Urteil des LAG Köln vom 30.12.2010

LArbG Köln (kläger, fristlose kündigung, geschäftsführer, kündigung, verhalten, ehefrau, ordentliche kündigung, tätlichkeit, körperliche integrität, arbeitsgericht)

Landesarbeitsgericht Köln, 5 Sa 825/10
Datum:
30.12.2010
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
5.Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 Sa 825/10
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 18 Ca 5923/09
Schlagworte:
Beleidigung
Normen:
§ 626 Absatz 1 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Hat der Arbeitgeber Beleidigungen ausgesprochen, ist es eine zulässige
und nicht zu beanstandende Reaktion des Arbeitnehmers, wenn dieser
antwortet: "Pass auf, was Du sagst, Junge!"
Tenor:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 05.05.2010 - 18 Ca 5923/09 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
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Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung.
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Der Kläger ist am geboren, verheiratet und leistet Unterhalt für einen in seinem Haushalt
lebenden Enkel. Er war seit dem 03.05.1995 bei der Beklagten, einem
Dackdeckerbetrieb, als Dackdeckergeselle zu einem monatlichen durchschnittlichen
Bruttoentgelt von zuletzt 2.650,-- € beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die
allgemein verbindlichen Tarifverträge des Dachdeckerhandwerks Anwendung.
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Am 03.06.2009 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem
Junior-Geschäftsführer der Beklagten, Herrn J L deren Einzelheiten streitig sind.
Hintergrund war die Tatsache, dass die Beklagte Lohnpfändungen bei der Lohnzahlung
an den Kläger von Januar bis April 2009 in Höhe von 541,-- € einbehalten hatte, ohne
diese an die Pfändungsgläubiger abzuführen. Zudem hatte die Beklagte
Pfändungskosten in Höhe von 10,-- € pro Monat seit Juli 2008 sowie 130,-- € für Februar
2009 einbehalten. Daraufhin rief die Ehefrau des Klägers bei der Steuerberaterin der
Beklagten an, um dies aufzuklären. Wegen dieses Telefonats sprach der Junior-
Geschäftsführer J L den Kläger am 03.06.2009 an und forderte ihn auf, seine Frau davon
abzuhalten, erneut die Steuerberaterin anzurufen.
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Das Gespräch vom 03.06.2009 eskalierte, wobei die weiteren Einzelheiten streitig sind.
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Mit der Begründung, der Kläger habe den Junior-Geschäftsführer der Beklagten tätlich
angegriffen und bedroht, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 03.06.2009
außerordentliche, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt (Bl. 10 d. A.).
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Mit der fristgerecht eingereichten Klage hat der Kläger geltend gemacht, dass die
Kündigung unrechtmäßig gewesen sei. Er hat bestritten, den Junior-Geschäftsführer der
Beklagten tätlich angegriffen oder bedroht zu haben. Zudem sei zu berücksichtigen,
dass Herr J L seine Ehefrau im Rahmen des Streits am 03.06.2009 beleidigt habe,
indem er gesagt habe, die Ehefrau habe sich gegenüber der Steuerberaterin asozial
verhalten. Mit der Klage hat der Kläger zudem weitere Zahlungs- und
Abrechnungsansprüche sowie Urlaubsgeld und einen Zeugnisanspruch geltend
gemacht.
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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat behauptet, der Kläger habe den
Junior-Geschäftsführer im Rahmen der Auseinandersetzung vom 03.06.2009 tätlich
angegriffen. Dies sei geschehen, nachdem der Junior-Geschäftsführer den Kläger
darauf hingewiesen habe, dass dessen Ehefrau sich gegenüber der Steuerberaterin in
nicht hinnehmbarer Weise verhalten habe. Insoweit habe er nur die Steuerberaterin
zitiert, die sinngemäß gesagt habe, die Ehefrau habe sich asozial verhalten. Der Kläger
habe zunächst versucht, den Junior-Geschäftsführer mit einem Faustschlag ins Gesicht
zu treffen, was dadurch verhindert worden sei, dass der Junior-Geschäftsführer diesen
mit seinem Arm habe abwehren können und sodann die Hand des Klägers festgehalten
habe. Als sich der Kläger und der Junior-Geschäftsführer im Zuge dessen sehr nahe
gegenüber gestanden hätten, habe der Kläger daraufhin versucht, dem Junior-
Geschäftsführer eine Kopfnuss zu geben. Im Anschluss daran habe er dem Junior-
Geschäftsführer sinngemäß mit den Worten gedroht, er solle bloß aufpassen und
vorsichtig sein in der Zukunft.
