Urteil des LAG Köln vom 25.10.2002

LArbG Köln (Auszahlung, Vergleich, Beendigung, Arbeitsgericht, Kündigungsfrist, Bedingung, Aufhebungsvertrag, Befristung, Vertragsfreiheit, Vergütung)

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Vorinstanz:
Schlagworte:
Normen:
Sachgebiet:
Leitsätze:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Landesarbeitsgericht Köln, 11 (3) Sa 526/02
25.10.2002
Landesarbeitsgericht Köln
11. Kammer
Urteil
11 (3) Sa 526/02
Arbeitsgericht Köln, 4 Ca 10866/01
./.
./.
Arbeitsrecht
Fordert eine Betriebsvereinbarung als Voraussetzung für eine
Jahressonderzahlung die Existenz eines "unbefristeten
Arbeitsverhältnisses, das nicht durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag
zum Zeitpunkt der Auszahlung begrenzt ist," so schließt sie den
Anspruch eines vor Fälligkeit gekündigten Arbeitnehmers auch dann aus,
wenn die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich die Kündigungsfrist
auf eine gesetzlich oder sonst wie nicht vorgesehene Länge erweitern
(hier: um ein Jahr).
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.01.2002 verkündete
Urteil des Arbeitsgerichts Köln
- 4 Ca 10866/01 - abgeändert:
Die Klage wird kostenpflichtig abgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Die Parteien - nämlich das beklagte als GmbH betriebene Unternehmen der
Automobilindustrie und der von ihm seit Anfang 1989 bis Dezember 2000 als Leiter der
Kundendienst-Technik beschäftigte, am 28.01.1940 geborene Kläger - streiten um eine
Jahressonderzahlung für 1999. Sie stammt aus einer Betriebsvereinbarung vom
"Es besteht ein unbefristetes
Arbeitsverhältnis, das nicht durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag zum
Zeitpunkt der Auszahlung begrenzt ist"
Gehaltsabrechnung für den Monat Januar 2000 erfolgen"
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die Beklagte verschiedene Kündigungen aus - u. a. eine außerordentliche mit Schreiben
vom 27.09.1999 mit sozialer Auslauffrist zum 31.12.1999. Den vom Kläger hiergegen
geführten Rechtsstreit (18 Ca 5333/99 - Arbeitsgericht Köln = 3 Sa 896/00 - LAG Köln)
beendeten die Parteien in II. Instanz durch einen am 08.11.2000 geschlossenen Vergleich,
"Das Arbeitsverhältnis endet aufgrund der Kündigung vom
27.07.1999 aus betrieblichen Gründen (Wegfall des Arbeitsplatzes) mit sozialer
Auslauffrist zum 31.12.2000. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt der Kläger unwiderruflich
(...) freigestellt ...".
Anspruch auf die Jahressonderzahlung für 1999 zu haben. Das Arbeitsgericht hat der
Klage stattgegeben; mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag
weiter.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Berufung ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Jahressonderzahlung
aus der Betriebsvereinbarung vom 30.07.1999. Die von dieser aufgestellten
Anspruchsvoraussetzungen liegen nicht vor:
"Arbeitsverhältnis, das nicht durch Kündigung
(...) zum Zeitpunkt der Auszahlung begrenzt"
Kündigung begrenzt" ist ein Arbeitsverhältnis, für das zum Zeitpunkt der Auszahlung
bereits eine Kündigung ausgesprochen war, die für einen Zeitpunkt nach der Auszahlung
auch zu dessen Beendigung geführt hat, das also durch den noch andauernden Lauf der
Kündigungsfrist "begrenzt" war. So liegt es hier: Zur Zeit der Auszahlung war die
Kündigung mit Schreiben vom 27.09.1999 schon ausgesprochen. Diese führte auch zu
einem Zeitpunkt nach der Auszahlung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses - nämlich
zum 31.12.2000. Dies steht fest, weil die Parteien dies vereinbart haben - nämlich mit
Vergleich vom 08.11.2000, in dem es heißt: "Das Arbeitsverhältnis endet aufgrund der
Kündigung vom 27.07.1999 (...)". Der Text ist ohne Mehrdeutigkeiten, Unklarheiten oder
Auslassungen und von daher einer "Auslegung" überhaupt nicht zugänglich.
Zu Unrecht meint der Kläger, eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2000
durch die betroffene Kündigung könne schon "denklogisch" nicht erfolgen, sondern nur
durch eine Vereinbarung, die alsdann zu einer Befristung führe. Er übersieht, dass gegen
die einvernehmliche Verlängerung einer Kündigungsfrist unter keinem rechtlichen
Gesichtspunkt irgendwelche Bedenken bestehen. Sie unterliegt der Vertragsfreiheit. Durch
sie ist vorliegend auch keine Befristung entstanden, weil die Parteien dies weder gesagt
noch gewollt haben; gesagt und gewollt haben sie, dass das Arbeitsverhältnis "aufgrund
der Kündigung vom 27. 07. 1999" endet.
Zu Unrecht meint der Kläger auch, durch den Vergleich werde nicht festgestellt, ob die
Kündigung wirksam sei. Die Parteien haben die Wirksamkeit der Kündigung vereinbart -
damit ist sie wirksam, ebenso als hätte der Kläger eine Kündigungsschutzklage gar nicht
erhoben oder sie zurückgenommen: § 7 KSchG. Kann der Kläger die Kündigung durch
Untätigkeit oder Klagerücknahme wirksam werden lassen, kann er dies auch durch
Zustimmung erreichen.
Falsch ist die Ansicht des Klägers, die in der Betriebsvereinbarung aufgestellte Bedingung
für den Bezug der Jahressonderzahlung - nämlich ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis - sei
unzulässig, da sie eine Vergütung für erbrachte Leistung darstelle. Die Betriebspartner, die
einen ansonsten gar nicht existierenden Anspruch schaffen, bestimmen auch den Umfang,
in dem sie dies tun wollen. Im übrigen ist es unzutreffend, dass der Anspruch
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ausschließlich Entgeltcharakter hat: Gerade die hier streitige Bedingung eines
ungekündigten Arbeitsverhältnisses beweist, dass die versprochene Leistung
Mischcharakter hat: Der Ausschluss gekündigter Arbeitnehmer macht nur Sinn, wenn
jedenfalls auch die künftige Betriebstreue gefördert werden sollte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Weil der Rechtsstreit nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, wurde die Revision nicht
zugelassen. Auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 72 a ArbGG wird
hingewiesen.
(Schunck) (Haeser) (Mitrenga)