Urteil des LAG Hessen vom 13.10.2010

LAG Frankfurt: geldwerter vorteil, bemessungsgrundlage, begriff, arbeitsgericht, gehalt, lebensstandard, klageerweiterung, rente, tarifvertrag, gegenleistung

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Gericht:
Hessisches
Landesarbeitsgericht
6. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6 Sa 567/10
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 TVG TVe Sozialkasse des
Gerüstbaugewerbes, § 1
BetrAVG
Betriebsrente - Bemessungsgrundlage
Leitsatz
Ist Bemessungsgrundlage für eine Betriebsrente das letzte monatliche Bruttogehalt
und ergibt sich aus weiteren einschlägigen Regelungen (Arbeitsvertrag, auf das
Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifverträge), dass unter Gehalt nur das Tarifgehalt zu
verstehen ist, so finden vermögenswirksame Leistungen, Urlaubsgeld, 13.
Monatsgehalt und geldwerter Vorteil der Privatnutzung eines Dienstwagens keine
Berücksichtigung.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Wiesbaden vom 9. März 2010 – 2 Ca 2873/09 – wird kostenpflichtig
zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob bei der Höhe der Betriebsrente, die die Beklagte
dem Kläger seit 1. Januar 2008 zahlt, allein das zuletzt bezogene tarifliche
Bruttomonatsgehalt in Höhe von 3.793,00 EUR zu berücksichtigen ist oder auch
die gezahlten vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von 39,88 EUR, der
geldwerte Vorteil der privaten Nutzung eines dem Kläger in seiner Funktion als
Revisor für Außenprüfungen überlassenen Dienstwagens in Höhe von 268,00 EUR,
sowie jeweils 1/12 des 13. Monatseinkommens und des zusätzlichen
Urlaubsgeldes in Höhe von 316,08 EUR bzw. 131,27 EUR.
Grundlage des Betriebsrentenanspruchs des Klägers ist der Tarifvertrag über eine
betriebliche Altersversorgung für die Mitarbeiter der Sozialkasse und
Zusatzversorgungskasse des Gerüstbaugewerbes (im Folgenden: TV b AV) vom
22. Oktober 1986 (Bl. 13 – 20 d.A.). Die streitige Bestimmung lautet:
§ 4 Leistungshöhe
(1) Die Betriebsrente beträgt nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit
monatlich 5 v. H. des letzten Bruttogehaltes bzw. –lohnes des Arbeitnehmers
(Bemessungsgrundlage). Die Betriebsrente steigert sich für jedes nach der
zehnjährigen Betriebszugehörigkeit vollendete weitere Jahr der
Betriebszugehörigkeit um 0,5 v. H. der Bemessungsgrundlage nach Satz 1.
Bei dem Kläger sind 13 anrechnungsfähige Jahre der Betriebszugehörigkeit der
Betriebsrentenberechnung zugrunde zu legen (01.01.1995 bis 31.12.2007).
Gemäß § 4 Ziffer 1 des TV b AV beträgt die Betriebsrente daher 6,5 v. H. der
Bemessungsgrundlage.
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In der ersten Instanz hatte der Kläger auf der Grundlage eines aus dem
Gesamtsteuerbrutto des Kalenderjahres 2007 von 64.504,21 EUR brutto abzüglich
des geldwerten Vorteils für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in Höhe
von 812,04 EUR monatlich errechneten Bruttomonatsverdientes von 4.563,31 EUR
6,5 v. H. dieses errechneten Bruttomonatsverdienstes, mithin 296,62 EUR
monatlich als Betriebsrente geltend gemacht. Der Differenzbetrag zu der von der
Beklagten in Höhe von 246,55 EUR gezahlten Rente in Höhe von 50,07 EUR für den
Klagezeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Oktober 2009 (22 Monate) war Gegenstand
des Klagebegehrens des Klägers erster Instanz.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 9. März 2010 die Klage abgewiesen. Es hat
angenommen, dass unter dem letzten Bruttogehalt, das als Bemessungsgrenze
für die betriebliche Rente dient, gemäß § 4 Abs. 1 des TV b AV nur das letzte
monatliche Bruttotarifgehalt des Klägers vor Eintritt des Versorgungsfalles zu
verstehen ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens
der Parteien, der dort gestellten Anträge sowie der Erwägungen des
Arbeitsgerichtes wird auf die angegriffene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die
Berufungsverhandlung vom 13. Oktober 2010 festgestellten und dort ersichtlichen
Fristen Berufung eingelegt. Der Kläger begehrt nunmehr ausgehend von seinem
tariflichen Bruttomonatsgehalt zuzüglich vermögenswirksamer Leistungen,
zuzüglich des geldwerten Vorteils der Privatnutzung des ihm überlassenen
Dienstwagens, sowie zuzüglich eines Zwölftels des 13. Monatsgehaltes und eines
Zwölftels des zusätzlichen Urlaubsgeldes, mithin aus 4.548,23 EUR brutto als
Bemessungsgrundlage eine Betriebsrente. Der Kläger hat dabei zunächst mit
Berufungsbegründungsschriftsatz vom 12. Mai 2010 für den Klagezeitraum 1.
