Urteil des LAG Köln vom 14.10.2009
LArbG Köln (arbeitszeit, zustimmung, umfang, verhältnis zu, bag, arbeitnehmer, zeitpunkt, arbeitsgericht, verteilung, arbeitgeber)
Landesarbeitsgericht Köln, 9 Sa 824/09
Datum:
14.10.2009
Gericht:
Landesarbeitsgericht Köln
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 Sa 824/09
Vorinstanz:
Arbeitsgericht Aachen, 1 Ca 3093/08
Schlagworte:
Teilzeitbegehren - Bestimmtheit - betriebliche Gründe
Normen:
§ 8 TzBfG
Sachgebiet:
Arbeitsrecht
Leitsätze:
1. Ein Teilzeitbegehren nach § 8 TzBfG ist nicht hinreichend bestimmt,
wenn darin nur ein Arbeitszeitrahmen (z. B. 20 bis 25 Wochenstunden)
vorgegeben wird.
2. Ein weiteres Teilzeitbegehren, das während des Rechtsstreits über
die Wirksamkeit eines vorangegangenen Teilzeitbegehrens gestellt wird
und erkennbar nur das Fehlen bestimmter formeller Voraussetzungen
des ersten Begehrens abstellen soll, kann hinsichtlich des gewünschten
Beginns der Teilzeit anhand des Klageantrags auszulegen sein, mit dem
das erste Änderungsverlangen gerichtlich weiterverfolgt worden ist.
3. Die Tätigkeit als Kundenberater in einer Bank erfordert in der Regel
keine ganztägige Präsenz am Arbeitsplatz.
Tenor:
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts
Aachen vom 13. Januar 2009
– 1 Ca 3093/08 h – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, dem Verringerungsverlangen der Arbeitszeit
der Klägerin von 39 Stunden pro Woche auf 22,5 Stunden pro Woche in
der Weise zuzustimmen, dass die Klägerin montags bis freitags täglich
von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr arbeitet.
2. Die Kosten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens trägt die
Beklagte.
3. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d
1
Die Parteien streiten über die Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit der
Klägerin.
2
Die Klägerin, geboren am 20. Mai 1976, ist als Bankkauffrau bei der beklagten Bank
tätig, die in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Klägerin wird als
Kundenberaterin im "C-Segment" in der Zweigstelle B eingesetzt. Sie ist Mutter eines im
Jahr 2005 geboren Sohnes und nahm bis zum 12. August 2008 Elternzeit.
3
Vor ihrer Rückkehr aus der Elternzeit begehrte die Klägerin mit Schreiben vom 18.
Januar 2008 eine Teilzeitbeschäftigung anstelle der bisherigen Vollzeittätigkeit. Darin
heißt es:
4
"…zum 12. Mai 2008 endet meine in Anspruch genommene Elternzeit. Ab
diesem Zeitpunkt beantrage ich Teilzeitarbeit. Meine Arbeitszeit soll auf einen
Umfang zwischen 20 und 25 Wochenstunden verringert werden. Dazu stelle ich
mir z. B. eine der folgenden Arbeitsvarianten vor:
5
Variante 1: Jeden Morgen bis zur Mittagspause.
6
Variante 2: Drei komplette Arbeitstage pro Woche.
7
Variante 3: Eine Woche arbeiten – eine Woche frei…"
8
Nachdem die Beklagte mit der Klägerin am 11. März 2008 das Teilzeitbegehren erörtert
hatte, lehnte sie es "aus betrieblichen und organisatorischen Gründen" mit Schreiben
vom 26. März 2008 ab.
9
Mit der am 25. Juli 2008 beim Arbeitsgericht Aachen eingegangenen Klage verfolgt die
Klägerin ihr Teilzeitbegehren weiter mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, der
Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin von 40 bzw. 39 Stunden pro Woche
(Vollzeittätigkeit) in der Weise zuzustimmen, dass die Klägerin montags bis freitags
täglich von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr arbeitet. Hilfsweise hat sie zunächst mit der Klage
begehrt, die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit in der Weise
zuzustimmen, dass die Klägerin montags bis mittwochs täglich von 08:15 Uhr bis 18:15
Uhr am Montag und 16:15 Uhr am Dienstag und Mittwoch arbeitet.
