Urteil des LAG Köln vom 09.12.2003

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Landesarbeitsgericht Köln, 13 Sa 700/03
Datum:
09.12.2003
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
13. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 Sa 700/03
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Köln, 1 Ca 9776/02
Schlagworte:
Promotionsbefristung;
Normen:
§ 57 b Abs. 2 Nr. 1 HRG, § 57 c HRG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Aus der gesetzgeberischen Grundentscheidung in § 57 c Abs. 3 HRG
folgt, dass an die Voraussetzungen einer wirksamen
Promotionsbefristung nach § 57 b Abs. 2 Nr. 1 HRG nur geringe
Anforderungen zu stellen sind.
2. Die Beschäftigung eines wirtschaftlichen Mitarbeiters dient auch dann
im Sinne von § 57 Abs. 2 Nr. 1 HRG der Weiterbildung in Form der
Promotionsvorbereitung, wenn er für ein Viertel der regulären Arbeitszeit
zu Promotionszwecken von der Dienstleistung bezahlt freigestellt wird.
Tenor:
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln
vom 10.04.2003 - 1 Ca 9776/02 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses des
Klägers zum 31.08.2002.
2
Der Kläger ist Doktorant und promoviert zum Thema "Untersuchungen in der
Werbesprache". Er war seit dem 1.10.1997 ununterbrochen aufgrund mehrfach
aufeinander folgender befristeter Arbeitsverträge mit dem beklagten Land als Lektor
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(Lehrkraft mit besonderen Aufgaben) im Romanischen Seminar der Universität K
beschäftigt. Schon bei seiner Einstellung zum 1.10.1997 war die Dissertation
Bestandteil des Arbeitsvertrages. Er erhielt die Vergütung einer Vollzeitkraft nach BAT II
a in Höhe von zuletzt etwa 3.400,00 EUR. Am 7.08.2001 schlossen die Parteien
letztmalig einen befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 01.09.2001 bis zum
31.08.2002. In § 5 dieses Arbeitsvertrages wird als Befristungsgrund - nahezu
wortgleich wie in den beiden vorangegangenen Arbeitsverträgen - Folgendes
angegeben:
"Er soll weiterhin die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen, die er während
seiner Tätigkeit an der T V U in L , an der Universität G und für das Zentrum für
elektronische Ressourcen erworben hat, vorübergehend in die Ausbildung der
Studierenden einbringen. Zugleich dient die Beschäftigung einer speziellen
Fort- und Weiterbildung (Promotion) des Beschäftigten; ihm wird im Rahmen der
Dienstaufgaben im Umfang von mindestens einem Viertel der Gesamtarbeitszeit
Gelegenheit zur Promotionsvorbereitung gegeben. Aus diesen Gründen ist das
Arbeitsverhältnis befristet."
4
Wegen weiterer Einzelheiten der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nebst Anlagen
wird auf die zur Akte gereichten Kopien (Blatt 34 ff. der Akte) ergänzend Bezug
genommen.
5
In Befolgung der einschlägigen Verordnung über Lehrverpflichtungen an Universitäten
und Fachhochschulen des Landes NW vom 30.08.1999 erfolgte für den Kläger eine
Ermäßigung des für Lektoren üblichen Lehrdeputats von 16 Semesterwochenstunden
für Vollzeitbeschäftigte auf 12 Semesterwochenstunden. Bei einem Umfang von 45
Minuten je Unterrichtsstunde entspricht dies einer tatsächlichen Unterrichtsleistung von
neuen Stunden wöchentlich während der Vorlesungszeit. Hinzu kam die Vor- und
Nachbereitung für den Unterricht, über deren erforderlichen Umfang die Parteien
streiten, die Mitwirkung an den Studienabschlussprüfungen sowie die Sprechstunde
während des Semesters. Vereinzelt wurde das arbeitsvertragliche Lehrdeputat des
Klägers von 12 Unterrichtsstunden überschritten. So führte er gemeinsam mit zwei
Kollegen im Sommersemester 2001 und im Wintersemester 2001/02 zusätzlich ein
zweistündiges sprachwissenschaftliches Proseminar durch. Wegen des Inhalts und des
Umfangs der Zusatzveranstaltungen wird auf die nach Angaben des Klägers gefertigte
Aufstellung Blatt 44 bis 46 der Akten ergänzend verwiesen.