Januar 2008 bis 31. Oktober 2009 die Differenz zu der gewährten Betriebsrente
fehlerhaft unter Zugrundelegung von 6 % dieser Bemessungsgrundlage mit 26,34
EUR brutto monatlich berechnet. Auf den Hinweis der Beklagten, dass mit dem im
Berufungsbegründungsschriftsatz vom 12. Mai 2010 geltend gemachten Anspruch
in Höhe einer Differenz zur gewährten Betriebsrente von 26,34 EUR brutto für den
Zeitraum 1. Januar 2008 bis 31. Oktober 2009 (22 Monate) der Wert des
Beschwerdegegenstandes von 600,00 EUR nicht überstiegen wird, die Berufung
mithin unzulässig ist, hat der Kläger 49,09 EUR brutto Differenz zur gewährten
Betriebsrente unter Zugrundlegung seiner Bemessungsgrundlage von 4.548,23
EUR und einem Faktor von 6,5 % für den Klagezeitraum 1. Januar 2008 bis 31.
Dezember 2009 geltend gemacht und weiterhin das Zahlungsbegehren erweitert
auf den Zeitraum vom 1. November 2009 bis zum 30. Juni 2011.
Der Kläger meint, der Wortlaut des § 4 des TV b AV vom 22. Oktober 1986 (Bl. 13 –
20 d.A.) bestimme allein das "letzte Bruttogehalt" als Bemessungsgrundlage.
Dass hiermit nur der Monatsbezug gemeint sei, interpretiere das Arbeitsgericht in
den Wortlaut hinein, ohne dass es sich aus diesem ergebe. Dem § 4 sei an keiner
Stelle zu entnehmen, dass der Begriff des Bruttogehaltes ausschließlich
monatsbezogen zu verstehen sei. § 4 lasse durchaus auch die Auslegung zu, dass
ein letztes Bruttojahresgehalt gemeint sei, welches dann im Hinblick auf die
monatliche Fälligkeit (§ 7 des Tarifvertrages) zu zwölfteln sei. Auch Sinn und Zweck
würden ein solches Auslegungsergebnis gebieten. Die Leistungen des 13.
Monatgehaltes und des Urlaubsgeldes gemäß dem Rahmentarifvertrag der
Beklagten und der Zusatzversorgungskasse des Gerüstbaugewerbes VVaG (im
Folgenden: RTV) auch bereits in der Fassung des RTV vom 22. Oktober 1986 (Bl.
157 – 176 d.A.) hätten eindeutig Entgeltcharakter. Da die Tarifvertragsparteien in §
4 des TV b AV gerade nicht das Bruttomonatsgehalt, sondern das letzte
Bruttogehalt als Bemessungsgrundlage bestimmen, seien 13. Monatgehalt und
Urlaubsgeld einzubeziehen. Der Kläger meint weiter, dass weiterhin auch die
vermögenswirksamen Leistungen zum Bruttogehalt zählen, ebenso wie der
geldwerte Vorteil für die Privatnutzung des Dienstwagens. In der tariflichen
Regelung komme der Wille der Tarifvertragsparteien zum Ausdruck, den
Lebensstandard des Versorgungsempfängers vor Eintritt des Versorgungsfalles zu
sichern. Die Privatnutzung des Dienstwagens, der dem Kläger Vorhaltekosten für
einen Privat-PKW erspart hat, habe aber seinen Lebensstandard gesteigert, was
außer Streit stehen dürfte. Hiermit habe sich das Arbeitsgericht überhaupt nicht
auseinander gesetzt.
Der Kläger hat beantragt,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 9.
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unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 9.