10
Nachdem in der Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Bedenken gegen die
Begründetheit der Klage wegen der Unbestimmtheit des Teilzeitverlangens vom 18.
Januar 2008 erhoben worden waren, hat die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom
8. September 2008 der Beklagten mitgeteilt, sie konkretisiere ihr
Verringerungsverlangen dahin, dass ihre Arbeitszeit auf 22,5 Stunden pro Woche
verringert werde, wobei sie jeweils montags bis freitags von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr zu
arbeiten habe. Hilfsweise sei sie bereit, wöchentlich 22,5 Stunden an drei Tagen,
vorzugsweise von montags bis mittwochs, zu arbeiten. Nachdem die Beklagte mit der
Klägerin am 24. Oktober 2008 den konkretisierten Antrag erörtert hatte, lehnte sie ihn mit
Schreiben vom 29. Oktober 2008 "aus betrieblichen und organisatorischen Gründen"
11
ab.
Die Klägerin hat beantragt,
12
1. die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit der Klägerin von 40
Stunden pro Woche auf 22,5 Stunden pro Woche in der Weise zuzustimmen, dass
die Klägerin montags bis freitags täglich von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr arbeitet,
2. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit auf 23
Stunden pro Woche in der Weise zuzustimmen, dass die Klägerin montags in der
Zeit von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr und von 13:45 Uhr bis 18:15 Uhr arbeitet sowie
dienstags und mittwochs jeweils in den Zeiten von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr und
von 13:45 Uhr bis 16:15 Uhr.
13
14
Die Beklagte hat beantragt,
15
die Klage abzuweisen.
16
Das Arbeitsgericht Aachen hat durch Urteil vom 13. Januar 2009 die Klage abgewiesen
und zur Begründung ausgeführt, das Teilzeitbegehren vom 18. Januar 2008 sei
unbestimmt und damit unwirksam gewesen. Die Klägerin habe für die Verringerung
lediglich eine Bandbreite von 20 bis 25 Wochenstunden angegeben. Auch das weitere
Begehren vom 8. September 2008 genüge nicht den Anforderungen des § 8 Abs. 2
TzBfG, da die Klägerin darin nicht angegeben habe, ab wann die Teilzeitbeschäftigung
gelten solle. Auch dem Hilfsantrag könne nicht stattgegeben werden, da mit keinem der
beiden Teilzeitbegehren eine Verringerung auf wöchentlich 23 Stunden verlangt worden
sei.
17
Das Urteil ist der Klägerin am 23. März 2009 zugestellt worden. Sie hat hiergegen am
17. April 2009 Berufung einlegen und diese – nach Verlängerung der
Berufungsbegründungsfrist bis zum 25. Juni 2009 - am 25. Juni 2009 begründen lassen.
18
Die Klägerin ist der Ansicht, das erste Teilzeitbegehren vom 18. Januar 2008 sei
bestimmt, da sich aus der Nummerierung der Varianten von 1 bis 3 zum einen die von
ihr gewollte Reihenfolge ergebe und zum anderen auch der jeweilige Umfang der
wöchentlichen Arbeitszeit. Jedenfalls fehle dem zweiten Teilzeitverlangen vom 8.
September 2008 nicht die Bestimmtheit. Es habe zum frühestmöglichen Zeitpunkt
wirksam werden sollen, d. h. 3 Monate nach Zugang dieses Begehrens. Die Beklagte
habe mit Schreiben vom 29. Oktober 2008 auch nicht beanstandet, es sei kein
Anfangstermin in dem Schreiben vom 8. September 2008 genannt worden, sondern
lediglich auf entgegenstehende betriebliche und organisatorische Gründe abgestellt.
19
Sie habe im Übrigen mit Schreiben vom 27. Januar 2009 ein drittes Teilzeitbegehren
gestellt, wonach die Arbeitszeit ab dem 1. Mai 2009 auf 22,5 Stunden pro Woche
verringert werden solle und sie montags bis freitags von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr
arbeiten wolle. Hilfsweise solle die Arbeitszeit auf 23 Stunden pro Woche verringert
20
werden, wobei sie montags von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr und von 13:45 Uhr bis 18:15
Uhr sowie dienstags und mittwochs von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr und von 13:45 Uhr bis
16:15 Uhr arbeiten wolle. Darauf habe die Beklagte lediglich mit Schreiben vom 2.