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Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben über den Vorfall am 03.06.2009 durch
Vernehmung des Zeugen D W . Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird
auf das Sitzungsprotokoll des Arbeitsgerichts Köln vom 05.05.2010 (Bl. 138 ff. d. A.).
Bezug genommen.
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Durch Urteil vom 05.05.2010 hat das Arbeitsgerecht alsdann festgestellt, dass das
Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigung der
Beklagten vom 03.06.2009 beendet worden sei. Ein Grund für eine fristlose Kündigung
sei nicht gegeben. Die Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass ein tätlicher Angriff
des Klägers auf den Junior-Geschäftsführer der Beklagten stattgefunden habe. Der
hierzu befragte Zeuge W habe nicht bestätigen können, dass der Kläger versucht habe,
den Junior-Geschäftsführer zu schlagen oder ihm eine Kopfnuss zu geben. Auch eine
Drohung, die zu einer Kündigung berechtigen könne, liege nicht vor. Hierbei sei zu
berücksichtigen, dass die Beklagte zum Zeitpunkt der Auseinandersetzung unstreitig mit
mehr als 500,-- € netto im Verzug gewesen sei, ohne dass diese Tatsache dem Kläger
mitgeteilt worden sei. Zudem habe der Junior-Geschäftsführer der Beklagten kurz zuvor
dem Kläger jedenfalls mitgeteilt, dass jemand seine Ehefrau als "asi haft" bezeichnet
habe. Ob diese Äußerungen dem Junior-Geschäftsführer selbst oder der Steuerberaterin
zuzuschreiben seien, sei unerheblich. Jedenfalls sei die Gesamtsituation so zu
beurteilen, dass auch der Junior-Geschäftsführer damit habe rechnen müssen, dass der
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Kläger diese Äußerung nicht ohne Weiteres so stehen lassen würde. Eine
außerordentliche Kündigung sei daher nicht gerechtfertigt. Das Arbeitsverhältnis sei
allerdings durch die gleichzeitig ausgesprochene ordentliche Kündigung fristgerecht
zum 30.11.2009 beendet worden. Denn das Kündigungsschutzgesetz finde auf den
Betrieb der Beklagten keine Anwendung. Der Kläger habe die nach dem Gesetz
erforderliche Beschäftigtenzahl nicht darzulegen vermocht.
Der Kläger habe zudem Anspruch auf Erteilung eines Zeugnisses sowie Anspruch auf
Abrechnung des Arbeitsentgelts für den Monat Mai 2009.
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Den geltend gemachten Zahlungsanspruch in Höhe von 220,-- € hat das Arbeitsgericht
abgewiesen.
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Gegen dieses Urteil hat nur die Beklagte Berufung eingelegt.
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Die Beklagte macht geltend, das Arbeitsgericht habe eine fehlerhafte Würdigung der
Beweisaufnahme vorgenommen. Es sei unberücksichtigt geblieben, dass der Zeuge
ausgesagt habe, dass der Kläger den Junior-Geschäftsführer der Beklagten
angegangen sei und dass diese Nase an Nase gestanden hätten. Der Zeuge habe auch
erklärt, dass es eine Schreierei gegeben habe. Kein Chef müsse es sich aber bieten
lassen, vor allen anderen Mitarbeitern angeschrien zu werden. Zudem habe der Kläger
dem Junior-Geschäftsführer ins Gesicht geschrien: "Pass bloß auf, was Du sagst!" Der
Kläger habe auch geschrien: "Pass bloß auf, Junge!" Jedenfalls durch die Ansprache
"Junge" und er möge aufpassen, was er sage, habe der Kläger den Junior-
Geschäftsführer der Beklagten vor den Mitarbeitern dergestalt abgewertet, dessen
Autorität angezweifelt und bedroht, so dass eine Kündigung unter Abwägung aller
widerstreitenden Interessen gerechtfertigt gewesen sei. Zu berücksichtigen seien hier
die Abwertung, die Autoritätsabsprechung und die Bedrohungen. Auf die Tätlichkeit
komme es demnach schon nicht mehr an.
