Urteil des LAG Köln vom 24.05.2006

LArbG Köln: kündigungsfrist, verfügung, arbeitsgericht, klageerweiterung, willenserklärung, vergleich, wiederaufnahme, vertragserfüllung, erkenntnis, arbeitsrecht

Landesarbeitsgericht Köln, 14 Ta 207/06
Datum:
24.05.2006
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
14 Ta 207/06
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Bonn, 6 Ca 101/06
Schlagworte:
Arbeitsaufforderung im Kündigungsschutzprozess
Normen:
§ 615 BGB
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
Hat der Arbeitgeber in einem Kleinbetrieb die Kündigungsfrist fälschlich
zu kurz berechnet und fordert den Arbeitnehmer während der noch
laufenden Kündigungsfrist im Gütetermin zur Wiederaufnahme der Arbeit
auf, liegt hierin in der Regel nicht das Angebot auf unbefristeten
Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, sondern die Erklärung, dem
Arbeitnehmer bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist den
Arbeitsplatz zur Verfügung stellen zu wollen (§§ 615, 296 BGB).
Tenor:
Die Beschwerde der Klägerseite vom 26.04.2006 gegen den
Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Bonn vom 07.04.2006
wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
1
I. Der Kläger wendet sich dagegen, dass ihm für den Klageerweiterungsantrag zu 4.)
aus dem Schriftsatz vom 03.03.2006 keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist.
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Der Kläger wurde mit Schreiben vom 30.11.2005 zum 31.12.2005 gekündigt. Hiergegen
wandte sich der Kläger mit am 10.01.2006 bei Gericht eingegangener
Kündigungsschutzklage. Im Gütetermin am 14.02.2006 wurde erörtert, dass die
Kündigungsfrist erst am 28.02.2006 enden werde. Die Parteien schlossen im Gütetermin
einen Vergleich, für den Fall des Widerrufs des Vergleichs forderte der
Beklagtenvertreter den Kläger auf, ab Montag, den 20.02.2006 die Arbeit wieder
aufzunehmen zur üblichen Arbeitszeit. Nachdem der Kläger den Vergleich durch
Schriftsatz vom 16.02.2006 widerrufen ließ, erschien er ab Montag, den 20.02.2006
wieder zur Arbeit und arbeitete bis zum 22.02.2006.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten, durch diese Arbeitsaufnahme sei ein neues
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unbefristetes Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zustande gekommen und hat dem
entsprechend durch Klageerweiterung vom 03.03.2006 (Bl. 39 d. A.) beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis
über den 28.02.2006 hinaus ungekündigt fortbestehe.
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Die Beklagtenseite ist dieser Klageerweiterung entgegen getreten und hat geltend
gemacht, es sei bereits im Gütetermin zugestanden worden, dass die Kündigungsfrist
bis zum 28.02.2006 laufe und nur bezogen hierauf sei der Kläger zur Wiederaufnahme
der Arbeit aufgefordert worden.
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Das Arbeitsgericht hat den diesbezüglichen Antrag des Klägers durch Urteil vom
28.03.2006 abgewiesen und den diesbezüglichen Prozesskostenhilfeantrag mangels
Erfolgsaussicht zurückgewiesen. Der Beschwerde der Klägerseite hat das
Arbeitsgericht Bonn unter Hinweis auf die Gründe des Urteils vom 28.03.2006 nicht
abgeholfen.
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II. Die als sofortige Beschwerde im Sinne des § 127 ZPO auszulegenden Beschwerde
der Klägerseite ist zwar zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt, in der Sache
jedoch nicht begründet.
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Zu Recht hat das Arbeitsgericht für die Klageerweiterung vom 03.03.2006, mit der der
ungekündigte Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 28.02.2006 hinaus
begehrt wird, mangels Erfolgsaussicht keine Prozesskostenhilfe bewilligt.
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Insoweit kann auf die überzeugenden Gründe des Urteils des Arbeitsgerichts Bonn vom
28.03.2006 Bezug genommen werden. Insbesondere kann aus der Arbeitsaufforderung,
die der Beklagtenvertreter in der Güteverhandlung vom 14.02.2006 an die Klägerseite
gerichtet hat, nicht eine Willenserklärung auf Abschluss oder Neuabschluss eines
unbefristeten Arbeitsverhältnisses hergeleitet werden. Dafür müssten Anhaltspunkte für
einen Verpflichtungswillen der Beklagtenseite bestehen, die nicht ersichtlich sind.
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Kern der Erklärung der Beklagtenseite in der Güteverhandlung vom 14.02.2006 war
ersichtlich, die Konsequenz aus der Erkenntnis zu ziehen, dass die Kündigungsfrist bei
richtiger Berechnung erst am 28.02.2006 endete. Demzufolge hatte die Beklagte die
Konsequenz zu ziehen, dem Kläger bis zum Vertragsende den ihm zustehenden
Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung folgt aus § 296 BGB, der vom
Arbeitgeber verlangt, dem Arbeitnehmer den ihm zustehenden Arbeitsplatz zur
Verfügung zu stellen, wenn er nicht in Annahmeverzug geraten will. Mit der Erklärung im
Gütetermin hat die Beklagtenseite die Konsequenz aus der unrichtigen
Kündigungsfristenberechnung gezogen und deutlich gemacht, dass sie sich für den
Rest des Laufs der Kündigungsfrist wieder vertragsgerecht verhalten will und dem
Kläger den ihm bis zum Ende der Kündigungsfrist zustehenden Arbeitsplatz zur
Verfügung stellen will. Zwar ist richtig, dass eine solche Bereitschaft, den Arbeitsplatz
wieder zur Verfügung stellen zu wollen, zur Kenntnis des Arbeitnehmers gelangen
muss, wenn sie Wirksamkeit entfalten soll. Daraus folgt aber nicht, dass man diese
Arbeitsaufforderung deshalb als Willenserklärung mit Rechtsbindungswillen und
gerichtet auf den Neuabschluss eines Arbeitsvertrages interpretieren könnte. Die
Erklärung als geschäftsähnliche Handlung diente ersichtlich der abschließenden
Vertragserfüllung und nicht einer Vertragsneubegründung.
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Mit Recht hat daher das Arbeitsgericht für dieses Begehren des Klägers mangels
Erfolgsaussicht keine Prozesskostenhilfe bewilligt.
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R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g :
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Gegen diesen Beschluss ist kein weitergehendes Rechtsmittel gegeben.
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(Dr. Griese)
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