Februar 2009 geantwortet, da die Sperrfrist des § 8 Abs. 6 TzBfG noch nicht abgelaufen
sei, erübrigten sich weitere Erklärungen. Sofern die beiden ersten Teilzeitbegehren
wegen mangelnder Bestimmtheit nicht wirksam seien, sei die Frist des § 8 Abs. 6 TzBfG
nicht in Gang gesetzt worden. Es fehle dann hinsichtlich des dritten Teilzeitbegehrens
an einer fristgerechten Ablehnung durch die Beklagte.
Betriebliche und organisatorische Gründe stünden ihrem Teilzeitbegehren nicht
entgegen. Als ausgebildete Bankkauffrau sei sie vielseitig einsetzbar. Die Kunden aus
dem "C-Segment" seien keinem bestimmten Mitarbeiter zugeordnet. Sofern sie einen
bestimmten Kundenberater bevorzugten, vereinbarten sie mit diesem Beratungstermine.
Spezielle Angelegenheiten wie z. B. die Sparbuchbearbeitung würden ohnehin an das
Marktservice-Center abgegeben, in dem nur Vollzeitkräfte beschäftigt würden. Diese
Handhabung werde von den Kunden nicht bemängelt. Auch durch die Schulungen der
Teilzeitkräfte würden weder die Organisation noch der Arbeitsablauf noch die Sicherheit
des Betriebes wesentlich beeinträchtigt. Es entstünden auch keine unverhältnismäßigen
Kosten.
21
Die Klägerin beantragt,
22
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Aachen vom 13. Januar 2009
– 1 Ca 3093/08 h – die Beklagte zu verurteilen, dem Verringerungsverlangen
der Arbeitszeit der Klägerin von 40 Stunden pro Woche auf 22,5 Stunden pro
Woche in der Weise zuzustimmen, dass die Klägerin montags bis freitags
täglich von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr arbeitet,
23
hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, der Verringerung der Arbeitszeit auf 23
Stunden pro Woche in der Weise zuzustimmen, dass die Klägerin montags in
der Zeit von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr und von 13:45 Uhr bis 18:15 Uhr sowie
dienstags und mittwochs in der Zeit von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr und von 13:45
Uhr bis 16:15 Uhr arbeitet.
24
Die Beklagte beantragt,
25
die Berufung zurückzuweisen.
26
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Die Teilzeitbegehren vom 18. Januar 2008 und
vom 8. September 2008 seien zu unbestimmt. Im ersten Verlangen sei nicht einmal
eindeutig erkennbar, in welchem Umfang die Arbeitszeit zu verringern sei. Eine
Rangfolge der mehreren Reduzierungsvorschläge ergebe sich nicht aus diesem
Schreiben. Im zweiten Verlangen sei nicht angegeben worden, ab wann die
Verringerung gelten solle.
27
Sie rügt, die Einführung des dritten Teilzeitbegehrens vom 27. Januar 2009 erstmals im
Berufungsverfahren stelle eine nicht zulässige Klageänderung dar. Im Übrigen habe sie
dieses Begehren mit dem zutreffenden Hinweis auf § 8 Abs. 6 TzBfG abgelehnt.
28
Betriebliche Gründe stünden den Teilzeitbegehren der Klägerin entgegen. In der
Geschäftsstelle B würden die Klägerin und ein weiterer vollzeitbeschäftigter
29
Arbeitnehmer als Kundenberater im "C-Segment" mit einem fest zugeordneten
Kundenstamm beschäftigt. Sie seien Ansprechpartner für die gesamte Familie eines
Kunden und würden deren individuelle Bedürfnisse kennen und schalteten bei Bedarf
auch Spezialisten der Beklagten für bestimmte Finanzfragen ein. Dabei erwarteten die
Kunden – wie eine Beschwerde zeige – Präsenz des Beraters, die mit
Teilzeitmitarbeitern nicht gewährleistet sei. Zusätzlich beschäftige sie in dieser
Geschäftsstelle zwei Mitarbeiterinnen als Halbtagskräfte ohne festen Kundenstamm.
Zudem ergebe sich bei einer Beschäftigung von Teilzeitkräften ein von der Anzahl der
Mitarbeiter her erhöhter Schulungsbedarf. Sie führe häufig Halbtagsseminare durch, zu
denen die Mitarbeiter anreisen müssten, wobei die Fahrkosten von ihr erstattet würden.