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Die Beklagte beantragt,
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unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Köln vom 05.05.2010 - 18 Ca 5923/09
- die Klage abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
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Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Es liege kein fristloser
Kündigungsgrund vor. Aus den vom Zeugen gebrauchten Begriffen "aneinandergehen"
oder "draufgehen" lasse sich eine Tätlichkeit oder versuchte Tätlichkeit des Klägers
gegen den Junior-Geschäftsführer der Beklagten nicht herleiten. Der Zeuge habe in
seiner Befragung klargestellt, dass es zu keiner Tätlichkeit gekommen sei. Zutreffend
habe das Arbeitsgericht zudem die durch den Juniorgeschäftsführer der Beklagten
entstandene Situation gewürdigt, die durch dessen Provokation entstanden sei, indem
er die Ehefrau des Klägers als "asihaft" bezeichnet habe.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte und begründete Berufung hatte in
der Sache keinen Erfolg. Zutreffend hat das Arbeitsgericht herausgearbeitet, dass ein
Grund für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses im vorliegenden
Fall und der Kläger zudem Ansprüche auf ein Zeugnis und auf die Lohnabrechnung für
den Monat Mai 2009 hatte.
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Auf die erstinstanzlichen Urteilsgründe kann in vollem Umfang Bezug genommen
werden. Zur Unterstreichung um im Hinblick auf das Vorbringen der Parteien in der
Berufungsinstanz ist Folgendes festzuhalten.
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I.
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1. Ein ausreichender Kündigungsgrund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB liegt nicht vor.
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a. Es mangelt an einem ausreichenden Kündigungsgrund. Ein solcher wäre nach § 626
Absatz 1 BGB nur gegeben, wenn Tatsachen vorlägen, aufgrund derer dem
Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter
Abwägung der Interessen beider Vertragsteile eine Fortsetzung es Arbeitsverhältnisses
bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar wäre. Dazu ist nach
gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung die Prüfung einer fristlosen
verhaltensbedingten Kündigung in zwei Stufen vorzunehmen. In der ersten Stufe ist zu
prüfen, ob ein pflichtwidriges Verhalten vorliegt, dass an sich eine außerordentliche
Kündigung rechtfertigt. In einer zweiten Stufe ist alsdann zu prüfen, ob unter
Berücksichtigung aller Einzelumstände und der Interessenabwägung eine Kündigung
gerechtfertigt ist (siehe BAG, Urteil vom 26.3.2009 – 2 AZR 953/07, AP Nr. 220 zu § 626
BGB; BAG Urteil vom 27.4.2006 – 2 AZR 386/05, BAGE 118, 104, 109).
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Im vorliegenden Fall scheitert die Kündigung bereits auf der ersten Stufe daran, dass ein
pflichtwidriges Verhalten des Klägers nicht festgestellt werden kann. Zudem würde – ein
pflichtwidriges Verhalten des Klägers unterstellt – die Interessenabwägung in jedem
Fall dazu führen, dass eine fristlose Kündigung ungerechtfertigt wäre.
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b. Eine Tätlichkeit des Klägers zu Lasten des Juniorgeschäftsführers der Beklagten ist
nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht erwiesen. Die Beklagte hatte hierzu
erstinstanzlich behauptet, der Kläger habe versucht, den Juniorgeschäftsführer mit
einem Schlag zu treffen und ihm eine Kopfnuss zu verpassen. In der Beweisaufnahme
hat der Zeuge, der weiterhin bei der Beklagten arbeitete, hierzu auf Nachfrage des
Beklagtenvertreters ausweislich des Sitzungsprotokolls ausdrücklich gesagt:
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"Das habe ich nicht gesehen."
