Urteil des LAG Köln vom 14.12.2009

LArbG Köln (zuständigkeit, arbeitsgericht, beschwerde, delegation, gesetz, vertrauensmann, stelle, beteiligung, bezug, ausdrücklich)

Landesarbeitsgericht Köln, 5 TaBV 62/09
Datum:
14.12.2009
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
5. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
5 TaBV 62/09
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 14 BV 399/08
Schlagworte:
Abgrenzung der Zuständigkeiten von
Gesamtschwerbehindertenvertretung und Vertrauenspersonen der
schwerbehinderten Menschen
Normen:
§ 97 SGB IX
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Ein Personaldezernat kann als übergeordnete Dienststelle im Sinne des
§ 97 Abs. 6 S. 3 SGB IX gelten.
Tenor:
1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des
Arbeitsgerichts Köln vom 30.06.2009
– 14 BV 399/08 wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
1
I. Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit des Antragstellers als örtlicher
Schwerbehindertenvertreter in Abgrenzung zur Zuständigkeit der
Gesamtschwerbehindertenvertretung.
2
Der Antragsteller und Beteiligte zu 1. ist seit dem 01.04.2004 Vertrauensperson der
schwerbehinderten Menschen im Dezernat 9 (Kultur und Umwelt) des Beteiligten zu 2.,
des L . Die Beteiligte zu 3. ist die beim L gebildete Gesamtschwerbehindertenvertretung.
3
Der L ist gegliedert in verschiedene Dezernate, darunter das Dezernat 3 für Personal
und Organisation und das Dezernat 9 für Kultur und Umwelt, in welchem der Beteiligte
zu 1. das Amt des Vertrauensmannes für Schwerbehinderte wahrnimmt
(Verwaltungsgliederungsplan Bl. 8 d. A.).
4
Für die Regelung der Zuständigkeiten in Personalangelegenheiten hat der Beteiligte zu
2. eine allgemeine Rundverfügung erlassen, in der eine Zuständigkeitsabgrenzung in
Personalangelegenheiten zwischen dem Dezernat 3/Fachbereich 12 "Personal und
Organisation" und den einzelnen Fachdienststellen vorgenommen wird (Bl. 49 ff. d. A.).
Aus dieser Regelung ergibt sich, dass der L einzelne personelle Maßnahmen, wie z. B.
Abmahnungen und bestimmte Kündigungen, insgesamt Maßnahmen, in denen eine
einheitliche Verfahrensweise im gesamten Zuständigkeitsbereich sicher gestellt werden
soll, nicht der Entscheidung der einzelnen Dienststellen übertragen hat. Demgegenüber
sind andere personelle Angelegenheiten, wie z. B. für das Anfordern von
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, in den Zuständigkeitsbereich der
Einzeldienststellen delegiert worden. Als Anlage zu dieser Delegationsverfügung hat
der Beteiligte zu 2. eine Liste erstellt (Bl. 52 ff. d. A.), in der für eine Vielzahl von
personellen Einzelmaßnahmen festgelegt ist, wer jeweils für die Bearbeitung und
Entscheidung zuständig ist. Nach Ziffer 3 der Delegationsverfügung sind alle
Personalangelegenheiten der Wahlbeamten, der Amts-
/Fachbereichsleitungen/Geschäftsbereichsleitungen der Rheinischen
Versorgungskassen (inklusive der Stellvertretung) und der Abteilungsleitungen der
Delegation grundsätzlich entzogen. In der Delegationsverfügung ist ferner in den
Vorbemerkungen bestimmt, dass der Landesdirektor als Gesamtdienststellenleiter im
Einzelfall delegierte Angelegenheiten jederzeit an sich ziehen könne. Ferner heißt es in
Ziffer 4 der Delegationsverfügung, dass der Fachbereich 12 des Dezernates 3 die
Fachaufsicht in Personalangelegenheiten über die 8 Dienststellen ausübe. Im Rahmen
der Fachaufsicht könne der Fachbereich 12 die Delegation im Einzelfall aufheben.
