Urteil des LAG Köln vom 14.05.2004

LArbG Köln: leiter, betriebsrat, ordentliche kündigung, freie mitarbeit, klageänderung, auflösung, arbeitsbedingungen, anhörung, rechtsberatung, stellenausschreibung

Landesarbeitsgericht Köln, 4 Sa 829/03
Datum:
14.05.2004
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 Sa 829/03
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 12 Ca 380/02
Schlagworte:
Kündigung wegen "Auflösung einer Hierarchieebene," Auswechselung
des Klagegrundes eines Weiterbeschäftigungsantrages
Normen:
§ 1 KSchG, § 102 BetrVG, § 533 ZPO
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Zu den Anforderungen an der Anhörung des Betriebsrates und
Darlegung im Prozess bei betriebsbedingter Kündigung wegen
"Auflösung einer Hierarchieebene."
2. Die Auswechselung des Klagegrundes eines
Weiterbeschäftigungsantrags vom sog. allgemeinen
Weiterbeschäftigungsanspruch in erster Instanz zum
Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG in zweiter
Instanz stellt eine Klageänderung dar.
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung
der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts
Köln vom 05.02.2003 - 12 Ca 380/02 - abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis
der Parteien nicht durch die Kündigung der Be-
klagten vom 14.12.2001 zum 30.06.2002 beendet
worden ist.
2. Hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags wird die
Klage als unzulässig abgewiesen.
3. Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits
haben der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen, von
den zweitinstanzlichen Kosten haben der Kläger 2/5 und
die Beklagte 3/5 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Parteien streiten darum, ob das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis durch
eine als betriebsbedingte ausgesprochene ordentliche Kündigung der Beklagten vom
14.12.2001 zum 30.06.2002 beendet worden ist.
2
Der zur Zeit der Kündigung 43-jährige Kläger ist verheiratet und hat ein Kind. Er ist seit
August 1998 bei der Beklagten, die ca. 700 Mitarbeiter beschäftigt, bzw. ihrer
Rechtsvorgängerin, als Leiter der Rechtsabteilung mit einem Jahresbruttogehalt von
122.400,00 DM zuzüglich einer Tantieme in Höhe von 26.000,00 DM pro Jahr
beschäftigt.
3
Der Arbeitsvertrag, nach welchem der Kläger nach einer Einarbeitungszeit als Leiter der
Stabsstelle Rechtsabteilung eingesetzt werden sollte, befindet sich auf Blatt 4/5 d. A.,
worauf Bezug genommen wird.
4
Dem Kläger waren außer einer Juristin, Frau B sechs Sachbearbeiter unterstellt, die
sich mit der Kreditabwicklung befassten.
5
Die Tätigkeit des Klägers bestand in der Rechtsberatung des Vorstandes, der
Führungskräfte, anderer Bereiche und Filialen der Bank. Ferner nahm der Kläger die
Vertragsprüfung und Rechtsverfolgung unter Einschaltung externer Anwälte vor, sobald
Prozessvertretungen erforderlich wurden. Der Kläger übernahm auch die Abwicklung
größerer Abwicklungsengagements. Zudem führte er das ihm unterstellte Personal.
6
Zum 01.04.2001 wurden die dem Kläger unterstellten sechs Sachbearbeiter dem
Bereich Kreditbetreuung zugewiesen und dem dortigen Leiter, Herrn B unterstellt, dem
vor der Zusammenlegung drei Mitarbeiter unterstellt waren. Rechtlich komplexere
Engagements der Kreditabwicklung bearbeitete der Kläger nach dem 01.04.2001 weiter.
7
Am 01.10.2001 genehmigte der Vorstand der Beklagten folgenden Beschlussentwurf
(Blatt 25 d. A.):
8
1. Vor dem Hintergrund und in Konsequenz der bereits erfolgten
organisatorischen Einbindung der ursprünglich in der Rechtsabteilung
angesiedelten Sachbearbeiter in den Bereich Kreditabwicklung wird die
Auflösung der Rechtsabteilung beschlossen.
9
2. Frau B wird dem Team Öffentlichkeitsarbeit unter Leitung von Herrn S
10
unterstellt. Das Team heißt zukünftig "Öffentlichkeitsarbeit/Recht".
3. Die Position des Leiters der Stabsstelle Rechtsabteilung entfällt
infolgedessen dauerhaft und ersatzlos.
11
4. Es wird beschlossen, das Anstellungsverhältnis mit dem Leiter der
Stabsstelle Rechtsabteilung aus den vorgenannten betrieblichen Gründen unter
Einhaltung der vertraglichen Kündigungsfrist zu beenden. Diesbezüglich wird
Herr Dr. T die einvernehmliche Beendigung seines Anstellungsverhältnisses
angeboten. Kommt eine solche einvernehmliche Beendigung nicht zustande,
wird die betriebsbedingte Kündigung seitens der Bank ausgesprochen.
12
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die dauerhafte Auflösung der Rechtsabteilung
tatsächlich dem Willen des Vorstandes entsprach.
13
Herr S , dem Frau B unterstellt wurde, ist Volkswirt.
14
Frau B wurde bald darauf schwangerschaftsbedingt mit anschließender Elternzeit nicht
mehr tätig. Statt dessen wurde Herr Sch , der frühere Leiter der Rechtsabteilung, auf der
Basis freier Mitarbeit eingesetzt.
15
Am 05.10.2001 hörte die Beklagte den Betriebsrat an. Wegen des Inhalts dieses
Schreibens wird auf Blatt 26 - 28 d. A. Bezug genommen. Der Betriebsrat widersprach
mit Schreiben vom 10.10.2001 (Blatt 29 d. A.). Da die Beklagte zunächst eine
einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger angestrebt hatte,
hörte sie den Betriebsrat mit Schreiben vom 11.12.2001 (Blatt 30/31 d. A.) erneut an. Der
Betriebsrat widersprach erneut mit Schreiben vom 12.12.2001 (Blatt 39 d. A.).
