse
vorzutragen. Ein pauschaler Vortrag, der Betrieb sei mit einer höheren Altersstruktur
nicht mehr produktiv, reiche dafür nicht aus. In diesem Fall verstoße die Sozialauswahl
gegen § 7 Abs. 2 GG und sei unwirksam (ArbG Osnabrück, Urteil vom 05.02.2007 – 3
Ca 724/06, NZA 2007, 626 ff.).
109
Abgesehen davon, dass diese Entscheidung nicht frei ist von durchgreifenden
rechtlichen Bedenken (siehe dazu die Kritik u.a. von Bauer/Krieger, Verkehrte Welt:
Gleichmäßige Verteilung von Kündigungen über alle Altersgruppen als unzulässige
Altersdiskriminierung?, NZA 2007, 674 ff.; Thüsing, Europarechtswidrigkeit des § 2 Abs.
4 AGG – Altersgruppenbildung, BB 2007, 1506 ff.; Kothe, Altersgruppen als Mittel der
Altersdiskriminierung?, jurisPR-ArbR 31/2007 Anm. 1; anders nunmehr auch ArbG
Bielefeld, Urteil vom 25.04.2007 – 6 Ca 2886/06, BB 2007, 1961 ff., wonach die Bildung
von Altersgruppen nicht gegen das Diskriminierungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstößt
und damit auch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 7 Abs. 2 AGG führt,
soweit der Arbeitgeber ein anerkennenswertes betriebliches Interesse daran haben
kann, eine ausgewogene Altersstruktur im Betrieb zu haben und auch zu erhalten),
beschränkt sie sich auf die Vereinbarkeit von Altersgruppenbildungen im Rahmen der
bei betriebsbedingten Kündigungen durchzuführenden Sozialauswahl mit dem AGG
und hat damit für die hier vorliegende Problematik der Wirksamkeit einer
Altersgrenzenregelung als Anwendungsvoraussetzung für eine ablösende – günstigere
– Versorgungsordnung keine Aussagekraft.
110
bb) Stellt somit die Regelung des § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-Ablösung
Cockpit keine unzulässige Altersdiskriminierung i.S. des AGG dar, gilt dies erst recht für
die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 TV VBL-Ablösung Cockpit,
wonach (ehemalige) Mitarbeiter der Beklagten nicht vom Anwendungsbereich des TV
VBL-Ablösung Cockpit erfasst werden, sofern bei diesen bereits vor dem 02.01.2002 die
Leistung einer VBL-gleichen Rente begonnen hat.
111
Selbst wenn diese Tarifnorm eine mittelbare Benachteiligung wegen des Alters i.S. von
§ 3 Abs. 2 AGG i.V. mit § 1 AGG darstellen würde, wäre sie aus den gleichen Gründen,
die für die Annahme der Vereinbarkeit des 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2 TV VBL-
Ablösung Cockpit mit den AGG-Vorschriften ausschlaggebend sind, durch ein
rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sowie zur Erreichung des von den
Tarifvertragsparteien verfolgten Ziels angemessen und erforderlich. Hinzu kommt, dass
nach der bereits erwähnten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine
sachgrundlose Ungleichbehandlung ohnehin nicht gegeben ist, wenn etwaige
112
Verbesserungen von Versorgungsleistungen auf die aktiven und (noch) nicht im
Ruhestand befindlichen Arbeitnehmer beschränkt und nicht auch auf
Versorgungsempfänger erstreckt werden (BAG, Urteil vom 28.07.2005 – 3 AZR 14/05,
AP Nr. 47 zu § 1 BetrAVG Ablösung, zu B. II. 2. b) der Gründe).
cc) Auf den Bedeutungsgehalt der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 2 AGG, demzufolge für
die betriebliche Altersversorgung das Betriebsrentengesetz gilt, und seiner
Vereinbarkeit mit Art. 3 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur
Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung
in Beschäftigung und Beruf, sofern er als eine die Geltung des AGG ausschließende
Regelung ausgelegt würde (siehe dazu etwa Nicolai, Späteheklauseln gestern – heute
– morgen, SAE 2007, 185, 186), kam es nach alledem nicht an.