6
Nachdem das beklagte Land den Kläger über den 31.08.2002 hinaus nicht
weiterbeschäftigt hat, hat dieser am 19.09.2002 beim Arbeitsgericht Entfristungsklage
erhoben. Er hat insbesondere die Auffassung vertreten, die Befristung des
Arbeitsvertrages sei mangels sachlichen Grundes unwirksam. Die Voraussetzungen
des § 57 b Abs. 2 Nr. 1 HRG seien nicht erfüllt, seine Diensttätigkeit als
wissenschaftlicher Mitarbeiter habe weder sein eigenes Promotionsvorhaben gefördert
noch seiner wissenschaftlichen Weiterbildung gedient. Die allein anteilige Freistellung
unter Fortzahlung der vollen Vergütung reiche insofern nicht aus, zumal er sowohl im
Semester als auch in den Semesterferien mindestens 38,5 Stunden wöchentlich mit
dienstlichen Aufgaben befasst gewesen.
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Der Kläger hat beantragt,
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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht kraft
Befristung mit Ablauf des 31.08.2002 geendet hat;
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2. das beklagte Land zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen beim
Romanischen Seminar als Lektor bei einer Vergütung nach der Vergütungsgruppe
BAT II a weiter zu beschäftigen.
10
Das beklagte Land hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Es hat vor dem Arbeitsgericht die Auffassung vertreten, der Befristungsgrund ergebe
sich sowohl aus § 57 b Abs. 2 Nr. 1 als auch aus § 57 b Abs. 2 Nr. 3 HRG. Hierzu hat es
vorgetragen, der Kläger habe durch die 25-%ige Reduzierung seines
Unterrichtsdeputats seiner Promotion effektiv nachgehen können. Erst recht sei er
während der vorlesungsfreien Zeit zu keinen Dienstleistungen herangezogen worden.
Soweit er über das vertraglich vereinbarte Stundenkontingent hinaus vereinzelte
Lehrveranstaltungen abgehalten habe, sei dies aus eigenem Antrieb geschehen; ein
Verlangen seitens der Hochschule habe es nicht gegeben.
13
Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 10.04.2003 abgewiesen und zur
Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die streitgegenständliche Befristung sei durch
den in § 57 b Abs. 2 Nr. 1 HRG genannten Sachgrund der Weiterbildung gedeckt. Die
25-%ige bezahlte Freistellung habe dem Kläger in ausreichendem Umfang Gelegenheit
gegeben, seine Promotion vorzubereiten. Sollte er diese vertraglich eingeräumte
Möglichkeit im Einzelfall nicht genutzt haben, ginge dies allein zu seinen Lasten. Wegen
weiterer Einzelheiten der Entscheidung wird auf Blatt 193 bis 198 der Akten verwiesen.
14
Der Kläger hat gegen das Urteil, das seinem Prozessbevollmächtigen am 27.05.2003
zugestellt worden ist, am 20.06.2003 schriftlich beim Landesarbeitsgericht Berufung
eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum
27.08.2003 - am 26.08.2003 wie folgt begründet:
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Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts liege der gesetzliche Befristungsgrund
des § 57 b Abs. 2 Nr. 1 HRG nicht vor. Die Befristung sei nicht durch den Sachgrund der
Weiterbildung gedeckt gewesen. Seiner gesamten Diensttätigkeit einschließlich der
erbrachten Zusatzveranstaltungen in Form von Proseminaren habe der konkrete Bezug
zum Promotionsthema gefehlt; es sei daher keine die Promotion fördernde Tätigkeit
gewesen. Auch treffe es nicht zu, dass ihm während seiner Arbeitszeit Gelegenheit zur
Promotionsvorbereitung gegeben worden sei. Während der Vorlesungszeit sei er durch
Lehrverpflichtungen ausgelastet gewesen, während der Semesterferien hätten ihn die
Vorbereitungen für das kommende Semester voll in Anspruch genommen. Hätte der
Kläger tatsächlich auf 25-%iger Freistellung bestanden, wäre sein Vertrag mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht verlängert worden.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 10.04.2003 - 1 Ca 9776/02 - abzuändern
und
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1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht kraft
Befristung mit Ablauf des 31.08.2002 geendet hat;
19
2. das beklagte Land zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen beim
Romanischen Seminar als Lektor bei einer Vergütung nach der
Vergütungsgruppe BAT II a weiter zu beschäftigen.