16
Die Beklagte kündigte dem Kläger mit Schreiben vom 14.12.2001, zugegangen am
21.12.2001, zum 30.06.2002. Dagegen erhob der Kläger am 11.01.2002
Kündigungsschutzklage und kündigte für den Fall des Obsiegens mit dem
Kündigungsschutzantrag den Antrag an, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu
bisherigen Arbeitsbedingungen unter Fortzahlung der Bezüge weiterzubeschäftigen.
Zur Begründung führte er in der Klage aus, er, der Kläger, habe spätestens nach dem
Obsiegen mit dem Klageantrag zu 1) einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu den
bisherigen Arbeitsbedingungen. Dieser Anspruch werde mit dem Klageantrag zu 2)
verfolgt.
17
Mit Schriftsatz vom 29.05.2002 (Blatt 45 d. A.) schrieb der Kläger unter anderem, die
Kündigung sei gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 KSchG ungerechtfertigt. Unabhängig davon
mache er nach § 102 Abs. 5 BetrVG hiermit seinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung
über das Ende der ordentlichen Kündigungsfrist hinaus geltend.
18
Am 06.12.2003 erschien in der F eine Annonce, mit der ein
Personalberatungsunternehmen für eine "visionäre und umtriebige Regionalbank"
einen "Leiter Personal und Recht" suchte (Blatt 238 d. A.). Frau R von der bei der
Beklagten beauftragten Personalberatung T GmbH teilte dem Kläger mit, dass es sich
um die Beklagte handele, die vorwiegend einen Bankrechtler suche, der bereits
Personalverantwortung getragen habe und bereit sei, sich weiter in das Thema
Personalabteilung einzuarbeiten. Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom
09.12.2003 (Blatt 240 d. A.) und wurde von der Personalberaterin am 16.01.2004 zu
19
einem Bewerbungsgespräch eingeladen.
Der Kläger hat die Ordnungsgemäßheit der Betriebsratsanhörung bestritten.
20
Im Übrigen, so der Vortrag des Klägers, habe die Unternehmensentscheidung allein in
der Kündigung des Klägers bestanden.
21
Auch schon bisher seien in erheblichem Maße Mandate an externe Rechtsanwälte
vergeben worden, nämlich immer dann, wenn eine prozessuale Verfolgung notwendig
gewesen sei. Die externe Vergabe sei seit dem Jahre 2000 im Umfang nicht verändert
worden. Überwiegend sei er, der Kläger auch mit internen Rechtsangelegenheiten
beschäftigt gewesen, die gerade nicht an die externen Kanzleien hätten abgegeben
werden können. Bei 700 Mitarbeitern sei der Umfang erheblich gewesen. Solche
Rechtsangelegenheiten hätten nicht vergeben werden können und seien auch nicht
vergeben worden.
22
Im Übrigen könne er - worauf schon der Betriebsrat verwiesen habe - auf der Stelle des
regionalen Leiters Markt beschäftigt werden, die die Beklagte zum 01.07.2002 habe
besetzen wollen. Fehlende Kenntnisse habe er sich bis zum 30.06.2002 aneignen
können. Der Kläger verweist darauf, dass er zuvor als Leiter der Rechtsabteilung bei der
C beschäftigt gewesen sei und dort die nötigen Erfahrungen und Kenntnisse als Berater
für Firmen- und Privatkunden erworben habe. Wegen des genauen Inhaltes der internen
Stellenausschreibung vom 21.09.2001 für einen Regionalleiter/Markt wird auf Blatt 35 d.
A. Bezug genommen.
23
Schließlich meint der Kläger, er sei im Rahmen der sozialen Auswahl auch mit Frau B
vergleichbar. Es ist unstreitig, dass Frau B ein Jahresgehalt von 86.186,00 DM bezog,
Frau B noch zum Zeitpunkt der Kündigung kinderlos und nicht so lange beschäftigt war
wie der Kläger. Der Kläger meint, seine Ernennung zum Leiter der Rechtsabteilung
habe ohne weiteres widerrufen werden können, da diese nicht arbeitsvertraglich
zugesichert gewesen sei.
24
Weiter ist der Kläger der Auffassung, dass er im Rahmen der sozialen Auswahl mit
Herrn S vergleichbar sei. Herr S habe bei der Zusammenlegung der Öffentlichkeitsarbeit
mit dem Rest der Abteilung Recht in die soziale Auswahl miteinbezogen werden
müssen. Herr S könne als Volkswirt nicht eine Rechtsabteilung führen. Umgekehrt
könne aber er, der Kläger Öffentlichkeitsarbeit machen. Herr S ist - das ist unstreitig -
nicht so lange bei der Beklagten beschäftigt wie der Kläger, wie dieser aber verheiratet
und hat ein einjähriges Kind.
25
Der Kläger hat beantragt,
26
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die
Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom 14.12.2001 zum
30.06.2002 beendet worden ist;
27
2. mit Obsiegen des Antrags zu 1. wird die Beklagte verurteilt, den Kläger
zu den bisherigen Arbeitsbedingungen unter Fortzahlung der Bezüge
weiterzubeschäftigen.
28
Die Beklagte hat beantragt,
29
die Klage abzuweisen
30
Die Beklagte hat vorgetragen, der Arbeitsplatz des Klägers sei auf Grund der Auflösung
der Rechtsabteilung weggefallen.
31
Zur Zuordnung der sechs Sachbearbeiter in dem Bereich Kreditbetreuung hat sie
vorgetragen, es habe zuvor eine strikte arbeitsorganisatorische Trennung der Sanierer
von den Abwicklern gegeben. Mit der Zusammenfassung der Sanierer und Abwickler in
einem Team hätten die Sanierer die Primärzuständigkeit erhalten. Sie bedienten sich
nunmehr der Abwickler als Servicedienstleister für den gesamten Sanierungsprozess.
32
Es würden in erheblichem Umfang Inkassounternehmen und Rechtsanwälte mandatiert.