113
f) Ebenso wenig verstoßen die Regelungen in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV
VBL-Ablösung Cockpit gegen europäisches Recht, insbesondere weder gegen die
Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen
Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (im
Folgenden: RL 2000/78/EG) noch gegen das als allgemeiner Grundsatz des
Gemeinschaftsrechts geltende Verbot der Diskriminierung wegen des Alters (vgl. EuGH,
Urteil vom 22.11.2005 – C 144/04, AP Nr. 1 zu Richtlinie 2000/78/EG, Rdnr. 75 –
Mangold).
114
aa) Gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 RL 2000/78/EG können die Mitgliedstaaten ungeachtet
des Art. 2 Abs. 2 dieser Richtlinie vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des
Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im
Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere
rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und
berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses
Ziels angemessen und erforderlich sind. Zudem können die Mitgliedstaaten gemäß Art.
6 Abs. 2 RL 2000/78/EG ungeachtet des Art. 2 Abs. 2 dieser Richtlinie vorsehen, dass
bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von
Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente
oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher
Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen
bzw. Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme
von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen keine
Diskriminierung wegen Alters darstellt, solange dies nicht zur Diskriminierung wegen
des Geschlechts führt.
115
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich die Rechtfertigung von § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3
Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit, da die betreffenden Vorschriften mit den
Regelungen der Sätze 1, 2 und 3 Nr. 4 von § 10 AGG nahezu wortgleich – jedenfalls
soweit hier von Interesse – inhaltlich übereinstimmen und daher gegenüber den obigen
Ausführungen zu e), auf die insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen
wird, keine abweichende Beurteilung rechtfertigen.
116
Dass die Bestimmungen in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung
Cockpit zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts i.S. des letzten Halbsatzes von
Art. 6 Abs. 2 RL 2000/78/EG führen, ist weder klägerseitig konkret vorgetragen worden
noch in sonstiger Weise erkennbar.
117
bb) Die vom EuGH in der sog. Mangold-Entscheidung vom 22.11.2005 entwickelten
Grundsätze führen im Streitfall ebenfalls nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
118
(1) In dieser Entscheidung hat der EuGH u.a. angenommen, das Gemeinschaftsrecht
und insbesondere Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG seien dahin auszulegen, dass sie einer
nationalen Regelung des § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG a.F. entgegenstünden. Diese
Bestimmung, die den Arbeitgebern die Möglichkeit zur uneingeschränkten
sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen mit Arbeitnehmern eröffnet habe, die
das 52. Lebensjahr vollendet hatten, habe eine unmittelbar auf dem Alter beruhende
Ungleichbehandlung begründet. Eben zu Ungleichbehandlungen wegen des Alters
bestimme Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG, dass die Mitgliedstaaten vorsehen könnten,
dass solche Ungleichbehandlungen keine Diskriminierung darstellten, sofern diese
objektiv und angemessen seien und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein
legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen
Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen seien,
gerechtfertigt seien und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und