Sie beschäftigte bereits 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Servicebereich in
Teilzeit, was einen Anteil von 22,28 % aller darin Beschäftigten ausmache. Zudem
müsse sie aus unfallversicherungsrechtlichen Gründen einer Besetzung der
Geschäftsstelle mit zwei Mitarbeitern während der gesamten Öffnungszeit
gewährleisten. Da die beiden Teilzeitkräfte sich jeweils wochenweise abwechselten, sei
eine durchgehende Besetzung mit zwei Mitarbeitern nicht gesichert, wenn die Klägerin
als Teilzeitkraft arbeite. Da in den anderen Geschäftsstellen kein Teilzeitarbeitsplatz frei
sei, könne dem Teilzeitbegehren auch nicht durch eine Versetzung der Klägerin
entsprochen werden.
30
Die wöchentliche tarifliche Arbeitszeit einer Vollzeitkraft betrage bei ihr 39 und nicht 40
Stunden.
31
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt
verwiesen.
32
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
33
I. Die Berufung ist zulässig.
34
Sie ist nach § 64 Abs. 2 b ArbGG statthaft und innerhalb der Fristen nach § 66 Abs. 1 S.
1, 5 ArbGG eingelegt und begründet worden.
35
II. Die Berufung hat in der Sache auch Erfolg.
36
Die Klägerin macht einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zustimmung zu einer
Verringerung der Arbeitszeit von 39 Stunden (Vollzeit) pro Woche auf 22,5 Stunden pro
Woche geltend, wobei sie montags bis freitags täglich von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr
arbeiten will.
37
1. Die Klage ist zulässig.
38
Insbesondere ist der Hauptantrag hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO. Die Klägerin verlangt auf der Grundlage von § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG die
Zustimmung der Beklagten zu der vorstehend bezeichneten Verringerung und
Neuverteilung ihrer Arbeitszeit. Sie begehrt damit von der Beklagten die Abgabe einer
Willenserklärung im Sinne von § 894 Abs. 1 ZPO. Die Angabe eines Datums in dem
Antrag, zu dem die Vertragsänderung wirksam werden soll, ist entbehrlich. Mit
Rechtskraft eines obsiegenden Urteils gilt die Zustimmung als erteilte. Ob die
Zustimmung rückwirkend oder erst ab diesem Zeitpunkt wirkt, beurteilt sich nach
39
materiellem Recht (vgl. dazu: BAG, Urteile vom 16. Oktober 2007 – 9 AZR 239/07 – und
18. August 2009 – 9 AZR 517/08 -).
2. Die Klage ist auch begründet.
40
Der Klägerin steht der von ihr geltend gemachte Anspruch zu.
41
a. Die allgemeinen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Zustimmung nach § 8 Abs. 4
S. 1 TzBfG waren im Zeitpunkt des wirksamen Abänderungsverlangens der Klägerin
vom 8. September 2008 erfüllt.
42
aa. Das Arbeitsverhältnis mit der Beklagte besteht seit 1976, also länger als 6 Monate (§
8 Abs. 1 TzBfG). Die Beklagte beschäftigt auch in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer
(§ 8 Abs. 7 TzBfG).
43
bb. Die Klägerin hat zunächst mit Schreiben vom 18. Januar 2008 für die Zeit ab Ende
der Elternzeit am 12. Mai 2008 und damit unter Einhaltung der dreimonatigen
Mindestankündigungsfrist des § 8 Abs. 2 S. 1 TzBfG die Abänderung der Arbeitszeit
verlangt.
44
Dieses Abänderungsverlangen war aber – wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt
hat – nicht hinreichend bestimmt und damit unwirksam.
45
Der Antrag des Arbeitnehmers auf Verringerung der Arbeitszeit nach § 8 TzBfG ist ein
Angebot auf Abschluss eines Änderungsvertrages im Sinne von § 145 BGB, das den
genauen Umfang der Arbeitszeit nicht offenlassen darf (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 16.
Oktober 2007 – 9 AZR 239/07 -).