So seien vom 01.04. bis zum 31.12.2001 1700 Fälle extern vergeben worden, davon
500 Altfälle. Im Detail habe die Rechtsabteilung vor der Strukturänderung nach
erfolgloser interner Tätigkeit die Engagements extern vergeben. Es habe sich in der
Regel um abgeschriebene Forderungen gehandelt. Die Strukturänderung beinhalte,
dass nicht mehr entscheidend sei, ob eine Forderung bereits nach einer ersten
Mahnung einzubringen sei, sondern dass die externe Vergabe bei Engagements
unterhalb einer Grenze von 10.000,00 EUR unmittelbar erfolge.
33
Durch die Zuordnung der Abwickler in die Kreditbetreuung seien die diesbezüglichen
Leitungsaufgaben des Klägers gänzlich entfallen.
34
Soweit bei der Beklagten Rechtsangelegenheiten anfielen, die nicht von Frau B erledigt
werden könnten, würden auch sie extern vergeben. Daher komme es nicht zu einer
überobligationsmäßigen Belastung.
35
Herr Sch sei ausschließlich als Vertreter für Frau B bis zu deren Rückkehr tätig
geworden. Er habe die Hotline von 10:30 bis 12:30 Uhr bedient. Nach ihrer Rückkehr
werde Frau B nicht mehr in Vollzeit-, sondern in Teilzeittätigkeit beschäftigt. Die freie
Mitarbeit des Herrn Sch sei mit der Rückkehr Frau B aus der Elternzeit am 05.12.2002
beendet worden.
36
Größere Engagements seien von dem Kläger seit dem 01.10.2001 nicht mehr bearbeitet
worden. Solche Engagements, die vom Kläger in der Vergangenheit bearbeitet worden
seien, seien entweder intern auf den Generalbevollmächtigten, Herrn E oder den
Teamleiter Kreditbetreuung, Herrn B , verteilt worden.
37
Des Weiteren seien Engagements extern vergeben worden.
38
Schließlich seien Engagements in solchen Fällen, in denen neben der Beklagten auch
andere befreundete Kreditinstitute engagiert gewesen seien, von diesen Instituten
federführend insgesamt übernommen worden.
39
Die Koordination der Vergabe, Überwachung der Rückläufe und Stellungnahmen an
externe Anwälte hätten die Herren E und B übernommen.
40
Die Zuordnung von Frau B zur Abteilung Öffentlichkeitsarbeit zeige keine
Vereinheitlichung der Rechtsabteilung mit der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit. Eine
fachliche Leitung durch Herrn S sei nicht erforderlich, sondern lediglich eine
41
unterstützende Hilfestellung in organisatorischen Fragen. Seit der Rückkehr von Frau B
aus der Elternzeit im Dezember 2002 betreue sie tatsächlich die sog. Infohotline. Eine
nicht in der vorgesehenen Arbeitszeit von 20 Wochenarbeitsstunden zu bewältigende
Angelegenheit würde extern vergeben. Eine soziale Auswahl mit Frau B sei nicht in
Betracht gekommen, weil sie nicht auf derselben Ebene der Betriebshierarchie
angesiedelt gewesen sei wie der Kläger. Auch der Leiter der Abteilung
Öffentlichkeitsarbeit, Herr S , sei nicht austauschbar.
Die Position des Regionalleiters Markt sei im Übrigen nicht besetzt worden, sondern auf
Dauer gestrichen worden. Der Kläger habe auch nicht die entsprechende Qualifikation
gehabt. Es sei ausweislich der Stellenausschreibung ein "Vertriebsprofi" gesucht
worden. Der Kläger habe nur eine Trainee-Ausbildung über wenige Monate erhalten
und nach dem Inhalt seines Zeugnisses nach seinem Eintritt im August 1991 bereits im
März 1992 eine Filiale der C in K übernommen. Auch die Führung einer Bankfiliale sei
mit gänzlich anderen Aufgaben verbunden gewesen und sei nicht gleichzusetzen mit
einer mehrjährigen Erfahrung im Vertrieb. Im Übrigen fehlten dem Kläger jegliche
Kenntnisse im Anlage- und Wertpapiergeschäft, eine ebenso wichtige Voraussetzung
wie Akquisitionstalent, das durch eine mehrjährige einschlägige Vertriebserfahrung
nachzuweisen sei. Der Kläger habe auch in seinem Bewerbungsgespräch vom
06.12.2001 selbst erklärt, dass er nicht die Erfahrung besitze, die jemand mitbringe, der
lange Zeit im Marktgeschehen tätig sei. Der Kläger habe ebenso das Fehlen von
Kenntnissen im Anlage- und Wertpapiergeschäft eingeräumt.
42
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 05.02.2003 die Klage abgewiesen. Wegen seiner
Entscheidungsgründe wird auf Blatt 130 ff. d. A. Bezug genommen.
43
Gegen dieses ihm am 01.07.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.07.2003
Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum
01.10.2003 am 01.10.2003 begründet.
44
Der Kläger trägt vor, der Sachverhalt stelle sich als gezielte Unternehmerentscheidung
allein zu seiner, des Klägers, Kündigung dar. Offenbar sei schon vor April 2001
beschlossen worden, sich des Klägers zu entledigen. Die Auflösung der
Rechtsabteilung sei tatsächlich nicht erfolgt. Vielmehr handele es sich um eine
Umbenennung der Tätigkeit, da die angebliche Organisationsentscheidung und die
Kündigung sehr nah beieinander lägen und untrennbar miteinander verbunden seien,
obliege es der Beklagten, durch Tatsachenvortrag zu verdeutlichen, dass ein Bedürfnis
für die Beschäftigung des Klägers entfallen sei.
45
Die Beklagte habe auch zu keinem Zeitpunkt den Entschluss getroffen, die
Rechtsabteilung und damit verbunden die Position des Leiters der Rechtsabteilung
dauerhaft wegfallen zu lassen. Der schriftlich abgefasste Vorstandsbeschluss vom
01.10.2001 diene lediglich der Vorbereitung des entsprechenden Prozessvortrages.