März 2010 – 2 Ca 2873/09 –
1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 932,71 EUR brutto nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2009
zu zahlen;
2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 49,09 EUR brutto nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. September
2009 zu zahlen;
3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 49,09 EUR brutto nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Oktober 2009
zu zahlen;
4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 49,09 EUR brutto nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November
2009 zu zahlen;
5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 392,72 EUR brutto nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 49,09 EUR seit
dem 1. Dezember 2009, dem 1. Januar 2010, dem 1. Februar 2010, dem 1. März
2010, dem 1. April 2010, dem 1. Mai 2010, dem 1. Juni 2010 und dem 1. Juli 2010
zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte meint, entgegen der Ansicht des Klägers ergebe sich der Umstand,
dass es sich vorliegend um eine Monatsrente handele, bereits unmittelbar aus § 4
des TV b AV. Nach der tariflichen Regelung betrage die Betriebsrente nach
zehnjähriger Betriebszugehörigkeit nämlich monatlich 5 v. H. des letzten
Bruttogehaltes bzw. –lohnes des Arbeitnehmers. Aus § 4 Abs. 1 ergebe sich damit
bereits, dass mit dem letzten Bruttogehalt nur das letzte Bruttomonatsgehalt
gemeint sein kann. Woraus sich aber ergeben soll, dass die nach § 4 Tarifvertrag
über die betriebliche Altersversorgung zugrunde zu legende
Bemessungsgrundlage zu zwölfteln sein soll, sei unklar. Insbesondere ergebe sich
dies nicht aus § 7 Abs. 1 des TV b AV, der allein eine Regelung über die
Auszahlungsmodalitäten der Betriebsrente beinhalte. Die Beklagte hat weiter
darauf verwiesen, dass der Begriff des Gehaltes, sowohl im Arbeitsvertrag der
Parteien, als auch in den einschlägigen Tarifverträgen bezogen auf das Tarifgehalt
verwandt werde. Die Beklagte hat weiter hinsichtlich der Einbeziehung der
vermögenswirksamen Leistungen in die Bemessungsgrundlage die Ansicht
vertreten, dass es sich bei den vermögenswirksamen Leistungen um keine
unmittelbare Gegenleistung für die Arbeitsleistung es Arbeitnehmers handele, weil
vermögenswirksame Leistungen grundsätzlich für jeden Arbeitnehmer unabhängig
von dessen Arbeitsleistung in gleicher Höhe erbracht würden. Die Beklagte hat
weiter darauf verwiesen, dass der RTV in der Fassung vom 22. Oktober 1986 die
Zahlung vermögenswirksamer Leistungen unter die Bedingung stellte, dass der
Angestellte gleichzeitig mindestens 6,00 DM aus seinem Monatsgehalt im Wege
der Umwandlung vom Arbeitgeber vermögenswirksam anlegen lässt. Zum
Zeitpunkt des Abschlusses des TV b AV, datierend ebenfalls vom 22. Oktober
1986, habe es sich bei den vermögenswirksamen Leistungen daher nach Ansicht
der Beklagten um eine Arbeitgeberzulage gehandelt. Hinsichtlich der
Berücksichtigung des geldwerten Vorteils der Privatnutzung des Dienstwagens hat
die Beklagte gemeint, dass es, entgegen der Ansicht des Klägers, nicht richtig sei,
dass die Tarifvertragsparteien ohne jede Einschränkung das letzte Bruttogehalt als
Bemessungsgrundlage vereinbart hätten. Die Einschränkung der
Bemessungsgrundlage ergebe sich unter anderem bereits aus der Verwendung
des Begriffes "Gehalt" selbst. Dieser Begriff umfasse nach allgemeinem
Sprachgebrauch nämlich nur Geldleistungen, nicht aber geldwerte Vorteile und
Sachleistungen. Hierbei sei es auch unerheblich, ob die erlaubte private Nutzung
des Dienstwagens den Lebensstandard des Klägers geprägt habe, da es, wie der
Kläger richtigerweise auch feststelle, ausschließlich vom Inhalt der
Versorgungszusage abhänge, ob eine Arbeitgeberleistung bei der
Betriebsrentenberechnung zu berücksichtigen ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der
Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze
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Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Die Berufung ist zunächst gemäß §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 2
b ArbGG statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 600,00 EUR.
Beschwerdegegenstand ist dabei der Betrag, um den der Berufungskläger durch
das Urteil der ersten Instanz in seinem Recht verkürzt zu sein behauptet und in
dessen Höhe er mit seinem Berufungsantrag Abänderung des Urteils beantragt.