5
Diese Zuständigkeitsverteilung legt der Beteiligte zu 2. auch bei der Entscheidung über
die Frage zugrunde, welche Schwerbehindertenvertretung jeweils unmittelbar beteiligt
wird. Fällt eine Personalangelegenheit in die Zuständigkeit einer Einzeldienststelle, z.
B. in die Zuständigkeit des Dezernats 9, so beteiligt der Beteiligte zu 1. die
Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen in der jeweiligen Fachdienststelle,
also den Beteiligten zu 1., wenn die Personalzuständigkeit im Dezernat 9 liegt.
6
Ist hingegen die Zuständigkeit des Personaldezernats (Dezernat 3/Fachbereich 12)
betroffen, beteiligt der Beteiligte zu 2. die Gesamtschwerbehindertenvertretung, also die
Beteiligte zu 3., nicht aber zugleich den Beteiligten zu 1.
7
Der Beteiligte zu 1. ist der Auffassung, die Gesamtschwerbehindertenvertretung sei nur
in Angelegenheiten zu beteiligen, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe
oder Dienststellen des Arbeitgebers beträfen und die von den
Schwerbehindertenvertretungen der einzelnen Betriebe oder Dienststellen nicht
geregelt werden könnten. Die Beteiligungspraxis des Beteiligten zu 2. verstoße gegen §
97 Abs. 6 SGB IX, der § 50 BetrVG entspreche.
8
Die Delegationsverfügung könne im Übrigen nicht die eindeutige gesetzliche Regelung
des § 97 Abs. 6 SGB IX verdrängen. Das Dezernat 3 sei keine übergeordnete
Dienststelle.
9
Der Beteiligte zu 1. hat beantragt,
10
11
1. festzustellen, dass bei persönlichen Angelegenheiten, die die schwerbehinderten
Mitarbeiter oder die Schwerbehinderten gleichgestellten Mitarbeiter des Dezernats
9 des Beteiligten zu 2. betreffen, er als Vertrauensmann der Schwerbehinderten
unmittelbar zu beteiligen ist, unabhängig davon, ob die Angelegenheit in die
Zuständigkeit der Gesamtdienststelle oder der Einzeldienststelle fällt;
12
hilfsweise
13
2. festzustellen, dass er als Vertrauensmann der Schwerbehinderten bei
persönlichen Angelegenheiten einzelner schwerbehinderter Menschen oder von
Schwerbehinderten Menschen gleichgestellten Personen des Dezernats 9 des
Beteiligten zu 2. im Sinne des § 95 SGB IX zu beteiligen ist;
14
15
äußerst hilfsweise
16
3. festzustellen, dass er als Vertrauensmann der Schwerbehinderten in persönlichen
Angelegenheiten einzelner Schwerbehinderter oder von Schwerbehinderten
gleichgestellten Personen des Dezernats 9 des Beteiligten zu 2. wie
Kündigungen, Abmahnungen, Ermahnungen, Fortbildungen, Fragen der
Altersteilzeit, Versetzungen, Umgruppierungen zu beteiligen ist.
17
18
Der Beteiligte zu 2. hat beantragt,
19
die Anträge abzuweisen.
20
Die Gesamtschwerbehindertenvertretung stellt keinen Antrag.
21
Der Beteiligte zu 2. hat die Auffassung vertreten, dass das Gesetz hinsichtlich der
sachlichen Zuständigkeit der Konzern-, Gesamt-, Bezirks- und
Hauptschwerbehindertenvertretung die Regelungen der Betriebs- und
Personalvertretungen widerspiegle. Es sei von einer Symmetrie der
Beteiligungsverhältnisse auszugehen. Wenn das Dezernat 9 als Dienststelle für eine
Personalangelegenheit zuständig sei, werde der dort gebildete Personalrat und der dort
amtierende Vertrauensmann der schwerbehinderten Menschen, also der Beteiligte zu
1., beteiligt. Liege die Entscheidungszuständigkeit hingegen bei der Gesamtdienststelle
und werde durch das Personaldezernat ausgeübt, werde der Gesamtpersonalrat und die
Gesamtschwerbehindertenvertretung beteiligt. Auf diese Weise werde die Symmetrie
22
der Beteiligungsverhältnisse hergestellt und gewährleistet, dass immer dann, wenn der
Gesamtpersonalrat zuständig sei, auch eine Beteiligung der
Gesamtschwerbehindertenvertretung erfolge.