20
Das beklagte Land beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Das Land verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf sein
erstinstanzliches Vorbringen. Es vertritt darüber hinaus die Auffassung, die vertragliche
Freistellung von 25 % der Arbeitszeit habe dem Kläger nahezu uneingeschränkt zu
Promotionszwecken zur Verfügung gestanden.
23
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen
Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den
sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
25
I. Die Berufung ist statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG), zudem in gesetzlicher Form und
Frist eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519,
520 ZPO), sie ist damit zulässig.
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II. In der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg. Die Klage ist unbegründet, denn das
Beschäftigungsverhältnis der Parteien hat aufgrund wirksamer Befristung mit Ablauf des
31.08.2002 sein Ende gefunden.
27
1. Die Feststellungsklage ist zwar innerhalb der drei-Wochen-Frist des § 17 S. 1 TzBfG
und damit rechtzeitig erhoben worden, sie ist jedoch unbegründet, weil die Befristung
des letzten Arbeitsvertrages der Parteien sachlich gerechtfertigt war. Der sachliche
Grund ergibt sich, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, aus § 57 b Abs. 2 Nr.
1 erster Fall HRG. Es kann deshalb dahinstehen, ob die Befristung auch nach § 57 b
Abs. 2 Nr. 4 HRG a.F. gerechtfertigt wäre.
28
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (seit Urteil vom 8.05.1985 -
7 AZR 191/84 -, BAGE 49,73; zuletzt bestätigt im Urteil vom 15.01.2003 - 7 AZR 616/01
- juris) ist bei mehreren unmittelbar aufeinander folgenden Arbeitsverträgen
grundsätzlich nur die Befristung des letzten Vertrages einer Befristungskontrolle zu
unterziehen. Vorliegend ist dies der am 07.08.2001 für die Zeit vom 01.09.2001 bis
31.08.2002 zwischen den Parteien abgeschlossene Arbeitsvertrag. Seine Befristung ist
wirksam. Das Arbeitsgericht hat das Vorliegen des Befristungsgrundes nach dem
Hochschulrahmengesetz mit überzeugenden Gründen, auf die zur Vermeidung von
Wiederholungen verwiesen wird, rechtsfehlerfrei festgestellt.
29
a) Auf den vor dem 23.02.2002 geschlossenen befristeten Arbeitsvertrag finden nach §
57 f Abs. 1 S. 2 HRG n. F. die §§ 57a bis 57e in der vor dem 23.02.2002 geltenden
Fassung Anwendung (nachf. "HRG a.F."). Nach § 57 Abs. 2 Nr. 1 HRG a. F. liegt ein
sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsvertrages unter anderem dann vor, wenn
die Beschäftigung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters im Sinne des § 53 HRG auch
zur Weiterbildung als wissenschaftlicher Nachwuchs dient. Hauptanwendungsfall dieser
Bestimmung ist die Beschäftigung eines wissenschaftlichen Mitarbeiters, dem die
Gelegenheit der Vorbereitung einer Promotion gegeben wird (LAG Köln, Urteil vom
10.01.2002 - 5 Sa 988/01 - juris).
30
b) Ein Sachgrund für die Befristung nach § 57 Abs. 2 Nr. 1 HRG a.F. liegt dann vor,
wenn der die Befristung enthaltende Vertrag die Verfolgung des besonderen
Weiterbildungszwecks während der Arbeitszeit neben den im Gesetz näher
bezeichneten Dienstleistungen vorsieht; wenn also während der Arbeitzeit die
Promotion entweder im Rahmen der übertragenen Tätigkeit oder aber durch bezahlte
Freistellung gefördert wird (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl.
Urteil vom 20.09.1995 - 7 AZR 184/95 - EzA § 620 BGB Nr. 1 zu Stichwort:
Hochschulen; Urteil vom 05.04.2000 - 7 AZR 392/99 - EzA § 620 BGB Nr. 28 zu
Stichwort: Hochschulen). Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen des § 57 Abs.