46
Die Klägerin hat in ihrem Schreiben vom 18. Januar 2008 nicht den genauen Umfang
der Arbeitszeitverringerung festgelegt, sondern nur einen Rahmen vorgegeben. Die
wöchentliche Arbeitszeit sollte danach zwischen 20 und 25 Wochenstunden liegen.
Hinsichtlich der Verteilung der Arbeitszeit gab sie als Beispiele 3 Varianten vor, d. h.
andere Festlegungen sollten auch möglich sein. Sie zeigte damit an, dass sie mit der
Beklagten in Verhandlungen über den Umfang der Arbeitszeitverringerung und die
Verteilung der verringerten Arbeitszeit treten wollte. Sie wollte nicht etwa der Beklagten
das Recht einräumen, im Wege einer einseitigen Leistungsbestimmung den Umfang der
Arbeitszeitverringerung und die Verteilung der Arbeitszeit festzulegen.
47
Ein derartiges unbestimmtes Verringerungsverlangen kann nicht zum Abschluss eines
Änderungsvertrages durch Zustimmung des Arbeitgebers oder durch ein die
Zustimmung fingierendes Urteil nach § 894 ZPO führen, weil der Inhalt unbestimmt
bleibt (vgl. BAG, Urteil vom 16. Oktober 2007 – 9 AZR 239/07 -).
48
cc. Jedoch hat die Klägerin mit Schreiben vom 8. September 2008 wirksam eine
Abänderung der Arbeitszeit von der Beklagten verlangt.
49
Sie fordert – wie sich auch aus der Begründung im letzten Absatz dieses Schreibens
ergibt – in erster Linie eine Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 22,5
Stunden, wobei sie montags bis freitags jeweils von 08:15 Uhr bis 12:45 Uhr arbeiten
will. Nur hilfsweise ist sie mit einer Verteilung der verringerten Arbeitszeit von 22,5
Stunden auf drei Wochentage einverstanden.
50
Das Verringerungsverlangen ist aus Empfängersicht dahin auszulegen, dass die
Verringerung ab Rechtskraft eines die Zustimmung der Beklagten fingierenden Urteils
gelten soll (§§ 133, 157 BGB).
51
Zu diesem Zeitpunkt war bereits die Klage vom 25. Juli 2008 auf Zustimmung zu einer
Abänderung der Arbeitszeit auf 22,5 Stunden pro Woche mit der vorgenannten
Verteilungsregelung rechtshängig. Auch in dieser Klage ist von vornherein kein Datum
genannt worden, zu dem die Vertragsänderung wirksam werden soll. Dies war auch
nicht erforderlich, weil sich der Beginn aus dem Gesetz ergibt. Mit Rechtskraft eines
obsiegenden Urteils gilt die Zustimmung nach § 894 ZPO als ersetzt (vgl. dazu: BAG,
Urteil vom 23. November 2004 – 9 AZR 644/03 - ).
52
Die Klägerin hat erkennbar mit dem Schreiben vom 8. September 2008 unter Hinweis
auf die bereits stattgefundene Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Aachen, bei der
die Erfüllung der formellen Voraussetzungen für ein wirksames Teilzeitverlangen gerügt
worden war, lediglich ihr Teilzeitverlangen konkretisieren wollen, soweit es den Umfang
der Teilzeit und die Verteilung der reduzierten Arbeitszeit betrifft. Es sollten damit die
formellen Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass in dem bereits anberaumten
Kammertermin (13. Januar 2009) ein für sie obsiegendes Urteil ergehen konnte.
Dagegen sollte es für den Beginn der Teilzeitregelung bei dem durch die Klage
bezeichneten Termin, also der Rechtskraft eines obsiegenden Urteils bleiben. Ein davor
liegender Beginn aufgrund einer einvernehmlichen Regelung kam von vornherein nicht
in Frage, weil die Beklagte bereits zuvor jegliches Teilzeitverlangen mit dem Hinweis
auf entgegenstehende betriebliche Gründe abgelehnt hatte. Da damals bereits
feststand, dass eine erstinstanzliche Entscheidung frühestens am 13. Januar 2009 und
damit nach Ablauf von 3 Monaten ergehen würde, ist die Ankündigungsfrist nach § 8
Abs. 2 S. 1 TzBfG durch das Geltendmachungsschreiben vom 8. September 2008 in
Verbindung mit der bereits anhängigen Klage vom 25. Juli 2008 gewahrt worden. Das
Verringerungsverlangen ist nicht formgebunden.
