Urteil des LAG Köln vom 09.06.2008

LArbG Köln: gehalt, arbeitsgericht, altersrente, firma, vergütung, pensionierung, anstellungsvertrag, ausweisung, steigerung, vorrang

Landesarbeitsgericht Köln, 5 Sa 429/08
Datum:
09.06.2008
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 Sa 429/08
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Siegburg, 1 Ca 1766/07
Schlagworte:
Betriebliche Altersversorgung
Normen:
§ 1 BetrAVG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Soll eine Betriebsrente nach der zugrunde liegenden
Versorgungsordnung auf der Basis der erzielten Bruttojahresvergütung
errechnet werden, ändert sich deren Höhe nicht, wenn bei
gleichbleibender Bruttojahresvergütung das Verhältnis einzelner
Gehaltsbestandteile verändert wird.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Siegburg vom 15.11.2007 – 1 Ca 1766/07 – wird kostenpflichtig
zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Parteien streiten um die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.
2
Der Kläger ist am 05.08.1944 geboren und war vom 01.04.1970 bis zum 31.08.2007 bei
der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerinnen beschäftigt. Grundlage der
Betriebsrente des Klägers ist die Versorgungsordnung vom 01.09.1990 (Bl. 8 ff. d. A.).
3
In Abschnitt VI Ziffer 2 heißt es:
4
"Die jährliche Altersrente beträgt:"
5
In Abschnitt 3 der Versorgungsordnung heißt es:
6
"III. Anrechenbares Gehalt
7
1) Das Jahresgehalt wird jeweils zum 01. April eines jeden Jahres festgestellt
(Berechnungstermin).
8
2) Jahresgehalt im Sinne der VO ist das 13,5-fache des vertraglich vereinbarten
monatlichen Grundgehaltes am Berechnungstermin zuzüglich der im
vorangegangenen Geschäftsjahr gezahlten Boni in Höhe von bis zu 8 % des
Jahresgehalts und/oder Zulagen für Bereitschaftsdienst."
9
Bis Ende des Jahres 1993 erhielt der Kläger ein Gehalt in Höhe von 7.660,00 DM.
Zusätzlich erhielt der Kläger jeweils am Ende des Jahres ein 13. Gehalt in Höhe von
ebenfalls 7.660,00 DM (siehe beispielhaft die Lohnabrechnung für November 1993, Bl.
112 d. A.), so dass der Kläger insgesamt pro Jahr 13,5 Gehälter erhielt. Ab dem
01.01.1994 wurde die Zahlungsweise umgestellt. Bei gleich bleibender
Jahresvergütung wurde dem Kläger ab dem 01.01.1994 weiterhin ein Gehalt in Höhe
von 7.660,00 DM sowie 1/12 des Urlaubsgeldes und 1/12 des 13. Gehalts ausgezahlt,
wobei in den Lohnabrechnungen (Bl. 220 bis 227 d. A.) das anteilige Urlaubsgeld und
das anteilige 13. Monatsgehalt in jedem Monat getrennt von dem unverändert
gebliebenen Gehalt von 7.660,00 DM ausgewiesen wurde.
10
Ab dem 01.04.2003 erhielt der Kläger ein Jahresgehalt von 67.477,20 €, woraus ein
monatlicher Bruttogesamtbetrag von 5.623,10 € resultierte (Aufstellung Bl. 145 d. A.).
Hinzu kamen jährliche Bonuszahlungen, die zu einem jährlichen Gesamteinkommen in
den Jahren 2003 bis 2007 zwischen ca. 72.000,00 und 78.000,00 € führten.
11
Die dem Kläger seitens der Firma G erteilten Leistungsnachweise bezifferten die dem
Kläger voraussichtlich zustehende Versorgung bei Pensionierung am 01.09.2002 zum
Stichtag 01.01.2002 mit 20.231,00 € jährliche Altersrente (Bl. 80 d. A.), zum Stichtag
01.01.2004 mit 21.549,00 € (Bl. 78 d. A.) und zum Stichtag 01.01.2005 mit 24.009,00 €
(Bl. 76 d. A.).
12
Aufgrund der vor Vollendung des 65. Lebensjahres erfolgten Zurruhesetzung des
Klägers berechnete die Firma GBG mit Schreiben vom 19.02.2006 (Bl. 72 d. A.) eine
jährliche betriebliche Altersrente von 18.470,08 €, so dass der Kläger eine monatliche
Betriebsrente von 1.539,17 € erhielt.