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Auf Nachfrage des Beklagtenvertreters, ob der Kläger versucht habe, dem
Juniorgeschäftsführer eine Kopfnuss zu verpassen, hat der Zeuge ebenfalls erklärt:
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"Davon habe ich nichts mitbekommen."
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Anhaltspunkte dafür, dass diese Äußerungen nicht der Wahrheit entsprechen könnten,
sind nicht ersichtlich und von der Beklagtenseite im Berufungsverfahren auch nicht
vorgetragen worden.
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Soweit sich die Beklagtenseite nunmehr darauf im Unterschied zu ihrem
erstinstanzlichen Vorbringen beruft, die Tätlichkeit habe darin bestanden, dass der
Kläger den Juniorgeschäftsführer der Beklagten "angegangen" sei und mit diesem Nase
an Nase gestanden habe, kann daraus eine Tätlichkeit nicht abgeleitet werden. Die mag
zwar eine aggressives Verhalten gewesen sein, wenn die Darstellungen der
Beklagtenseite insoweit als richtig unterstellt werden. Die Grenze zu einem körperlichen
Angriff war damit aber noch nicht überschritten. Ein Angriff auf die körperliche Integrität
war dies noch nicht. Nur ein solcher könnte aber als kündigungsrelevante Tätlichkeit
gewertet werden.
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c. Kein Kündigungsgrund liegt in den von der Beklagten behaupteten lautstarken
Äußerungen, der Kläger habe geschrien: "Pass bloß auf, was Du sagst!" und "Pass bloß
auf, Junge!" Selbst wenn zugunsten der Beklagtenseite unterstellt wird, dass diese
Äußerungen tatsächlich gefallen sind, kann darin keinerlei kündigungsrelevanter
Pflichtverstoß des Klägers erkannt werden.
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Im Ausgangspunkt ist festzuhalten, dass sich die Beklagte im Vorfeld des Gesprächs
offenkundig rechtswidrig verhalten hatte, indem sie die zur Pfändung anstehenden
Beträge dem Kläger zwar von seinem Entgelt abgezogen, diese jedoch an die
Pfändungsgläubiger über mehrere Monate hinweg nicht abgeführt hatte. Dieses gemäß
§ 266 a Absatz 3 Strafgesetzbuch auch strafrechtlich relevante Verhalten bildete den
Ausgangspunkt für die Auseinandersetzung zwischen den Parteien.
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Nach § 266 a Absatz 3 StGB macht sich wegen Veruntreuen von Arbeitsentgelt strafbar,
wer Teile des Arbeitsentgelts, die er an einen anderen zu zahlen hat, einbehält, sie
jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer hierüber zu
informieren. Es lag daher ein rechtswidriges und ggf. auch strafechtlich relevantes
Vorverhalten der Verantwortlichen der Beklagten vor, welches Auslöser für den Anruf
der Ehefrau des Klägers bei der Steuerberaterin der Beklagten war.
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Es kommt hinzu, dass der Juniorgeschäftsführer der Beklagten bezüglich der Ehefrau
des Klägers nach seiner eigenen Einlassung im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht
am 05.05.2010 im Zusammenhang mit dem Verhalten der Ehefrau des Klägers im
Beisein anderer Mitarbeiter von asozialem Verhalten gesprochen hat. Dabei kann
dahingestellt bleiben, ob der Juniorgeschäftsführer der Beklagten dies als eigene
Äußerung abgegeben hat oder ob er insoweit nur die Äußerung der Steuerberaterin
wiedergegeben hat. Den Unrechtsgehalt einer solchen Äußerung tangiert dies nicht
wesentlich. Entweder hat der Juniorgeschäftsführer der Beklagten insoweit eine eigene
Beleidigung der Ehefrau des Klägers ausgesprochen (§ 185 StGB) oder aber die von
der Steuerberaterin ausgesprochene Beleidigung weiter transportiert und sich insoweit
der Mittäterschaft oder der Beihilfe (§ 27 StGB) zu einer Beleidigung schuldig gemacht.