53
dd. Die zweijährige Veränderungssperre des § 8 Abs. 6 TzBfG steht dem mit Schreiben
vom 8. September 2008 geltend gemachten Verringerungs- und Verteilungsverlangen
nicht entgegen.
54
Nach dieser gesetzlichen Bestimmung kann der Arbeitnehmer eine erneute
Verringerung der Arbeitszeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren verlangen,
nachdem der Arbeitgeber einer Verringerung zugestimmt oder sie berechtigt abgelehnt
hat.
55
Da das erste Teilzeitverlangen vom 18. Januar 2008 – wie vorstehend aufgezeigt -
schon vom Angebotsinhalt nicht feststand, konnte die Beklagte auch nicht materiell
"berechtigt" im Sinne von § 8 Abs. 6 TzBfG von den gesetzlichen Ablehnungsgründen
des 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG Gebrauch gemacht haben (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 16.
Oktober 2007 – 9 AZR 239/07 -).
56
ee. Da die Beklagte dem Teilzeitbegehren vom 8. September 2008 mit Schreiben vom
29. Oktober 2008 widersprochen hat, ist keine Zustimmungsfiktion nach § 8 Abs. 5 S. 3
TzBfG eingetreten.
57
b. Dem Teilzeitbegehren der Klägerin stehen keine betrieblichen Gründe im Sinne von §
58
8 Abs. 4 S. 1 und 2 TzBfG entgegen.
aa. Nach § 8 Abs. 4 S. 1 und 2 TzBfG hat der Arbeitgeber der Verringerung der
Arbeitszeit zuzustimmen, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein
entgegenstehender betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Umsetzung
des Arbeitszeitverlangens die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im
Betreib wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßig Kosten verursacht. Insoweit
genügt es, wenn der Arbeitgeber rational nachvollziehbare Gründe hat. Diese Gründe
müssen hinreichend gewichtig sein.
59
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat die Prüfung der Gründe des
Arbeitgebers regelmäßig in drei Stufen zu erfolgen. Zunächst ist festzustellen, ob der
vom Arbeitgeber als erforderlich angesehenen Arbeitszeitregelung überhaupt ein
betriebliches Organisationskonzept zugrunde liegt und – wenn das zutrifft – um welches
Konzept es sich handelt (erste Stufe). Sodann ist zu untersuchen, inwieweit die
Arbeitszeitregelung dem Arbeitszeitverlangen tatsächlich entgegensteht (zweite Stufe).
Schließlich ist in einer dritten Stufe das Gewicht der entgegenstehenden betrieblichen
Gründe zu prüfen. Dabei ist die Frage zu klären, ob das betriebliche
Organisationskonzept oder die zugrunde liegende unternehmerische Aufgabenstellung
durch die vom Arbeitnehmer gewünschte Abweichung wesentlich beeinträchtigt werden.
Maßgeblich ist für das Vorliegen der betrieblichen Gründe der Zeitpunkt der Ablehnung
des Arbeitszeitwunschs durch den Arbeitgeber, also hier der 29. Oktober 2008 (vgl.
BAG, Urteil vom 13. November 2007 – 9 AZR 36/07 - ).
60
bb. Nach diesen Grundsätzen gilt für das Vorbringen der Beklagten, sie benötige zwei
vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer als Kundenberater im "CSegment", weil die Kunden
eine entsprechende Präsenz erwarteten, Folgendes: Selbst wenn eine entsprechende
Organisationsentscheidung der Beklagten getroffen worden sein sollte, und diese auch
durchgeführt würde, ist nicht erkennbar, dass dieses Konzept durch die von der Klägerin
geforderte Abweichung wesentlich beeinträchtigt würde. Zunächst ist nicht erkennbar, in
welchem zeitlichen Umfang ad-hoc-Gespräche anfallen und ob sie nicht vielmehr eine
Ausnahme bei der Beratertätigkeit darstellen. Ein Bankkunde, der zu einem vorher nicht
vereinbarten Zeitpunkt erscheint, kann nicht damit rechnen, sofort beraten zu werden.