Tatsächlich sei die angebliche Entscheidung nur vorgeschoben worden. Nach
Beendigung des Kündigungsschutzprozesses habe die Position des Leiters der
Rechtsabteilung unmittelbar neu besetzt werden sollen. Der Kläger beruft sich dazu
unter anderem auf das Zeugnis eines ehemaligen Vorstandsmitgliedes. Seitens der
Beklagten sei jedoch die Dauer des vorliegenden Rechtsstreites augenscheinlich nicht
richtig eingeschätzt worden oder ein weiteres Abwarten der Neubesetzung der vom
Kläger zuvor ausgeübten Stelle sei nicht mehr möglich gewesen. Daher habe die
Beklagte mit der Annonce in der F vom 06.12.2003 die Position "Leiter Personal und
46
Recht" ausgeschrieben.
Der Kläger beruft sich darauf, dass die in dieser Annonce beschriebenen Aufgaben des
Leiters Recht den bisher von ihm ausgeübten Tätigkeiten entsprächen und dass der
weitere Teil der Personalarbeit ihm, dem Kläger, am 05.06.2001 von dem
Vorstandsmitglied D attestiert worden sei. Dazu beruft der Kläger sich auf einen
Vermerk (Blatt 239 d. A.). Der Kläger habe im Übrigen durch seine Tätigkeit bei der C
Erfahrung in der Personalarbeit und sei auch bereit, sich auf diesem Gebiet weiter
einzuarbeiten.
47
Was den Vortrag der Beklagten zum behaupteten Wegfall des Arbeitsplatzes anbelangt,
so trägt der Kläger vor, komplexere Fälle seien auch schon vorher extern vergeben
worden. Frau B habe bereits vor der Freistellung des Klägers weitgehend telefonische
Rechtsberatung für die gesamte Bank gemacht, die auch von ihm, dem Kläger,
wahrgenommen worden sei. Die sog. Infohotline sei keine Erfindung im Zuge der
"Umstrukturierung zum Nachteil des Klägers", sondern sei ein Dienstleistungsangebot
für die gesamte Bank bereits während der Dauer der Tätigkeit des Klägers gewesen.
Insoweit heißt es in einem erstinstanzlich vom Kläger zu den Akten gereichten Vermerk
mit dem Titel "Strategie 2000 plus der Rechtsabteilung der K eG" vom 23. 8. 2000, die
Tätigkeit des Leiters der Rechtsabteilung sei durch Anfragen zunehmend beansprucht,
so dass für diesen "Hotline"-Service ein erhebliches Quantum an Arbeitszeit gebunden
sei und es wegen der steigenden Nachfragen unumgänglich sei, diesen Bedarf durch
Einstellung einer weiteren Mitarbeiterin zu entlasten. Dieses sei gelungen durch die
zunächst teilzeitige Einstellung von Frau B (Blatt 86 d. A.). Der Kläger verweist darauf,
dass die Arbeitszeit Frau B nunmehr auf wöchentlich 20 Stunden reduziert sei.
48
Soweit die Beklagte behaupte, dass Engagements in solchen Fällen, in denen neben
der Beklagten auch befreundete Kreditinstitute engagiert gewesen seien, von diesen
Instituten federführend insgesamt übernommen worden seien, so sei auch dieses
unzutreffend und bestritten. Die Beklagte möge diese Engagements nach Namen und
Anzahl benennen.
49
Schließlich beruft sich der Kläger weiter darauf, dass er bei der C eine Trainee-
Ausbildung durchlaufen habe zum Firmenkundenbetreuer, die vom 01.08.1991 bis zum
15.03.1993 gedauert habe. Von daher sei er für die seinerzeit ausgeschriebene Stelle
im Vertrieb qualifiziert gewesen.
50
Auch die soziale Auswahl sei fehlerhaft. Er sei mit Herrn S vergleichbar gewesen. Herr
S stehe auf der gleichen Hierarchieebene. Die Vergleichbarkeit sei schon daraus
ersichtlich, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende Herr M dem Kläger noch vor der
Einstellung des Herrn S in Aussicht gestellt habe, zusätzlich zu seinen
Leitungsaufgaben Recht das Ressort Öffentlichkeitsarbeit zu übernehmen. Die
Abteilung Öffentlichkeitsarbeit sei für die klassischen Themen wie Darstellung der
Beklagten nach außen, Pressearbeit und Tannenbaumbeleuchtung usw. zuständig.
Hierfür sei keine Ausbildung als Volkswirt erforderlich. Auch Herr S habe hierfür keine
besonderen Qualifikationen. Er, der Kläger verfüge über umfangreiche Kenntnisse über
die Beklagte. Die Darstellung nach außen sei daher unproblematisch. Ferner besitze,
er, der Kläger, die Fähigkeit, die Beklagte gegenüber der Presse zu vertreten. Der
Kläger sei mit dem umfangreichen Umgang mit Firmenkunden und sämtlichen
Leitungsebenen vertraut und daher ohne weiteres in der Lage, die Beklagte auch nach
außen zu vertreten. Hinzu komme, dass der Kläger im Gegensatz zu Herrn S auch in der
51
Lage sei, die nunmehr in die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit eingegliederte
Rechtsabteilung zu leiten und damit die Eigenschaft des Vorgesetzten für Frau B zu
übernehmen. Herr S sei lediglich in der Lage, Frau B organisatorisch zu unterstützen.
Der Kläger stützt den Weiterbeschäftigungsanspruch nunmehr auf § 102 Abs. 5 BetrVG.
Wegen des Vorbringens dazu wird auf Blatt 188/189, 232 - 237 d. A. Bezug genommen.
52
Seinen Wiedereinstellungsanspruch stützt der Kläger auf die Stellenausschreibung der
Beklagten in der F vom 06.12.2003. Wegen der Rechtsausführungen des Klägers zur
Herleitung des Wiedereinstellungsanspruches daraus, dass auf Grund seines
Weiterbeschäftigungsanspruches nach § 102 Abs. 5 BetrVG das Arbeitsverhältnis
fortbestanden habe, wird auf Blatt 222 - 224 d. A. Bezug genommen.