erforderlich seien. Zwar sei das mit der Vorschrift verfolgte Ziel, die berufliche
Eingliederung arbeitsloser älterer Arbeitnehmer zu fördern, grundsätzlich als eine
objektive und angemessene Rechtfertigung der auf dem Merkmal des Alters
beruhenden Ungleichbehandlung anzusehen. Der den Mitgliedstaaten bei der Wahl der
Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik
zustehende weite Ermessensspielraum werde hingegen überschritten, wenn die
nationale Vorschrift das Alter des betroffenen Arbeitnehmers als einziges Kriterium für
die Befristung des Arbeitsvertrags vorsehe, sofern nicht nachgewiesen sei, dass die
Festlegung einer Altersgrenze unabhängig von der Struktur des jeweiligen
Arbeitsmarkts und der persönlichen Situation des Betroffenen zur beruflichen
Eingliederung arbeitsloser älterer Arbeitnehmer erforderlich sei. Mit diesem Inhalt gehe
die Vorschrift über das hinaus, was zur Erreichung des verfolgten Ziels angemessen
und erforderlich sei. Zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sei es
erforderlich, bei Ausnahmen von einem Individualrecht die Erfordernisse des
Gleichbehandlungsgrundsatzes soweit wie möglich mit dem angestrebten Ziel in
Einklang zu bringen. Derartige nationale Vorschriften könnten daher nicht nach Art. 6
Abs. 1 RL 2000/78/EG gerechtfertigt sein. Dem stehe nicht entgegen, dass die Frist zur
Umsetzung der Richtlinie noch nicht abgelaufen gewesen sei, da zum einen die
Mitgliedstaaten während der Frist zur Umsetzung der Richtlinie keine Vorschriften
erlassen dürften, die geeignet seien, die Erreichung des in dieser Richtlinie
vorgeschriebenen Ziels ernstlich in Frage zu stellen, zum anderen der Grundsatz der
Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf nicht in der RL 2000/78/EG selbst
verankert, vielmehr das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als ein
allgemeiner Grundsatz des Gemeinschaftsrechts anzusehen sei (EuGH, Urteil vom
22.11.2005 – C 144/04 – Mangold, AP Nr. 1 zu Richtlinie 2000/78/EG, Rdnr. 57 ff.; dem
folgend BAG, Urteil vom 26.04.2006 – 7 AZR 500/04, AP Nr. 23 zu § 14 TzBfG, zu C. I.
der Gründe).
119
(2) Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind dagegen nicht Regelungen, die,
wie im Sachverhalt, der der Mangold-Entscheidung des EuGH vom 22.11.2005
zugrunde lag, das Alter des betroffenen Arbeitnehmers als einziges Kriterium für die –
sachgrundlose – Befristung von Arbeitsverträgen vorsehen, sondern
Anwendungsvoraussetzungen für eine ablösende, gegenüber den betroffenen
(früheren) Arbeitnehmern im Hinblick auf die Höhe der zu zahlenden monatlichen
Betriebsrente günstigere, Versorgungsordnung, die in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 2
120
TV VBL-Ablösung Cockpit zwar auch unmittelbar und in § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1
TV VBL-Ablösung mittelbar auf das Alter abstellen, die jedoch aus den bereits
genannten Gründen gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 RL 2000/78/EG
gerechtfertigt sind.
cc) Angesichts der Vereinbarkeit der streitbefangenen Regelungen in § 2 Abs. 1
Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung mit europäischem Recht, insbesondere
wegen ihrer Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 RL 2000/78/EG kam es
nicht darauf an, ob die Tarifvertragsparteien zum Zeitpunkt des Abschlusses des TV
VBL-Ablösung am 04.12.2004 überhaupt die RL 2000/78/EG zu beachten hatten und
sich das europäische Altersdiskriminierungsverbot nicht nur auf die Mitgliedstaaten
beschränkt, sondern auch auf die Tarifvertragsparteien erstreckt (siehe dazu im
Einzelnen BAG, Vorlagebeschluss vom 27.06.2006 – 3 AZR 352/05 (A), AP Nr. 6 zu § 1
b BetrAVG, zu III. der Gründe; ArbG Frankfurt a.M., Urteil vom 14.03.2007 – 6 Ca
7405/06, BB 2007, 1736, 1737, zu 1. der Gründe).