13
Der Kläger hält die ausgezahlte Betriebsrente für zu niedrig und meint, aufgrund der von
ihm vorgelegten Berechnung (Bl. 73 f. d. A.) stehe ihm eine jährliche Betriebsrente von
23.980,39 € zu, so dass sich ein um 459,20 € höherer monatlicher Rentenbetrag ergebe.
Denn der Betriebsrentenberechnung müsse zugrunde gelegt werden, dass der
Gesamtbruttobetrag, den der Kläger ab 1994 monatlich erhalten habe, mit 13,5
multipliziert werden müsse, wie dies nach dem Wortlaut der Versorgungsordnung
vorgegeben sei, und nicht nur mit 12 multipliziert werden dürfe, wie dies die Beklagte
getan habe.
14
Durch Urteil vom 15.11.2007 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur
Begründung darauf abgestellt, dass aus der Änderung der Zahlungsweise der
Vergütung des Klägers dergestalt, dass die Vergütung nicht mehr in 13,5
Monatsgehältern gezahlt werden, sondern in 12 gleich bleibenden Monatsraten bei
gleich bleibendem Jahresgehalt, nicht gefolgert werden könne, dass damit die Absicht
der Erhöhung der Betriebsrente des Klägers gewollt sein sollte. Dabei sei auch zu
15
berücksichtigen, dass der Kläger im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht persönlich
erklärt habe, die Umstellung der Gehaltszahlung von 13,5 auf 12 Raten habe nach der
eindeutigen Erklärung seines Arbeitgebers seinerzeit der Vereinfachung gedient, eine
Erhöhung des Gesamtvolumens sei damit nicht verbunden gewesen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt und geltend gemacht, der
Wortlaut der Versorgungsordnung sei eindeutig. Der Berechnung sei das 13,5-fache des
monatlichen Gehalts zugrunde zu legen. Die Versorgungsordnung verknüpfe die
Betriebsrente auch nicht einfach damit, ob Mitarbeiter ihre Gehälter 12, 13 oder 14 mal
im Jahr erhielten. Den Betriebsparteien sei bewusst gewesen, dass die
Versorgungsordnung im Gegensatz zu den Gehaltszahlungen den 13,5-fachen Satz für
die Betriebsrente vorsehe. Trotzdem sei die Versorgungsordnung nicht geändert
worden. Im Übrigen sei es nicht korrekt, anzunehmen, dass anlässlich der Umstellung
des Gehalts von 13,5 Monatsgehältern auf 12 Gehälter keine Schlechterstellung des
Klägers erfolgt sei. Denn dies sei einhergegangen mit einer Erhöhung der Arbeitszeit
sowie der Kürzung erheblicher bis dato gewährter Zulagen.
16
Im Übrigen könne sich der Kläger auf Vertrauensschutz berufen.
17
Der Kläger beantragt,
18
das Urteil des Arbeitsgerichts Siegburg vom 15.11.207 – 1 Ca 1766/07 –
aufzugeben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 918,40 € brutto
sowie ab November 2007, fällig jeweils zum Monatsende über die gezahlte
Rente von 1.539,17 € hinaus 459,20 € brutto monatlich zu zahlen;
19
hilfsweise
20
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Betriebliche
Altersrente nach der Versorgungsordnung der Beklagten vom September 1990
mit der Maßgabe zu zahlen, dass der Rentenberechnung als Jahresgehalt des
13,5-fache des vertraglich vereinbarten monatlichen Grundgehaltes
entsprechend der Versorgungsordnung zu Grunde gelegt wird.
21
Die Beklagte beantragt,
22
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
23
Die Beklagte trägt vor, mit der Änderung der Zahlungsweise des gleich bleibend hoch
gebliebenem Jahresgehalts sei keine Änderung der Höhe der Betriebsrente
beabsichtigt gewesen. Im Übrigen sei durch die Umstellung der Zahlungsweise das
Grundgehalt des Klägers nicht verändert worden.
24
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
25
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
26
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Mit Recht und mit zutreffenden Erwägungen
hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
27
I. Der Zahlungsantrag des Klägers, mit dem dieser eine zusätzliche monatliche
Rentenzahlung von 459,20 € begehrt, ist unbegründet. Eine höhere betriebliche Rente,
als diejenige, die der Kläger von der Beklagten erhält, steht ihm nicht zu.