53
Der Kläger beantragt,
54
das Urteil des Arbeitsgerichts Köln - 12 Ca 380/02 - vom
55
05.02.2003 abzuändern und
56
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht
57
durch die Kündigung der Beklagten vom 14.12.2001 zum
58
30.06.2002 beendet worden ist,
59
2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger gemäß § 102 Abs. 5
60
BetrVG bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungs-
61
schutzrechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen
62
weiterzubeschäftigen,
63
3. hilfsweise
64
für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 1) die Be-
65
klagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers auf
66
Abschluss eines Fortsetzungsvertrages zu den bisherigen
67
Arbeitsbedingungen aus dem Arbeitsvertrag vom
68
03.06.1998 unter Anrechnung der früheren Beschäfti-
69
gungsdauer als Leiter der Rechtsabteilung anzunehmen
70
und den Kläger wieder einzustellen,
71
4. hilfsweise
72
für den Fall des Unterliegens der Anträge zu 1) und 3)
73
die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Leiter Personal
74
und Recht entsprechend der Stellenausschreibung in der
75
F vom 06.12.2003 auf die Bewerbung des Klägers vom
76
09.12.2003 (wieder) einzustellen.
77
Die Beklagte beantragt,
78
die Berufung zurückzuweisen.
79
Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
80
Hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrages widerspricht die Beklagte der
Klageänderung. Im Übrigen wird wegen des Vorbringens der Beklagten zu den im
Tatsächlichen streitigen Voraussetzungen des Weiterbeschäftigungsanspruches nach §
102 Abs. 5 BetrVG auf Blatt 214 - 217 d. A. Bezug genommen.
81
Die Beklagte bestreitet weiterhin die Vergleichbarkeit im Rahmen der Sozialauswahl mit
Herrn S . Umfassende und langjährige Erfahrungen der Öffentlichkeits- und
Pressearbeit seien für den Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit erforderlich. Herr S
sei ausgewiesener Spezialist dafür. Er sei seit März 2002 für die Beklagte tätig und
habe bereits vor seiner Einstellung über eine siebenjährige einschlägige
Berufserfahrung verfügt. Wegen der Darstellung der Einzelheiten der Tätigkeit Herrn S
wird auf Blatt 212/213 d. A. Bezug genommen.
82
Zur Frage des freien Arbeitsplatzes verweist die Beklagte darauf - was der Kläger nicht
bestritten hat - dass die Position des Regionalleiters Markt tatsächlich nicht besetzt
worden sei und auf Dauer gestrichen worden sei. Unstreitig habe der Kläger auch in
seinem Bewerbungsgespräch am 06.12.2001 persönlich erklärt, dass er nicht die
Erfahrungen besitze, die jemand mitbringe, der lange Zeit im Marktgeschehen tätig
gewesen sei. Er habe auf jeden Fall nicht die geforderte mehrjährige funktionsbezogene
Berufserfahrung im Vertrieb gehabt und könne sich nicht auf eine Trainee-Ausbildung
bei der C berufen.
83
Die Kammer hat mit Hinweisbeschluss vom 02.02.2004 (Blatt 247 - 250 d. A.) die
Beklagte auf die Darlegungsanforderungen hinsichtlich des behaupteten Wegfalls des
Arbeitsplatzes und die Anforderungen an eine dementsprechende Darlegung
gegenüber dem Betriebsrat hingewiesen.
84
Wegen des Vorbringens der Beklagten zu diesem Hinweisbeschluss, wird auf den
Schriftsatz der Beklagten vom 05.03.2004 (Blatt 255 - 267 d. A.) Bezug genommen.
Bezug genommen wird auch auf die Erwiderung des Klägers vom 05.04.2004 (Blatt 292
- 306 d. A.).
85
Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen diesen
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren.
86
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
87
Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers
hatte nur hinsichtlich des Kündigungsschutzantrages Erfolg.
88
I.
89
1.
2 KSchG bedingt, wenn sich der Arbeitgeber zu einer organisatorischen Maßnahme
entschließt, bei deren innerbetrieblicher Umsetzung das Bedürfnis für eine
Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers entfällt. Liegt eine unternehmerische
Entscheidung vor, so ist sie selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung und ihre
Zweckmäßigkeit zu überprüfen, sondern nur darauf, ob sie offen unvernünftig oder
willkürlich ist (vgl. z. B. BAG 17.06.1999 - 2 AZR 141/99 -; - 2 AZR 522/98 -; - 2 AZR
456/98 -).
90
Eine Entscheidung der Beklagten, ihre Führungsstruktur der Gestalt umzugestalten,
dass die vom Kläger geleitete Abteilung aufgelöst wird und die Position des Leiters der
Stabstelle Rechtsabteilung deshalb dauerhaft und ersatzlos entfallen soll, wäre eine
unternehmerische Organisationsmaßnahme, die zum Wegfall des
Beschäftigungsbedarfs für den Leiter und damit zum Wegfall des Arbeitsplatzes des
Klägers an sich führen könnte.
91
Läuft aber eine unternehmerische Entscheidung letztlich nur auf den Abbau einer
Hierarchieebene hinaus verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen
Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser
Entscheidung, damit überhaupt geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des
betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht
offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (so BAG 27.09.2001 - 2 AZR 176/00 -). Der
Arbeitgeber muss dann insbesondere darlegen, in welchem Umfang die bisher vom
Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand
anfallen. Er muss auf Grund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige
Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen
und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne
überobligationsmäßige Leistung erledigt werden können (BAG a.a.O.).
92
Ein solcher Fall ist vorliegend gegeben.
93
Die Kammer hat im Hinweisbeschluss vom 02.02.2004 (Blatt 247 ff. d. A.) auf diese
Entscheidung des BAG hingewiesen und der Beklagten entsprechenden Vortrag
aufgegeben.