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Der Kläger musste weder eine Beleidigung seiner Ehefrau durch den
Juniorgeschäftsführer der Beklagten noch die Weiterverbreitung einer von einer anderen
Person aufgestellten Beleidigung durch den Juniorgeschäftsführer der Beklagten zu
Lasten seiner Ehefrau hinnehmen. Vor diesem Hintergrund kann es nicht beanstandet
werden, wenn der Kläger durch seine Äußerungen, wie sie von der Beklagten behauptet
werden, unmissverständlich deutlich machte, dass er eine Fortsetzung oder weitere
Verbreitung solcher Beleidigungen nicht hinnehmen würde. Von daher ist die Äußerung,
"pass auf, was Du sagst", eine nicht zu beanstandende unmissverständliche Warnung
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an die Adresse des Juniorgeschäftsführers der Beklagten, von weiteren Beleidigungen
oder von Weiterverbreitungen von Beleidigungen abzulassen.
Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, hierdurch sei die Autorität des
Juniorgeschäftsführers angezweifelt und er abgewertet oder gar bedroht worden.
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Denn die Autorität, die die Leitungspersonen in einem Betrieb grundsätzlich in Anspruch
nehmen können, beruht auf ihrem korrekten und rechtmäßigem Auftreten im Betrieb. Die
Führungsautorität begründet sich auf dem Respekt, der durch korrekte Leitung des
Betriebs erworben wird. Vom Autoritätsanspruch ist hingegen nicht gedeckt ein
Verhalten, dass auf ein Veruntreuen von Pfändungsfreibeträgen und auf den Ausspruch
oder die Weiterverbreitung von Beleidigungen gekennzeichnet ist. Durch sein Verhalten
hatte sich der Juniorgeschäftsführer der Beklagten seiner Autorität bereits selbst
beraubt, so dass diese nicht mehr herabgesetzt werden konnte.
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Aus den genannten Gründen kann das Verhalten des Klägers, sollten die Darstellungen
der Beklagtenseite zutreffen, auch nicht als Bedrohung angesehen werden, sondern als
unmissverständliche Aufforderung, von weiteren Ehrverletzungen seiner Ehefrau sei es
durch eigene Beleidigungen, sei es durch die Weitergabe fremder Beleidigungen
abzulassen.
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d. Selbst wenn man insoweit entgegen dem zuvor Gesagten noch eine Pflichtwidrigkeit
des Klägers sehen wollte, ist jedenfalls festzuhalten, dass eine Interessenabwägung zu
Gunsten des Klägers ausfiele. Angesichts des rechtswidrigen Vorverhaltens der
Beklagten und des Junior-Geschäftsführers der Beklagten kann kein Überwiegen des
Kündigungsinteresses festgestellt werden.
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2. Ein ausreichender Grund für eine außerordentliche Kündigung ist nach allem nicht
gegeben.
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II.
Lohnabrechnung gemäß § 108 Abs. 1 GewO. Relevante Gründe, die diesem Anspruch
entgegenstehen könnten, hat die Beklagte auch in der Berufungsinstanz nicht
vorgetragen.
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III.
Abs. 1 GewO. Auch insoweit hat die Beklagte im Berufungsverfahren keinerlei Gründe
vorgetragen, die diesen erstinstanzlich bereits ausgeurteilten Anspruch in Frage stellen
könnten.
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IV.
Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückgewiesen werden.
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Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die Rechtssache keine
rechtsgrundsätzliche Bedeutung hatte, sondern ein Einzelfall auf der Basis der
höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entscheiden war.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
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Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Hinsichtlich einer
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Nichtzulassungsbeschwerde wird auf die in § 72 a ArbGG genannten Voraussetzungen
verwiesen.
Dr. Griese Klein Schäfer
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