28
1. Aus der Versorgungsordnung, insbesondere aus Abschnitt III Ziffer 2 folgt kein
höherer Anspruch des Klägers.
29
a) Bereits der Wortlaut des Abschnitts III Ziffer 2 der Versorgungsordnung trägt den
Anspruch des Klägers nicht. Dort ist geregelt, dass als Jahresgehalt im Sinne der
Versorgungsordnung das 13,5-fache des vertraglich vereinbarten monatlichen
Grundgehaltes zugrunde zu legen ist. Auszugehen ist daher von dem vereinbarten
vertraglichen monatlichen Grundgehalt. Dieses ist aber nicht, wie der Kläger meint, der
gesamte monatliche Bruttobetrag, den der Kläger jeweils erhalten hat, sondern nur, wie
aus dem Wortlaut der Versorgungsordnung eindeutig ersichtlich, das vertraglich
vereinbarte monatliche Grundgehalt. Dieses ist durch die Änderung der Zahlungsweise
ab dem 01.01.1994 jedoch überhaupt nicht verändert worden. Wie aus den
eingereichten Verdienstabrechnungen ersichtlich ist, ist sowohl vor dem 01.01.1994 als
auch danach jeweils ein monatliches Grundgehalt von 7.660,00 DM ausgewiesen und
gezahlt worden. Durch die Änderung der Zahlungsweise ist lediglich der
Auszahlungsrhythmus für das 13. Monatsgehalt und das Urlaubsgeld geändert worden.
Während diese Zahlungen vor dem 01.01.1994 einmal jährlich ausgezahlt wurden,
bestand die Änderung ab dem 01.01.1994 darin, dass in jedem Monat 1/12 des
Urlaubsgeldes und 1/12 des 13. Monatsgehaltes ausgezahlt wurden. Diese
Gehaltsbestandteile wurden jeweils separat neben dem Grundgehalt in den
Verdienstabrechnungen ausgewiesen. Diese getrennte Ausweisung unterstreicht aber
gerade, dass das Grundgehalt des Klägers nicht erhöht werden sollte, sondern dass
lediglich der Auszahlungsrhythmus von Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld geändert
werden sollte. Eine Änderung des Grundgehalts war damit, wie aus den
Verdienstabrechnungen eindeutig hervorgeht, nicht verbunden. Im Übrigen fehlt es auch
daran, dass der Kläger keinerlei konkrete Vereinbarung im Hinblick auf eine
Veränderung des monatlichen Grundgehalts vorgetragen hat. Die Änderung der
Zahlweise ersetzt nicht eine nach der Versorgungsordnung notwendige konkrete
Vereinbarung über eine Änderung des Grundgehalts. Auch der später geschlossene
geänderte Anstellungsvertrag vom 01.04.1998 (Bl. 24 ff. d. A.) enthält keinerlei
Vereinbarung über die Festlegung oder Veränderung eines monatlichen Grundgehalts.
Dort wird in § 2 lediglich ein festes Jahresgehalt festgelegt sowie der Umstand, dass
dieses Gehalt in 12 gleichen Teilbeträgen ausgezahlt werden soll. Damit ist lediglich
der Auszahlungsrhythmus bestimmt, nicht aber eine Veränderung des monatliches
Grundgehalts.