2 Nr. 1 HRG a.F. erfüllt.
31
aa) Die Parteien haben die Promotion arbeitsvertraglich als Ziel der Tätigkeit schriftlich
vereinbart und erfüllen damit die Voraussetzung des § 57 b Abs. 5 HRG a.F.. Denn es
ist insoweit ausreichend, dass dem Arbeitsvertrag zu entnehmen ist, auf welche Gründe
die Befristung gestützt werden soll und welcher Tatbestand der Bestimmung des § 57 b
Abs. 2 Nr. 1 zuzuordnen ist, die einschlägige gesetzliche Bestimmung braucht dagegen
im Arbeitsvertrag nicht genannt zu werden (BAG Urteil vom 5.06.2002 - 7 AZR 281/01 -
EZA § 620 BGB Nr. 34 zu Stichwort Hochschule; LAG Köln, Urteil vom 10.01.2002 - 5
Sa 988/01 - juris).
32
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor Inkrafttreten des
Hochschulrahmengesetzes war es für eine wirksame Befristung zum Zweck der
Promotion weder erforderlich, dass der Arbeitnehmer in bestimmtem Umfang zur Arbeit
an der Dissertation von der Dienstleistung freigestellt wird noch, dass die
wahrzunehmenden Dienstaufgaben auch für sein Promotionsvorhaben förderlich sind
und er einen unmittelbaren Nutzen daraus für die Bearbeitung seiner Dissertation
ziehen kann (BAG, Urteil vom 11.12.1985 - 7 AZR 329/84 - EzA § 620 BGB Nr. 78). Das
Bundesarbeitsgericht hat in dieser Entscheidung die Auffassung vertreten, eine
nachhaltige Förderung der Promotion werde auch ohne die genannten
Voraussetzungen schon dadurch bewirkt, dass dem Arbeitnehmer durch seine
Anstellung an der Universität die wirtschaftliche Grundlage für die Durchführung seines
Promotionsvorhabens verschafft werde und sich in ideeller Hinsicht durch die
Zugehörigkeit zum wissenschaftlichen Personal der Universität in vielfacher Hinsicht
Informations- und Kontaktmöglichkeiten zu anderen Wissenschaftlern eröffnen würden
(BAG a. a. O.).
33
Nach Inkrafttreten des Hochschulrahmengesetzes im Jahre 1985 schränkte das
Bundesarbeitsgerichts die Befristungsmöglichkeit dahin gehend ein, dass befristete
Promotionsverträge nach dem Hochschulrahmengesetz dem wissenschaftlichen
Mitarbeiter die Gelegenheit zur Vorbereitung seiner Promotion als Teil seiner
Dienstaufgaben einräumen müssen (vgl. etwa BAG, Urteil vom 05.04.2000 - 7 AZR
34
392/99 - EzA § 620 BGB Hochschulen Nr. 28; kritisch zu dieser Rechtsprechung: LAG
Köln, Urteil vom 10.01.2002 - 5 AZR 988/01 - juris).
Auch wenn man die vorstehend skizzierten restriktiven Grundsätze des
Bundesarbeitsgerichts zur Befristung von Promotionsverträgen zugrunde legt, begegnet
die hier streitgegenständliche Befristung keinen Bedenken: Selbst wenn man dem
Kläger zugestehen sollte, dass die übertragenen Aufgaben nicht überwiegend der
Vorbereitung der Promotion dienen, ändert dies nichts an der Wirksamkeit der
vorgenommenen Befristung. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts
zu § 57 Abs. 2 Nr. 1 HRG a.F. reicht es aus, wenn dem Doktoranten während der
Arbeitszeit neben den übertragenen Dienstaufgaben noch genügend Zeit verbleibt, sich
seinem Promotionsvorhaben zu widmen.