94
Soweit die Beklagte dagegen aus der Entscheidung des BAG vom 17.06.1999 - 2 AZR
522/98 -) geringere Darlegungslasten ableiten will, so berücksichtigt sie nicht die
Besonderheiten des in dieser Entscheidung dem BAG unterbreiteten Sachverhalt. Dort
ging es nicht wie hier um den Abbau einer Hierarchieebene ging, sondern um die
Unternehmerentscheidung in einem Baubetrieb, alle Mitarbeiter ohne abgeschlossene
Berufsausbildung zu entlassen, soweit sie keine angelernten Spezialtätigkeiten
ausübten, und die von diesen ausgeführten Tätigkeiten teilweise den bei der dortigen
Beklagten beschäftigten Facharbeitern, teilweise Subunternehmern zu übertragen. Die
95
Besonderheit dieses Falles war dadurch gekennzeichnet, dass der Auftragsbestand
vom 30.11.1996 von 4,9 Mio. auf 3,3 Mio. per 28.02.1997 gesunken war und zusätzlich
die Unternehmerentscheidung getroffen war, Abbruch- und Stemmarbeiten an einen
Subunternehmer zu vergeben. Das Bundesarbeitsgericht hob in dieser Entscheidung
insbesondere darauf ab, dass die Annahme einer gleichbleibenden Arbeitsmenge nicht
möglich sei, da diese Annahme im Widerspruch zu der nicht bestrittenen Behauptung
der Beklagten hinsichtlich des Auftragsrückgangs stehe. Eine vergleichbare Situation ist
vorliegend nicht gegeben.
Zu beachten ist auch, dass das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom
22.05.2003 - 2 AZR 326/02 - zu dem Erfordernis der Darlegung der organisatorischen
Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit der Unternehmerentscheidung Folgendes
ausgeführt hat: Dass der Arbeitgeber zur organisatorischen Durchführbarkeit und
Nachhaltigkeit der unternehmerischen Entscheidung vortragen müsse, habe seinen
Sinn darin, einen Missbrauch des Kündigungsrechts auszuschließen. Vermieden
werden solle zum einen eine rechtswidrige Überforderung und Benachteiligung des im
Betrieb verbliebenen Personals, zum anderen, dass die unternehmerische
Entscheidung lediglich als Vorwand benutz werde, um einen Arbeitnehmer aus dem
Betrieb zu drängen.
96
Was dieses Letztere anbelangt, so kann nicht unbeachtet bleiben, dass es
ungewöhnlich ist, dass eine nicht kleine Bank (700 Mitarbeiter) dauerhaft ohne eine
Rechtsabteilung soll existieren können. Auffallend ist auch, dass die Beklagte nach
einer erheblichen Prozessdauer noch während des Prozesses eine neue Stelle eines
Leiters "Recht und Personal" ausschreibt.
97
2.
Kammer nicht geeignet, die Durchführbarkeit der Maßnahme ohne
überobligationsmäßige Mehrarbeit anderer Arbeitnehmer und insbesondere die
Nachhaltigkeit der Maßnahme im Sinne einer Dauerlösung überzeugend darzulegen.
Das Vorbringen der Beklagten ist nach wie vor in quantitativer Hinsicht unsubstantiiert.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
98
a)
Ausspruch der Kündigung hätten die Abwickler nicht mehr der Leitung des Klägers
unterstanden, so dass sich mangels Entscheidungserheblichkeit weiterer Vortrag hierzu
erledige.
99
Diese Auffassung ist unrichtig. Auch dann, wenn eine organisatorische Maßnahme in
mehreren Etappen durchgeführt wird und schließlich zu der Kündigung führt, kommt es
nicht allein auf den letzten Stand vor der Kündigung, sondern auf die gesamte
Maßnahme an. Im Übrigen hat die Beklagte selbst die Umorganisation der
Kreditabwickler in der Anhörung des Betriebsrates (vgl. Blatt 27 d. A.) als Teilschritt der
zur Kündigung führenden Umstrukturierungsmaßnahmen des Kündigungsgrundes
dargestellt, wenn es dort heißt:
100
"Ihnen ist bekannt, dass wir bereits in einem ersten Schritt bislang Herrn Dr. T
unterstehenden Sachbearbeiter der Rechtsabteilung dem Bereich
Kreditabwicklung unterstellt haben. Hierbei handelte es sich um die Mitarbeiter B ,
P , A , E , K und K . In der Rechtsabteilung ist bis dato nur noch Frau B verblieben.
Die Aufrechterhaltung der Rechtsabteilung als eigenständige Abteilung macht vor
101
diesem Hintergrund jedoch keinen Sinn mehr. Wir werden deshalb die bisherige
Rechtsabteilung auflösen und Frau B dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit unter
Leitung von Herrn S zuordnen".
Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass die Beklagte dem Betriebsrat
keine weiteren organisatorischen Maßnahmen vorgetragen hat, worauf
zurückzukommen sein wird.
102
b)
durchgeführten Umorganisation seien Herrn B keine überobligatorischen Leistungen
abverlangt worden. Ursprünglich sei in der Rechtsabteilung früheren Zuschnitts unter
deren damaligen Leiter, Herrn Sch , die komplette Kreditabwicklung erledigt worden.
Seit Schaffung des Teams Kreditbetreuung unter Leitung von Herrn B seien
Einzelabwicklungsaufgaben sowohl dort als auch in der Rechtsabteilung bearbeitet
worden. Schnittstellen seien nicht definiert worden, was zu einer nicht hinreichend
effektiven und uneinheitlichen, teamübergreifenden Bearbeitung teilweise als
Parallelbearbeitung geführt habe. Aus diesem Grunde sei es inhaltlich und
organisatorisch sinnvoll gewesen, die Kreditabwickler auch der der Kreditabteilung
unterstehenden Einheit "Kreditbetreuung" anzugliedern, ohne dass hierdurch für den
Leiter Herrn B zusätzliche Mitarbeit verursacht worden sei.