Dabei ist der Umfang der Beschwer grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der
Berufungseinlegung zu berechnen. Eine nachträgliche Klageerweiterung ist für die
Berechnung der Beschwer unbeachtlich. Das Berufungsgericht ist der Ansicht,
dass unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen an die Bestimmung der
Beschwer iSv § 64 Abs. 2 b ArbGG die Berufung statthaft ist.
Der Kläger verfolgt mit der Berufung zunächst die Abänderung des
arbeitsgerichtlichen Urteils auf Zahlung einer erhöhten Betriebsrente, bezogen auf
den schon beim Arbeitsgericht anhängigen Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31.
Oktober 2009 aufgrund der Bestimmung der Bemessungsgrundlage der
Betriebsrente unter Berücksichtigung von vermögenswirksamen Leistungen,
geldwertem Vorteil für Privatnutzung eines Dienstwagens sowie anteiligen 13.
Monatsgehalts und anteiligem zusätzlichen Urlaubsgeldes. Bei richtiger
Berechnung ergibt sich dabei für diesen Klagezeitraum ein Differenzbetrag von
49,09 EUR brutto, mithin für diesen Klagezeitraum 1.079,98 EUR. Die
Klageerweiterung gemäß Schriftsatz des Klägers vom 7. Juli 2010 bzw. 11. Oktober
2010 hinsichtlich des Zeitraums vom 1. November 2009 bis 30. Juni 2010
begründet demgegenüber die Statthaftigkeit der Berufung nicht, weil diese
nachträgliche Klageerweiterung für die Berechnung der Beschwer unbeachtlich ist.
Die Korrektur des bloßen Rechenfehlers ist aber keine nachträgliche
Klageerweiterung in diesem Sinne. Die Berufung des Klägers ist außerdem form-
und fristgerecht eingelegt sowie rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet
worden (§§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
In der Sache ist die Berufung des Klägers jedoch erfolglos. Das Berufungsgericht
folgt dem Arbeitsgericht im Ergebnis und auch in der Begründung. Der Kläger kann
keine höhere Betriebsrente verlangen. In die Bemessungsgrundlage für die
Betriebsrente gem. § 4 Abs. 1 des TV b AV ist das 13. Monatsgehalt und das
zusätzliche Urlaubsgeld sowie vermögenswirksame Leistungen und geldwerter
Vorteil der privaten Nutzung des Dienstwagens nicht einzubeziehen.
Unter dem letzten Bruttogehalt gem. § 4 Abs. 1 des TV b AV, das als
Bemessungsgrundlage für die betriebliche Rente dient, ist das letzte monatliche
Bruttotarifgehalt des Klägers vor Eintritt des Versorgungsfalles zu verstehen. Zu
diesem Ergebnis gelangt das Berufungsgericht aufgrund folgender Erwägungen:
Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für die Auslegung von
Gesetzen geltenden Regeln auszulegen (
).
Zunächst ist vom Wortlaut auszugehen. Dabei ist auch der maßgebliche Sinn einer
Vorschrift zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften. Vor allem darf der
Wortlaut einer einzelnen Bestimmung nicht losgelöst von den übrigen Vorschriften
des Tarifvertrages betrachtet werden. Da die tarifunterworfenen Arbeitgeber und
Arbeitnehmer auch den tariflichen Gesamtzusammenhang erkennen können, ist
dieser mit zu berücksichtigen, und zwar auch bei der Frage, ob die verwendete
Formulierung eindeutig ist (
). Falls der Wortlaut, die Systematik
oder der sich daraus ergebende Regelungszweck des Tarifvertrages keine
zweifelsfreien Auslegungsergebnisse zulassen, können die Gerichte für
Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien berücksichtigen
(
).
Den Begriff "Gehalt" verwenden die Tarifvertragsparteien des TV b AV vom 22.
Oktober 1986 und die identischen Tarifvertragsparteien des RTV ausschließlich
bezogen auf das Tarifgehalt gemäß der Eingruppierung nach § 8 des RTV in eine
der dort bezeichneten Gehaltsgruppen. Weiter ergibt sich dieses
Auslegungsergebnis auch aus § 11 Ziffer 1 des RTV in dem die Höhe des 13.