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Dabei dürfen nicht allzu hohe Anforderungen an die arbeitsvertragliche Förderung der
Promotion gestellt werden. So bestimmt § 57 c Abs. 3 HRG a.F. ausdrücklich, dass auf
die Höchstgrenze der Gesamtbefristungsdauer nach Absatz 2 Zeiten eines befristeten
Arbeitsvertrages nach § 57 b Abs. 2 Nr. 1 nicht anzurechnen sind, "soweit er innerhalb
oder außerhalb der Arbeitszeit Gelegenheit zur Vorbereitung einer Promotion gibt". Es
entspricht also dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, eine Anrechnung von
solchen Promotionsverträgen auszuschließen, bei denen die Promotionsvorbereitung
auch außerhalb der Arbeitszeit erfolgt (LAG Köln, Urteil vom 10.01.2002 - 5 AZR 988/01
- juris unter Hinweis auf BT-Drucksache 13/8726, S. 29). Diese gesetzgeberische
Grundentscheidung im Rahmen des § 57c Abs. 3 HRG darf bei der Inhaltsbestimmung
der Voraussetzungen einer Promotionsbefristung nach § 57 b Abs. 2 Nr. 1 HRG nicht
unberücksichtigt bleiben. Selbst wenn eine so genannte reine "Freizeitpromotion" ohne
inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang zur wissenschaftlichen Diensttätigkeit als
Befristungsgrund nach § 57 b Abs. 2 Nr. 1 HRG a.F. keine Anerkennung mehr finden
sollte, wird man an die Förderung des Promotionsvorhabens durch den Arbeitsvertrag
und dessen Ausgestaltung aber nur geringe Anforderungen stellen können. Das
Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 5.06.2002 - 7 AZR 281/01 - (EZA
§ 620 BGB Nr. 34 zu Stichwort Hochschule) ausdrücklich festgestellt, dass es zur
wirksamen Befristung eines Habilitationsvertrages "nicht erforderlich ist, dem Mitarbeiter
50 % oder gar mehr als 50 % seiner Arbeitszeit zur eigenen wissenschaftlichen
Weiterbildung einzuräumen". Ein derart hoher Anteil folge weder aus dem Gesetz noch
wird er in der Senatsrechtsprechung gefordert. Auch Sinn und Zweck des Gesetzes
erfordern nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts keine Vereinbarung über eine derart
hohe Freistellung.
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Unter Zugrundlegung der vorgenannten Grundsätze geht auch die Berufungskammer
vorliegend davon aus, dass dem Kläger in ausreichendem Maße Zeit zur Promotion
verblieb - und dies bereits während einer Gesamtdauer von fünf Jahren. Hierbei ist in
erster Linie zu berücksichtigen, dass der Kläger wie eine Vollzeitkraft vergütet wurde,
jedoch nur mit 75 Prozent der Vorlesungszeit arbeitsvertraglich in den
Universitätsbetrieb eingebunden war. Dementsprechend geringer waren auch der
zeitliche Aufwand für Vor- und Nachbereitungen. Die reduzierte Unterrichtspflicht
während des Semesters war erkennbar auf seine Bedürfnisse als Doktorand
zugeschnitten. Zu Recht hat das Arbeitsgericht auch auf die tatsächlichen Unterschiede
während der Vorlesungszeit und während der vorlesungsfreien Zeit abgestellt. Diese
Unterschiede werden vom Kläger vernachlässigt, der seine Unterrichtspflichten in der
Vorlesungszeit pauschal unter Hinweis auf Vorbereitungszeiten einfach auf das ganze
Jahr überträgt. In den fast 26 Wochen der Semesterferien war er aber - bis auf
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Vorbereitungen - gänzlich vom Lehrbetrieb ausgenommen; auch war er nicht mit
Verwaltungs- oder Zuarbeitertätigkeiten für Hochschullehrer belastet. Rechnerisch war
der Kläger - über das Jahr betrachtet - zu mehr als der Hälfte der Arbeitszeit freigestellt.
Vor diesem Hintergrund hätte es ihm oblegen, im Einzelnen substantiiert darzulegen,
warum ihm während der bezahlten Arbeitszeit keinerlei Kapazitäten für die
Promotionsvorbereitung zur Verfügung gestanden haben soll.
Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang pauschal, die Vorbereitungszeiten
hätten ihn vollends in Anspruch genommen. Es wird auch von der Berufungskammer
nicht verkannt, dass Vorlesungen gerade im universitären Bereich nicht aus dem
Stegreif gehalten werden sollten, sondern auf einer profunden Vorbereitung beruhen
müssen. Dabei soll auch nicht in Abrede gestellt werden, dass die Vor- und
Nachbereitung deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen kann als die eigentliche
Vorlesung. Man denke in diesem Zusammenhang etwa an das Erstellen von
Unterrichtsmaterialien oder das Korrigieren der Abschlussklausuren.