Durch Beschluss vom 30.06.2009 hat das Arbeitsgericht die Anträge des Beteiligten zu
1. abgewiesen. Die Anträge seien zulässig, aber unbegründet. Die Beteiligte zu 1. sei
nur dann zuständig, wenn für die Personalangelegenheit die Einzeldienststelle, also
das Dezernat 9, zuständig sei. § 97 Abs. 1 SGB IX solle gewährleisten, dass jeder nach
den einschlägigen Personalvertretungsgesetzen zu bildenden Personalvertretung eine
Schwerbehindertenvertretung zugeordnet sei, die über die Beachtung und
Berücksichtigung der besonderen Interessen der schwerbehinderten Menschen in
diesem Beteiligungsgremium zu überwachen habe. Der vom Gesetz gewollte
Grundsatz, dass eine lückenlose Vertretung der Interessen der schwerbehinderten
Menschen gewährleistet sei, habe zwingend zur Folge, dass die Zuständigkeiten der
verschiedenen Schwerbehindertenvertretungen denen der betriebs- oder
personalvertretungsrechtlichen Organe folgen müsse. Soweit das Gesetz in § 97 Abs. 6
S. 1 SGB IX diese Kongruenz der Beteiligungsverhältnisse nur für den Bereich der
Betriebsverfassung, nicht aber für den Bereich der Personalvertretung vollständig
hergestellt habe, liege eine Lücke vor, die sachgerecht durch Auslegung zu schließen
sei. Eine dem gesetzgeberisch offenbar gewollten System entsprechende Verteilung der
Kompetenzen könne daher nur dadurch erreicht werden, dass die Gesamt- oder
Hauptdienststelle als übergeordnete Dienststelle im Sinne des § 97 Abs. 6 S. 3 SGB IX
angesehen werde.
23
Gegen diesen Beschluss richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und
begründete Beschwerde des Beteiligten zu 2.
24
Der Beteiligte zu 1. meint, das Arbeitsgericht habe sich mit dieser Entscheidung über
den eindeutigen Wortlaut des § 97 Abs. 6 SGB IX hinweggesetzt. Die vom Gesetzgeber
geschaffene Regelungen sei eindeutig der des § 50 Abs. 1 BetrVG nachgebildet
worden. Die Gesamtbetriebsratszuständigkeit nach § 50 BetrVG sei grundsätzlich
nachrangig. Im Zweifel bestehe die Zuständigkeit der einzelnen Betriebsräte und nicht
des Gesamtbetriebsrats. Eine Mitbestimmung, auch eine personelle Mitbestimmung,
solle nämlich betriebsnah stattfinden. Diese Regelung könne nicht durch die vom
Arbeitsgericht zitierte Delegationsverfügung durchbrochen werden. Es mache
grundsätzlich Sinn, die Schwerbehindertenvertretung vor Ort zu beteiligen. Diese sei
grundsätzlich "näher am Geschehen", als die Gesamtschwerbehindertenvertretung. § 97
Abs. 6 SGB IX sei so zu verstehen, dass die Gesamtschwerbehindertenvertretung nur
dann zuständig sei, wenn es um Personalangelegenheiten von behinderten
Beschäftigten gehe, die mehrere Betriebe/Dienststellen beträfen und von den einzelnen
Schwerbehindertenvertretungen nicht wahrgenommen werden könnten. Im Übrigen
stelle § 97 Abs. 6 S. 3 SGB IX sicher, dass in persönlichen Angelegenheiten des
schwerbehinderten Beschäftigten, über die eine übergeordnete Dienststelle
entscheiden solle, sowohl die dort eingerichtete Schwerbehindertenvertretung als auch
die Schwerbehindertenvertretung der Dienststelle selbst zu beteiligen sei.