103
Dieses ist nicht nachvollziehbar. Die Beklagte stellt als wesentlichen Grund für ihre
Entscheidung, die Stelle des Klägers entfallen zu lassen, in der Betriebsratsanhörung
gerade die Umorganisation hinsichtlich der Kreditabwickler dar. Die Beklagte will
offenbar selbst nicht behaupten, dass der Kläger mit der Leitung der Kreditabwickler
überhaupt keine Arbeit geleistet habe. Herr B leitete bisher eine Abteilung mit drei
Arbeitnehmern. Nunmehr kommen sechs Arbeitnehmer hinzu. Es ist nicht
nachvollziehbar, dass durch die Herrn B nunmehr übertragene Leitung von insgesamt
dreimal so viel Arbeitnehmern wie zuvor keine zusätzliche Arbeit verursacht würde.
104
Zudem hat die Beklagte erstinstanzlich (Blatt 109 d. A.) vorgetragen, größere
Engagements, die vom Kläger in der Vergangenheit bearbeitet worden seien, seien
entweder auf dem Generalbevollmächtigten Herrn E oder den Teamleiter
Kreditbetreuung Herrn B verteilt worden. Damit war zusätzlich Mehrarbeit verbunden
sein sollte. Es fehlt aber jeglicher Quantifizierung.
105
c)
Beklagte (Blatt 260 d. A.) vor, dass der Kläger "keine eigentliche Leitung ihrer Person"
innegehabt habe. Die anfallende Tagespost sei zwischen beiden partnerschaftlich
verteilt worden, eingehende Telefonate aus dem Vertriebsbereich seien
schwerpunktmäßig an Frau B gegangen. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit
zwischen dem Kläger und Frau B sei auch durch die Behandlung ausgehender Post
dokumentiert.
106
Wiederum fehlt es an Vortrag zum Umfang der Tätigkeit und ist nicht nachzuvollziehen,
wie die gesamte Post der Rechtsabteilung jetzt erledigt werden sollte. Frau B ist nach
Vortrag der Beklagten nur noch teilzeitbeschäftigt. Sie sollte nach Vortrag der Beklagten
insbesondere die sog. "Hotline" besetzen. Es fehlt nachvollziehbarer, quantifizierter
Vortrag dazu, wie die bislang von zwei Vollzeitbeschäftigten erledigte Tagespost
nunmehr erledigt werden kann. Da offensichtlich ist, dass der Leiter Öffentlichkeitsarbeit,
Herr S , als Volkswirt juristische Post nicht erledigen kann, fehlt es an jeglicher
107
Darlegung, wer denn in welchem Umfang insoweit die bisherigen Tätigkeiten des
Klägers ohne überobligationsmäßige Leistung erledigt.
d)
vorübergehend Vertreter von Frau B ) als "Koordinierungsstelle für die Vergabe der
Rechtsfälle an die eingeschalteten Anwaltskanzleien tätig" sei. Der Vortrag steht
zunächst in Widerspruch zum erstinstanzlichen Vortrag, wonach "die Koordination der
Vergabe, Überwachung der Rückläufe und Stellungnahmen an externe Anwälte ... die
Herren E und B übernommen" haben (Blatt 109 d. A.). Wiederum fehlt es an jeglichen
quantitativen Darlegungen.
108
e)
der Rechtsberatung des Vorstandes und der Führungskräfte und Filialen der Beklagten
sowie Vertragsprüfung. Wenn die Beklagte hier wiederum auf eingeschaltete
Anwaltskanzleien verweist, so wird aus dem Vortrag der Beklagten in keiner Weise
deutlich, wer denn die Koordinierung solcher Rechtsberatung von Vorstand und
Führungskräften übernommen hätte. Auch ist das Vorbringen insoweit wiederum
gänzlich unsubstantiiert hinsichtlich des Umfanges vor und nach der
Organisationsmaßnahme.
109
3.
ausreichend ansehen wollte, so wäre die Beklagte damit im vorliegenden Verfahren
präkludiert. Das Bundesarbeitsgericht hat nämlich in der bereits zitierten Entscheidung
vom 27.09.2001 (2 AZR 176/00) entscheiden, dass das Vorbringen des Arbeitgebers, in
welchem Umfang die bisher vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im
Vergleich zum bisherigen Zustand anfielen und hinsichtlich einer näher zu
konkretisierenden Prognose, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal
ohne überobligationsmäßige Leistung erledigt werden könnten, zum notwendigen Inhalt
der Anhörung des Kollektivorganes (dort Sprecherausschuss, hier Betriebsrat) gehöre.
Ohne eine solche Unterrichtung sei die Anhörung objektiv unvollständig. Bei diesem
weiteren notwendigen Vortrag handele es sich auch nicht um eine bloße Erläuterung
eines schon zuvor hinreichend mitgeteilten Sachverhalts, der auch ohne erneute
Einschaltung des Vertretungsorgans im Kündigungsschutzprozess noch möglich wäre,
da diese weiteren Informationen dem Kündigungssachverhalt überhaupt erst das
Gewicht eines Kündigungsgrundes gäben.
110
Wie bereits dargestellt, hat die Beklagte in der Anhörung des Betriebsrats
ausschließlich dargestellt, dass die bisher dem Kläger unterstehenden Sachbearbeiter
dem Bereich Kreditabwicklung unterstellt würden und Frau B dem Bereich
Öffentlichkeitsarbeit. Zu den gesamten anderen Tätigkeiten des Klägers findet sich in
der Betriebsratsanhörung kein Wort. Die Beklagte geht in dem oben dargestellten
Vortrag selbst davon aus, dass die Übertragung der Leitungsmacht gegenüber den
sechs Sachbearbeitern Herrn B keinerlei Mehrarbeit verursachte. Dieses würde in der
Konsequenz bedeuten, dass auch beim Kläger dadurch keine Arbeit entfallen ist.
Ebenso hat sie dargestellt, dass die Leitungsarbeit gegenüber Frau B zu
vernachlässigen gewesen sei.
111
Der Kläger selbst hat - im Übrigen unwidersprochen - schon erstinstanzlich vorgetragen,
er sei überwiegend mit internen Rechtsangelegenheiten beschäftigt gewesen.