38
Das arbeitsvertragliche Vorlesungsvolumen des Klägers betrug 9 Zeitstunden
wöchentlich im Semester, aufs Jahr umgerechnet bedeutet dies 4,5 Zeitstunden
Unterricht, wobei die Ausfälle durch Feiertage und andere unterrichtsfreie Zeiten wie
etwa Orientierungswochen, Testatwochen etc. noch gar nicht mit eingerechnet sind.
Wenn der Kläger behaupten will, er habe tatsächlich die verbleibenden 34
Wochenstunden zur Vorbereitung benötigt, vermag die Berufungskammer dem nicht zu
folgen. Vorbereitungszeit und Unterricht stehen in einem solch ungewöhnlichen
Verhältnis zueinander, dass der Kläger sich nach dem Bestreiten des beklagten Landes
hierzu näher hätte erklären müssen. Das gilt um so mehr, als die meisten Vorlesungen
des Klägers sich von Semester zu Semester wiederholten und daher ein stetig
abnehmender Vorbereitungsbedarf unterstellt werden darf.
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Soweit der Kläger zur Begründung für seine angebliche volle Auslastung angibt, er
habe vereinzelt Zusatzveranstaltungen geleitet, die über sein vertraglich übernommenes
Unterrichtsdeputat hinaus gingen, kann er auch damit nicht gehört werden. Zunächst ist
zu berücksichtigen, dass der Kläger arbeitsvertraglich nicht verpflichtet war, diese
zusätzlichen Lehrveranstaltungen zu übernehmen. Ein Blick auf die Veranstaltungen
ergibt zudem, dass sich der Kläger diese Veranstaltung mit zwei weiteren Mitarbeitern
teilte, der Kläger also nur zu 33 % belastet war. Legt man diese anteilige
Unterrichtstätigkeit dann noch um auf das ganze Jahr einschließlich der Semesterferien,
wird die dadurch hervorgerufene Belastung zu einer zu vernachlässigenden Größe.
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Es steht für die Berufungskammer außer Frage, dass es dem Kläger zeitlich sehr wohl
möglich war, neben seiner Tätigkeit als Lektor auch an seiner Promotion zu arbeiten.
Wenn der Kläger die Gelegenheit zur Promotion nicht genutzt hat, so vermag dies
seinen vertraglichen Rechtsanspruch auf Arbeit an der Promotion während der
Dienstzeit nicht in Zweifel zu ziehen. Denn ob und in welchem Umfang der Kläger
tatsächlich von diesem Recht Gebrauch macht, ist unerheblich (ebenso: LAG Köln,
Urteil vom 23.11.2000 - 6 Sa 1207/00 - juris).
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Zudem hatte der Kläger als Mitarbeiter der Hochschule gegenüber anderen
Promotionsstudenten mit seinem persönlichen Arbeitsplatz und seiner Einbindung in
den Lehr- und Forschungsbetrieb sowie mit dem erleichterten Zugang zu den
Forschungsmitteln einen "Standortvorteil" gegenüber externen Doktoranten, der nicht
unterschätzt werden darf.
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2. Das Arbeitsgericht hat nach alledem die Feststellungsklage zu Recht abgewiesen.
Da die Unwirksamkeit der Befristung Voraussetzung des vom Kläger geltend
gemachten Anspruchs auf Weiterbeschäftigung ist, konnte auch die
Weiterbeschäftigungsklage keinen Erfolg haben. Die Berufung des Klägers musste
deshalb insgesamt zurückgewiesen werden.
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II. Da der Kläger das Rechtsmittel ohne Erfolg eingelegt hat, muss er nach §§ 64 Abs. 6
Satz 1 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung tragen. Die Revision war nicht
nach § 72 Abs. 2 ArbGG zuzulassen. Insbesondere hat die Rechtssache keine
grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des
Einzelfalls beruht und die angesprochenen Rechtsfragen höchstrichterlich geklärt sind.
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Rechtsmittelbelehrung
45
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Auf die
Nichtzulassungsbeschwerde als Rechtsbehelf, § 72 a ArbGG, wird hingewiesen.
46
(Dr. Brondics) (May) (Pa
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