25
In der erstinstanzlichen Entscheidung sei zudem nicht berücksichtigt, dass es im
vorliegenden Fall gar keine übergeordnete Dienststelle gebe. Das Dezernat 3 sei keine
übergeordnete Dienststelle. Es führe nur einen Teil der Aufgaben aus, die von dem
Dezernat 9 nicht erledigt werden dürften. Das Dezernat 3 sei nur eine Art Schreibbüro,
das an andere Stelle gefasste Beschlüsse umsetze.
26
Der Beteiligte zu 1. beantragt,
27
den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 30.06.2009 – 14 BV 399/08 –
abzuändern und nach den Schlussanträgen der ersten Instanz zu erkennen.
28
Der Beteiligte zu 2. beantragt,
29
die Beschwerde des Beteiligten zu 1. zurückzuweisen.
30
Der Beteiligte zu 3. stellt keinen Antrag.
31
Der Beteiligte zu 2. verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Soweit die
Gesamtdienststelle und Gesamtpersonalrat zuständig sei, sei auch die
Gesamtschwerbehindertenvertretung und nicht die örtliche
Schwerbehindertenvertretung zuständig.
32
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselte
Schriftsätze Bezug genommen.
33
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffenden
Erwägungen hat das Arbeitsgericht die Anträge des Beteiligten zu 1. zurückgewiesen.
34
1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft und form- und fristgerecht
eingelegt und begründet worden.
35
2. In der Sache ist die Beschwerde nicht begründet.
36
A. Zutreffend ist das Arbeitsgericht – ausgehend von der Zulässigkeit des Hauptantrags
und der Hilfsanträge – zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beteiligte zu 1. nur in den
Personalangelegenheiten zu beteiligen ist, für die das Dezernat 9 zuständig ist. Auf die
umfänglichen und überzeugenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird in vollem
Umfang Bezug genommen.
37
B. Im Hinblick auf das Vorbringen des Beteiligten zu 1. im Beschwerdeverfahren und zur
Unterstreichung des erstinstanzlichen Beschlusses ist Folgendes festzuhalten.
38
Bereits der Wortlaut des § 97 Abs. 6 S. 3 SGB IX spricht für die vom Arbeitsgericht
gefundene Lösung.
39
a) § 97 Abs. 6 S. 3 SGB IX enthält eine Abweichung von dem Grundsatz in § 97 Abs. 6
S. 1 SGB IX. Nach § 97 Abs. 6 S. 1 SGB IX ist die Gesamtschwerbehindertenvertretung
zuständig für Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe
oder Dienststellen des Arbeitgebers betreffen und von den
Schwerbehindertenvertretungen der einzelnen Betriebe oder Dienststellen nicht
geregelt werden können. § 97 Abs. 6 S. 1 SGB IX entspricht insoweit die Regelung des
§ 50 Abs. 1 S. 1 BetrVG. Demgegenüber weicht § 97 Abs. 6 S. 3 SGB IX von der
Regelung des § 97 Abs. 6 S. 1 SGB IX ab. Er enthält den Grundsatz, dass dann, wenn
eine übergeordnete Dienststelle für die Entscheidung zuständig ist, auch die dort
gebildete Schwerbehindertenvertretung das Beteiligungsrecht hat.
40
b) § 97 Abs. 6 S. 3 SGB IX bestimmt damit die zuständige Schwerbehindertenvertretung,
wenn eine übergeordnete und eine untergeordnete Dienststelle vorliegt. Für diesen Fall
legt § 97 Abs. 6 S. 3 SBG IX fest, dass die Schwerbehindertenvertretung der
übergeordneten Stelle die zu beteiligende Schwerbehindertenvertretung ist.
41
c) Dabei kann ausgeschlossen werden, dass mit der Regelung des § 97 Abs. 6 S. 3
SGB IX eine Doppelzuständigkeit in der Weise begründet werden sollte, dass sowohl
die Schwerbehindertenvertretung der übergeordneten Dienststelle als auch die
Schwerbehindertenvertretung der untergeordneten Dienststelle ggf. gleichrangig zu
beteiligen wären. Denn aus § 97 Abs. 6 Satz 3 Halbsatz 2 SGB IX folgt, dass die
Schwerbehindertenvertretung der übergeordneten Dienststelle in diesen
Beteiligungsfällen der Schwerbehindertenvertretung der untergeordneten Dienststelle,
die den schwerbehinderten Menschen beschäftigt, Gelegenheit zur Äußerung gibt. Aus
§ 97 Abs. 6 S. 4 SGB IX folgt zudem, dass all dies nur dann nicht gelten soll, wenn der
Personalrat der Beschäftigungsbehörde zu beteiligen ist. Nur in diesem Fall soll auch
die örtliche Schwerbehindertenvertretung unmittelbar zu beteiligen sei.