Vielmehr muss er sich gedulden, bis der Berater die vereinbarten Besprechungstermine
wahrgenommen hat. Schon von daher muss eine Terminvereinbarung zwischen dem
Kunden und dem Berater auch bei der Beklagten als vorrangig gelten. Dabei ist zu
berücksichtigen, dass Bankgeschäfte regelmäßig keine sofortige persönliche oder auch
telefonische Beratung erfordern. Es ist daher nicht nachvollziehbar, inwiefern nicht der
andere Kundenberater für das "C-Segment" oder die bereits beschäftigten Teilzeitkräfte
einen Anruf eines Kunden entgegennehmen können mit der Erklärung, die Klägerin
werde am nächsten Tag zurückrufen, oder ggf. anhand eines Terminkalenders der
Klägerin sogar einen Besprechungstermin des Kunden mit der Klägerin vereinbaren. Es
kommt hinzu, dass für bestimmte Finanzfragen die Klägerin ohnehin als Beraterin nicht
kompetent ist, sondern Spezialisten eingeschaltet werden müssen.
61
cc. Soweit die Beklagte vorträgt, es entstünden erhöhte Schulungskosten bei der
Beschäftigung von Teilzeitkräften, gilt Folgendes: Nach den in § 8 Abs. 4 S. 2 TzBfG
genannten Beispielen liegt ein betrieblicher Ablehnungsgrund vor, wenn die
Verringerung der Arbeitszeit "unverhältnismäßige Kosten" verursacht. Es sind die
Kosten, die üblicherweise mit dem eingerichteten Arbeitsplatz verbunden sind, mit
denjenigen, die bei einer Arbeitsplatzteilung anfallen, ins Verhältnis zu setzen. Dabei
62
genügt aber nicht die allgemeine Erwägung, dass bei Teilzeitbeschäftigung die Zahl der
Arbeitnehmer steigt, die auf Kosten der Beklagten geschult werden müssen und die
während der Schulungsdauer nicht zur Verfügung stehen. Diese Kostenbelastung bringt
jede Teilzeitbeschäftigung mit sich. Sie stellt keine besonderen Umstände des hier zu
entscheidenden Einzelfalles dar (vgl. dazu: BAG, Urteil vom 23. November 2004 – 9
AZR 644/03 - ).
dd. Zu dem Hinweis auf die hohe Zahl der Teilzeitbeschäftigten im Servicebereich ist
festzustellen, dass auch dieser Umstand nicht zur Ablehnung des Teilzeitverlangens
berechtigt. Der Gesetzgeber hat keine Quote vorgegeben, bei deren Erreichen weitere
Gesuche abgelehnt werden können. Es braucht daher auch nicht geprüft zu werden, ob
eine solche Begrenzung mit dem verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz
überhaupt vereinbar wäre.
63
ee. Zu dem Einwand, die Geschäftsstelle müsse aus unfallversicherungsrechtlichen
Gründen stets mit zwei Mitarbeitern während der gesamten Öffnungszeit besetzt sein,
hat bereits die 6. Kammer des Berufungsgerichts in dem Urteil vom 17. Juli 2008 – 6 Sa
317/08 - ausgeführt, er sei nicht nachvollziehbar. Die Beklagte beschäftigt in der
Geschäftsstelle neben der Klägerin eine Vollzeitkraft und zwei Teilzeitkräfte, so dass mit
gesamten Arbeitszeitvolumen der Beschäftigten dem Erfordernis, sollte es bestehen,
Genüge getan werden kann.
64
Nach alledem ist die Klage begründet.
65
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
66
Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, bei
der sich keine grundsätzlichen Rechtsfragen stellten, die in der höchstrichterlichen
Rechtsprechung noch nicht beantwortet sind.
67
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
68
Gegen dieses Urteil ist für die Partei ein Rechtsmittel nicht gegeben.
69
Gegen dieses Urteil ist für die beklagte Partei mangels ausdrücklicher Zulassung die
Revision nicht statthaft, § 72 Abs. 1 ArbGG. Wegen der Möglichkeit, die Nichtzulassung
der Revision selbständig durch Beschwerde beim
70
Bundesarbeitsgericht
71
Hugo-Preuß-Platz 1
72
99084 Erfurt
73
Fax: (0361) 2636 - 2000
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anzufechten wird die beklagte Partei auf die Anforderungen des § 72 a ArbGG
verwiesen.
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Schwartz Erhard Peters
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