Urteil des LAG Köln vom 29.06.2009

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Landesarbeitsgericht Köln, 7 Ta 91/09
Datum:
29.06.2009
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
7 Ta 91/09
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bonn, 10 Ca 8282/08
Schlagworte:
Zeugnis; Streitwert; Mehrvergleich
Normen:
§ 33 RVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Nehmen die Parteien in einen Vergleich, der eine
Bestandsschutzstreitigkeit beilegt, nicht nur die Verpflichtung des
Arbeitgebers zur Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses auf, sondern
treffen auch Regelungen über den Inhalt des Zeugnisses, z. B. über die
zentrale Leistungsbeurteilung, so dient dies regelmäßig vorbeugend der
Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits und kann daher mit einem
Bruttomonatsgehalt als Vergleichsmehrwert bewertet werden.
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers
hin wird der Streitwert¬beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom
04.03.2009 abgeändert:
Der Streitwert für den Vergleich vom 04.03.2009 wird auf 10.538,74 €
festgesetzt.
G r ü n d e :
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I. Die Parteien stritten um die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung sowie
um einen Zahlungsanspruch. Nach außergerichtlichen Verhandlungen der Parteien
endete der Rechtsstreit mit einem vom Gericht durch Beschluss gemäß § 278 Abs. 6
ZPO festgestellten Vergleich. Ziffer 4 des Vergleichs hat folgenden Inhalt: "Die Beklagte
erteilt dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis, das den Kläger in seinem
beruflichen Fortkommen fördert und dessen Leistungsbewertung der Note "gut"
entspricht."
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In seinem Streitwertbeschluss vom 04.03.2009 setzte das Arbeitsgericht trotz
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ausdrücklichen gegenteiligen Antrags des Klägervertreters keinen Vergleichsmehrwert
im Hinblick auf die Vergleichsziffer 4 fest.
II. Die fristgerecht eingelegte, zulässige Streitwertbeschwerde ist nach Auffassung des
Beschwerdegerichts auch begründet. Die Regelung in Ziffer 4 des Vergleichs vom
04.03.2009 über die Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses mit der
Leistungsbeurteilung "gut" rechtfertigt die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts im
Umfang eines Bruttomonatsgehalts des Klägers, hier also einen Mehrwert in Höhe von
2.500,00 €.
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1. Im Ausgangspunkt ist dem Arbeitsgericht allerdings darin recht zu geben, dass sich
nur solche Regelungen in einem Vergleich streitwerterhöhend auswirken können, die
einen eigenständigen Streitgegenstand beseitigen. Dies verdeutlichen schon die
Begriffe
Streit
nicht darum, bloße Leistungen zu bewerten und zu honorieren, die die Parteien
anlässlich der Beilegung eines Streitgegenstandes einander zu gewähren versprechen.
Mit anderen Worten: Verpflichtet sich der Arbeitgeber in einem Vergleich, der der
Beilegung eines Kündigungsschutzprozesses dient, dem Arbeitnehmer in Ergänzung
einer vereinbarten Abfindung auch eine goldene Uhr zu übereignen, wirkt sich dies nicht
streitwerterhöhend aus. Anders liegen die Dinge jedoch, wenn zwischen den Parteien
außergerichtlich Streit über einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Herausgabe der
goldenen Uhr bestanden hat.
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Bei alledem ist aber auch zu beachten, dass nicht nur solche Vergleichsregelungen
streitwertrelevant sind, die einen zwischen den Parteien bereits entstandenen Streit
beilegen. Vielmehr können sich im Einzelfall auch Vergleichsregelungen
streitwerterhöhend auswirken, die dazu dienen, das unmittelbar drohende Entstehen
eines Streites zu verhindern.
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2. Diese Grundsätze vorangeschickt sprechen im vorliegenden Fall vier Gesichtspunkte
dafür, die Regelung in Ziffer 4 des Vergleichs vom 04.03.2009 als streitwertrelevant zu
berücksichtigen:
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Erstens entspricht es einer Erfahrungstatsache, dass mit Beendigung einer
Bestandsschutzstreitigkeit häufig Streit über den Inhalt eines noch zu erteilenden
Arbeitszeugnisses entsteht.
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Zweitens haben die Parteien in Ziffer 4 des Vergleichs vom 04.03.2009 nicht nur die
bloße Verpflichtung zur Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses
festgeschrieben, sondern auch eine inhaltliche Vereinbarung über den wichtigsten
Kernpunkt eines Arbeitszeugnisses, nämlich die Leistungsbeurteilung, getroffen.
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Drittens haben die Parteien außergerichtlich über diese Regelung nach der Darstellung
des Beschwerdeführers umfangreich verhandelt.
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Viertens hätte das qualifizierte Arbeitszeugnis in Anbetracht der zum 31.01.2009
ausgesprochenen Kündigung im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses von Rechts wegen
an sich schon erteilt gewesen sein müssen.
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Aus den genannten Gründen erscheint es gerechtfertigt, die Regelung in Ziffer 4 des
Vergleichs vom 04.03.2009 als eine solche zu bewerten, die einen drohenden Streit
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über den Inhalt eines zu erteilenden Arbeitszeugnisses verhindert hat.
3. Der Höhe nach entspricht es der Üblichkeit, eine Vergleichsregelung, in der
inhaltliche Festlegungen über ein qualifiziertes Zeugnis getroffen werden, mit einem
Monatsgehalt zu berücksichtigen.
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III. Gegen diese Entscheidung ist ein weiteres Rechtsmittel nicht statthaft.
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Dr. Czinczoll, VRLAG
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