30
b) Unabhängig vom Vorstehenden würde, wie das Arbeitsgericht zu Recht
herausgearbeitet hat, eine an Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung der
Versorgungsordnung dem geltend gemachten Anspruch des Klägers diametral
widersprechen. Aus Abschnitt VI Ziffer 2 der Versorgungsordnung geht hervor, dass der
Betriebsrentenanspruch auf eine jährliche Altersrente gerichtet ist, die sich am
Jahreseinkommen des Arbeitnehmers orientiert. Unstreitig ist aber, dass sich das
Jahreseinkommen des Klägers durch die Veränderung der Zahlweise nicht geändert
hat. Der Kläger selbst hat im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht am 15.11.2007
ausweislich des Protokolls erklärt, dass mit der Änderung der Zahlungsweise der
Gehälter von 13,5 auf 12 Raten keine Veränderung des Jahresgehalts gewollt gewesen
sei, sondern der Arbeitgeber dies mit Vereinfachungsgründen begründet habe und
31
zudem den Mitarbeitern gesagt hätten, sie hätten dadurch den Vorteil, dass Geld früher
in der Hand zu haben. Angesichts dessen kann nicht angenommen werden, dass es
dem Willen der Betriebsparteien, die die Versorgungsordnung in Kraft gesetzt haben,
entsprochen hätten, bei unverändertem Gehaltsvolumen eine erhebliche Steigerung des
Betriebsrentenvolumens gewollt zu haben. Der Kläger kann daher nicht, wie er dies in
seiner Berechnung (Bl. 73 f. d. A.) getan hat, der Betriebsrentenrechnung
Jahresverdienste zugrunde legen, die er tatsächlich gar nicht erzielt hat. Der Kläger hat
in seine Berechnung, ausgehend davon, dass er den Gesamtbruttobetrag pro Monat
inklusive anteiligem Urlaubsgeld und 13. Gehalt in Höhe von 5.623,10 € mit 13,5
multipliziert hat, ein Jahresgrundgehalt von 75.911,85 € errechnet und hierzu
Bonusleistungen addiert und ist somit für die Jahre 2003 bis 2007 auf jährliche
Gesamtvergütungen zwischen ca. 81.000,00 und 88.000,00 € gekommen. Tatsächlich
hat der Kläger Jahresverdienste in dieser Höhe gar nicht bekommen, sondern nur eine
Jahresgrundvergütung von 67.477,20 € sowie Bonusleistungen, die sich auf
Gesamtjahresverdienste zwischen ca. 72.000,00 und ca. 78.000,00 € summieren.
Es widersprecht Sinn und Zweck der Versorgungsordnung, bei der Berechnung
Jahresverdienste zugrunde zu legen, die tatsächlich gar nicht erzielt worden sind.
32
2. Auch aus Vertrauensschutzgesichtspunkten kann der Kläger keinerlei Anspruch
herleiten. Auf die bis zum 01.01.2005 seitens der Firma G erteilten Auskünfte über die
voraussichtliche Rentenhöhe kann sich der Kläger bereits deshalb nicht berufen, weil
sich diese ausdrücklich nur auf die Pensionierung zum 01.09.2009 - also nach
Erreichen des 65. Lebensjahres – bezogen. Naturgemäß mussten die
Betriebsrentenansprüche des Klägers bei vorzeitiger Zurruhesetzung niedriger
ausfallen, und hinsichtlich deren Höhe enthielten die erteilten Leistungsnachweise
keine Aussagen. Im Übrigen kann ein Vertrauen darauf, dass der
Betriebsrentenberechnung höhere Jahresverdienste zugrunde zu legen wären, als sie
tatsächlich erzielt worden sind, durch die Leistungsnachweise nicht entstanden seien,
da diese hierzu keine Aussage enthielten. Angesichts der klar erkennbaren Intention der
Versorgungsordnung, die Höhe der jährlichen Altersrente anhand des tatsächlich
erzielten Jahresverdienstes zu bemessen, wäre ein Vertrauen des Klägers darauf, bei
der Betriebsrentenberechnung ein höheres Jahreseinkommen als das tatsächlich
erzielte zugrunde zu legen, auch nicht schutzwürdig.
33
Der Zahlungsanspruch des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.
34
II. Auch der Feststellungsantrag konnte nicht erfolgreich sein. Hinsichtlich der
Zulässigkeit gilt, dass der Vorrang der Leistungsklage zu beachten wäre. Auch an der
Begründetheit mangelt es, da der Kläger aus den dargestellten Gründen nicht verlangen
kann, dass der Rentenberechnung das 13,5-fache des monatlich gezahlten
Gesamtbetrags zugrunde gelegt und damit ein höheres Jahreseinkommen
berücksichtigt wird, als es der Kläger je erhalten hat.
35
III. Aus den dargestellten Gründen hatte die Berufung keinen Erfolg. Zu Recht hat das
Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.
36
Aufgrund dessen hat der Kläger auch die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 97
Abs. 1 ZPO zu tragen.
37
Die Zulassung der Revision kam nicht in Betracht, da die Rechtssache keine
38
rechtsgrundsätzliche Bedeutung hat und auch kein Fall von Divergenz vorliegt.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
39
Gegen dieses Urteil ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben. Hinsichtlich der
Voraussetzungen einer Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG Bezug
genommen.
40
Dr. Griese Hohenschutz Winthuis
41