42
d) Im vorliegenden Fall spricht alles dafür, dass das Dezernat 3 als übergeordnete
Dienststelle im Sinne des § 97 Abs. 6 S. 3 SGB IX anzusehen ist. Soweit in der
Beschwerde ausgeführt wird, bei dem Dezernat 3 handele es sich nur um eine Art
Schreibbüro, welches die Entscheidungen der einzelnen Fachdezernate umzusetzen
habe, wird die abgestufte Zuständigkeit innerhalb des L grundlegend verkannt. Vielmehr
liegen alle Anhaltspunkte dafür vor, dass ein grundsätzliches Über-
/Unterordnungsverhältnis in Personalangelegenheiten zwischen dem Dezernat 3 und
den Fachdezernaten gegeben ist.
43
Dies findet seinen Ausdruck bereits darin, dass nur die weniger bedeutsamen
Personalangelegenheiten überhaupt auf die Fachdezernate delegiert worden sind.
Denn die Personalangelegenheiten der Entscheidungsträger sind ausdrücklich nicht
delegiert worden, wie sich aus Ziffer 3 der Delegationsverfügung ergibt. Nach dieser
Bestimmung sind alles Personalangelegenheiten der Wahlbeamten, der Amts-
/Fachbereichsleitungen/Geschäftsleitungen der Rheinischen Versorgungskassen
inklusive der Stellvertretungen und alle Abteilungsleitungen nicht delegiert. Hinsichtlich
des Personenkreises, für den eine Delegation der Zuständigkeit vorgenommen worden
ist, fällt ins Auge, dass die zentralen Kompetenzen, die nicht nur die Durchführung des
Arbeitsverhältnisses betreffen, sondern den Bestand des Arbeitsverhältnisses, wie z. B.
Auflösung oder Kündigung, in der Zuständigkeit des Dezernates 3 und dort der
Fachbereiche 12 und 14 nach der Delegationsverfügung und der dazu erlassenen
Anlage verblieben sind.
44
Auch im Übrigen liegen klassische Elemente eines Über-/Unterordnungsverhältnisses
vor. So heißt es in Ziffer 4 der Delegationsverfügung, dass der Fachbereich 12 des
Dezernats 3 die Fachaufsicht in Personalangelegenheiten über die Fachdezernate
ausübe, also sowohl die Kontrolle der Rechtmäßigkeit als auch der Zweckmäßigkeit der
einzelnen Personalentscheidungen vorzunehmen habe. Es wird in jener Bestimmung
ferner ausdrücklich klargestellt, dass der Fachbereich 12 des Dezernates 3 die
Delegation im Einzelfall aufheben könne. Dies aber bedeutet, dass das Dezernat 3 trotz
der grundsätzlich vorgenommenen Delegation Einzelfallentscheidungen wieder an sich
ziehen und damit eine gegenteilige Entscheidungsabsicht eines untergeordneten
Fachdezernates wieder aufheben kann. Die Möglichkeit, im Einzelfall delegierte
Angelegenheiten wieder an sich zu ziehen, ist zudem bereits in den Vorbemerkungen
45
zur Delegationsverfügung ausdrücklich ausgeführt, wo es heißt, dass der
Landesdirektor als Gesamtdienststellenleiter im Einzelfall delegierte Angelegenheiten
jederzeit an sich ziehen könne.
Damit ergibt sich als Befund, dass die Fachdezernate bei der Regelung von
Personalangelegenheiten der Fach- und Rechtsaufsicht des Personaldezernats
unterliegen und die Entscheidungsabsichten jederzeit dadurch korrigiert werden
können, dass das Personaldezernat die jeweilige Angelegenheit an sich zieht. Die
Fachaufsicht schließt zudem die Möglichkeit ein, den Fachdezernaten auch bei
delegierten Personalangelegenheiten im Einzelfall Weisungen zu erteilen.