121
g) Durch die Regelungen des § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung
Cockpit wurde zumindest im Falle des Klägers nicht in unzulässiger Weise in dessen
unverfallbare Versorgungsanwartschaften gemäß § 1 b BetrAVG eingegriffen. Denn der
sich daraus ergebende Ausschluss des Klägers von den Vorschriften des TV VBL-
Ablösung Cockpit bzw. des TV L -Betriebsrente hatte unstreitig keine Reduzierung der
an ihn von der Beklagten bis dahin geleisteten monatlichen Betriebsrente zur Folge.
122
h) Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung einer monatlichen
Betriebsrente in der von ihm begehrten Höhe nach dem TV L -Betriebsrente seit dem
01.01.2002 ergibt sich weiterhin nicht aus § 41 Satz 2 SGB VI.
123
Danach gilt eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines
Arbeitnehmers ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zu dem der Arbeitnehmer
vor Vollendung des 65. Lebensjahres eine Rente wegen Alters beantragen kann, dem
Arbeitnehmer gegenüber als auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abgeschlossen,
es sei denn, dass die Vereinbarung innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem
Zeitpunkt abgeschlossen oder von dem Arbeitnehmer bestätigt worden ist.
124
Diese Bestimmung regelt nicht die mit dem Ausscheiden verbundenen Leistungen,
sondern verlängert lediglich die Dauer des Arbeitsverhältnisses auf die Vollendung des
65. Lebensjahres (BAG, Urteil vom 18.05.2004 – 9 AZR 250/03, EzA § 4 TVG Luftfahrt
Nr. 9, zu B. II. 6. der Gründe). Letzteres wurde hier aber vom Kläger nicht geltend
gemacht.
125
i) Nur der Vollständigkeit halber sei schließlich erwähnt, dass die Regelungen in § 2
Abs. 1 Unterabsatz 3 Satz 1 und 2 TV VBL-Ablösung Cockpit keiner sog. AGB-Kontrolle
nach den §§ 305 ff. BGB unterlagen, da diese Bestimmungen gemäß § 310 Abs. 4 Satz
1 BGB auf Tarifverträge keine Anwendung finden (vgl. BAG, Urteil vom 27.02.2007 – 3
AZR 735/05, zu B. II. 3. der Gründe, zitiert nach juris).
126
3. Da dem Kläger nach alledem bereits dem Grunde nach kein Anspruch gegen die
Beklagte auf Gewährung einer monatlichen Betriebsrente gemäß dem TV VBL-
Ablösung Cockpit i.V. mit dem Tarifvertrag L -Betriebsrente seit dem 01.01.2002 zusteht,
bedurfte es keiner Entscheidung darüber, ob der Kläger – was von der Beklagten in der
Klageerwiderung vom 20.09.2006 vorsorglich bestritten wurde – die Höhe einer sich aus
127
diesen Tarifverträgen ergebenden Betriebsrente in seinem Fall zutreffend errechnet hat.
III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V. mit § 97 Abs. 1
ZPO.
128
IV. Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG wegen der grundsätzlichen
Bedeutung der hier entscheidungserheblichen und – soweit ersichtlich –
höchstrichterlich bislang noch nicht geklärten Frage der Vereinbarkeit der
Regelungsinhalte von § 2 Abs. 1 Unterabsatz 3 TV VBL-Ablösung Cockpit zum einen
mit höherrangigem nationalen Recht, insbesondere mit dem
Gleichbehandlungsgrundsatz und mit § 10 AGG, zum anderen mit europäischem Recht
zuzulassen.
129
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
130
Gegen dieses Urteil kann von dem Kläger
131
R E V I S I O N
132
eingelegt werden. Für die Beklagte ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
133
Die Revision muss
134
innerhalb einer Notfrist* von einem Monat
135
schriftlich beim
136
Bundesarbeitsgericht
137
Hugo-Preuß-Platz 1
138
99084 Erfurt
139
Fax: (0361) 2636 - 2000
140
eingelegt werden.
141
Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils,
spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
142
Die Revisionsschrift muss von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen
Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
143
* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.
144
(Dr. Ehrich) (Gerresheim) (Groeneveld)
145