112
Zu den Fragen, wer künftig die Tätigkeit des Klägers bei der Erledigung von
113
Zu den Fragen, wer künftig die Tätigkeit des Klägers bei der Erledigung von
komplexeren Abwicklungsfällen, bei der Rechtsberatung des Vorstandes und der
Führungskräfte, bei der Behandlung der für die Rechtsabteilung eingehenden
Tagespost und insbesondere als koordinierender Ansprechpartner der Beklagten zur
Betreuung von Prozessen, die von Anwaltsbüros durchgeführt werden, fehlt es an
jeglicher Information des Betriebsrates.
113
II.
unzulässige Klageänderung vorliegt.
114
Der Kläger hat erstinstanzlich den allgemeinen Weiterbeschäftigungsantrag nach der
Rechtsprechung des Großen Senats vom 27.02.1985 (AP BGB § 611
Beschäftigungspflicht Nr. 14) verfolgt. Dieses ergibt sich bereits aus der Formulierung
des damaligen Antrages, nach welcher ausdrücklich eine Verurteilung der Beklagten
zur Weiterbeschäftigung "mit Obsiegen des Antrages zu 1)" begehrt wurde. In dem
späteren Schriftsatz vom 22.05.2002 ist keine Klageänderung enthalten, sondern
lediglich das "Verlangen" im Sinne des § 102 Abs. 5 BetrVG.
115
In der Berufungsinstanz verfolgt der Kläger den erstinstanzlich abgewiesenen Antrag zu
2) nicht weiter. Er macht zweitinstanzlich nach ausdrücklicher Formulierung des Antrags
und nach der Begründung ausschließlich den Weiterbeschäftigungsanspruch nach §
102 Abs. 5 geltend.
116
Dieses ist eine Klageänderung im Sinne des § 533 ZPO, zu der der Gegner nicht
eingewilligt hat und die auch nicht sachdienlich ist.
117
Bei dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch handelt es sich um einen anderen
Streitgegenstand als bei dem besonderen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102
Abs. 5 BetrVG. Voraussetzungen und Rechtsfolgen beider Beschäftigungsansprüche
sind unterschiedlich (vgl. hierzu und zum Folgenden: BAG 12.09.1985 AP Nr. 7 zu §
102 BetrVG Weiterbeschäftigung). Der besondere Weiterbeschäftigungsanspruch des §
102 Abs. 5 BetrVG setzt gerade keine unwirksame Kündigung voraus. Liegen seine
Voraussetzungen vor, besteht das bisherige Arbeitsverhältnis Kraft Gesetzes fort und
wird nur auflösend bedingt durch die rechtskräftige Abweisung der
Kündigungsschutzklage. Dementsprechend bestehen bis zur rechtskräftigen Abweisung
der Kündigungsschutzklage auch die beiderseitigen Hauptpflichten fort, so dass der
Arbeitgeber Gläubiger der Arbeitsleistung bleibt und in Annahmeverzug gerät, wenn er
die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers nicht annimmt, selbst wenn die
Kündigungsschutzklage später rechtskräftig abgewiesen wird.
118
Der allgemeine Beschäftigungsanspruch setzt dagegen das Fortbestehen des durch
Vertrag begründeten Arbeitsverhältnisses voraus. Fehlt diese Voraussetzung, wird sie
nicht durch ein fehlerhaftes Urteil ersetzt, das dennoch zur Weiterbeschäftigung
verurteilt. Dementsprechend unterschiedlich sind auch die Rechtskraftwirkungen bei
einer Verurteilung nach dem allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch bei einer
solchen nach § 102 Abs. 5 BetrVG (vgl. BAG a.a.O.). Es handelt sich mithin um
verschiedene Streitgegenstände. Die Auswechslung ist eine Klageänderung.
119
Die Klageänderung ist in der Berufungsinstanz nicht sachdienlich. Sachdienlichkeit ist
zu verneinen, wenn die Prüfung des Anspruches zur Beurteilung eines völlig neuen
Streitstoffes nötigen würde, ohne dass dafür das Ergebnis der bisherigen
Prozessführung verwertet werden könnte (vgl. Zöller/Gummer § 533 ZPO Randnote 6).
120
Dieses ist hier der Fall. War der ursprünglich gestellte Weiterbeschäftigungsanspruch
von dem Ausgang des Kündigungsrechtsstreits abhängig, ist der vorliegend gestellte
Weiterbeschäftigungsanspruch - wie gezeigt - gerade nicht davon abhängig. Der
bisherige Streitstoff gibt zur Beurteilung des Weiterbeschäftigungsantrages nach § 102
Abs. 5 BetrVG nichts her. Demgegenüber würde erheblicher neuer, in der ersten Instanz
nicht unterbreiteter Streitstoff zu beurteilen sein. Die Parteien streiten unter anderem
darüber, ob überhaupt ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss vorliegt, ob
insbesondere die Betriebsratsmitglieder ordnungsgemäß zu der Sitzung geladen waren,
ob die Tagesordnung mitgeteilt worden ist, ob der Betriebsrat beschlussfähig gewesen
ist und ob ein Mehrheitsbeschluss vorliegt. Ferner streiten sie darüber, ob der
Betriebsrat sich ordnungsgemäß auf einen der in § 102 Abs. 3 Nr. 1 - 5 BetrVG
genannten Gründe berufen hat. Diese Streitfragen sind bereits Gegenstand eines
zwischen den Parteien geführten Zahlungsprozesses.
121
III.
gestellt waren, war nicht zu entscheiden.
122
IV.
Monatsgehältern, den erstinstanzlich gestellten allgemeinen
Weiterbeschäftigungsantrag entsprechend der Rechtsprechung des LAG Köln mit einem
Monatsgehalt, demgegenüber den besonderen Weiterbeschäftigungsanspruch nach §
102 Abs. 5 BetrVG mit zwei Monatsgehältern bewertet.
123
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
124
Gegen dieses Urteil findet kein Rechtsmittel statt. Auf die Möglichkeit der
Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird verwiesen.
125
(Dr. Backhaus) (Rupp) (Schaffert)
126