Monatsgehaltes in Höhe des Novembergehaltes bestimmt wird. Schon aus dieser
Begriffsbestimmung folgt, dass vermögenswirksame Leistungen, geldwerter Vorteil
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Begriffsbestimmung folgt, dass vermögenswirksame Leistungen, geldwerter Vorteil
der Privatnutzung eines Dienstwagens, 13. Monatsgehalt und zusätzliches
Urlaubsgeld nicht Teil des Gehaltes gem. § 4 des TV b AV sind. Hinsichtlich der
begehrten Einbeziehung des anteiligen 13. Monatsgehaltes und des anteiligen
zusätzlichen Urlaubsentgeltes ist weiter von Bedeutung, dass dem Wortlaut des §
4 des TV b AV nicht zu entnehmen ist, dass alle Gehälter, die im
Jahresdurchschnitt auf den letzten Monat des Arbeitsverhältnisses entfallen,
ruhegeldfähig sein sollen. Vielmehr lässt sich dem Wortlaut der Tarifnorm
entnehmen, dass lediglich das monatliche Gehalt einzubeziehen ist. Nach dem
Wortlaut der Tarifnorm beträgt nämlich die Betriebsrente nach zehnjähriger
Betriebszugehörigkeit monatlich 5 v. H. des letzten Bruttogehaltes bzw. –lohnes.
Mit dem letzten Bruttogehalt bzw. –lohn kann damit nur das letzte monatliche
Bruttogehalt bzw. der letzte monatliche Bruttolohn gemeint sein. Auch unter
Verweis auf § 7 des TV b AV lässt sich ein anderes Auslegungsergebnis nicht
begründen. In § 7 des TV b AV ist lediglich geregelt, dass die Betriebsrente zum
15. eines jeden Monats gezahlt wird. Hätten die Tarifvertragsparteien aber auf ein
Jahresgehalt abstellen wollen, so hätten sie als Teil der Bemessungsgrundlage in §
4 des TV b AV geregelt, dass das der Betriebsrentenberechnung zugrunde
liegende letzte Bruttogehalt auf der Grundlage des letzten Bruttojahresgehaltes
dividiert durch zwölf zu ermitteln ist.
Hinsichtlich der Einbeziehung der vermögenswirksamen Leistungen und des
geldwerten Vorteils für die private Nutzung des Dienstwagens ist weiter von
Bedeutung, dass unter dem Begriff "Gehalt" nur Geldleistungen, nicht aber
geldwerte Vorteile und Sachleistungen verstanden werden (
). Hinsichtlich der vermögenswirksamen Leistungen
ergibt sich auch aus der vom Kläger angeführten Entscheidung des
Bundesarbeitsgerichtes (
) nichts anderes. Das Bundesarbeitsgericht
hatte in der angezogenen Entscheidung über die Berechnung einer Betriebsrente
zu urteilen, die berechnet wurde aufgrund des monatlichen Durchschnitts des
Bruttoarbeitseinkommens, das der Arbeitnehmer von der Firma in den letzten drei
anrechnungsfähigen Dienstjahren bezogen hat. Der Begriff des
"Bruttoarbeitseinkommens" ist aber ein völlig anderer, als der Begriff des
"Bruttogehaltes". Der Begriff des Bruttogehaltes bzw. des Bruttomonatsgehaltes
ist sehr viel enger gefasst. Gleiches gilt hinsichtlich der Berücksichtigung des
geldwerten Vorteils der Privatnutzung des Dienstwagens. Der vom Kläger
angezogenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (
) lag ein
Sachverhalt zugrunde, in dem Bemessungsgrundlage für die Betriebsrente der
Bruttoverdienst der letzten zwölf Monate (einschließlich Urlaubs- und
Weihnachtsgeld, ausschließlich vermögenswirksamer Leistungen) war. Das
Bundesarbeitsgericht hat hier gemeint, dass die streitgegenständliche
Versorgungsordnung den Begriff des "rentenfähigen Einkommens" weit fasse,
anders als eine Versorgungsordnung, die als ruhegeldfähiges Einkommen nur das
durchschnittliche Bruttomonatseinkommen meint. Darüber hinaus hat das
Bundesarbeitsgericht in der angezogenen Entscheidung darauf abgestellt, dass
die streitgegenständliche Versorgungsregelung eine Gesamtversorgungszusage
beinhaltete, die eine Versorgung im Alter in einem von dem Leistungsplan selbst
definierten Verhältnis zum zuletzt aufgrund von Arbeitgeberleistungen erreichten
Lebensstandard gewährleisten will. Im Streitfall liegt eine solche
Gesamtversorgungszusage jedoch nicht vor.
Der Kläger hat die Kosten seines erfolglos eingelegten Rechtsmittels zu tragen (§
97 Abs. 1 ZPO).
Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.