46
Damit liegen alle wesentlichen Elementen eines Über-/Unterordnungsverhältnisses vor.
47
Das Personaldezernat kann daher als übergeordnete Dienststelle im Sinne des § 97
Abs. 6 S. 3 SGB IX angesehen werden. Ausgehend vom Wortlaut ist daher die
Gesamtschwerbehindertenvertretung und nicht die Schwerbehindertenvertretung des
Fachdezernates zuständig, wenn für die Personalangelegenheit das Personaldezernat
und nicht das Fachdezernat zuständig ist.
48
e) Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Beteiligungsnorm des §
97 Abs. 6 SGB IX. Wie bereits das Arbeitsgericht herausgearbeitet hat, ist ersichtlicher
Zweck des Gesetzes, dass ein Gleichklang zwischen der Beteiligung des Personalrats
und der Schwerbehindertenvertretung hergestellt wird. Wenn der Gesamtpersonalrat
zuständig ist, soll auch die Gesamtschwerbehindertenvertretung zuständig sein,
während die Zuständigkeit des örtlichen Schwerbehindertenvertreters gegeben ist,
wenn auch die Zuständigkeit des örtlichen Personalrats gegeben ist. Ein klarer Beleg
hierfür ergibt sich auch aus § 97 Abs. 6 S. 4 SGB IX. Denn dort heißt es, dass die aus §
97 Abs. 6 S. 3 SGB IX folgende Zuständigkeit der Schwerbehindertenvertretung der
übergeordneten Stelle dann nicht gegeben sein soll, wenn der Personalrat der
Beschäftigungsbehörde zu beteiligen ist. Ist also der örtliche Personalrat tatsächlich
zuständig, soll auch entgegen § 97 Abs. 6 S. 3 SGB IX der örtliche
Schwerbehindertenvertreter zuständig sein. Daran wird deutlich, dass das Gesetz von
einem umfassenden Gleichklang der Beteiligungsrechte zwischen Personalrat
einerseits und Schwerbehindertenvertretung andererseits ausgeht. Beteiligt werden soll
jeweils die gleiche Ebene der Personal- und Schwerbehindertenvertretung.
49
Kein Gegenargument bildet schließlich die Erwägung des Beteiligten zu 1., das Gesetz
wolle grundsätzlich die Beteiligung der örtlichen Schwerbehindertenvertretung
sicherstellen, weil diese näher an der Sache sei und eher als die
Gesamtschwerbehindertenvertretung mit den besonderen Gegebenheiten vertraut sei.
Denn aus § 97 Abs. 6 S. 3 2. Hs. SGB IX ergibt sich, dass in den Fällen, in denen die
Gesamtschwerbehindertenvertretung zuständig ist, die Aufgabe hat, die
Schwerbehindertenvertretung der örtlichen Dienststelle, im vorliegenden Fall also den
Beteiligten zu 1., einzubeziehen und ihm Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Über
diesen Weg ist sichergestellt, dass auch in den Fällen, in denen die
Gesamtschwerbehindertenvertretung originär zuständig ist, der örtliche
Schwerbehindertenvertreter Gelegenheit zur Stellungnahme hat und dabei auch seine
aus größerer Nähe herrührenden Kenntnisse einzubringen vermag.
50
3. Insgesamt hatte die Beschwerde aus den dargelegten Gründen keinen Erfolg und
musste zurückgewiesen werden.
51
Die Rechtsbeschwerde konnte nicht zugelassen werden, da lediglich eine
Einzelfallentscheidung zu treffen war, die zudem auf den Besonderheiten der
Konstruktion der nur in Nordrhein-Westfalen existierenden Landschaftsverbände
beruhte.
52
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
53
Gegen diesen Beschluss ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben. Hinsichtlich einer
Nichtzulassungsbeschwerde wird auf die in § 92 a ArbGG genannten Voraussetzungen
Bezug genommen.
54
Dr. Griese Hohenschurz Peters
55